Seit längerem mal wieder Lust auf längere Bikepacking Touren bekommen, also musste zur Vorbereitung eine Trainingsrunde her. Hier ist sie, viel Spaß beim Lesen!
Vorgestern war ich bei einem der alten Kumpels, seit 20 Jahren ziehen wir zusammen um die Häuser. Nach der Xten Flasche Bier, dem vierten Mal Holz nachlegen und der zweiten Bilder Dvd seiner Rucksacktouren der letzten Jahre kamen dann noch eine Flasche Rum und eine Schachtel Zigaretten aufs Spielfeld. Geärgert habe ich mich als mittlerweile langjähriger Nichtraucher nur kurz, wieder jeden Tag zu qualmen käme mir nicht mehr in den Sinn. Aber es gibt diese Abende bei denen Sachen die qualmen einfach dazugehören weil die Abende 20 Jahre lang gequalmt haben.
Heute hab ich mir entsprechend vorgenommen mal einwenig sportlich zu sein, warum nicht mal wieder Richtung Biggesee radeln? Gesagt getan und irgendwann nach Mittag den Voderschlauch gewechselt, der seit einiger Zeit langsam Luft verliert. Keine Lust das er mir kaputt geht, nach 25 Jahren fast pannenfreiem MTB fahren war der Umstieg auf einen Crosser mit 28mm Slicks sowieso nicht einfach. In der ersten Wochen hatte ich dreimal den Vorderreifen platt weil ich einfach noch das Knallgas des Fully gewohnt war, egal wie der Weg ausschaut.
Nach dem Reifenwechseln ist mir aufgefallen das ich noch nichts gegessen habe außer 6 Aufgüssen Shincha und das eine gute Idee wäre, also die Reste vom gestern aufgebackenem Reibekuchenbrot aus dem Alchener Backhaus mit Olivenöl, Sardellen, Kapern und einem Spritzer Balsamico dekoriert und das ganze schnabuliert.
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So dann ging es bewaffnet mit Kamera & Fisheye, einem Liter Wasser, einem Buch (habe noch nie auf Radtour ein Buch gelesen aber nehme immer wieder eins mit um "Pause zu machen", warum?) und dem halbgeladenen Telefon (man will seine Resultate schließlich sehen) los. Der Pulsgurt blieb zu Hause. Ich meine ich hätte mir eingeredet das der Akku zu leer ist aber es könnte auch daran liegen das ich nicht sehen wollte das Rum, Bier und Qualm meine Fitness beeinträchtigt.
Bis nach Olpe gings flott vorran und ich hab noch ein paar Bekannte getroffen, mich aber aufs Grüßen beschränkt. Leider grüßen viele Zugezogene nicht mehr, ich finde es schön bekannte Gesichter mit einem Moin, Tach oder N'Abend zu begrüßen.
Olpe raus um das Vorstaubecken hat man einen schönen Blick auf zwei konträre Gebäude:
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Ich war lange nicht mehr an der Bigge, es wurden umfangreiche Verbesserungen am Wegenetz vorgenommen und zwei große Biggerunden geschaffen, eine für die Familie und eine über die Höhen um den See. Ich wollte eigentlich drumrumfahren "wie immer", das geht aber wegen einer baustelle nicht und ich fahre den ersten Bigge Ausläufer zweimal.
Schöner Blick auf eine der reinkommenden Autobahnbrücken. Wenn man weiß das diese Lebensadern dafür sorgen das wir hier schuldenfreie Kommunen haben, eine Menge Industrie angesiedelt wurde, ein Einfamilienhaus (noch) Standard ist und wir ansonsten ein Gebiet mit besonderem Entwicklungsbedarf werden sehen sie gar nicht so fehlplatziert aus. Auf der Mitte zwischen Frankfurt und Köln gleichzeitig mitten im Wald zu leben und es nur 5 Minuten bis zur Autobahn und keine Stunde nach den Flughäfen FRA oder CGN zu haben ist nicht schlecht.
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Hier eins der Schilder der neuen Radwege:
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Und hier ein paar Bilder der Bigge, die Vorstaubecken sind ob der massiven Regenfälle der letzten Wochen gut gefüllt. Immer wieder gibt es nette Sitzgelegenheiten und oft auch schöne Aussichten, vor allem auf Brücken.
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Angekommen am Biggedamm wird mir die Sanierung erstr bewusst, da war doch was. Der komplette Damm ist gesperrt, ich muss ihn irgendwie umfahren. Das heißt es gibt auch kein Wasser weil das Lokal auf dem Damm geschlossen ist, toll.
Also flugs den ersten Seitenweg genommen der für Fahradfahrer als verboten ausgeschildert ist. Ich gehe davon aus das dient der Schonung der Urlauber, ich nehme ihn, zudem gibts auf halber Höhe einen schönen Überblick über das Bauprojekt.
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Man betrachte das Übersichtsbild in der linken Ecke um ein Gefühl für die Abschüssigkeit zu bekommen, ich denke mal das sind 30 %, die Erklärung für die Relevanz folgt gleich ;-)
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500m weiter im Wald geht ein Geländer nach rechts ins Tal, ich denke mir das deswegen für Radfahrer gesperrt war, wenn auch das ganze nicht so wirklich urlauber kompatibel aussieht:
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Wie auch immer, ich schiebe mein Rad mit gezogener Radbremse runter. Bergrunter tragen hat seine Tücken, kann ich nicht empfehlen, lieber schiebeähnlich bewegen. Nach 10 metern ist mir klar das das kein Weg für Spaziergänger ist. Nach 50 Metern mache ich mich das erste mal fast lang, nach 70 metern kann ich mich nur noch halb rennend und schliddernd bewegen, nach 100 metern fliege ich auf irgendwas mit Stachel das mir ordentlich in die Wade sticht und hängenbleibt, hab keine Hand frei um es weg zu machen. Irgendwann fällt es ab und irgendwann komme ich im Tal an und laufe in einen Bauzaun.
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Erkenntnis 1: Die schweizer Arbeiter der Spezielfirma haben wohl den Aufstieg in den extrem Steilen hang gehauen um nicht jeden Tag mehrfach einen enormen Umweg zum Stauamm zu haben.
Erkenntnis 2: Alles noch dran, wenig Blut, fast nur Kettenfett, Stich sieht normal aus, also wohl nur Wespe oder Biene.
Erkenntnis 3: Wenn die Arbeier Feierabend machen sperren sie den Zaun zu, ich stehe also im Biggetal und muss ewig dem Zaun folgen. Über die Zacken drüber mit dem rad geht nur im Notfall. Der Hang den ich 500 m quere ist so steil das ich wenn ich neben dem Rad laufe die Füße auf Sattelhöhe habe. Irgendwann bin ich am Ende des Bauzauns udn der Hang hört auch auf, aber das hatte ich mir trotzdem anders vorgestellt:
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Vom folgenden Durchbrechen des Unterholzes bis zur Straße gibt es keine Bilder, wäre ich ein Marine hätte das gewiss ein Purple Heart gegeben. Der Autofahrer der auf dem kleinen Parkplatz vor der Baustelle gehalten hat steigt ein und fährt los als er mich aus dem Wald brechen sieht. Ich mache eine Zeckenkontrolle, stufe alle Blessuren als Kinderkacke ein und fahre weiter.
Nach ein paar weiteren Ausläufern begegne ich dem Biggolino, einer kleinen Straßenbahn die man nutzen kann um von A nach B zu kommen, der Biggolino wartet grad auf die Urlauber die eins der beiden Flaggschiffe verlassen.
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Später gehts an einem künstlichen Sandstrand und am Yachtclub vorbei, die Hälfte ist geschafft.
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daniel.halbe, auf Flickr
Experimente mit dem Fisheye folgen, denn ausnahmsweise ist der Bigge Randweg hier ein langes Stück gerade, gerade ist langweilig weil es weder dopamin noch Adrenalin gibt.
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Nach einer Zeit komme ich an einen der Zuflüsse, hier kann man sehen wie enorm leer gelassen die Bigge ist:
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Jetzt binn ich schon fast wieder in Olpe angekommen:
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Summa summarum warenb es 64,3 km in 03.45h, inklusive der Foto Pausen. Die längste Pause hat etwa 5 Minuten gedauert weil ich mich beim Fotografieren mit einem Ehepaar aus Valbert unterhalten hab wo genau man momentan Teile der versunkenen Dörfer sehen kann. Als ich zu Hause ankomme fühle ich mich nicht wirklich platt, habe aber auch nur knapp 900 hm gehabt da der Anteil auf dem randweg die Kämme nimmt. Ansonsten wären es wohl eher 2000 hm. Gegessen hab ich nic, getrunken 1 Liter Wasser und einen halben Liter Apfelschorle, das Lokal am Biggedamm hatte an der anderen Seite geöffnet.
Grad gabs Kartoffelpürree und einen ganzen Strunk Brokkoli, und grad gibts das zweite Andechser Doppelbock beim Schreiben des Berichts, der nur geschrieben wird weil der Tatort heute schon wieder kein neuer ist.
Da mir das ganze heute viel Spaß gemacht hat und ich nicht müde geworden bin steht für nächstes Wochenende ein Overnighter auf dem Plan. Fröhliches Radeln allerseits!
mfg
cane