Wer Rennrad fährt MUSS einen Helm tragen....

http://www.olg-duesseldorf.nrw.de/presse/material/mitteil/2007-02-28-Helmtragepflicht.pdf schrieb:
Der Senat hatte über die Schadensersatzklage eines 67 Jahre alten Hobbyradlers zu entscheiden, der im Sommer 2005 am Niederrhein mit seinem Rennrad zu Fall geraten war, als er sich nach Durchfahren einer unübersichtlichen Rechtskurve einem Traktor mit breitem Heuwender gegenüber sah. [...] Bereits das Landgericht hatte seine Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger nicht auf Sicht und damit viel zu schnell in die unübersichtliche Kurve eingefahren war.

Das Urteil ist damit sehr gut begründet, eine Revision erscheint sehr unwahrscheinlich. Umso übler und unverständlicher, dass der Senat diese seltsame und nicht entscheidungsrelevante Rechtsauffassung nachgeschoben hat:
http://www.olg-duesseldorf.nrw.de/presse/material/mitteil/2007-02-28-Helmtragepflicht.pdf schrieb:
Der Senat bestätigte das Urteil, führte aber in den Entscheidungsgründen ergänzend aus, dass das Mitverschulden des Klägers auch darauf beruhe, dass er fahrlässigerweise keinen Schutzhelm getragen habe.


Bleibt zu hoffen, dass bei uns weiterhin nach dem Gesetz und nicht nach Präzedenzfällen geurteilt wird.
 
es wird ja auch nicht gesagt das du einen helm tragen mußt, es wird nur gesagt, dass deine ansprüche gemindert werden können wenn du keinen helm trägst. analog zu sufffahrten
StVG § 24a 0,5 Promille-Grenze
"(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt. [...]"



oder unfälle mit personenschaden ohne angelegten sicherheitsgurt.
StVO §21a Sicherheitsgurte, Schutzhelme
"(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein.[...]"



kommt also aufs gleiche raus ;)
Auf welcher gesetzlichen Grundlage kommt was aufs gleiche raus?
 
sheaned o connor hats getan, britney spears auch, also kann ich das auch :-) herrlich diese frischluft um die ohren :D

coffee
 
kh cap: das urteil enhält - soweit ersichtlich - weder eine radhelmpflicht, noch wird deswegen in jedem fall dein schadensersatzanspruch gemildet. deine anderen beispiele (suff etc.) sind per gesetz geregelt, und trotz des case law trends in unserem rechtssystem macht ein richter am olg dü keine gesetze. mal abgesehen davon, daß das urteil in sachen gleichbehandlung m.e. lückenhaft ist und lustige definitionsfragen (was ist sportbekleidung?) nach sich zieht.
schwarzwild spricht aber einen wichtigen punkt an: wenn sich daraus eine breitere diskussion entwickelt, dann könnte entweder der gesetzgeber tätig werden und / oder vesicherungen demenstprechende vorschriften sich überlegen.

habe ich was von radhelmpflicht gesagt oder habe ich es auch verneint? auch bei der frage des schadenersatzanspruches habe ich KÖNNEN geschrieben und nicht in jedem fall. bitte richtig durchlesen.
ihr verwechselt immer birnen mit äpfeln. es geht hier nicht um die schaffung eines gesetzes. dies kann von den gerichten nur das oberste gericht, indem es ein urteil fällt und z.b. die bundesregierung damit beauftragt im sinne des urteils einem mißstand, zb. besteuerung der renten, mittels gesetzlicher regelung zu beseitigen. das gericht verabschiedet also keine gesetze, kann aber die schaffung oder änderung fordern/beauftragen.
die minderung, bzw. regreßforderung von versicherungen bei z.b. verkehrsunfällen mit trunkenheit ergibt sich auch aus der rechtssprechung, nicht aus dem gesetz. so habe ich es auch geschrieben und nicht anders.
wird dieses urteil rechtskräftig kann sich jede versicherung bei der ablehnung/minderung eventueller schadensersatzansprüche auf grund gleichgelagerter fälle berufen. ist der versicherte der meinung das es in seinem fall anders ist, ist er am zug mit allen risiken und im falle einer olg entscheidung muß dann erst die eigene rechtsschutzversicherung überzeugt werden, dass man dagegen vorgehen kann. i.d.r. lehnt die dann die kostenübernahme ab.
die regierung wird die finger von einer helmpflicht lassen, da sie die überwiegende meinung dazu kennt und sich im klaren ist, dass ein durchsetzen kaum möglich ist. durch dieses urteil wird aber der lobby der versicherungen rechnung getragen, sodaß beide "zufrieden" sein können und der bürger kann nicht motzen, da er ja nicht durch eine gesetzliche regelung gegängelt wird ;)
somit ist dann jeder für sich und seinen körper (wie in dem helmbeitrag so oft gefordert) verantwortlich, hat aber im falle eines unfalls mit personenschaden bei dem der helm nicht getragen wurde die arschkarte gezogen.

kh-cap
 
bei gesetzeswidrigem verhalten (alk am steuer) klar, was sonst?

weil es schon lange gesetzwidrig war, aber erst lange zeit nach der einführung die versicherungen den versicherten in regreß nehmen konnten, bzw. den schaden bei vollkasko nicht ersetzen mußten.
das eine hat nicht zwangsläufig was mit dem anderen zu tun. es muss kein gesetzliches verbot dafür geben, ein gerichtsentscheid kann da ausreichen ;)
unterhaltstabellen oder "schmerzensgeldtabellen" beruhen auf gerichtsurteilen, nicht auf gesetzlicher basis. der vorteil ist, dass sie schneller angepaßt werden können (wirtschaftliche umstände, andere technische gegebenheiten, neue ausrichtung der gesellschaft).
bei einem gesetz käme auch der einwand von dir zum tragen, dass nur ein teil der radfahrer erfaßt ist (gleichbehandlung). dadurch daß das urteil auch nur für gleichgelagerte fälle herangezogen werden kann, fällt das weg, da es ja der kernpunkt der urteilsbegründung ist. wäre dies falsch, hätte der im prozess unterlegene einen revisionsgrund, der dann vom bgh geprüft wird.

kh-cap
 
ja, deswegen schrieb ja ja anfangs von case law trends.
dennoch: keine versicherung kann allgemeingültig schadensersatzansprüche mindern, nur weil ein offensichtlich nichtfahrradfahrender richter in düsseldorf diese querung zusatzbegründung in ein einzelnes urteil mitaufgenommen hat.
 
ja, deswegen schrieb ja ja anfangs von case law trends.
dennoch: keine versicherung kann allgemeingültig schadensersatzansprüche mindern, nur weil ein offensichtlich nichtfahrradfahrender richter in düsseldorf diese querung zusatzbegründung in ein einzelnes urteil mitaufgenommen hat.

einer vom olg schon ;) . aber das zu diskutieren wäre müsig, lassen wir lieber.
 
ah- gleich ne passende quereinsteigerfrage von mir. hab mir neulich überlegt, wie krankenkassen es handhaben, wenn man mtb oder rr fährt, ne kopfverletzung sich zuzieht und keinen helm aufhat. zahlen die dann weniger oder sind die verpflichtet, unabhänging ob man nen helm getragen hat oder nicht, zu zahlen? ersteres wäre ja ne indirekte helmpflicht.
ich könnte es mir vorstellen, das es so ist, schliesslich versuchen die kassen ja mit allen möglichen argumenten sich um das zahlen zu drücken....

Nene, da können die keinen Abzug machen. Leisten müssen die nur nicht wenn du dir vorsätzlich irgendwas antust... Keinen Helm anziehen ist wohl grob fahrlässig.
 
da wird sicher bald das mtb und sonstige räder mit helmpflicht nachgezogen :D

coffee

Und bald dürfen ältere Fahrräder nicht mehr in der Stadt genutzt werden, weil die einfach zuviel Smog verursachen.

Seit den letzten Tagen verursacht ja alles Smog, sicherlich auch das Forum.

Ups, vom Thema abgekommen :D

Zum Urteil:

RR = höhere Geschwindigkeit als beim MTB

Wobei der Richter vond er Thematik sicherlich nicht viel Ahnung gehabt haben würd.
 
Zum Urteil:

RR = höhere Geschwindigkeit als beim MTB

Wobei der Richter vond er Thematik sicherlich nicht viel Ahnung gehabt haben würd.[/QUOTE]

die pressemittelung genau gelesen? hast du eine ahnung von richterlichen entscheiden? nehme an du mußt beides mit nein beantworten.
es geht um einen rr-fahrer im öffentlichen straßenverkehr und die begründung warum DIESER
nun fahrlässig gehandelt hat.
zudem sind mtb-ler, die zu ausübung ihres sportes, zb. trainingsfahrt, sich im öffentlichen verkehr bewegen auch davon erfaßt "...bei besonders gefährdeten radsportgruppen WIE ETWA radsport betreibende.....".

kh-cap
 
Die Urteilsbegründung des OLG ist zwischenzeitlich einsehbar auf
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duesseldorf/j2007/I_1_U_182_06urteil20070212.html



Hierzu ein Kommentar von Rechtsanwalt Dietmar Kettler

Zivilrechtliche Helmpflicht für alle Rennradfahrer?

"Wer ein buntes Leibchen trägt, lebt gefährlich"?!
Seit kurzem liegt das Urteil I-1 U 182/06 des OLG Düsseldorf vom 12.02.2007 im Volltext vor, das nach einer gerichtlichen Pressemitteilung vom 28.02.2007 schon durch die Tagespresse ging. In dem Urteil geht es um die zivilrechtlichen Folgen, wenn ein Rennradfahrer im Falle eines Unfalles keinen Helm trägt. Für jeden Radfahrer mit buntem Leibchen wird es danach richtig gefährlich.

Passiert war folgendes: Drei Rennradfahrer fuhren sonntagsmorgens im Sommer eine schmale Kreisstraße in ländlichem Gebiet. Der spätere Kläger trug Rennfahrerbekleidung, aber keinen Schutzhelm. Hinter einer scharfen Rechtskurve kam den drei Radfahrern ein Traktor mit angehängtem Heuwender entgegen, der "die gesamte Breite der Fahrbahn von 2,90 m einnahm". Ob der Traktorfahrer dann noch schnell rechts an den Fahrbahnrand fuhr oder mitten auf der Straße blieb, konnte im Prozess nicht geklärt werden. Die ersten beiden Radfahrer konnten ihre Räder mit einer Vollbremsung noch vor dem Traktor zum Stehen bringen. Ungeklärt blieb aber, ob der Kläger als Dritter direkt hinter den beiden anderen fuhr oder erst in größerem Abstand nachfolgte. Jedenfalls kam der Kläger als dritter der Radfahrergruppe bei seinem Bremsmanöver zu Fall und zog sich schwere Kopfverletzungen, vornehmlich ein Schädelhirntrauma 2. Grades sowie eine Schädel- und Mittelgesichtsfraktur zu.

Das Gericht weist zu Recht darauf hin, dass durchaus eine Obliegenheitsverletzung vorliegen kann (und damit ein Mitverschulden gegeben sein kann), obwohl die fragliche Tätigkeit (hier das Tragen von Schutzhelmen durch Radfahrer) gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Es erkennt ebenso richtig, dass sich bisher auch keine allgemeine Überzeugung unter Radfahrern gebildet hat, dass Helmtragen notwendig sei. Solange es an beidem fehlt, braucht sich der Radfahrer bei einem Unfall das Fehlen eines Schutzhelmes nicht als Mitverschulden entgegenhalten zu lassen, urteilte die Rechtsprechung bisher fast einhellig.

Das OLG hat nun aber eine nach seiner Auffassung besonders gefährdete Radfahrergruppe im Blickfeld, die Rennradfahrer. Dabei missachtet es die gesicherte Rechtsdogmatik jenseits von Fahrradunfällen und verliert sich in Stammtischparolen und unbewiesenen Behauptungen. Es konstruiert aus einer angeblichen Gefährdung dieser Radfahrergruppe einerseits und der angeblichen "Übung" zum Helmtragen unter Rennradfahrern andererseits ein Mitverschulden an den Unfallfolgen. Beides lässt sich allerdings empirisch nicht belegen. Auch das OLG Düsseldorf unternimmt erst gar nicht den Versuch, es verharrt in bloßen Behauptungen. Es versucht allerdings, diese beleglosen Behauptungen plausibel erscheinen zu lassen, indem es die Radfahrer in (letztlich: beliebig) kleine Teilgruppen aufteilt: Freizeitradfahrer seien anders zu beurteilen als Rennradfahrer, diese innerorts anders als außerorts und Radwegbenutzer seien anders zu beurteilen als Fahrbahnnutzer, Rennradprofis anders als Hobby-Rennradfahrer auf nichtabgesperrten Strecken. Da der Kläger in jenem Fall Rennradfahrer war, außerorts auf der Fahrbahn fuhr und die Strecke nicht abgesperrt war, habe es zu seinen Obliegenheiten gehört, einen Helm zu tragen. Denn die Akzeptanz zum Helmtragen sei unter genau solchen Rennradfahrern "deutlich ausgeprägter als bei ´normalen´ Radfahrern". Dass "ausgeprägter" ein Relativbegriff ist, wird dem Gericht kaum entgangen sein; es unterlässt es gleichwohl, absolute Zahlen zu nennen. In einem anderen Urteil rund ein halbes Jahr vorher hatte dasselbe Gericht sich noch amtliche Zahlen beschafft (6% der Radfahrer in Deutschland tragen einen Helm, 33% der radfahrenden Kinder bis zehn). Mit solchen Zahlen kann man ernsthaft prüfen, ob wirklich eine "allgemeine Übung" in den beteiligten Verkehrskreisen vorliegt oder nicht. Überprüfbare Zahlen ersetzt das Gericht hier aber durch bloße Behauptungen.

Das Gericht erklärt auch nicht, warum es überhaupt gerechtfertigt sein soll, die Verkehrsteilnehmer in (beliebig) kleine Teilgruppen zu unterteilen. Wenn man das in anderen Rechtsgebieten machte, um eine Obliegenheit zu prüfen, fände man mit solcher Künstelei auch immer eine Teilgruppe, einen Kniff, um dem jeweiligen Kläger ein Mitverschulden anzulasten. Mit gutem Grund werden daher in allen sonstigen Rechtsgebieten die Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise umfassend betrachtet. Die Einteilung, die das OLG hier vornimmt, muss daher als willkürlich zurückgewiesen werden.
Die Geeignetheit des Helmtragens zur Abwehr der Verletzungen und damit (unzulässig und voreilig) zugleich die Verhältnismäßigkeit des Helmtragensollens leitet das OLG daraus ab, dass "mit Unfallverletzungen befasste Mediziner seit Jahren eine allgemeine Helmpflicht für Radfahrer fordern". Ja, es gibt solche Mediziner. Insbesondere Chirurgen fühlen sich allzu oft aus der Betroffenheit über Einzelfälle am OP-Tisch heraus berufen, solche Forderungen in die Welt hinaus zu posaunen – ohne zu merken, dass sie vielleicht gute Chirurgen sind, aber wenig von Risikoabschätzung in Bezug auf den Lebenssachverhalt verstehen, um den es geht. Sie übersehen regelmäßig, dass sie von einer nicht-aussagekräftigen Ausgangsmenge ausgehen. (Dass viele der immer wieder zu diesem Thema genannten Studien von der Helm-Industrie bezahlt und methodisch unsauber sind, soll hier gar nicht weiter erörtert werden.) Dass diese Mediziner kein aussagekräftiges statistisches Material für ihre Forderungen beibringen, ficht das Gericht jedoch nicht an. Was "mit Unfallverletzungen befasste Mediziner" sagen, muss doch wahr sein, was sie fordern, sinnvoll sein!? Das Gericht ist also autoritätsgläubig und vergisst an dieser Stelle, das Gesetz anzuwenden, dessen Voraussetzungen selbst aus juristischer Perspektive zu überprüfen. Ebensowenig ficht das Gericht an, dass international längst die Untauglichkeit der allgemeinen Helmpflicht zur Minderung der Verletzungen belegt ist. Statistisch unbelegtes Stammtischgerede von selbsternannten Experten ersetzt so eine sorgfältige Prüfung aller Schritte zur Obliegenheitsverletzung, wie sie in Fällen ohne Radfahrerbeteiligung selbstverständlich wäre.

Selbst die Mittelgesichtsfraktur des Klägers in diesem konkreten Fall würde durch einen Helm verhindert worden sein, meint das Gericht und verwechselt damit die Schutzwirkung eines – selbst für Motorradfahrer nicht vorgeschriebenen – Integralhelms mit der eines Radfahrerhelms. Das wäre einer näheren Erörterung wert: Wie der Fahrradhelm, der nur Hinterkopf und Schläfen umschließt und schützen soll, eine Gesichtsverletzung hätte verhindern können.

Dass der Kläger unfallträchtiges Rennradfahren betrieb und keine ungefährliche Spazierfahrt, leitet das Gericht aus zwei Aspekten ab. Erstens sei es ihm auf "hohe Geschwindigkeiten" von eben 30-40 km/h angekommen. Damit gehe "naturgemäß ein gesteigertes Unfallrisiko und damit auch eine beträchtliche Steigerung der Eigengefährdung einher". Das übertragen auf Autofahrer – diese fahren zum großen Teil Auto, um sogar noch schneller als diese 30-40 km/h voranzukommen – bedeutet eine Helmpflicht für Autofahrer. Aber einem Autofahrer würde das Gericht natürlich nie ein Mitverschulden anlasten, weil er Auto gefahren ist statt ´normal´ Fahrrad. Zweitens hebt das Gericht tatsächlich auf die "am Unfalltag getragene Rennfahrerbekleidung" ab. Hätte der Kläger am Unfalltag Jeans und Pulli angehabt, hätte ihm das Gericht mit seiner Logik den Schmerzensgeldanspruch nicht (oder jedenfalls nicht völlig) absprechen können. Dass bunte Leibchen den Schadensersatzanspruch kosten sollen, ist schon spannend. Im Gesetz steht nichts davon...
Auch zum Verschulden macht das Gericht höchst seltsame Ausführungen: Der Kläger hatte auf Befragen zugegeben, dass er bei Gruppentouren wegen des Fahrens im Pulk beziehungsweise in der Kolonne durchaus einen Helm trage, aber eben nicht in der Kleingruppe. Diese Unterscheidung des Klägers konnte das Gericht nicht nachvollziehen. Gerade der vorliegende Fall mit dem überbreiten Traktor hinter der Kurve würde doch "anschaulich" zeigen, dass eine solche Unterscheidung "keine Berechtigung" habe. Es übersieht damit die oft schweren Stürze (und Sturzfolgen), die allein aus dem Windschattenfahren resultieren und beim freien Fahren in Kleingruppe auf offener Strecke schlechterdings nicht auftreten. Es verkennt damit die zentrale sportspezifische Gefahr des Rennradfahrens schlechthin. Das Urteil wird an dieser Stelle sogar in sich unlogisch. Das Gericht hatte zuvor mit einem Erst-recht-Schluss argumentiert. Im Profibereich habe der Radsportweltverband UCI eine allgemeine Helmpflicht eingeführt, obwohl die Profis auf abgesperrter Strecke fahren. Der Kläger müsse also erst recht einen Helm tragen, wenn er auf nicht-abgesperrter Strecke fährt. Den Profis begegnen aber auf ihrer abgesperrten Strecke keine überbreiten Traktoren. Wozu dann die UCI-Helmpflicht? Doch wohl auch und ganz wesentlich wegen der rennradsportspezifischen Gefahren, die erst aus dem Kolonnen- und Pulkfahren entstehen. Doch genau diese Gefahren will das Gericht dann einige Absätze später in seinem Urteil nicht wahr haben.

Ab sofort gilt: "Wer ein buntes Leibchen trägt, lebt gefährlich!"
Vielleicht war das Urteil im Ergebnis sogar richtig. Denn der Kläger-Rennradfahrer war mit 30-40 km/h auf einer schmalen Straße in eine nicht einsehbare, enge Kurve gefahren. Seine Zeugen haben anscheinend unklar und widersprüchlich ausgesagt, wo der entgegenkommende Traktor mit seiner Überbreite fuhr (ganz rechts oder doch mitten auf der Straße?). Da hat man als Radfahrer in der Tat nicht mehr die besten Prozessaussichten. Eine gewisse Mithaftung kann man dem Kläger also nach dem mitgeteilten Sachverhalt durchaus anlasten. Genau das hatte der Kläger aber schon eingeräumt und nur eine hälftige Haftung des Traktorfahrers geltend gemacht. Um dem Radfahrer auch noch diese Hälfte aus der Hand zu schlagen, musste nicht nur jedwedes Verschulden auf Seiten des Traktorfahrers verneint werden (was das OLG tat), sondern auch noch ein so stark überwiegendes Eigenverschulden des Rennradfahrers festgestellt werden, dass sogar die Gefährdungshaftung des Kraftfahrers dahinter zurücktritt (auch das sah das OLG so). Dass aber sogar die (durch den überbreiten Heuwender erhöhte!) Gefährdungshaftung des Traktorfahrers hinter dem etwaigen Mitverschulden des Rennradfahrers zurücktreten musste, lässt sich dem Urteilssachverhalt bei unvoreingenommener Betrachtung nicht entnehmen. In der Begründung ist es also jedenfalls ein klares Fehlurteil, vielleicht auch im Ergebnis.

Obwohl das Urteil also in der Begründung angreifbar und unhaltbar ist, und obwohl es auf einigen Besonderheiten beruhte (unklare Zeugenaussagen einerseits und das unbestrittene schnelle Einfahren in die uneinsichtige Kurve andererseits), hat die Pressestelle des Gerichts dazu eine Pressemitteilung mit dem verallgemeinernden und reißerischen Titel "Rennradfahrer müssen einen Schutzhelm tragen" herausgegeben. Selbst wenn man mal unterstellt, die seltsamen Ausführungen des Gerichts seien rechtlich tragfähig: Diese allgemeine Aussage wird auch dann nicht von dem Urteil getragen. Das zeigt aber, wie leichtfertig das Urteil (auch von Juristen) verallgemeinert wird und wie falsch es verstanden werden wird.

Alle Inhalte auf dieser Website: © Dr. Dietmar Kettler

Quelle: http://www.recht-für-radfahrer.de/Aktuelles.html



Nur der Ergänzung halber:

Die im Urteil erwähnte Studie der WHO liegt auf
http://www.who.int/roadsafety/projects/manuals/helmet_manual/en/

Eine Veröffentlichung in der Accident Analysis and Prevention 39 (2007) 86–93 "Bicycle helmet legislation: Can we reach a consensus?" von D.L. Robinson zu "case-control" vs. "helmet-law" Studien gerne von mir per PM (390K)

Allg. Infos zu den verschiedenen Studientypen
http://www.thieme-connect.com/ejournals/pdf/dmw/doi/10.1055/s-2004-836076.pdf
 
Gut, dass ich weder ein als RR, noch als ein MTB, noch ein sonst als "Rennmaschine" erkennbares Fahrrad fahre, auch wenn es all die Eigenschaften eines RR, MTB und einer Rennmaschine hat :)

Ich liebe meine Rennschnecke!
 
das Urteil ist einfach nur "LOL".

übertragen auf Motorradfahrer würde das ja bedeuten, dass der Fahrer eines auf 25kmh gedrosslten MOFAs weniger gefährdet ist wie derjenige mit einem Streetfighter-Umbau der Hayabusa mit 230PS und 330kmh topspeed und demnach keinen helm tragen müsste.

einfach nur lachhaft, mehr kann man dazu nicht sagen.
 
Abgesehen davon dass ich wirklich denke dass der Hayabusa-Fahrer sich in größere Gefahr begibt:

Warum muss der Mofa-Fahrer Helm tragen und der Radfahrer nicht?
 
Gut, dass ich weder ein als RR, noch als ein MTB, noch ein sonst als "Rennmaschine" erkennbares Fahrrad fahre, auch wenn es all die Eigenschaften eines RR, MTB und einer Rennmaschine hat :)

Ich liebe meine Rennschnecke!

Hast Du Stecklichter? Falls ja --> Rennrad, denn das darf man ja nur unter 11kg.

Allein der Absatz:
"Das Gericht weist zu Recht darauf hin, dass durchaus eine Obliegenheitsverletzung vorliegen kann (und damit ein Mitverschulden gegeben sein kann), obwohl die fragliche Tätigkeit (hier das Tragen von Schutzhelmen durch Radfahrer) gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Es erkennt ebenso richtig, dass sich bisher auch keine allgemeine Überzeugung unter Radfahrern gebildet hat, dass Helmtragen notwendig sei. Solange es an beidem fehlt, braucht sich der Radfahrer bei einem Unfall das Fehlen eines Schutzhelmes nicht als Mitverschulden entgegenhalten zu lassen, urteilte die Rechtsprechung bisher fast einhellig."

ist absolut sinnlos. Seit wann entscheidet die Masse sinnvoll? "Die große Mehrheit der Raucher sieht keine Probleme für Nichtraucher, wenn man in Kneipen raucht." wäre von gleicher Wertigkeit. Selbst PROFI-Radfahrer müssen einen Helm tragen, weil Ihnen Ihr Kopf nicht soviel wert ist, es freiwillig zu tun. Naja, wahrscheinlich muß man nicht mit Logik bei dieser Zielgruppe rechnen und sollte deshalb sofort ein entsprechendes Gesetz erlassen...

Grüßle Mark

P.S.: Immer mit Helm, auch ohne Rennrad.
 
Hast Du Stecklichter? Falls ja --> Rennrad, denn das darf man ja nur unter 11kg.
Ägypten
a018.gif


Kapier ich nicht.
 
Abgesehen davon dass ich wirklich denke dass der Hayabusa-Fahrer sich in größere Gefahr begibt:

Warum muss der Mofa-Fahrer Helm tragen und der Radfahrer nicht?

Ab wieviel km/h muss ich als Läufer einen Helm tragen? Kann man immer so weiter fortführen.

Aufgeführt wird immer die Akzeptanz, ich finde die "Zumutbarkeit" viel ineressanter. Und die Schutzmassnahme muss auch in einem vertretbaren Verhältniss zum Schutz stehen.
 
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