Vor ein paar Wochen habe ich während einer Tasse Kaffee Renntermine durchgeblättert. Irgendwie hatte ich mal Lust auf was anderes. Mein Vater hatte schon länger angekündigt, dass er mal etwas langes Solo fahren möchte. Irgendwie bin ich dann auf einer belgischen Homepage gelandet…
8Stunden Straßenrennen auf der berühmten Rennstrecke in Spa Francorchamps hörten sich doch nach Spaß an. Als mein Vater irgendwann abends nach Hause kam, erzählte ich ihm beiläufig: „…ach übrigens…du fährst in Spa 8Stunden Solo. Ich fahr 2er und wir versorgen dich mit.“ Mit Yasmin aus unserem mixed 8er vom Alfsee war schnell eine schnelle Teampartnerin gefunden. Großartig Erfahrung mit Straßenrennen hatten wir nicht. Sie war einmal bei Rund um Köln mitgefahren und mir damit schon Lichtjahre voraus. Naja zumindest hatte ich das Prologzeitfahren in Utrecht live mitverfolgt...
So großartig anders als Mountainbikerennen wird’s schon nicht sein dachte ich mir. Also klingelte am Sonntag um fünf Uhr morgens der Wecker und es ging dann mit einem mehr als vollgepacktem Auto nach Belgien.
Die Ecke von Belgien kannte ich schon. Vor ein paar Jahren fuhr ich ganze 15 Kilometer von der Langstrecke beim Marathon in Waimes. Zu verdanken hatte ich das einem kaputten Schalthebel. An der Rennstrecke angekommen fiel sofort auf, dass es die Belgier in Sachen Rennenfahren anscheinend etwas lockerer nehmen. Offiziell gab es wohl zugewiesene Stellplätze fürs Fahrerlager, aber irgendwie stellte sich jeder dahin, wo Platz war.
Schon beim ausladen kam ich mir etwas dämlich vor.
Die Regenjacke und die Regenüberschuhe würden wohl so nützlich sein, wie eine Schneekanone in der Arktis. Es war keine Wolke am Himmel.
Um zehn sollte gestartet werden. Um die Rennstreckenatmosphäre komplett zu machen war ein LeMansstart anberaumt worden. Also saß Yasmin um zwanzig nach neun auf der Rolle.
Dann ging es um viertel vor zehn zum Start. In Deutschland hätten jetzt schon alle Fahrer am Start gestanden. Ein Offizieller wäre nochmal die Listen durchgegangen, während er von einem anderen Offiziellen kontrolliert worden wäre. Dieser hätte dann in ein Funkgerät geschimpft. Jedenfalls war es jetzt zehn und keine Listen und Funkgeräte zu sehen. Nur mehrere hundert Fahrer und Betreuer, die wie die Ölgötzen auf der Zielgerade standen.
Nebenbei lief ein Triathlon. Gerade war anscheinend die Raddisziplin angesagt und die Jungs fuhren auf ihren Zeitfahrmaschienen durch eine kleine Gasse, die die Menschenmenge gebildet hatte. Irgendwann trötete jemand, der anscheinend etwas zu sagen hatte, durch ein Mirko. Die Fahrer sollten sich auf der linken Seite aufstellen und die Betreuer mit den Rädern auf der rechten Seite. Jedenfalls glaube ich, dass etwas in der Art gesagt wurde. Mangels ausreichender Französischkenntnisse machte ich einfach das, was alle anderen taten. Wenn mich jemand anquatschte war meine Taktik grinsen und hoffen, dass es keine Frage war...Mittlerweile war es fünf nach zehn. Die Schlange von Triathleten riss nicht ab. Na gut dann wurde halt gewartet. An die Lockerheit könnte ich mich echt gewöhnen...
Der Zehnuhrstart erfolgte dann pünktlich zum zehn nach zehn…Sofort brach das Chaos los. Fahrer rannten rum, suchten Rennräder, den Lebenssinn, oder beides. Yasmin hatte anscheinend das Chaos überblickt und sich ganz gut durch die Menge gewuselt.
Mein Vater fuhr kurze Zeit später winkend an mir vorbei. Ich trottete zurück zu unserem Pavillon und setzte mich erstmal zum warmfahren auf die Rolle. Wir hatten geplant immer drei Runden zu fahren und dann zu wechseln. Das hieß also immer knapp 21 Kilometer und 417 Höhenmeter. Vor allem wollten wir so uns Zeit zum essen verschaffen.
Dann war auch für mich der erste Stint gekommen. Yasmin kam in die Wechselzone und meinte zu mir, als ich mir ziemlich unbeholfen den Transponder ums Bein tüddelte, dass der erste Anstieg ziemlich hart ist.
Zwei Kilometer später wusste ich mehr. Die Eau Rouge ist so ziemlich die berühmteste Kurve, die die Jungs von der Formel 1 unter die Räder nehmen. Nebenbei misst diese Ausgeburt der Hölle auch noch maximal 24,2% Steigung.
Copyright 2013;
Drive Kulture
Mein erster Stint lief ziemlich gut. Es gab viel Windschatten. Alles war noch ziemlich eng zusammen.
Einmal verschätzte ich mich bei der schnellsten Kurve etwas und musste kurz über die Curbs und den Teppich eiern, der dahinter lag. Das war so eine Art Kunstrasenbilligteppich. Jedenfalls fährt es sich darauf mit gut 75 Klamotten nicht gerade anständig.
Der Zweite Stint verlief dann genauso. Nur die Curbs musste ich dieses Mal nicht mitbenutzen. Langsam, aber sicher, wurde es immer wärmer und wärmer. Auf der ganzen Strecke war kaum ein Meter Schatten zu finden. Binnen kürzester Zeit war das Wasser in den Flaschen gemütlich warm. Mit Iso war also der Perfekte Früchtetee angesetzt… Mein Vater hatte schließlich Probleme mit Kopfschmerzen. Die Hitze machte ihm ziemlich zu schaffen. So musste er ins Fahrerlager fahren und sich erstmal setzten. Die Schonzeit mit den vielen Fahrern in einer Gruppe war auch vorbei. Alles hatte sich auseinander gezogen. Ich fuhr mehr oder weniger alleine im Wind. Dazu kam die Hitze von oben und von unten. Auf dem Asphalt hätte man mit Sicherheit ein Spiegelei hinbekommen.
Erst zwischen vier und fünf Uhr schon sich allmählich einige Wolken vor die Sonne. Zwischen durch erwischte ich wieder eine Gruppe. Zusammen mit einem Fahrer vom Rad am Ring Team machte ich eine Runde lang gut Druck. Wir wechselten uns immer wieder ab. Im Schlepptau waren mehr als genug Fahrer. Nur wollte keiner von den Jungs arbeiten. „Die lassen uns hier gnadenlos verhungern!“, rief er mir zu. Ich war von der ganzen Tempoarbeit schon ziemlich am Ende und wir waren uns einig, dass jetzt mal die andern vorne fahren können. Also scherte ich aus und ließ mich ans Ende der Gruppe fallen. Er wollte es mir kurze Zeit später gleichtun. Nur es klappte nicht. Er scherte aus, aber die anderen folgten ihm einfach und zwangen ihn so an der Spitze zu bleiben. Fieser geht es nicht…
Mein Vater konnte sich die ganze Zeit über nicht richtig von der Hitze erholen und fuhr immer ein paar Runden und machte wieder eine kurze Pause. Kurz vor Schluss ging Yasmin auf die Strecke. Auf dem Zeitplan stand bei sechs Uhr Rennende…Kurz vor 18 Uhr fuhr Yasmin über die Ziellinie und musste noch eine Runde dranhängen. Es sollte also bei einem normalen Dreirundenstint bleiben. Ich stand in der Zeit am Rand der Zielgeraden und wartete auf meinen Vater und Yasmin. Es wurde sechs. Keine Zielflagge zu sehen. Dann wurde uns mitgeteilt, dass der Zieleinlauf um sechs Minuten nach sechs beginnt. Also ein Rennen über acht Stunden, dass von zehn bis sechs gehen sollte, aber dann von zehn nach zehn bis sechs nach sechs ging. Warum das ganze? Weiß keiner...Eventuell hat ja jemand zwischendurch eine nicht unerhebliche Menge belgisches Bier von einem der Sponsoren entwendet. Man munkelt man munkelt. Lustig war es aber anzusehen , wie alle auf dem Rad verzweifelt sind, als sie um kurz nach sechs durchs Ziel kamen und doch noch eine Runde dranhängen mussten. Jedenfalls waren wir ziemlich kaputt und überglücklich über das Rennen. Schließlich hatten wir den Mixed Zweier gewonnen. Einzig bitterer Beigeschmack: Keine Siegerehrung für die Mixedteams. Noch nicht mal die Mädels, die das Rennen allein gefahren waren, bat man auf die Bühne, obwohl in beiden Kategorien doch einige Fahrerinnen bzw. Teams am Start waren.
Achjo…Bewegte Bildet gibt es dieses Mal auch noch:
Trotzdem war es ein wahnsinnig tolles Rennen! Ich möchte mich ganz Herzlich bei Yasmin und meinem Vater bedanken. Es war ein riesen Spaß!
Ganz herzlich bedanken möchte ich mich noch bei:
Kettenwixe Duraglide, CEP, Bioracer, Sponser Sportfood, F100 und MyTinySun