Andix - von Kolumbien nach Feuerland

18.09. 19:00 Huatajata, 3850m


Was fällt sofort auf in Bolivien? Im Gegensatz zu Peru sind die Häuer endlich nicht mehr mit dieser grusligen Wahlwerbung vollgeschmiert sondern einfach "naturbelassen".


So bin ich gerade unterwegs: Radlwerkzeug, Ersatzteile und Dynamolader in der Rahmentasche, Schlafsack und Isomatte am Lenker, das Zelt ist unter den Rucksack gewandert, selbiger ist halb leer und enthält nur meine Abendklamotten und ein paar Kleinteile. Ich steh auf leere Rucksäcke, da kann man einfach bei der nächten Sandwhichlady anhalten und fünf Huevo- und fünf Palta-Semmeln einpacken, ohne groß rumzustopfen. Bei Singletracks kann ich den ganzen Krempl auch im und am Rucksack verstauen und selbigen aufsetzen, dann ist Specki ein ganz normales, leichtes Mountainbike. Ich bevorzuge es allerdings, für die Trail-Abenteuer wenigstens einen Teil des Gepäcks meiner Begleitung aufzuladen. Weniger ist mehr!


Heut stellen sich sowieso keine Gewichtsprobleme in den Weg: Wir fahren lediglich wunderschöne Uferstraßen mit sehr moderaten Höhenunterschieden am Lago Titicaca entlang. Die bolivianische Seite fährt sich stressfreier als drüben in Peru, besonders viele Autos sind nicht unterwegs.


An einer Engstelle gehts rüber ans andere Ufer.


Bolivianische Autofähre: "Floß" wäre wohl ein passenderer Name.


Ein paar zusammengenagelte Holzbretter mit einem minimalistischen Aussenborder bringen uns, einen Minivan und einen voll beladenen Reisebus über den See. Die Konstruktion schwankt etwas abenteuerlich und verwindet sich bei jeder kleinen Welle recht deutlich.


Manövrieren bei Start und Landung hat dann auch eher was von "Handarbeit". Der kleine Motor ist nur für den Vortrieb und anderweitige Steuermöglichkeiten gibts nicht. Der Fährmann hat aber alles gut im Griff und stakt uns und die 20 Tonnen Blech sicher ans andere Ufer.

Wird radeln noch ein Stückerl weiter und flüchten dann gegen fünf vor einem derben titicacianisch-bolivianischen Gewitter in ein einfaches Hostal im Ort Huatajata am Seeufer. Preisniveau dafür in Bolivien: Etwa zwei bis drei Euro pro Person. Da lass ich das Zelt bei dem Sauwetter doch lieber mal eingepackt.
 

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Re: Andix - von Kolumbien nach Feuerland
@Tschaisel, das Buff kommt ganz sicher über die Nase... und der Helm auf den Kopf für zusätzlichen Schatten. Hab keine Lust auf Sonnensalzbrand.

@BergSchradler, den Chacaltaya... kann sein dass ich da mal raufkurble... auch wenns dort wohl keine Trails gibt. Obwohl... irgendwo weiter im Süden kann man fast auf sechstausend Meter radeln... heisst glaub ich "Uturuncu".

@sigma7, warum lohnt der Ausflug zum Potosi? Gibts da vielleicht was zum mountainbiken?

@wavekiter, ein Kilo für Kaffee?! Das wären quasi über zehn Prozent meines Gesamtgepäcks. Sorry... soweit geht die Liebe zum Heißgetränk dann doch nicht ;-).

@ZombieBike, Copacabana hat inzwischen ne richtige Gringo-Alley mit stylischen Bars. Hinten dran gibts aber immer noch die Plaza mit nem Markt und bolivianischen Sandwhichladies.

@LanceDD, also ich hab schon deutlich schmutzigeres Wasser gesehen als im Titicacasee. Wäre ohne weiteres schwimmen gegangen, aber ein bisserl eisig ist er dann halt doch auf knapp viertausend Metern. Freilich... man sieht nicht alles.

@Wadenbeisser, örx... ist mir gar nicht aufgefallen. sieht ja irgendwie ein bisserl gruslig aus.
 
Btw... hab noch keine SIM-Karte für Bolivien, brauchbares gibts erst in La Paz... hoffentlich. Im Moment ist WiFi angesagt, kein Problem am touristischen Titicacasee. Später wirds damit Essig sein.
 
@ stuntzi,
„Eine Salzseeüberquerung des Salar de Uyuni ist der feuchte Traum jedes Reiseradlers. Ich werds natürlich auch machen, auch wenn das Ding natürlich flach ist wie ein Brett.“

@ tschaisel,
„Irgendwie hab ich noch im Hinterkopf, das sich dort mal jemand fast die Augen verblitzt hat, als er den Salzsee beradelt hat.“

Peter Smolka hat es vor 12 Jahren dort schlimm erwischt
http://www.lemlem.de/lemlem_2011/2000-2004/wochenberichte/aktuell/00059/html/01.php

alles Gute und viel Spaß in Bolivien!
Hier im Süden (Peloponnes) hamma immer noch an die 30°C und fast immer wolkenlos
 
Super schöne Bilder! Es ist auch schön, so in Erinnerungen schwelgen zu können. Vor sechs Jahren war ich auf der gleichen Route in Peru und Bolivien unterwegs. Damals war die "Hauptstrasse" von Copacabana schon ziemlich touristisch, allerdings waren da keine Bars etc. An der Engstelle von deinem letzten Bericht hätte ich allerdings auch gerne ein Bike dabei gehabt. Da fuhr kein Fahrzeug nach La Paz wegen Strassensperren und Demonstrationen, so dass wir stundenlang auf irgend einen fahrbaren Untersatz warteten, der uns weiterbrachte. Und das Sandwich, das ich dort ass, verdarb mir irgendwie den Ausflug zum Salar de Uyuni und den Lagos colorados, da ich tagelang unter einer Lebensmittelvergiftung leidete. Die Fähren haben sich allerdings in der Zwischenzeit nicht geändert...:D
Ich kenne Leute, die den Salzsee vor ein paar Wochen mit dem Bike überquerten - sollte also möglich sein.
Wünsche euch weiterhin viel Spass!
 
Find die Bilder auch klasse. Ein so großer See auf 3800hm muss "live" ja noch viel beeindruckender sein. Fast 16x so groß wie der Bodensee, gar nicht daran zu denken, wie oft unser bayerisches Meer da rein geht. Verhält sich wahrscheinlich ähnlich wie das Verhältnis eines Stamperlglases zu einem Maßkrug (oder zu nem Oktoberfestbesuch) :p.

lg basti
 
Fast 16x so groß wie der Bodensee, gar nicht daran zu denken, wie oft unser bayerisches Meer da rein geht.

Protest: nicht dass du denkst, dass der Bodensee ein bayrischer See ist, nur weil Lindau seine Insel im See hat. Nee nee, so einfach ist das nicht. Ich schätze mal, dass die Österreicher eine ähnlich lange Uferlinie haben wie Bayern, ganz zu schweigen von den Schweizern.

Jürgen
 
Du hast die Badner und die Württemberger vergessen;)

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Die neue Cam lohnt sich wirklich, falls ich das nicht schonmal irgendwo angemerkt habe. Die Bilder vermitteln einen guten Eindruck von der W_E_I_T_E dieser Gegend. Als Hobbyknipser weiß ich natürlich, dass das nur die hälfte des Eindrucks ist im Vergleich zu dem was man empfindet wenn man selbst in so einer Landschaft steht. Sehr toll alles, ich hätte gern mehr Bilder vom Essen @stuntzi :daumen:

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Ich bin zwar nicht Stuntzi @Fubbes, jedoch habe ich letztens beim Schwarzwald-bike-marathon das große Kettenblatt nur sehr kurz bergab bei einem Überhohlmanöver vermisst. Und ich hab keine übersetzungsangepasste Zweifachkurbel sondern einfach das große gegen einen Bash ersetzt. Am HT, mit dem ich vorwiegend zu Haus in Dresden unterwegs bin, möchte ich das große nicht missen, da von und zum Trail gern mal Rennradjagtgeschwindigkeiten gefahren werden:D Kommt also, wie immer, darauf an wo und was du fährst ob es dir passt.
 
Ich glaube er hat eher Rückschritt im Vergleich zu einer 3fach Kurbel gemeint und nicht zur ner XX1. Das man mit Single KB kein Kontinent durchfährt sollte klar sein ;) Zumindestens wenn soviel Steigung und Gefälle dabei sind.
 
Copacabana als Touristen- und auch Wallfahrtsort ist mittlerweile anscheinend noch stärker frequentiert. Asphalt gab es damals noch nicht. Auf dem Landweg kann der Ort nur über peruanisches Staatsgebiet erreicht werden, deswegen der Weg über die Seeenge bei Tiquina. Die zum Glück kurze Überfahrt war vor 20 Jahren schon wackelig, vermutlich ist das immer noch der selbe Fähre :)

Dass du die Häuser bislang noch nicht mit Wahlparolen beschmiert gesehen hast, könnte viell. daran liegen, dass keine Wahle anstehen. Ansonsten haben die alles bemalt, Häuser, Mauern, ganze Bergrücken... :rolleyes:

Viel Spaß in und um Sorata! Dort ist es ein bißchen wie in der Schweiz. Ruhig, grün und schneebedeckte Berge im Hintergrund. vermutlich ist mittlerweile auch das Preisniveau ähnlich...
Als ich 2003 dort war gab es schon eine Menge Wanderer, Kletterer und vermutlich auch gutbetuchte Bolivianer die dort ihr Wochenende verbringen
 
JuergenH schrieb:
Protest: nicht dass du denkst, dass der Bodensee ein bayrischer See ist, nur weil Lindau seine Insel im See hat. Nee nee, so einfach ist das nicht. Ich schätze mal, dass die Österreicher eine ähnlich lange Uferlinie haben wie Bayern, ganz zu schweigen von den Schweizern.

Ups, da bin ich wohl in ein Missverständnisnäpfchen getreten.

Wenn ich das dächte (dass der Bodensee ein bayrischer See wäre), hätte ich nicht "der Bodensee" und "unser bayrisches Meer" geschrieben. Der Ausdruck "bayrisches Meer" bezeichnet für Einheimische halt den Chiemsee und absolut nichts anderes. Das weiß sogar Wikipedia. Und stuntzi als Mingana mit Sicherheit auch. Und jetzt kommt mir bloß nicht damit, dass der Chiemsee noch eine österreichische Grenze hätte oder eine schweizer. Wär ja noch schöner. Da würd sich unser Kini Ludwig II., Gott hab ihn selig, noch im Grabe umdrehen :p.

Den Rest bitte mit den Usern aus dem benachbarten Bundesland (das ich übrigens sehr mag) klären, denn: Bodensee = "Schwäbisches Meer" :).

Gut, dass ich "Oktoberfest" und nicht "Wiesn" geschrieben hab. Wer weiß, was das ausgelöst hätte :p.

In diesem Sinne :bier:!!

Bot: Specki schaut auf alle Fälle gut aus im neuen Bikepackingsetup :daumen:.

lg basti
 
basti321: passt scho! Ich hatte das auch vielleicht zu schnell als 'Fehler' gesehen. Nix für ungut. Ist halt ein dankbares Thema, kleine Sticheleien zwischen Bayern und BaWü auszutauschen. Hier in BaWü gehts immer gern zwischen Schwaben und Badener hoch her.

Jürgen
 
Stuntzi sucht gerade nach dem schönsten Cafe in La Paz... :D

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19.09. 09:30 Abra Pacollo über Sorata, 4240m


Das Gewitter von gestern hat in den Bergen der bolivianischen Cordillera Real deutlich weisse Spuren hinterlassen. Die hohen Gipfel stecken außerdem mal wieder in Wolken, das Wetterbild kenn ich auch von den letzten Wochen in Peru. Hoffentlich ist das jetzt nicht schon der Beginn der Regenzeit in Bolivien?! Ich hab hier noch einige Projekte, die stahlblauen Himmel und heisse Sonne gebrauchen könnten.

Wie auch immer, heute passts noch halbwegs. Wir radeln noch das letzte Stück am Ufer des Titicacasees entlang bis zur Hauptstraße nach La Paz. Dort hals ich der Spionin mal wieder die Hälfe meines Krempls auf und spring in einen Minibus in Richtung Sorata. Warum auch nicht, ist sowieso die verkehrte Richtung und hat daher nix mit EFI zu tun, da kann man schon mal ein wenig warmduschen. Vierzig Kilometer und vierhundert Höhenmeter später lass ich mich am "Abra Pacollo" über Sorata auf 4200m absetzen und such mir den ersten Singletrack für heute, genannt "Loma Loma".
 
19.09. 11:30 Auf dem "Loma Loma" Trail bei Sorata, 2700m


Dank eines GPS-Tracks aus dem Internet find ich das Wegerl ohne Probleme: Auf einem grasigen Grat gehts flowig und schnell bergab.


Bald hole ich eine Gruppe anderer Mountainbiker ein, das hat extremen Seltenheitswert auf dieser Reise. Glaube fast, das sind bisher die ersten Bergradler, die mir auf einem südamerikanischen Singletrack über den Weg radeln.


Das kleine Grüppchen ist von Gravity Bolivia, die shutteln heute wohl die gleichen Trails wie ich. Da kommen endlich auch mal andere Biker ins Bild. Dieser Gravity-Guide hier hat zum Bleistift den bolivianischen Megavalanche vor ein paar Jahren gewonnen.


Ich fahr und quatsche ein bisserl mit der Gruppe mit. Man erfährt dabei recht lustige Sachen, etwa an welchem Hügel robj damals den ersten (und bisher einzigen) Backflip von Bolivien gesprungen ist. Aber irgendwann wird mir der Speed doch zu langweilig. Die Jungs rollen zwar schon durchaus zügig den Berg runter, aber hinter jeder Ecke wird angehalten und Fahrtechnik bzw. Reifenwahl diskutiert.


Warum frag ich mich... der Trail ist kaum schwerer als S1 und läd einfach zum durchheizen ein.


Das mach ich dann auch.


Unten weiche ich von der "offiziellen" Strecke ab, weil das Trailauge linkerhand ein bisserl was technischeres gesehen hat.


Die letzten zweihundert Hömes habens dadurch ganz schön in sich, und das ist auch gut so. Man kann ja nicht zwei Stunden lang nur einfachen Flowkram fahren.


In Sorata gibts Gringofutter: Pizza zum Mittagessen. "Loma Loma" war schon mal nicht übel, auch wenn mir die Gegend insgesamt ein bisserl "wiesig" erscheint. Mal sehen, was ich heut nachmittag noch so auftreiben kann.
 
19.09. 14:20 Chuchu Trailhead bei Sorata, 4000m

Nach ausgiebiger Mittagspizza wollte ich mich eigentlich von der Gravity-Gruppe zum nächsten Trailhead shutteln lassen, aber irgendwie waren die Jungs in Sorata nicht mehr aufzufinden. Also radl ich halt selber, sind ja nur 1400 Höhenmeter. Nach ner halben Stunde spring ich allerdings doch lieber auf einen Pickup-Truck, wenn schon warmduschen dann richtig. Der Fahrer lässt reichlich die Sau raus, glaub der will dem Gringo mal zeigen, was ein echter Boliviano am Steuer drauf hat. Wir heizen die Holperpiste in einer affenartigen Geschwindigkeit himmelwärts. Ich hab auf der Ladefläche alle Hände voll zu tun, Specki und mich am "abfliegen" zu hindern.


Auf 3800m ist der Höllenritt erst mal vorbei: bei einem kleinen "Bunnyhop" fängt sich der Rennfahrer einen Plattfuss ein. Ich bin fast froh drum, kann ich die letzten zweihundert Höhenmeter zum Trailhead doch so aus eigener Kraft und deutlicher gemütlicher angehen.


Chuchu-Trailhead... hier gehts irgendwo rein.


Sieht schon wieder alles recht wiesig und undefiniert aus, aber ich hab auch für diesen Weg einen GPS-Track. Verfahren unmöglich.
 
19.09. 16:15 Sorata, 2650m


Chuchu-Trail bei Sorata. Echt ganz nett. Und dieses Mal bin ich ganz allein unterwegs.


Nach dem wiesigen Grat mit viel Highspeed folgt...


...ein recht nettes und...


... recht zugewachsenes Dschungelstückerl.


Dann erreiche ich auch schon die Zivilisation und hopple zwischen kleinen Häusern und Feldern bergab zurück nach Sorata. Durchaus spaßbringend, aber das große Abenteuer fehlt irgendwie. Fühlt sich mehr an, wie eine Mountainbikerspielwiese.


Trotzdem gibts ein Bierchen zur Belohnung. Immerhin dreitausend Höhenmeter Singletrack heute, keine besonderen Schwierigkeiten, meistens S1, immer schnell, immer flowig, völlig problemlos. Aber wie gesagt, ich hatte mir irgendwie mehr "Abenteuer" von Sorata erwartet. Vielleicht winsel ich auch grad nur auf hohem Niveau oder vielleicht bin ich nicht die richtig harten Downhills gefahren... keine Ahnung. Laut Gravity Bolivia sind die beiden Abfahrten "top of the list", aber was heisst das schon. Der Bolivien-Bikefilm hier im Forum (wurde glaub ich weiter oben verlinkt) sah jedenfalls irgendwie spannender aus.
 
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