Fubbes Bericht gibt mir den Anstoß, hier auch über unsere Tour zu berichten. Wir starteten zu zweit einen Tag früher als er, gern hätten wir uns getroffen, aber es sollte nicht sein. Anreise am 11.07. nach Oulx. ÜN/Frühstück im B+B Edelweiss ein paar Radlminuten vom Bahnhof. Sehr nette Zimmerwirtin, ganze FeWo für uns. Wir durften unser Auto die Woche über im schattigen Garten parken, klare Empfehlung.
1. Tag: Oulx – Fenils – Mt. Chaberton – Claviere – Sagna Longa – Col Bourget – les Fonds
Macht der Chabbi als AX-Tourauftakt Sinn ? Muss jeder selber für sich entscheiden. Er stand halt da und wir wollten rauf… Nachdem ich zugegebenermaßen gerne die These geglaubt habe, wir wären mittags oben (ok, manche essen eben erst um 3) und die Bude in Sagna Longa nicht so verlockend schien, wurde doch les Fonds als Etappenziel festgelegt.
Aufgrund des lockeren Wegbelages und der Steigung haben wir schon deutlich vor dem
Sattel geschoben, danach sowieso. Oulx bis Gipfel: 7:30 bis 15:00 Uhr mit Pausen. Grandioser Fernblick, die Reste der Stellung sehr imposant. Runter bis auf ein kurzes Stück nach dem
Sattel alles fahrbar bis Claviere (1:20 Std. Abfahrt). Dort die schlechtesten Panini unseres Lebens verdrückt und auf nach Sagna Longa. Sentiero Balcone mit schönen Talblicken bis Sestriere. Danach auf einer Hütte noch Birra con Sprite konsumiert und am Lago Nero vorbei Richtung Col Bourget. Angesichts der fortgeschrittenen Tageszeit beinahe vergessen, die Wiesentrails Ri. le Bourget zu würdigen, dann noch ein Stück Teer nach les Fonds. Ankunft 20:30 Uhr, harter Einstand, aber geschafft. Sehr freundliche Bewirtung, uriges Dörfchen, gutes Essen.
2. Tag: les Fonds – Col de Malrif – Abries – Aguilles – St. Veran
Primär schieben und tragen zum Malrif, wieder beste Fernsicht und ein unschwieriger Trail nach unserem Geschmack. Glasklares Wasser im Le Grand Laus. Nach Aguilles den Forstweg, auch um nicht nach Ville Vieille runter zu müssen. Richtung St. Veran schlug die Nachmittagshitze nochmal zu und wir kamen froh in der höchstgelegenen Gemeinde Europas an.
3. Tag: St. Veran – Col de la Noire – Ubaye-Tal – Fouillouse
Warum wird die Straße Richtung Rif. de la Blanche gewässert ? Eine Bockerlbahn, wie in Touristenorten bekannt, shuttelt die Wandersleut die halbe Strecke rauf und die soll es wohl nicht einstauben. Vom Rif. Blanche war alsbald tragen angesagt, was die franz. Wanderer mit einer Mischung aus Respekt und Mitleid zur Kenntnis genommen haben (O-Ton: „you are crazy“ – wer will da schon widersprechen ?). Nach dem Col de la Noire vorbei am gleichnamigen See runter durch die beeindruckende Weite des Ubaye-Tales. Fotostop am Fliegerwrack. Bis Maljasset eine ganz schöne Strecke, aber nie langweilig. Irgendwo dazwischen kam mir noch das frisch erworbene Know-How aus einem Aufklärungsvideo über Herdenschutzhunde zu Gute, das neulich erst im Forum eingestellt wurde. Drei gegen einen ist aber auch unfair und glücklicherweise war das Gelände so offen, dass wir mit gelangweiltem Blick einen großen Bogen um die Herde ziehen konnten. Respekteinflößende Erfahrung. Als in Maljasset ein Päckchen Rennradler auflief, war klar, dass das nächste Stück bis zur Pont du Chatelet schneller zu bewältigen wäre. Dafür forderten die letzten hm nach Fouillouse wieder ihren Tribut in Form von Sturzbächen aus Schweiss. Gemütlicher deutsch-französischer Abend in der Gite.
4. Tag: Fouillouse – Col du Vallonet – Col de Mallemort – Col de la Gipiere d’Oronaye – Colle di Roburent – Colle della Scaletta – Passo del Escalon – Passo Gardetta – Rif. Gardetta
“Der längste Tag” blieb zwar immer noch der erste, aber wenn es einen gefühlten längsten Tag gäbe, war es dieser. Schrecksekunde nahe Plate Lombarde: mitten aus dem flowigsten Wiesentrail steht ein angespitztes Rundeisen heraus, m.E. Kriegsrelikt, keine absichtliche Bikerfalle. Den
Reifen wär‘s bei Kontakt jedoch egal gewesen, glücklicherweise kam es nicht dazu. Caserme de Viraysse war auch so ein to do auf unserer Liste, das Gipfelfort haben wir uns angesichts des noch bevorstehenden Tagwerkes gerne geschenkt. Auf halber Höhe über Larche ostwärts. Der halbhohe Wanderweg war ziemlich zugewachsen, weiter oben wäre man noch bequemer rüber gekommen. Jetzt Richtung Lac de l’Oronaye, immer fest den nächsten
Sattel im Blick, dahinter liegt sicher der See – oder hinter dem nächsten ? – gut, dann eben nach dem nächsten !! – Verflxxxt, wann kommt endlich mal der erste See !!! Mit dem langersehnten Anblick beruhigte sich auch das Bikergemüt wieder und der Colle di Roburent wurde etwas entspannter in Angriff genommen. Der Lac di Roburent liegt noch etwas schöner und nun war wieder Tragen zum Colle Scaletta angesagt. Diese Etappe lief überraschend zügig und die Abfahrt vom Passo Escalon war teilweise fahrbar, teilweise aber zu steil/zu lockeres Geröll/zu verblockt. Den gta zum Passo Gardetta kannte ich nicht, die 500 hm haben wir überwiegend getragen. Auf dem Rif. Gardetta kamen wir um halb acht an und wurden als einzige Gäste viergängig bekocht. (Ich würde nicht nochmal so fahren (sagte ich wirklich „fahren“ ?), aber gemacht ist gemacht).
5. Tag: Rif. Gardetta – Passo Rocca Brancia – Servagno – Sambuco – Pratolungo – St. Anna di Vinadio
Nach 2008 wollten wir nochmal über den Rocca Brancia, die Auffahrt finde ich beeindruckend, die Abfahrt über Servagno ist auf weiten Strecken fahrbar. Bereits am Vortag haben wir beschlossen, dass wir nicht wie 2013 zum Passo Tesina rauftragen, nur um diesmal vielleicht den Schlenker über die Lagi Lausfer mitnehmen zu können, sondern uns einen „gemütlichen Teerauffahrtstag“ einbauen. So kamen wir früh in St. Anna an und beim Telefonat mit der Heimat waren wir auf der Webcam vor der Kirche zu besichtigen. Wir waren jetzt das dritte Mal in St. Anna, für mich ein besonderer Ort.
6. Tag: St. Anna di Vinadio – Col de la Lombarde – Isola 2000 – Bassa Druos – Abstecher Ri. Lago di Claus – Rif. Casa di Caccia – Therme di Valdieri – Entracque – Trinita
Sogar die Schattenabfahrt vom Kloster bis zum Einstieg in die alte Lombarda-Passstraße ging mit etwas Zähnezusammenbeissen ohne Jacke. Das hatten wir noch nie: morgens in kurz auf 2.000+ aufbrechen und am Pass nicht alle Klamotten anziehen müssen, um nicht zu erfrieren, sondern das laue Lüftchen genießen. Kleine Stärkung in Isola 2000 und auf zum Bassa Druos. Auf dem Weg dorthin das einzige Schneefeld von rd. 20 Metern überquert – kein Vergleich zu 2013 !
Auch am Druos waren wir jetzt drei mal, das Valle di Valasco, die königlichen Reitwege, die Militärbauten, das Grün der Lärchen, das Braun der Felsen, das Blau der Seen fasziniert uns immer wieder. Angefixt von ein paar Panoramio-Fotos auf Google earth haben wir beschlossen, nach dem Lago di Valscura zum Lago di Claus rüberzumachen und von dort aus den Weg zum ehem. Jagdschloss runter zu nehmen. Nachdem wir die zusammengepuzzelten Steinwege befahren hatten und den Blick Richtung Lago di Claus und den Steig im Steilhang richteten, war uns klar, dass das keine gute Idee sei. Also in einer guten Viertelstunde zurück zum Lago di Valscura und auf dem Normalweg nach Therme di Valdieri. Gemütliche Gite in Trinita mit einem Wirt, der mit hungrigen Radlfahrern gut umzugehen wusste.
7. Tag: Trinita – Colle delle Sabbione Ovest – P. de Peyrefique – Fort de la Marguerie – Colle di Tenda – Col della Boaria – Colle dei Signori – Rif. Don Barbera
“Das Tal der Fliegen” hat es Herr Zahn mal genannt und so hatten wir es aus 2008 auch in Erinnerung, diesmal war es aber nicht tragisch. Auch keine Herden mit zugehörigen Schutzhunden, trotz Warnschild am Talanfang. Das Vallone del Sabbione zieht sich, ist aber sehr schön und bis auf eine Wandererbegegnung blieben wir den Vormittag unter uns. Am Colle aufgesessen und zügig ohne Feindkontakt das nächste Stück im Mercantour-Park durchmessen. Bald naht das Fort Central und der Blick auf die Tenda-Südrampe. Im Chalet de Marmotte unter dem Pass war dank Wochenende und super Wetter die Hölle in Form von verstaubten Enduropiloten, Quad- (wer hat so was eigentlich erfunden?) und Jeepfahrern los, was nichts Gutes für unseren nächsten Abschnitt auf der Ligurischen Richtung Don Barbera erwarten ließ. Erst mal ordentlich futtern, dann geht’s weiter. Wir wurden zwar von einer Anzahl motorisierter Bergliebhaber überholt und in den Kurven lag mehlfeiner Staub teilweise mehrere Zentimeter dick, aber das Gros war gesittet und fuhr langsam vorbei. Trotzdem sieht man auch dank Schweiß und Sonnencreme irgendwann wie ein grau paniertes Schnitzel aus. Auf dem Weg zum Rifugio waren noch einige Steigungen zu bewältigen, aber den Belag hatte ich deutlich grober in Erinnerung, hier wurde ausgebessert. Dafür zahlen Motorräder 10 EUR und Jeeps 15 EUR. Die Karstlandschaft und die weiten Blicke beeindrucken uns wieder. Über uns zogen sich zwischenzeitlich immer schwärzere Wolken zusammen und einige Tropfen ließen nichts Gutes erwarten. Der Wind war uns aber wohlgesonnen und blies das Gewitter wohl zu Fubbes am Bassa Druos, so dass wir trockenen Hauptes im Don Barbera einliefen. Am Wochenende ist die Hütte immer gut belegt, diesmal waren wir „nur“ zu zwölft in Raum 1. Wenigstens nur Biciclisti.
8. Tag: Rif. Don Barbera – Passo Tanarello – Passo di Collardente – Rif. Monte Grai – Rif. Allavena – Colla Langan – Pigna – Isolabona – Dolceacqua – Ventimiglia
Heute haben wir uns wieder einen frühen Aufbruch vorgenommen und saßen um viertel nach sieben im
Sattel, noch keine Spur von den motorisierten Zeitgenossen. Um 9 Uhr lag der Passo Tanarello hinter uns und immer noch kein Fahrzeugkontakt. Erst Richtung Monte Grai ein paar zwei- und vierrädrige Staubaufwirbler. Eigentlich waren wir heute motiviert, die Alta Via bis zum Schluss durchzuziehen, nachdem wir vor zwei Jahren ziemlich Zeit im Alpinisteig gelassen hatten und nach Hagelwetter vom Gola di Gouta abgefahren sind. Als wir aber weder am Rif. Monte Grai noch am Brunnen am Einstieg zum Alpinisteig noch Wasser fanden, haben wir kurzerhand das Ende der Hochtour beschlossen und sind über das Rif. Allavena ins Tal. Am Colle Langan dann nochmal Grübeln: Die Straße Richtung Pigna ist gesperrt (2008 als Teerabfahrtsorgie in Erinnerung), scheinbar schon eine ganze Weile. Die Umleitungsempfehlung sah auf der Karte wenig einladend und sehr höhenmeterträchtig aus, also riskieren. Dass ein belgischer BMW wieder zurückkam, beruhigte dabei nicht gerade. Erst ein entgegenkommender Rennradler ließ die Hoffnung keimen, dass es mit dem Rad ein Durchkommen gibt. Durch heftige Unwetter (ich meine, vor etwa zwei Jahren) ist die Straße an mehreren Stellen halbseitig abgerutscht und die Reste der Geröllabgänge sind noch nicht beseitigt. Die Wiederherstellung dürfte schwierig und teuer werden. Jetzt noch die letzten Kilometer im heißen Gegenwind dem Meer entgegen und um 15 Uhr steht auch das Finisherfoto zwischen den Badegästen, denen wir es nach dem check-in gleichtun werden.
Rückreise: Aufgrund stark ausgedünntem Tendabahn-Fahrplan diesmal: 6:46 Uhr Ventimiglia-Savona, Savona-Torino P.N., Torino P.N.-Oulx. Ankunft am Auto nach 13:30 Uhr, Abfahrt gegen 14:00 Uhr, Ankunft 21:30 Uhr near Monaco di Baviera.
Bis auf überdurchschnittlich viele Reifenpannen, einen festen Bremskolben beim Belägewechsel und eine gelockerte Dämpferwippenschraube (erst zu Hause festgestellt) eine problemfreie Tour bei bestem Wetter in beeindruckender Umgebung. Gerne wieder. Fotos dazu:
http://fotos.mtb-news.de/s/76471?page=1