Andix - von Kolumbien nach Feuerland

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Re: Andix - von Kolumbien nach Feuerland
30.09. 12:40 Acotango "Nebengipfel", 6010m


Zu Fuß ist auch schön. Wenn das Bergerl hier dreitausend Meter niedriger wär, hätte man sein Radl durchaus noch ein Stückerl mit rauf nehmen können. Aber hier oben in der dünnen Andenluft hab ich auch so schon genug zu kämpfen.


Schon bald erübrigt sich allerdings jeder Gedanke an ein Bike auf der Schulter.


Ab 5900m treffe ich auf die typisch südamerikanischen Eis-Eumel. Nennt man auch "Büssereis", kannte ich bisher nicht, aber der Name kommt gut hin.


Manchmal kann ich noch auf der sonnigen Nordseite knapp an dem Chaos vorbei spazieren, aber der Hang runter in den Krater ist dort ziemlich steil. So viel Platz wie auf dem Foto ist nicht immer.


Meistens gehts mitten durchs Labyrinth. Ist ein ziemliches Rumgeeiere... die eine Hälfte der Zäpfchen zerbröselt beim anfassen, die andere Hälfte ist beinhart und messerscharf.


Etwa sechzig Höhenmeter unter dem Gipfel gebe ich schließlich auf. So nah... und trotzdem zu weit.


Ich finde einfach keinen Weg durch das Eischaos. Die letzten Meter sind deutlich steiler als bisher, meine Radlschuhe sind am Ende ihrer Möglichkeiten. Ich selber bin auch nicht mehr ganz frisch, die Höhe haut ganz schön rein. Und nachdem mich die Antigipfelantiquäldichspionin schon fünfhundert Meter tiefer zum Einzelkämpfer gemacht hat, würde auch keiner sehen, wenn mich hier oben einer der Eiszapfen eiskalt aufspießt. Also lass ich's bleiben.


Die Sechstausender-Marke ist jedenfalls gefallen. GPS und Höhenlinien sind sich zwar etwas uneinig, aber ich glaub einfach mal meiner eigenen Messung :).


"Gipfel"-Pause...


... mit Erdkrümmungsgigapixelpanoramablick hinab in den Sajama-Nationalpark. Links vom Grat ist übrigens Chile, ich stand heut wohl ab und zu schon mit einem Bein drüben. Aber das neue Land muss warten, Bolivien hat noch nicht ganz ausgespielt. Jetzt allerdings erst mal ein bisserl Luft schnappen (so vorhanden) und dann nix wie runter in gemütlichere Höhen.
 
Respekt Stuntzi und Gratulation zum 6000er, würde gerne mal wissen wie sich das schnauft auf der Höhe und dann noch mit Erkältung. Bin auch Erkältet und schnauf schon wie ne Dampflok wenn ich auf den Stuhl kletter zum sitzen...Mach weiter so deine Berichte sind die beste Unterhaltung was es gibt.
Grüße Stefan
 
Herzlichen Gückwunsch zum neuen Rekord! Schade dass es mit dem Hochkraxeln nicht geklappt hat, aber eine sehr vernünftige Entscheidung umzudrehen, wir wollen ja gerne weiterhin deine tollen Bilder anschauen :daumen:

Die "Eiszapfen" sehen aber auch echt verdammt fies aus und wieder was dazu gelernt:
Büßereis:
"Verursacht wird Büßerschnee durch ungleichmäßige Abschmelzung (Ablation) bei starker direkter Sonneneinstrahlung und geringer Luftfeuchtigkeit in der randtropisch-subtropischen Trockenzone. Die Spitzen der Schneepyramiden zeigen Richtung Mittagssonne. Für Bergsteiger stellt diese Art von Gletscher- und Firnfeldoberfläche in der Regel eine unüberwindbare Schwierigkeit dar."
 
Einfach großartig :cool: :daumen::daumen::daumen:
Es ist immer wieder beeindruckend welche Strapazen du auf dich nimmst und wie du für diese Mühen auch belohnt wirst.
Die Bilder sind ein Traum :love:
Gute Besserung :)
 
Herzlichen Gückwunsch zum neuen Rekord! Schade dass es mit dem Hochkraxeln nicht geklappt hat, aber eine sehr vernünftige Entscheidung umzudrehen, wir wollen ja gerne weiterhin deine tollen Bilder anschauen :daumen:

Dito ;):daumen:.

Ganz großes stuntziandixübersechstausendmetererdkrümmungskino. Klasse, danke schön für' s Mitnehmen ;)!!

lg basti
 
FAN-TAS-TISCH, Herr Stuntz :anbet::daumen:

...und das nächste Abenteuer wartet schon - spiegel-online, heute:

Satellitendaten zeigen Dramatisches: Der Berg Uturuncu in den Anden schwillt rapide, offenbar steigen große Mengen Magma auf. Jetzt debattieren Forscher: Ist ein Supervulkan entstanden - oder ein Zombie-Vulkan?
Hamburg - Kein Zweifel, der Berg Uturuncu in den Anden Boliviens bietet Grund zum Gruseln. Das Dach des Hochgebirges hebt sich auf einer Fläche zehnmal so groß wie der Bodensee. Was geht vor im Untergrund? Strömen gigantische Mengen Magma an die Oberfläche? Ist der Uturuncu also ein erwachender Supervulkan, wie Forscher vermuten?
...:eek:
 
Krasses Ding! Schlage hiermit vor, Dich zum "Andenzorro" zu küren.

Und ich überlege gerade, ob ich das Rennrad wirklich mitnehme zum Besuch der Schwiegereltern im Fläming, weil's mir etwas kratzt im Hals...
 
Herzlichen Glühstrumpf - wie Du sagen würdest - bzw. Herzliche Glühlunge zum Überschreiten der 6 HKm!! Phänomenal!

Und dicken Respekt vor Deinem "Nein" zum Gipfel angesichts der Umstände und des Risikos. Die Eisdinger sehen ja wirklich so aus, als könnten Sie Dich entmannen. Genau die richtige Entscheidung !!!

Im Karakorum und im Himalaya gibt's das Büssereis auch, in etwas größerer Ausführung:

Zitat:

"Auf den Gletschern im nordöstlichen Karakorum und an den tibetischen Nordhängen der Himalaya-Hauptkette erreichen sie Höhen von 10 bis 20 m, und es steht Pyramide an Pyramide, wodurch ein solcher Gletscher nahezu unbegehbar wird."

Quelle: -> http://www.himalaya-info.org/gletscher.htm

Also Stuntzi, einfach beim Himalayax die tibetanischen Nordhänge der Hauptkette meiden :D
 
Zuletzt bearbeitet:
30.09. 14:30 Acotango Basecamp, 4800m


Ein letzter Blick "aus Augenhöhe" auf den höchsten Berg Boliviens, ...


... dann mach ich mich an den Abstieg.


Jeder Tiefenmeter bringt mehr Luft zurück in die Lungen.


Der Rückweg zum Radlständer auf 5700m ist zum Glück nicht so besonders weit. Aber die zwei bis drei kurzen Gegenanstiege am Kraterrand schlauchen mich trotzdem. Ein kurzes Nickerchen darf schon sein, ...


...bevor wir endlich zum angenehmen Teil des Tages kommen.


Schwuppdiwupp, ...


... schon bin ich tausend Highspeedmeter tiefer unten...


... im Schotterbett unseres Basecamps.


Geschafft... im wahrsten Sinnes des Wortes.

Kurzes Fazit zum Acotango als ich wieder ein bisserl durchschnaufen kann: Leider kein Internet am Gipfel ;-).

OK... Scherz beiseite... jetzt zum Berg: Beim raufradeln gings mir super... hab von der Höhe fast nix gemerkt. Ist wohl auch kein Kunststück, nach fünf Monaten Akklimatisation in den Anden, besonders die letzten Wochen fast dauerhaft auf 4000 Metern. Klar strampelt man etwas langsamer in der dünnen Luft und geht bei bei nem "Steil"stück schon mal aus dem Sattel, über das man in den Alpen nur müde lächeln würde. Aber insgesamt gesehen war die Minenpiste bis auf 5700m erstaunlich gut in Schuss und perfekt zu befahren. Scheinbar wurde der Weg neu instand gesetzt, älteren Berichten nach (zb auf http://andesbybike.com) hört man bei 5100m quasi schon auf zu radeln. Positive Überraschung!

Die nächsten zweihundert Hömes am Kraterrand sind dann zu Fuß technisch auch eher Pillepalle, aber da hab ich die dünne Luft schon deutlich gemerkt. War teilweise recht stürmisch, allerdings mit sehr angenehmen, plusgradigen Temperaturen in der Mittagssonne.

Ab ca. 5900m beginnt das bescheuerte "Büßereis". Anfangs fand ichs noch ganz lustig, aber schon bald raubt es einem den letzten Nerv. Sehr mühsam und kraftraubend. Die letzten Meter gingen dann echt nimmer... hatte die Wahl zwischen halbwegs senkrechten und sehr bröslig wirkenden Felsbrocken auf der Kraterinnenseite, Büßereis auf dem Grat oder einem kleinen Umweg über hartgefrorene Schneefelder auf der Außenseite des Vulkans. Letzteres wäre mit Steigeisen eine Sache von vielleicht zwanzig Minuten gewesen, selbst nur mit Skistöcken hätt ichs vermutlich geschafft. Aber ohne alles nur mit Bikeschuhen... lieber nicht. Falls man doch abrutscht, landet man entweder im Krater oder wird aufgespießt. Ehrlich gesagt war ich auch ganz schön fix und alle nach 1200m Aufstieg... und die Erkältung hat bestimmt nicht geholfen.

Egal... war trotzdem cool... jederzeit wieder... :)
 
Ich finde einfach keinen Weg durch das Eischaos.
Gratuliere trotzdem. Bist eh weiter gekommen, als ich mir nach den Whileout-Fotos gedacht habe. :)

PS: Überlege gerade, ob ein Paar SPD-kompatible Leichtsteigeisen nicht eine gute Investition für dich wären. ;)
PPS: Am Ojos würdest du wahrscheinlich sogar mit Flipflops raufkommen ... sollte es dich in die Gegend verschlagen.
 
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