Solix - Frühlingsurlaub in der Provence

stuntzi

alpenzorro
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München
09.05. 13:45 Ventimiglia, 0m

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Radln auf und neben den "Chemins du soleil" in der Provence... nur Urlaub... kein "großer Trip"... drum wollt ich eigentlich auch nix drüber schreiben. Aber irgendwie wird diese Tour jetzt doch länger und länger, ein Ende ist erst mal noch nicht abzusehen. Da missbrauche ich das Forum doch einfach mal kurzerhand als "dezentrales Tagebuch", bevor ich die Hälfte wieder vergesse. Wär schade drum, denn ein besseres Bikerevier als die Provence kann man sich kaum vorstellen.

Bin gerade am einundzwanzigsten Tag, drum ist das hier anders als gewohnt erst mal kein Livebericht sondern mehr eine kurze und knappe Zusammenfassung, geschrieben in einer längeren Gewitterpause im Schutz einer kleinen Schäferhütte auf dem "Pas d'Archail" bei Digne Les Bains in den Alpes de Haute Provence.

Wie man an der Karte oben sehen kann, muss ich mich halbwegs anstrengen, nicht auf den Spuren meiner alten Touren (dünn und pink) durch die Gegend zu fahren. Hauptsächlich "Euromax", "The Snake", "Heraklix" und "Abruzzix" kommen in die Quere. Aber irgendwo ist schon noch ein Platzerl frei in den Bergen (dick und bunt), ein paar Trails warten immer!

Apropos Tracks: Auf http://www.alpenzorro.de/solix gibts alles zum angucken, inklusive eines Live-Punkts mit meiner aktuellen Position. Ist alles recht schnell "hingehackt" und noch wenig fertig, aber dann kam irgendwie der Frühling in die Quere. Biken ist wichtiger :).
 

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Re: Solix - Frühlingsurlaub in der Provence
09.05. 14:00 Ventimiglia, 0m

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Nach ein paar wunderschönen Biketagen im Mai am Comersee muss der vernünftige Teil der Bevölkerung wieder zurück nach Hause in die Arbeit. Ich entschließe mich lieber für die andere Richtung, packe meinen Rucksack und steige in einen Zug ans Mittelmeer. In den "richtigen Bergen" liegt um diese Jahreszeit noch zu viel Schnee, aber in den Seealpen müsste sicher schon was gehen. Nach sieben gemütlichen Stunden in italienischen Bummelzügen erreicht man von Colico aus auch schon Ventimiglia an der Grenze zu Frankreich.

Der Plan? Irgendwie "durchs Hinterland" bis nach Digne Les Bains, dann wieder zurück auf den "chemins du soleil" nach Nizza. Mal sehen was draus wird.

Apropos Comersee... die Trails dort schlagen den Gardasee quasi um Größenordnungen, wenn man den Flow vergleicht. Aussicht ist auch nicht schlechter, Cappuccino gibts ebenso, warum also immer wieder das holprige, grobschottrig steile Stolperbiken am Gardasee? Der ist echt ausgelutscht... aber das nur am Rande... ich radl jetzt mal von Ventimiglia nach Frankreich rein. Keine Ahnung wie oder wo, aber das wird sich finden...
 
09.05. 15:45 Col Razet, 1050m

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Ein paar Meter hinter dem quirligen Ventimiglia beginnt schon die Einsamkeit der Seealpen. Von den Cols hier hab ich noch nie was gehört, aber auf meiner Karte führt ein endloser Karrenweg schlappe zwölfhundert Höhenmeter hinauf und oben am Grat über die Grenze nach Frankreich. Wird probiert.

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Col Grammondo... war hier schon mal wer?

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Lohnt sich aber, denn ein feiner Trail mit Meerblick führt hinab über die Grenze nach Frankreich...

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... zum Col du Razet.

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Blick ins Landesinnere. Sieht wild und leer aus.
 
09.05. 21:00 Sospel, 340m

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Insgesamt über eintausend Höhenmeter wunderschöner Flowtrail von den Cols Grammondo und Razet hinab in den hübschen Seealpenort "Sospel". Saugut... der erste halbe Tag des "Experiments Ventimiglia nach Digne Les Bains" hat schon mal hervorragend funktioniert. Die Wegerl sind größtenteils auf der OSM-Karte vorhanden, aber Mountainbike-Einstufungen sucht man in den französischen Daten meist vergebens. Drum hatte ich wenig Ahnung, was mich erwartet. Aber so darfs ruhig weitergehen!

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Sospel...

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... bei Nacht.
 
10.05. 19:00 St Dalmas bei Valdeblore, 1200m

Von Sospel über faszinierend französische Schluchtenstraßen auf den Col de Turini, Traumtrail nach Lantosque, gleich wieder rauf auf den nächsten Berg, noch ein Traumtrail nach Roquebillere, Straße über St. Martin de Vesubie auf den Col St Martin im Skigebiete La Colmiane. Langer Dreitausendertag mit drei Anstiegen, alle auf einsamem Asphalt und Schotter, genau wie ichs mag. Von jedem Pass gibts zum runterfahren einen Trail, und das sind hier offensichtlich alles Flow-Wunder. Kaum schwerer als S1, erdiger weicher Waldboden, kein Stoppelhopsen, kein Stolperbiken, einfach nur Spaß.

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Straße von Sospel zum Col Turini.

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Römerkapelle.

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Col Turini.

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Trail nach Lantosque.

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Hängebrücke in Lantosque.
 
11.05. 20:00 Beuil, 1430m

Weiter im Text... tolle Trails bergab... schluchtige Teerstraßen bergauf... hier kann mans aushalten. Wetter lässt etwas zu wünschen übrig, aber immerhin bleibts bis kurz vor Tagesende leidlich trocken. Dann erwischt mich doch noch ein übles Gewitter, aber was solls... macht ja nix, wenn gleich ein bequemes Hotel wartet. Warmduschertour eben... Kreditkarte statt Zelt.

Route heute: St Dalmas, grüner Spitzentrail ins Tal der Tinée bei La Bolinette, rauf nach Ilonse, noch ein Spitzentrail runter nach St Sauveur, Teer über den Col de la Couillole nach Beuil. Ist alles flowig hier, man kann quasi beliebige OSM-Stricherl fahren und es wird gut werden.

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12.05. 20:00 Castellane am Verdon, 730m

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Wetter heute immer noch schwierig... bewölkt... zu kalt für die Jahreszeit... aber immerhin wieder trocken. Also stiefle ich von Beuil kurz auf einen kleinen, namenlosen Graspass auf dem "Plateau de Saint Jean, dort führt ein Kartenstricherl hinab in die nächste Schlucht. Und natürlich ists ein perfekter Trail, das bin ich mittlerweile von den Kartenstricherln hier gewohnt. Griffe ins Klo gibts quasi keine... tolle Gegend!

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Das Wegerl spuckt mich direkt in die nächste Schlucht, die bekannte "Gorge du Cians". Die fehlt mir noch in meiner Sammlung... also wird durchgerollt.

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Dieses Mal talwärts.

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Die Franzosen hams einfach drauf mit ihren Schluchtenstraßen.

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Die zweite Tageshälfte verläuft im Rennradmodus auf Teer, muss mich ein bisserl ranhalten. Hab morgen ein Date in Digne les Bains und das st noch ein ganzes Stückerl.

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Mittagspicknick in "Entreveaux", tolles Mittelaltedorf im Tal der "Var".

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Weiter auf schönen Straßen mit schönen Features. Die "Barrage de Chaudanne" staut den Verdon zum gleichnamigen See auf. Hübsche Gegend.

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In Castellane ist Schluss für heute... Croissant... Gite d Etape... warmduschen... das volle Programm eben. Manchmal vermiss ich mein Zelt ja ein bisserl, wär besser für den Abenteuerfaktor. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
 
13.05. 21:00 Digne les Bains, 600m

Von Castellane rolle ich über kleine und kleinste Straßen durchs Hinterland des Verdon, ein kleiner Pass, ein mittlerer Pass, ein kleiner Trail, schwuppdiwupp bin ich auch schon in Digne les Bains... kurze Etappe, kaum der Rede Wert. Aber ich wollte ein bisserl freie Zeit am Nachmittag, um die folgenden Tage auf den "chemins du soleil" wenigstens halbwegs durchzuplanen. Allein fahr ich sonst immer nur der Nase nach, die Trails werden sicher irgendwie passen und irgendwas zum übernachten wird sich auch finden... und sei es erst nach dreitausend Höhenmetern. Die weitere Tour findet allerdings zu zweit statt, da schau ich mir die Route mal lieber etwas genauer an.

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Anreise des "vernünftigen Teils der Bevölkerung" nach Büroschluss... von München nach Digne an einem Spätnachmittag: Bei Dreckswetter direkt vom Office zur S-Bahn-Station biken, weiter zum Flughafen, ...

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... mit dem Flieger nach Marseille...

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... und mit dem französichen Regionalbus (http://www.info-ler.fr/) direkt ab Terminal in guten zwei Stunden nach Digne les Bains. War etwas auf Kante gebastelt... aber mit dem richtigen Timing und etwas Glück hats grad eben so hingehauen. Darauf ein paar Tapas und ein Glaserl Wein, ab morgen gehts also in fünf Tagen über die "chemins du soleil" von Digne nach Nizza. Das kann nur gut werden!
 
Herrlich. Vielen Dank @stuntzi das du uns "mitnimmst".

Endlich wieder was zu lesen von dir. Toll.

Da geb ich doch glatt en Bierchen aus.
 
Endlich wieder! Vielen Dank, das tröstet über die Wartezeit auf den eigenen Urlaub hinweg! :)
 
Manchmal vermiss ich mein Zelt ja ein bisserl, wär besser für den Abenteuerfaktor. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Dann freue ich mich schon mal. Um Zeit zu sparen kannst Du "den vernünftigen Teil der Bevölkerung" ja auch mit dvTdB oder schlicht "Spionin" abkürzen ;). (Oder ist das Wort für die Begleiterinnen aus dem früheren "Lotterleben" reserviert :teufel:?)
Viel Spaß Euch!
 
Hallo stuntzi,
dann 'oute' ich mich auch mal hier als stiller Leser. Ich habe vieler deiner Berichte gelesen, allerdings nicht live, sondern jetzt erst im letzten Jahr. Da ich den letzten großen Live Bericht nur knapp verpasst habe, wollte ich mit dem 'outing' auf einen richtigen Bericht warten...
Deine Berichte sind echt top! Immer sehr unterhaltsam geschrieben und versehen mit tollen Bildern.
Ich wünsche dir viel Spaß und freu mich schon auf mein erstes stuntzi live Erlebnis :)
Viele Grüße vom Bodensee,
Achim aka knuuth

btw. Endlich mal wieder von jemanden zu lesen, der sich auch mal mit Agnus, Blitter, Denis, Paula und Copper auskannte!
 
14.05. 11:00 Auf den Terre-Noire-Trails von Digne les Bains, 1000m

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Auf gehts... rauf auf den Berg! Wir haben nur fünf Tage bis zum Mittelnmeer, da muss man sich ein bisserl ranhalten. Ich glaub der "offizielle chemins du soleil" sieht dafür eher sechs Tage vor, aber so ganz schlau bin ich aus der exzellenten französischen Beschreibung nicht geworden, hatte auch zugegebenernmaßen nicht besonders viel Geduld. Ich bin eher schlecht im länger Vorausplanen, hab das irgendwie verlernt. Egal... man muss ja auch nicht jeden kleinen Pass mitnehmen. Mag sowieso nicht stur einem Track folgen, das fühlt sich irgendwie ein bisserl öde an. Lieber nur die generelle Richtung im Kopf haben und dann seitlich davon mit der Karte experimentieren.

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Wie auch immer... am Anfang gehts erst mal bergauf, bis in ein kleines, namenloses Joch über Digne auf etwa 1100 Metern.

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Ich habs mal "Little Utah" getauft, denn was man auf der anderen Seite zu sehen bekommt, ist durchaus außergewöhnlich. Die grüne Landschaft wird unterbrochen von spacig geformter schwarzer Erde.

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Die "Terre Noire" sind eines der Markenzeichen der Gegend hier... und natürlich perfekt fahrbar! Ich muss mich lange zurück erinnern, mal eine derartig geniale Abfahrt unter den Stollen gehabt zu haben. In verschlungen verschwurbelten Schlangenlinien führt der Weg über schmale Grate und durch kleine Minitäler über die Buckel der "Terre Noire" ins Tal. Der Grip ist erstklassig, beinahe wie auf den Sandsteinfelsen in Utah. Und wer möchte, sucht sich seine eigene Linie durch das Labyrinth. Das heb ich mir fürs nächste Mal auf, wir halten uns heute an den markierten Weg, der ist wahrlich cool genug. Apropos Weg... der offiziell markierte "chemins du soleil" lässt diesen Hammer einfach aus und führt rechts am Spaß vorbei?! Böser Fehler.

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Einfach...

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... nur...

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... zum fetten Grinsen!
 
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