Bikepacking Arizona Trail 2014

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4. März 2004
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561
Ort
Gurzelen, Schweiz
Eine Mountainbike-Abenteuerreise:

Der Arizona Trail (AZT) hatte sich schon lange in mein Hirn eingebrannt. Ein Fernwanderweg im Südwesten der Vereinigten Staaten, bestehend fast nur aus Trail. Was für ein Traum für einen USA angefressenen Mountainbiker wie mich. Nun, im Herbst 2014 sollte es endlich soweit sein! 1300 Kilometer mit dem Bike und Gepäck von Utah quer durch Arizona bis nach Mexiko. Klingt nach einer Menge Spass, oder? ;)

Seit einer Woche bin ich nun zurück und möchte euch an meiner 15-tägigen Reise mit Bericht (während der Reise entstanden) und Bildern teilhaben lassen.

Route:
Der Arizona Trail schlängelt sich auf rund 1300km von Utah durch ganz Arizona nach Mexico und vereint Wüsten, Wälder, Berge, Schluchten sowie Sehenswürdigkeiten, Gemeinden und Menschen.

Die verschiedenen Sehenswürdigkeiten, Naturwunder und landschaftlichen Besonderheiten entlang des Arizona Trails zeigen die Vielfalt des Bundesstaates auf einzigartige Weise.

So führt der Trail zum Beispiel mitten durch den Grand Canyon, welcher zu den grossen Naturwundern der Welt zählt. Aber auch zu den historischen Felsenhöhlen der Tonto-Apachen und zu urigen Städtchen wie Patagonia oder Summerhaven.

Der Arizona Trail führt nicht nur über endlose Singletracks quer durch die Prärie sondern auch vorbei an Flüssen wie der Gila River und über felsige Gebirgslandschaften quer durch den US Bundesstaat Arizona bis zur Grenze von Mexico, wo er schliesslich am streng bewachten Grenzzaun endet.

Immer mit dabei eine grosse Portion Abentuer und hoffentlich genug des raren Wasser…

Distanz: 1250km
Höhenmeter: 22’500hm

at_map.jpg
 
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AZT – Tag 0: What a mess…

Wenn die Hauptprobe missglückt, wird die Premiere hoffentlich gut! Die Hauptprobe, oder in unserem Fall die Anreise zum Arizona Trailhead ist schon mal gründlich misslungen.

Ein technischer Defekt am Flieger verhindere den Start, hiess es bei Ankunft am Flughafen. Aus zuerst sechs wurden acht und schliesslich zehn Sunden Verspätung. Geduld war gefragt und wir sassen uns die Hintern wund. Als es dann endlich losging, hatten wir keine Chance mehr, unseren Shuttle von Las Vegas nach Kanab zu kriegen. Also checkten wir kurzerhand direkt im Spielerparadies in ein Hotel ein. Ein paar Stunden Schlaf taten gut. Der Shuttle wurde während unseres Fluges bereits auf den nächsten Tag um 9.30 Uhr morgens umgebucht. Dies bescherte uns etwas Erholung und ein Morgenessen im Hotel, bevor wir um 09.15 Uhr beim vereinbarten Shuttletreffpunkt eintrafen. Um 9.30 Uhr war noch kein Shuttle da, auch nicht um 9.45 und um 10.00…hmmm. Es wird doch nicht…doch! Eine nette Frau, welche auch auf den Shuttle wartete, rief beim Betreiber an und wir erfuhren, dass der Shuttle nicht kommt, weil die Strasse von Unwettern unpassierbar sei. In der Nähe des Arizona Trailstarts soll vom Regen momentan alles unpassierbar sein, fügte der Herr am Telefon trocken an. Das hiess für uns, die momentane Haupttätigkeit, “Rumsitzen am Flughafen” wieder aufzunehmen und auf weitere Instruktionen zu warten. Weitere zwei Stunden später erschien tatsächlich doch noch unser Shuttle und wir konnten den mittlerweile ungeliebten Flughafen in Richtung Kanab verlassen. Unser Glauben, es wäre nun einfach, währte jedoch nicht allzu lange denn bereits nach halber Fahrstrecke setzte sintflutartiger Regen ein. Neben der Strasse verwandelte sich die rote Wüste zunehmend in einen riesigen See. Schon der Gedanke daran, morgen in diesem Gelände zu starten, wirkte surreal. In Kanab angekommen, begannen wir sofort, in unserem netten kleinen Hostel die Bikes zusammenzubauen. Diese hatten den Flug tiptop überstanden. Draussen schiffte es munter weiter. Erst gegen Abend liess der Regen nach und es zeigte sich noch rasch die Sonne.
Nun geht der seeehr lange Reisetag langsam zur Neige und es kann eigentlich nur besser werden, oder? Wir sind jedenfalls gespannt, ihr hoffentlich auch. Unser Reservepuffer von einem Tag ist jedefalls noch vor dem eigentlichen Start zu unserem Abenteuer bereits aufgebraucht.

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AZT – Tag 1: Raureif in der Wüste

Wer hätte das gedacht! Unser Shuttle stand heute rechtzeitig parat – und wir sind heute tatsächlich auf unseren Bikes gesessen! Zwar mussten wir die Startetappe wegen der gestrigen Unwetter komplett streichen, denn die Strasse zum Stateline Campground, wo der Trail eigentlich startet, ist komplett unpassierbar. Und als wir heute voller Enthusiasmus beim Jacob Lake aus dem Shuttle stiegen, wähnten wir uns in Alaska statt Arizona.
Raureif auf den Wiesen – unsere Pullover, die wir eigentlich mit dem Startschuss entsorgen wollten, blieben auf Mann.

Cory, unser Shuttle-Fahrer, wollte unbedingt noch ein Foto von uns machen. Er wolle bei seinen Kumpels damit angeben, dass er die zwei Jungs kenne, die beim Versuch, ihre Bikes durch den Grand Canyon zu tragen, den Heldentod gestorben seien.

Doch dann folgte, Kälte hin oder her, ein fast sechstündiges Flowtrail-Spektakel! Und jetzt steht unser Zelt direkt vor dem Abgrund des North Rims am Grand Canyon. Allerdings sind wir bereits etwas mehr angeknockt als uns lieb ist. Kälte, Gegenwind und Jetlag haben Spuren hinterlassen. Und spätestens heute Nacht werden wir hier auf 2500müm mit unseren Ultraleicht-Schlafsäcken wohl endgültig die Komfortzone verlassen müssen.

Bevor wir dann morgen versuchen werden, unsere Bikes durch den Grand Canyon zu tragen. 1800 Tiefenmeter, 1700 Höhenmeter, 40 Kilometer. 40 Kilometer bin ich auch ohne Bike auf dem Rücken noch nie gelaufen…

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AZT – Tag 2: Der lange Marsch!

Es ist vollbracht! In 11 Stunden 30 Minuten haben wir unser ganzes Bikepackingequipment durch den Grand Canyon geschafft.
Es dauerte länger als erwartet und war härter als erwartet. Vor allem die Haltemuskulatur ist arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Auf meinen Schultern kann man fast “Deuter” lesen. Das Wetter war zum Laufen angenehm. Nicht zu heiss mit ein bisschen Wind.

Am Morgen mussten wir erst ein Schneegestöber aussitzen, weshalb die Toilette zum Bikemontagepunkt umfunktioniert wurde. Wegen unserer Verspätung am Morgen kam es, dass wir erst im Dunkeln den Südrim erreichten. Hier wird es leider um Punkt 19.00 Uhr dunkel und saukalt. Dafür ist es um sechs wieder hell. Die Nacht haben wir auf dem Campground am Südrim verbracht. Beide sind wir ziemlich angezählt nach zwei Tagen. Sollten wir uns Sorgen machen? Glaub nicht, oder?

Hier noch meine ultimativen Tipps für Nachahmungstäter:
  1. Freue dich auf einen unvergesslichen Ganzkörper-Muskelkater. Du wusstest im Voraus gar nicht, dass du so viele Muskeln hast.
  2. Verfasse schon zu Hause eine maximal 2 Sekunden dauernde Standard-Antwort auf die Fragen der Wanderer, die dir begegnen werden.
  3. Trainiere NICHT für diesen Trip – es würde deine Vorfreude ziemlich schmälern.
  4. Die WC Häuschen an Start und Ziel sind geöffnet und schützen dich vor Schneestürmen – zu jeder Tages-/Jahreszeit.
  5. Das 12km-Flachstück im Canyon ist NICHT flach. Zum Glück, sonst wär’s wohl nicht zu überleben.
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Das sieht doch nach Spaß aus!
Nur der ambitionierte Zeitplan (1250km in 15 Tagen und nur ein Reservetag) würde meinem Urlaubsempfinden entgegenstehen.
 
Das sieht doch nach Spaß aus!
Nur der ambitionierte Zeitplan (1250km in 15 Tagen und nur ein Reservetag) würde meinem Urlaubsempfinden entgegenstehen.
Ja, das hat mir anfangs auch Kopfschmerzen bereitet. Man weiss ja nie, was beispielweise das Wetter macht. Wir hatten 18 Tage veranschlagt für den ganzen AZT. Am Schluss waren wir etwas schneller als erwartet...
 
AZT – Tag 3: Rollercoaster Biken

Nach dem Effort vom Vortag war heute erst mal "Krönchen richten" angesagt.
Zwar sind wir um sechs Uhr aufgestanden, weil ab fünf Uhr eh keiner von uns mehr schlafen kann, danach ging es aber gemütlich weiter. Zusammenpacken, Duschen, danach locker nach Tusayan rollen um zu Frühstücken bei gleichzeitigem Internetzugang (sehr wichtig!). Als wir endlich auch noch eingekauft und uns von den Tragehabseligkeiten entledigt hatten, war es bereits Mittag.

Nun ging es los in eine neue Etappe. Deutlich leichter am Rücken zu sein fühlte sich befreit an. Die Beine drehten auch ganz ordentlich. Dazu kam, dass der Trail sehr gut zu unserer Verfassung passte. Nur sehr kurzen Aufstiegen folgte jeweils eine achterbahnähnliche Fahrt durch den Coconino Forest. Stundenlang, nur durch kurze Pausen beispielsweise beim Grandview Lockout Tower unterbrochen, fegten wir durchs Unterholz. Solche Trails sucht man in der Schweiz vergebens. Gegen Abend erreichten wir unser Tagesziel bei Moqui Station. Wir fuhren noch ein zwei Meilen um ein passendes Plätzchen für unser Nachtlager zu finden, dann wärmte uns das Lagerfeuer anstelle der schwindenden Sonne. Fehlte eigentlich nur noch der Marlboro Mann, der vorbeiritt. Wir haben einen guten Rhythmus gefunden und hoffen, das Wetter bleibt so angenehm. In der Nacht dürften es ein paar Grädchen mehr sein, aber wir wollen ja nicht aufmüpfig werden.

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AZT – Tag 4: Arizona aktuell

Guten Abend liebe Radsportfreunde hier bei MaTV zur Zusammenfassung der heutigen 4.Etappe der Arizona-Tour 2014.
Der Start erfolgte 5km außerhalb der weltbekannten Moqui-Station bei leider etwas bescheidenem Zuschauer-Zuspruch, jedoch idealen äußeren Bedingungen. Gleich nach der Neutralisation erfolgte der überraschende Angriff durch das Team Canyon-Attack aus der Schweiz. Kapitän Haussener und sein Gregario Senn konnten sich sofort vom jagenden Hauptfeld absetzen. Bei der Verpflegungsstation in Kelly Tank, vor dem Ehrenkategorie-Aufstieg zur Snowbowl Skiarea, betrug ihr Vorsprung beruhigende 12h auf die ersten Verfolger. Diese – angeführt von den einheimischen Teams Musclesore und Drytank – erhöhten nun jedoch merklich das Tempo, unterstützt von der belgischen Equipe Contrevent um Sprintstar Tom Jetlag. In der folgenden, 30 km (!) langen Singletrail-Abfahrt zum Etappenziel in Flagstaff konnten sich die zwei Routiniers jedoch dank ihrer Erfahrung an der Spitze halten und schließlich auf dem Mac Donalds Drive den Sieg unter sich ausmachen. Haussener übernahm dank den Bonifikations-Kalorien das Leadertrikot des AZT und überließ seinem Wasserträger Senn als Dank für die geleistete Unterstützung generös den Tagessieg und damit die Führung in der Kingsize-Cheesburger-Punktewertung.
Wir sind gespannt, ob das Team Canyon-Attack den heutigen Kraftakt verdaut und sich weiterhin im Rennen behaupten kann. Wir freuen uns, Sie liebe Radsportfreunde zu Hause an den Bildschirmen, morgen Abend um die gleiche Zeit wieder begrüßen zu dürfen und verabschieden uns mit einigen Impressionen vom heutigen Tag... ;-)

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AZT – Tag 5: Plombentest mit Happyend

Der heutige Tag begann wie immer, wenn wir im Hotel übernachten, etwas später. Zuerst muss ja das Bett herausgeschlagen und das Gratismorgenessen weggeputzt werden. Danach folgte, auch bereits routiniert, der Einkauf. Es war gegen 11.00 Uhr als wir endlich losfuhren. Alles easy, denn die Etappe schien nicht allzu lang zu sein…

Das heutige Teilstück war dann tatsächlich nicht lang, hatte aber einige Fiesheiten auf Lager. Zuerst waren da die Steine, die eine flüssige Fahrweise mit gekonntem unter die Räder rollen verhinderten. Als wir diese etwas mühsame Sektion dann endlich hinter uns gelassen hatten und wir motiviert auf die gefühlt grösste Graswiese der Welt einbogen, hatten uns die Kühe bereits die nächste Falle präpariert. Nein, nicht in Form von Kuhfladen wie in der Schweiz. Arizona Kühe laufen zwar sehr gerne auf dem Arizona Trail, aber ihren Kot abladen tun sie dort nicht. Die US Labore scheinen den Kühen genetisch eine Art von Nationalstolz eingepflanzt zu haben. Das ist die gute Nachricht. Die Schlechte ist, dass der Trail über eine Stunde lang von Kuhtritten komplett zerstört war. Ein Vorankommen war zeitraubend und mühsam. Aber irgendwann war auch dieses Stück geschafft und der weitere Verlauf des Trails in Richtung Mormon Lake war dann wieder magisch! Achterbahnfahren durch den Kiefernwald. Bald trafen wir am Mormon Lake, dem grössten See von Arizona ein und staunten nicht schlecht! Der hat gar kein Wasser mehr. Tragisch! In den achtziger Jahren wurde ein Zufluss zum See umgeleitet. Dies und viele regenarme Sommer liessen das Wasser verschwinden. Im mittlerweile fast verlassenen Dorf gleichen Namens gibt's fast nichts mehr ausser Pizza. Die genehmigten wir uns als Wiedergutmachung. Bald schlich sich bereits wieder die Dämmerung heran und wir errichteten unser Nachtlager. Das obligatorische Feuer musste ganze Dienste leisten, denn die sternenklare Nacht wurde zapfenkalt…

Die Sache mit dem Wasser

Wir als typisch mitteleuropäische Weichbecher tun uns ehrlich gesagt etwas schwer mit der hiesigen Wassersituation, welche sich bekanntlich gen Süden noch verschärfen wird.

Aus Viehtränken und rostigen Tanks Wasser zu trinken ist nicht jedermanns Sache!

Bis gestern haben wir dies tunlichst vermieden, obwohl wir sowohl über Wasserfilter als auch über Micropur Tabletten verfügen. Wir haben dafür mehr Wasser mitgeschleppt und uns beim exzessiven Saufen zurückgehalten. Gestern wurde allerdings der Druck im Kopf, plötzlich ohne das wertvolle Nass in der Pampa zu stehen, zu gross. Also sprangen wir über unseren Schatten und bereiteten unterwegs 3 Liter Wasser auf, welches wir bis zum Etappenziel mitschleppten, aber nicht anrührten! Aber mit leichtem Gewissen fährt es sich halt deutlich ruhiger. Beide probierten wir natürlich einen Schluck davon im Hotelzimmer. Nun sollte aber das Eis gebrochen sein und einer weiteren Wasserversorgung dieser Art nichts mehr im Wege stehen…:D

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AZT – Tag 6: Der Hammermann…

… hat heute gleich sechsfach zugeschlagen! Aber alles der Reihe nach:

Nach der überraschend feinen Pizza am arizonaweit grössten Geistersee, suchten wir uns ein wunderschönes Zeltplätzli. Bald legten wir uns dick eingepackt schlafen. Da schlug der Hammermann ein erstes Mal in Form von Eiseskälte zu – unsere Ultralight-Schlafsäcke hatten noch den gefühlten Komfortbereich einer Migros-Tragetasche… Beim Aufstehen war das Zelt innen komplett vereist! Schlotternd suchten wir die ersten Sonnenstrahlen, und zwei Stunden später sassen wir auf unseren Bikes. Hier schlug der Hammermann ein zweites Mal zu! Kaum ein Meter, der nicht mit Felsen und Schlägen durchsetzt war – unsere bereits angeknacksten Hinterteile schrien nach Asphaltstrassen und wir überschritten kaum die 3-Meilen/h-Grenze.
Da kam aus heiterem Himmel Hammermann Nr.3 angefahren. In Form eines Arizona-Trail-bikenden “Kollegen”, der jedoch von Süd nach Nord fuhr. Wir unterhielten uns ein wenig mit ihm und er meinte, was wir bis jetzt gemacht hätten, sei “easy biking”. “The real tough thing” komme dann nächste Woche, im Süden. Nun ja, wir versuchen uns seither gegenseitig einzureden, dass der Mann a) komplett von Sinnen war b) völlig übertrieben hat und c) einfach weniger stark ist als wir…;)
Nun, im Finale der Etappe wurden die Trails wieder flüssiger und wir freuten uns auf ein warmes Essen im Blue Ridge Campground, unserem Tagesziel. Da schlug – ihr ahnt es – die Stunde von Hammermann #5! Campground closed – kein Wasser, kein Essen, keine Menschenseele. Um unsere Optionen brauchten wir uns nicht zu streiten. Weiterfahrt im Energiesparmodus war angesagt. Zwei Wanderer – die ersten auf unserem Trip, wiesen uns den Weg zum Rock Crossing Campground, den wir tatsächlich, inkl. Wasserstelle, fanden.
Happy End…

Happy End? Da fehlt noch Hammermann #6! Er erschien in Form des Campground-Bosses. Wir fragten ihn, angesichts unserer knurrenden Mägen und bevorstehenden Strapazen, ob man wohl hier irgendwo eine Tankstelle o.ä. finden könne. “Sure, go to the Road, turn right, one mile”. Wir versicherten uns nochmals, ob wirklich rechts und nur one mile und setzten uns müde, aber voller Vorfreude aufs Essen nochmals auf unsere Bikes.
Nun, nach geschätzten 5 Meilen war noch weit und breit keine Tankstelle in Sicht und wir hielten ein Auto an, das uns entgegen kam. “Yes, there is a Gas Station, but this way” – er zeigte mit dem Arm in die Gegenrichtung, und fuhr weiter.
Wir auch, nämlich retour. Mit noch leereren Mägen. Angesichts der recht aussichtslosen Lage und der bald hereinbrechenden Dunkelheit beschlossen wir, zum Campground zurück zu fahren.
Da erschien… nein, nicht Hammermann #6, sondern Engel#1!
Der Typ, den wir auf der Strasse angehalten hatten, hatte neben der Zufahrtsstraße zum Campground sein Lager aufgeschlagen – er war mit der ganzen Familie auf Truthahn-Jagd und erkannte uns wieder!
Wir hätten wohl 100$ für einen Bigmac bezahlt – stattdessen gab’s Brot, Suppe und Landjäger am Lagerfeuer for free!!!
Was für ein Tag!

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AZT – Tag 7: Downhill vom Plateau

Auch diese Nacht war kalt! Ich trug alle Kleider am Leib, die ich bei mir hatte. So ging’s gerade. Vor dem Zubettgehen wurde aber erst am Lagerfeuer der Familie Rossbrook gefachsimpelt, auf der Gitarre geklimpert und ein Bierchen gekippt.
Papa Rossbrook hatte uns derart ins Herz geschlossen, dass er uns nach dem Aufstehen am Morgen und dem anschliessenden Zusammenpacken, auf ein Tee und einen Bagel einlud. Dieses Angebot nahmen wir gerne an und so sassen wir bereits wieder am Lagerfeuer, während die Söhne des Familienoberhauptes zur Fasanenjagd aufbrachen.

Dort zu Biken wo die Einheimischen in Tarnanzügen und bis auf die Zähne bewaffnet zur Jagd gehen, lässt einen definitiv schneller fahren…

Die Zeit verging und wir mussten endlich los, wenn wir an diesem Tag noch Payson, unser aktuelles Synonym für Zivilisation erreichen wollten. Der Trail begann ruppig. Ein stetiges auf und ab, gefolgt von Flussdurchquerungen, aber immer auf einem schmalen steinigen Band durch den Wald. So präsentierten sich die letzten Kilometer auf dem Kaibab Plateau bevor der Arizona Trail siebenhundert Höhenmeter in die Tiefe fällt. Diese Klippe nennt sich Mongollon Rim und der Pfad hinunter Tunnel Trail. Und dieser hatte es ziemlich in sich. Wir manövrierten unsere trägen Reiseböcke manchmal mehr und manchmal weniger gekonnt den felsdurchsetzten Pfad hinab bis wir am Ende auf einer Forststrasse landeten. Aus Forst- wurde eine Teerstrasse und so gondelten wir bis nach Payson, wo wir direkt einen Mc Donalds überfielen. Gestärkt und vom Internet upgedatet zogen wir in ein naheliegendes Hotel und lassen es uns seither gutgehen. Morgen beginnen die Überführungsetappen um die Wilderness herum.

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AZT – Tag 8: Fata Morgana bei den Goldgräbern

Die Dusche und die Nacht im Hotelbett von Payson tat dem Körper und der Seele gut. Bevor es aber Schlafenszeit war, gab es noch einiges zu organisieren. Es stand ja eine grosse Umfahrung des Arizona Trails an, weil der Trail in dieser Passage durch eine Wilderness Area führt und für Mountainbikes verboten ist.
Es werden weitere Umfahrungen folgen, aber dieses ist die Längste. Im Vorfeld hatte ich mich über eine andere Option zur Umfahrung, mitten durch das Buschland der Superstition Mountains schlau gemacht, diese jedoch wegen der langen Schiebepassagen wieder verworfen. So blieb nur der Weg von Payson über die Teerstrasse, gefolgt vom Apache Trail, bei dem es sich nicht um einen Trail handelt, sondern um eine ungeteerte Strasse und zu guterletzt wiederum über ein Teilstück auf dem vielbefahrenen Highway nach Superior. Ihr könnt euch vorstellen dass unser Trailherz bei dieser Aussicht nicht gerade grosse Sprünge machte. Aber was getan werden muss, muss halt eben getan werden. Als dann Kim, die Rezepionistin unseres Hotels das Gefühl hatte, auf dem Highway 87 raus aus Payson sei es viel zu gefährlich für uns und deshalb vorschlug, dass der Hotelshuttle uns doch ein paar Meilen bis zur Wegkreuzung transportieren könnte, sagten wir nicht nein und waren froh, um diese Erleichterung. Der Shuttlefahrer wollte dann natürlich Bares sehen, aber das war uns auch recht. So kam es also, dass unsere heutige Etappe frühmorgens im Shuttlebus startete. Vom Teerstrasse raspeln will ich hier aber nicht berichten...

Interessant war aber besagter Apache Trail. Dieser führt auf Sandpiste vom Roosevelt Reservoir an schönen Stauseen vorbei in Richtung Phoenix. Die Seen wirken dabei wie Fata Morganas im staubtrockenen und mit mannshohen Kakteen versehenen Umland. Die Strasse windet sich pausenlos durch Schluchten hoch nur um anschliessend gleich wieder abzufallen. So geht das stundenlang. Die Aussicht war aber immer toll und einige Pickupfahrer schafften es sogar zu überholen ohne dass wir danach Sand zwischen den Zähnen hatten. Leider eben nur einige, darum musste zur Halbzeit und gleichzeitigem Ende der ungeteerten Piste ein Bad im Stausee her! Das Wasser war herrlich und kühlend, denn mittlerweile betrug die Aussentemperatur 37 Grad. Kein Kunststück, denn wir befanden uns nunmehr auf 500 Metern über Meer. Seit dem Grand Canyon hatten wir fast 2000 Höhenmeter verloren.

Nach dem Mittagsrast ging es erst noch hübsch weiter nun eben der Teerstrasse folgend und vorbei an Goldgräberstädtchen mit Saloons und Goldminen bis wir Apache Junction erreichten. Der Rest der Etappe ist schnell erzählt. Es wurde immer heisser und die stetig steigende Teerstrasse zum Etappenziel in Superior kochte uns wie ein Backofen. Einmal hielt ich direkt auf ein Mc Donalds Schild zu nur um zu merken, dass da gar kein Lokal war sondern eben nur dieses Schild, welches regungslos die Meldung verbreitete, dass besagter Mc Donalds in 30 Meilen käme. An dieser Stelle nicht lachen bitte…es war wirklich hart! Diese Etappe brauchte Körner und die galt es wieder aufzufüllen. Darum sind wir seit der Ankunft eigentlich nur noch am Essen. Morgen gehts wieder auf dem Arizona Trail weiter.

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Hochinteressant! Die Posting-Zeiten lassen vermuten, dass Du noch in einer anderen Zeitzone lebst - ich hoffe der Jetlag geht bald vorüber :)

Woher weiss man eigentlich aus der Ferne, welche der Wilderness-Gebiete für MTB gesperrt sind? Ist ja für die Planung ganz schön wichtig...
Und wie seid Ihr eure Wanderstöcke (erkennbar nützliches Equipment) am South Rim wieder losgeworden - nach Hause per Fracht? Oder gibt es extra Verleihstationen? Wären je zwei Stöcke aus dem Kaibab-Wald nicht gleich tauglich gewesen?

Ich freu mich auf die Folgeberichte.
 
Hochinteressant! Die Posting-Zeiten lassen vermuten, dass Du noch in einer anderen Zeitzone lebst - ich hoffe der Jetlag geht bald vorüber :)

Woher weiss man eigentlich aus der Ferne, welche der Wilderness-Gebiete für MTB gesperrt sind? Ist ja für die Planung ganz schön wichtig...
Und wie seid Ihr eure Wanderstöcke (erkennbar nützliches Equipment) am South Rim wieder losgeworden - nach Hause per Fracht? Oder gibt es extra Verleihstationen? Wären je zwei Stöcke aus dem Kaibab-Wald nicht gleich tauglich gewesen?

Ich freu mich auf die Folgeberichte.

Ja, danke für die Nachfrage, der Jetlag legt sich langsam... :bier:

Auf der Webseite der Arizona Trail Foundation kann man alle Daten einsehen und wenn man eine Mitgliedschaft abschliesst, erhält man alles Kartenmaterial und GPS Daten. Zusätzlich gibt es ein Buch über den Trail, welches man sich bestellen kann. Dort ist alles haargenau beschrieben.

Die Wanderstöcke, Turnschuhe und den grossen Rucksack (alles altes Zeugs) haben wir am Südrim einem Ranger gegeben. Die verteilen sie offenbar an Jugendliche. Am Südrim gibt es einen Verleih von Stöcken aber nicht am Nordrim.
 
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AZT – Tag 9: Anstrengender Kaktus-Slalom mit Schreckmomenten

65 km, 1200 hm – keine Daten, die einem Durchschnittsbiker besonderen Respekt einflössen würden. Auch uns nicht. Bis heute.
So viel vorneweg: es war wunderschön, aber sauhart.

Nachdem wir nach längerem Suchen den Trailhead gefunden hatten, schlängelte sich unser Trail drei Stunden lang (!) in unzähligen Kehren und Stufen durch die einmalige Wüstenlandschaft den Berg hoch. Wir sahen handflächengrosse Schmetterlinge, Reh-artige Tiere mit Eichhörnchenschwänzen, Erdhörnchen, tausende Echsen. Und dann lag sie da, die Gefürchtete, direkt vor meinem Vorderrad, und klapperte und zischte. Dank vorsichtigem Rückwärtsgang verzog sie sich schon bald in ein Gebüsch – doch unsere erste Begegnung mit einer frei lebenden Klapperschlange auf den Arizona Trail werden wir beide nicht mehr vergessen…
Es ging weiter im gleichen Stil, wunderbar trailig, wenn auch nicht einfach zu steuern auf dem sandigen Boden mit unseren voll beladenen Reisebikes.
Dann auf der Abfahrt der nächste Schreckmoment: es musste ja mal kommen, bei all den Stacheln und Steinen. Mein Hinterreifen hauchte seine Luft aus und wegen der Hitze war zu wenig flüssiges Dichtmittel übrig geblieben. Mit vereinten Kräften schafften wir die Reparatur dennoch.
Und nach 9 Stunden – ja, N-E-U-N – hatten wir unseren eindrücklichen Kakteenslalom hinter uns gebracht und haben unser Zelt irgendwo im Nirgendwo aufgestellt.

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AZT – Tag 10: God bless Arizona

Wie schafft man es, für die ersten 8 Meilen über 2h und für die finalen 30 Meilen jedoch nur 30 min zu brauchen? Geht nicht ohne die Hilfe aller indianischen Götter, die hier in Arizona seit Jahrtausenden heimisch sind.

Angefangen bei Luna, der Göttin der Nacht, die uns Zelt-Beleuchtung und Erholung von den gestrigen Strapazen brachte. Weiter zu Petrus, der uns einen bewölkten Himmel und damit angenehme Temperaturen brachte. Dann natürlich Arizona, unsere Traildiva, die sich nicht überaus zickig verhielt. Auch Continental, Gott der Hufe, hatte einen guten Tag und bewahrte uns vor unfreiwilligen Fussmärschen. Nicht zu vergessen Fontessa: Wir fanden unterwegs hinter einem Busch eine Gallone Trinkwasser! Dann kreuzte Gott Yamaha auf seinem Quad unsere Wege und spendete uns ein Hopfen-/Malzgetränk, weiteres Wasser plus Cliffbars. Auch Cadutabella, die Göttin der Schönheit, schützte uns im Gegensatz zu gestern vor Schürfungen und Kakteenstacheln. Dann schlug die Stunde von Garmin, dem Gott der Fährtensucher: Er zeigte uns einen Ausweg aus dem etwas zu langen Tagesabschnitt und wies uns nach Winkelman. Dort angekommen, schienen uns die Götter verlassen zu haben. Da gab’s tatsächlich kein Hotel und am nächsten Tag soll's schütten wie aus Kübeln! Zelten war also ein schlechter Plan...
Wie es so ist mit den Göttern: sie erscheinen meist dann, wenn man bereits nicht mehr dran glaubt.
Chevrolet, der fauchende Apachegaul, nahm uns auf den Rücken und brachte uns in Windeseile an unser Tagesziel, Oracle.
Be blessed...

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Danke für den Bericht, schöne Tour ! Da ich die USA bisher nur vom ReiseRR aus kenne - habt ihr GPS oder Karten und ist der Trail sow wie bei uns auf den Wanderwegen markiert. Ist die Orientierung generell ein Problem ?

Gruß Gerold
 
So muss ein Reisebericht sein, intelligent und amüsant geschrieben, mit feinen Bildern. Macht Lust zum nachfahren. Sind eigentlich die Transportpreise für das Rad im Flieger immer noch so hoch?
 
Danke für den Bericht, schöne Tour ! Da ich die USA bisher nur vom ReiseRR aus kenne - habt ihr GPS oder Karten und ist der Trail sow wie bei uns auf den Wanderwegen markiert. Ist die Orientierung generell ein Problem ?

Gruß Gerold

Gerold, grundsätzlich ist der Arizona Trail recht gut markiert. Es gibt aber auch ganz schlechte Segmente, wo man den Trail ohne GPS streckenweise verliert. Dies hat vor allem mit Überwucherungen und Unterspülungen zu tun. Nicht alle Segmente sind viel begangen...

GPS Daten gibt's auf der Seite von Arizona Trail Race, welches jedes Jahr stattfindet. Gegen eine Mitgliedschaft gibts auch Zugang zu GPS Daten der offiziellen Arizona Trail Foundation. All diese Daten muss man sich halt dann anpassen.

Meine Daten stehen natürlich ebenfalls zur Verfügung, falls jemand Interesse hat...

Gruz mat
 
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