Ich weiß nicht, wie mir der Thread entgehen konnte
@caemis, wo ich doch sogar verlinkt bin oben
Jedenfalls bin ich am Thema sehr interessiert und teile gerne meine Erfahrungen.
Bisher habe ich mit meinem Klassiker – einem '89er GT Karakoram – zwei nennenswerte Bikepacking Touren gemacht.
Einmal 4,5 Tage durchs Erzgebirge auf tschechischer Seite. Das war auch sowas wie die Generalprobe für eine Apenninen-Tour.
Letztere hat 10 Tage gedauert mit etwa 470km und über 16000hm.
An sich gibt es meiner Meinung nach keinen dramatischen Unterschied zwischen Bikepacken mit Klassiker oder mit einem modernen, extra als Bikepacking-Maschine beworbenem Rigid-Bike, wie Surly, Salsa und Konsorten sie anbieten.
Der Spaß und Erfolg einer Tour liegt in erster Linie in einer guten Planung, gutem Essen, Trinken und nicht zu miesem Wetter. Das bedeutet für mich vor allem eine abwechslungsreiche Routenführung, die eine gewisse Abwechslung und Dramatik bietet. Heißt aber nicht, dass man nicht trotzdem über Technik fachsimplen und alles möglichen verbasteln kann
Die Bikepacking Taschen – ich habe welche von Apidura – passen eigentlich problemlos an die meisten Klassiker, da sie ja von der Rahmengeometrie noch sehr viel näher an klassischen Rahmenformen sind. Das einzige, was mir Sorgen gemacht hat, war das Triple-Triangle an meinem GT, aber das war mit der richtigen Taschengröße gar kein Problem.
Ein Problem, das du angesprochen hast, gibt es aber mit den Canti-
Bremsen. Bei meinem GT lag der vordere Bremszug senkrecht ab dem Vorbau blank. Wäre da die Tasche dagegen gedrückt worden, hätte es einerseits gebremst und anderseits wäre die Tasche schnell durchgerieben. Ich hab das gelöst, indem ich einen Gegenzughalter an der Gabel montiert habe, so dass der Zug in einer Außenhülle verläuft, deren Länge ich mit Bedacht auf die Tasche gewählt habe.
Ein weiterer Unterschied zu den Spezialistenrädern von Surly liegt sicher in der Zahl an Ösen, an die man
Flaschenhalter etc. montieren kann. Ich wollte nur einen extra
Flaschenhalter am Unterrohr und habe den mit Schellen für Waschmaschinenschläuche vom Baumarkt montiert. Hält bombenfest, zum Schutz vom Lack habe ich Elektrikerklebeband um das Rohr gewickelt, obwohl es fast egal ist, beim Bikepacken leidet der Lack sowieso sehr.
Den letzten und auch wirklich großen Unterschied sehe ich in der möglichen Reifenwahl. Die neuen Radmodelle werden meist mit Plus-Size -
Reifen gefahren, mit den man etwas weiter kommt und auch komfortabler unterwegs ist. In die Klassiker-Rahmen und -Gabeln kriegt man solche
Reifen gar nicht rein. Ich hatte kurze Zeit 2.4 vorne und 2.2 hinten, was gerade noch ging, ohne unsinnig zu sein von der Reifenfreiheit her. Aber meine
Felgen sind so schmal innen, dass das keine ideale Kombo war und ich jetzt 2.0er drauf habe. Obwohl ich mir schon überlegt habe, eine breitere Felge einzuspeichen und die alte Kombo aufzuziehen. Am Ende glaube ich aber, dass man auch hier nur ein paar % rausholen kann. Richtig übles Gelände wird man sowieso nicht fahren mit den Taschen und ohne Federgabel, und das ist auch nicht das Ziel der Sach. Schieben darf man meiner Erfahrung nach beim Bikepacken auch fast immer auf irgendwelchen Abschnitten. Komfortabler sind breitere
Reifen sicher und auf nassen und schlammigen Böden fängt das Schieben wahrscheinlich auch etwas später an.
Unterm Strich glaube ich, dass man – wenn es nicht in irgendwelche Extremregionen geht (Wüstensand, Sumpf...) – mit dem Klassiker ganz wunderbar touren kann. Bin aber selbst regelmäßiger Leser bei bikepacking.com und kenne das "Will-Haben" Gefühl bei ihren Gear-Präsentationen, aber das kontere ich mit: "Bin schon ein kleiner Held, dass ich mir diesen Wahnsinn mit nem Rad antue, das so alt ist wie ich selbst und von den meisten höchsten als Bahnhofsrad benutzt werden würde."
Und jetzt mach ich mir ne Tasse Kaffee und plane die nächste Tour für diesen Sommer...