Forchheimer Firma will mit Rädern die USA erobern
YT-Industries hat seinen Sitz in der Zweibrückenstraße, und doch ist das Unternehmen vielen Forchheimern kein Begriff. Ein echter "versteckter Champion", der sich für das neue Jahr einiges vorgenommen hat - auch in der Heimat.
von
PETER GROSCURTH
Ein Unternehmen aus Forchheim rüstet sich für den Sprung über den großen Teich und will ab dem kommenden Jahr die USA erobern. Die Rede ist von der Fahrrad-Schmiede YT-Industries, die ihren Sitz in der Zweibrückenstraße hat.
Wer dort lärmende Produktion erwartet, täuscht sich allerdings. Zwar werden dort viele Räder gelagert, auch gewartet oder versandfertig gemacht. Doch am Firmen-Hauptsitz sitzen viele zumeist junge Mitarbeiter an ihren PCs und schmieden neue Pläne für extreme Bikes, die enorm robust sind. Das müssen die Produkte auch sein, schließlich tragen sie Bezeichnungen wie Dirt-Bikes (Schmutz-Räder) oder Downhill-Enduros (Räder, mit denen waghalsige Berg-Abfahrten möglich sind).
Die Fan-Gemeinde für diese Entwicklungen wächst, und der Markt gilt noch als sehr entwicklungsfähig. Dabei sind die Räder nicht gerade Schnäppchen, kosten je nach Ausführung und Segment zwischen 500 bis zu 2200 Euro.
Eine Nische entdeckt
Gegründet wurde YT-Industries von Markus Flossmann aus Leutenbach. Der 38-Jährige ist eigentlich ein gelernter Markting-Experte, arbeitete für eine bundesweit bekannte Fitness-Studio-Kette. Sein Hobby? Ganz klar: der Fahrrad-Sport im Gelände. Er ist aber auch ein genauer Beobachter. Vor Jahren sah er Jugendlichen zu, die mit ihren Rädern waghalsige Sprünge machten. Und ihm fiel auf, dass sie meist auf minderwertigen Bikes, die dafür aber viel zu teuer waren, ihre Künste probierten.
"Da muss es doch eine Lösung geben, dass günstige Räder mit Top-Qualität produziert werden können", dachte sich Flossmann und kam auf eine einfache wie auch geniale Idee: den Direktvertrieb. Florian Lehmann, Marketing-Leiter bei YT-Industries, beschreibt, wie dieser Plan in der Branche einschlug: "Markus Flossmann entwarf 2008 sein erstes Dirt-Bike, kratzte vorher Geld zusammen und ließ seine Entwicklung in Taiwan fertigen."
Der Mut zum Risiko lohnte sich, innerhalb weniger Tage waren all seine Räder verkauft und Flossmann spürte, dass seine Geschäftsidee ein tolles Potential hatte. Der Macher gab seinen gutbezahlten Job auf und gründete YT-Industries, holte sich zudem noch den Maschinenbau-Ingenieur Stefan Willard aus Pautzfeld als Teilhaber ins Boot und stellte weitere Mitarbeiter ein.
Zehn Millionen Euro Umsatz
Florian Lehmann: "Ziel ist es von Anfang gewesen, dass wir komplexe Technik und qualitativ hochwertige Bikes zu vernünftigen Preisen produzieren und unseren Kunden anbieten." Dabei werden die Rahmen in Taiwan (dem weltweit größten Standort der Fahrrad-Fertigung) geschweißt und in Schleusingen (Thüringen) endmontiert.
2014 wird YT-Industries einen Umsatz von zehn Millionen Euro einfahren und 4000 Räder verkaufen. Ab Januar sollen dann der US-Markt sowie Neuseeland und Australien erschlossen werden. "Dies wird aber ganz behutsam geschehen, wir müssen in diesen Regionen erst unsere Strukturen richtig aufbauen", erklärt Marketing-Leiter Lehmann.
Als Umsatz-Ziel wurden für 2015 zwölf Millionen Euro ausgegeben. Dazu soll auch die aktuelle Neu-Entwicklung beitragen, das Capra-Bike mit einem Rahmen aus Karbon. "Das ist nicht nur für reine Abfahrten an steilen Hängen ausgelegt", so Kerstin Kaufmann, die die Öffentlichkeitsarbeit für YT-Industries betreut.
Wachsen und Expandieren
Mit Capra will sich das Unternehmen auch andere Käuferschichten erschließen. Und tut einiges dafür, damit die Szene aufmerksam auf die Produkte aus Forchheim achtet. "Wir haben einen der besten Free-Ride-Biker der Welt unter Vertrag", sagt Lehmann nicht ohne Stolz: den Katalanen Andreu Lancondeguy. Dank seiner Popularität und Erfolge nimmt die Bekanntheit von YT-Industries immer weiter zu. "Unsere Marschrichtung ist klar: Wir wollen die kommenden fünf Jahre weiter stark wachsen und expandieren. Und wir möchten uns auch neue Produkt-Bereiche erschließen wie etwa Bekleidung mit unserem Logo oder Schutzkleidung. Ziel ist es, die Breite unseres Markennamens zu nutzen und auszubauen", schildert Lehmann.
Schon heute arbeitet der Betrieb mit seinen 32 Mitarbeitern profitabel, auch wenn noch Kredite abbezahlt werden müssen. Wird sich YT-Industries auch einmal der Fertigung und dem Verkauf von massentauglichen Mountain-Bikes annehmen? "Nein, wir bieten spaßorientierte Produkte an. Rennräder, City- oder Mountain-Bikes werden wir nicht entwickeln und auf den Markt bringen", stellt Lehmann fest.
Neue Halle in Forchheim?
Eine klare Strategie, die wohl bald auch der YT-Zentrale Forchheim zu Gute kommen könnte. Denn die Macher Flossmann und Willard überlegen, eine Halle zu bauen, in der sich eine Teststrecke für neu entwickelte Bikes befindet. Ein klares Bekenntnis also zum Standort in der Region!
Ein Aspekt, den auch Peter Belina, Sprecher der IHK für Oberfranken Bayreuth, hervorhebt: "Solche Firmengründungen sind wichtig für uns. Es ist optimal, wenn sich Oberfranken derartige Geschäftsideen in der Welt holen, zurückkommen und ihre Projekte dann in einem Unternehmen umsetzen. YT-Industries hat sich seine Nische bewusst gesucht und auch gefunden, reagiert auf ein neuartige Verbrauchergewohnheiten, ist hoch expansiv, innovativ und erfolgreich." Und macht dank seiner Räder wohl in den kommenden Jahren noch viele Luftsprünge.