Mme 2008

Ihr seid ein klasse Rennen gefahren ( und ganz besonders der blonde Zopf ! lag bestimmt an den neuen Reifen, oder ;-) ) und schön, das es euch kein weiteres mal von euren Pferdchen geworfen hat.
Bei mir lief alles richtig schlecht. Von Anfang bis zum Ende, von technischen Defekten bis zu extremen Knieproblemen. Naja, kann ja nicht immer alles rosig sein. Es gibt ja immer ein nächstes mal. So hatte ich auf jeden Fall Zeit die schöne Landschaft zu bewundern, was mir ja sonst bei den Rennen völlig abgeht.
Vielleicht sehen wir uns in Seiffen, aber sturzfrei.

Bis dahin
S.
 

Anzeige

Re: Mme 2008
Will, Du scheinst den Sturz auf den Hinterkopf noch nicht ganz weggesteckt zu haben.:D Ich freue mich schon auf Deine weiteren Anläufe. :daumen:

(grege, der gerade zu sehr Kopfschmerzen hat, um selbst was zu schreiben...)
 
Nun gut, beginnen wir in Tagebuchform. Die Illustration müssen die anderen übernehmen, zum Fotografieren bin ich nicht gekommen:

Salzkammergut: Trophy mit Hindernissen.
Tag 1.


Pünktlich 7 Uhr 7 stehen schnecke und will bei mir vor der Haustür. Nach nur ner halben Stunde haben wir Räder und Gepäck verstaut (immer wieder erstaunlich, was so alles in nen Kofferraum reingeht) und es geht zunächst ohne nennenswerte Prbleme los. Leidglich im fränkischen treffen wir die Fehlentscheidung, dieselbe Raststätte für die Mittagspause auszuwählen, wie die Teilnehmer des gerade zu Ende gegangenen WFF-Festivals (nettes line-up übrigens). Dies sorgt für Wartezeiten am Burger-King-Stand von ca. 1 Stunde...

Hinter München dann die ersten Vorboten dessen, was uns erwarten könnte. Es gießt. In Strömen. Man kann die Autos vor einem nur noch anhand der Gischtwolken ungefähr erahnen. Ich freue mich im Stillen über die angesichts des Wetterbereichts noch schnell erworbenen und jetzt in meiner Tasche auf ihren Einsatz wartenden Matsch-Reifen. Irgendwann kommen wir dennoch im Salzkammergut an und Tag 1 geht unspektakulär zu Ende.

Tag 2:
beginnt, wie Tag 1 aufhörte. Mit Regen. Also wird die geplante Tour durch's Gosautal gen Dachstein verschoben und erstmal der örtliche Konsum aufgesucht. Im Österreichischen Einzelhandel werden manche deutsche Tugenden wie der bei uns langsam in Vergessenheit geratende Ladenschluss noch hochgehalten. Daher war der Konsum um 18:00 Uhr schon dicht, macht aber um 7:30 schon wieder auf. Bei der Fahrt dorthin offenbaren sich diverse technische Mängel jedenfalls an meinem Rad, also steht als nächstes Bastelstunde auf dem Stundenplan. Ich schiebe das mangende Schaltverhalten auf die ausgenuddelte Kette und tausche diese aus. Leider bessert sich der Zustand nicht wirklich. Ein prüfender Blick auf die Schaltzüge offenbart, dass diese noch viel ausgenuddelter sind. Kann man bei einem Rad dieser Preisklasse ja auch nicht erwarten, dass die Schaltzughüllen länger als ein Jahr halten. :rolleyes:

Schaltzughüllen habe ich natürlich nicht im Ersatzteil-Koffer. Also erneute Planänderung. Es geht erstmal zum Fahrradladen nach Bad Goisern (Fahrradladen 1) - der Regen hat mittlerweile aufgehört. Der Österreichische Fahrradhandel hat viele positive Anreize aus den südlichen Nachbarstaaten übernommen. Daher hat Fahrradladen 1 bis 14:00 Mittagspause. Danach erweist sich der Chef aber als kompetent und hat die Schaltzüge schnell getauscht und bei Gelegenheit auch gleich das Fahrrad gesäubert und die Bremsen entlüftet und neu eingestellt. Selbst die Schaltung wird korrekt eingestellt - ein Phänomen, dass ich im Berliner Fahrradhandel bislang noch nicht beobachten konnte.

Danach beginnt endlich unsere Tour. Wir entschließen uns, über die nächstgelegene Alm wieder gen Heimat zu düsen. Der Weg zur Alm endet allerdings irgendwann an einem S2-Trail mit S3-Abschnitten, der mit anderem Materiel bergab vielleicht fahrbar, bergauf aber nur tragend zu bewältigend ist. Die entgegenkommenden Wanderer, die uns noch mehrere km dieser Art prophezeien, und der inzwischen wieder einsetzende Regen überzeugen uns, einen anderen Weg zu nehmen. Der mit Schildern "Alpiner Wanderweg, Schwindelfreiheit erforderlich" beschilderte Soleleitweg erweist sich als flowige Alternative gen Home. Dann geht es noch zum Postkartenpanorama am Gosausee nebst Regenbogen [will, schnecke, euer Einsatz - ich hatte keine Kamera mit]. Zurück wird bergab die Rollfähgkeit der Reifen bei über 60 km/h getestet und der Tag findet einen versöhnlichen Ausklang.
 
Zuletzt bearbeitet:
Tag 3
Heute soll es über die Rossalm (der gefürchtetste Anstieg der Trophy, nur andersrum) zum Hallstädter See und dann auf der anderen Talseite auf einem Stück der "Trans-Salzkammergut"-Route entlang gehen. Da der Anstieg zu Rossalm auf der Trophy-Strecke zu öde ist, soll uns der Weg über das Löckernmoor (oder so) führen. Am Vortag hatte ich oberhalb unserer Ferienwohnung einen Wanderwegweiser dorthin entdeckt: Abkürzung!

Nach einer Stunden Tragen erreichen wir wieder einen fahrbaren Weg, um dann schließlich den Planken-Trail über das Hochmoor zu bewältigen [hier geile Bilder einsetzen]. Heute scheint übrigens die Sonne!

Noch kurz den Aufstieg zur Rossalm-Passhöhe, und schon können wir uns an die Vernichtung der tausend Höhenmeter machen, die wir uns am Samstag dann alle hochquälen wollen. :)

Von Hallstadt kraxeln wir wieder hoch zum bereits bekannten Soleleitweg, die Warnungen eines uns entgegenkommenden (und für die Gegend verdächtig hochdeutsch sprechenden) Rentners todesmutig in den Wind schlagend. Ein paar herrliche Aussichten später sind wir schon in Bad Goisern, um uns auf der anderen Talseite in den nächsten Aufstieg zu wagen. Dort folgt unser Weg wieder ein Stück der Trophy-Strecke. Einschließlich einer schönen ruppigen und trailigen Abfahrt. Ganz schön ruppig übrigens. Lockout ist doch aber gar nicht drin. Gerade will ich auf den mangelnden Komfort der nur 80mm Federweg schimpfen, als mein Blick auf die Gabel fällt: Dort hat sich offenbar die Luftkammer verabschiedet - der Federweg ist auf 0mm reduziert. :mad: Also zurück nach Bad Goisern, diesmal zu Fahrradhändler 2 (der als erstes am Weg liegt).

Dieser begrüßt mich gleich mit den Worten „Cannondale machen wir eigentlich gar nicht“. Immerhin probiert er einmal die Gabel wieder aufzupumpen, aber man kann schön zusehen, wie sie gleich wieder in sich zusammensackt. Der nächste CD-Händler ist in Gmunden – zumindest der nächste, den Fahrradhändler 2 sicher kennt – vielleicht hat ja auch der eine in Bad Ischl...

Gmunden ist 50 km weg, also drücke ich jetzt die 20 km und 300hm bis zu unserer Unterkunft hoch, um das Auto zu holen. Im Österreichischen Fahrrahandel werden manche deutsche Tugenden wie der bei uns langsam in Vergessenheit geratende Ladenschluss noch hochgehalten - wer weiß, wie lange Fahrradhändler 3 noch offen hat.

Kurz vor Ladenschluss erreiche ich Fahrradhändler 3. Dieser will zwar gerade zu machen, macht mir aber Hoffnung, gleich am nächsten Tag um 10 mein Problem lösen zu können („irgendeine Lösung finden wir auf jeden Fall“). Hoffnungsvoll geht so auch Tag 3 zu Ende.

Fortsetzung folgt...
 
Zuletzt bearbeitet:
Bilder folgen und bald werden sich unsere Berichte ja auch, zumindestens zeitweise, trennen. Ich übernehme gerne meinen Part.

Nur über einige wenige Sachen weiß nur Schnecke wirklich Bescheid ....:lol:
 
Tag 4
Pünktlich bin ich bei Fahrradhändler 3. Doch je länger dieser an der Gabel rumschraubt (oder zu schrauben versucht), desto kleinlauter wird er. Die Fattys hat ja immer ihr alter Mechaniker gemacht, der leider nicht mehr da ist. Auch seine Suche nach einer passenden Ersatzgabel und sein Versuch, einen Reduziersteuersatz einzubauen, scheitern. Sehr kleinlaut erwähnt er schließlich, dass es ja in Ebensee noch einen CD-Händler gäbe, vielleicht habe der was passendes.

Also auf zu Fahrradhändler 4. Der Österreichische Fahrradhandel hat viele positive Anreize aus den südlichen Nachbarstaaten übernommen. Also Siesta bis 14:30. Nutzen wir die Zeit, Fahrradhändler 5 in Bad Ischl aufzusuchen, der ja nach Auskunft von Fahrradhändler 2 vielleicht auch CD können könnte. Tatsächlich prangt an seiner Eingangstür ein entsprechender Aufkleber, und hier ist die Siesta auch schon um 13:00 zu Ende. Leider offenbart sich, dass der Aufkleber nur ein Relikt aus vergangen Zeiten ist. Ein gebrauchtes Scalpel mit Lefty wäre vielleicht noch aufzutreiben. Aber es gäbe da ja noch einen Händler in Ebensee...

Ich vermerke den Kauf eines Gebrauchtrades als Gabelspender in Hinterkopf als Notlösung und fahre wieder zu Fahrradhändler 3. Als ich dort ankomme, werde ich bereits mit den Worten „Da kann ich leider auch nicht helfen, ich habe erst seit einem Jahr Cannondale“ begrüßt – Nr. 4 hatte netterweise mein Kommen schon angekündigt. Offenbar schaue ich mittlerweile so bemitleidenswert drein, dass mich Nr. 3 nicht ganz erfolglos gehen lassen will. Nach Hallein kurz vor Salzburg führe man ja nur eine gute Stunde, und dort gäbe es einen, der mir wahrscheinlich weiterhelfen könne (Nr. 5). Nr. 3 ruft dort auch noch an: Kein Problem heißt es, ich solle gleich vorbeikommen, dauert eine Stunde, dann ist das Rad wieder fertig.

Diesen Satz wollte ich seit gestern Abend hören. Eine gute Stunde später bin ich in Hallein und im Paradies: „Trink einen Kaffe, dann kannst Du das Rad wieder abholen.“ In der Werkstatt arbeiten drei durchaus gut beschäftigte Mechaniker, die ihr Fach verstehen. Kunden kommen und gehen und hören den gleichen Spruch wie ich. Als ich nach 45 min wieder da bin, ist die Gabel fast fertig. Wo die Gabel schon draußen ist, können ja auch gleich noch die ollen Steuerlager gewechselt werden. Derweil zeigt mir der Chef seine Schätze: Ca. 5.000 Edel-Räder. Neben dem kompletten 2008er Cannondale-Katalog diverse Einzelstücke, edle Titan-Teile und für den preisbewussten Kunden auch noch ein großer Verkaufsraum mit Konas. Ich will hier nicht mehr weg. Hier können sich die Berliner Fahrradhändler noch so einiges abschauen, was Service und Freundlichkeit angeht.

Um 18:00 bin ich wieder zurück. Noch eine schnelle Runde durchs Gosautal und über die Schäferalm – mit einem funktionierenden Fahrrad. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit bin ich wieder zu Hause, kurz nach Einbruch der Dunkelheit kommen schnecke und will von ihrer Hammertour bei Sonnenschein zurück. Egal, die Trophy kann kommen, am PC wird noch mal die 200er Strecke analysiert und ich rechne mir die Geschwindigkeiten aus, mit denen ich fahren muss, um die 200er-Strecke im Zeitlimit zu bewältigen. 14er Schnitt bei 7000 hm – ambitioniert aber machbar. Die langen Aufstiege machen insgesamt 70km. Wenn man die mit einem Schnitt von 7 km/h hochfährt, muss man auf den Abfahrten und in der "Ebene" (wo sich auch noch 1.500 hm verstecken) nur einen Schnitt von 24 km/ fahren, und kann dann sogar noch ganz kurz bei den Verpflegungsstellen anhalten. :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Tag 5
Der Tag vor dem Rennen – Ruhetag. Zunächst soll es nach Bad Goisern zum Fahrradhändler gehen. Nein, mein Rad funktioniert ausnahmsweise, dafür hat Schnecke sich am Vortag die Felge zerdengelt. Danach ein kurzes Stück auf der Trophy Strecke, dann die Startunerlagen abholen und wieder nach Hause. So der Plan. Zwischenzeitlich ruft vooodoo an und bietet an, ein Ersatzlaufrad für schnecke mitzubringen :daumen: Können wir uns Fahrradhändler 6 also sparen. Die Räder laufen gut (so lange schnecke nicht bremst), die Beine fühlen sich gut an, auch der miese Wetterbericht für morgen kann nicht schrecken. Nach Bad Goisern führt dieser schöne, leicht abschüssige, gerade Schotterweg runter. Nur unterbrochen durch diesen kleinen, 1/2 m tiefen Graben.

Fortsetzung folgt...
 
Tag 5, Teil 2

Salzkammergut. Da wollte ich hin. Wegen dem Rennen. Genau. Aber wo bin ich? Könnte das Salzkammergut sein. Steine um mich rum und Bäume, ein Tal – passt. Aber wann ist das Rennen? Und wo bin ich genau? Und wieso tropft dieses rote Zeug auf meine Hose?

Eine bekannte Stimme. Glaube ich. Ich bin wohl nicht alleine hier in diesem Wald. Und da unten im Tal, ist das Bad Goisern? Da startet ja das Rennen. Wann ist das eigentlich?

Die bekannte Stimme, mit einer Mischung aus Sorge und Genervtheit, erklärt mir, dass das Rennen morgen sei und ich das jetzt schon zum fünften mal frage. Plötzlich ist alles glasklar. Ich bin wohl gestürzt. Irgendwo im Salzkammergut. Das da unten könnte Bad Goisern sein. Da ist ja das Rennen. Morgen oder Übermorgen. Ich kann glaube ich noch schnell gesund werden. Jetzt bloß nix anmerken lassen. Mit dem Wasser aus der Trinkflasche kann ich mein Gesicht prima sauber machen. Da scheint das Blut auch herzukommen. Mit der Zunge zähle ich meine Zähne. Scheinen noch alle da zu sein. Ein gutes Zeichen.

Mein Verstand arbeitet auf Hochtouren. Die Stimme gehört schnecke. Die will auch das Rennen fahren. Ist wohl morgen schon. Irgendwo ist auch will und macht Fotos. Ich verlange, dass man von mir ein Foto macht, damit ich mir mein Gesicht ansehen kann. Irgendwie hört mir aber keiner zu.

Vielleicht sollte ich zu einem Arzt. Macht einen guten Eindruck – wirkt vernünftig und so. Als ob ich bei klarem Verstand wäre. Bin ich ja auch. Ich muss bis morgen gesund werden. Da ist das Rennen. Ich krame mein GPS aus dem Rucksack und suche das nächste Krankenhaus. 10km – mit dem Rad ein Katzensprung.

Schnecke überzeugt mich und will, dass man für das Rennen auch die Schiebetechnik trainieren muss. Also laufen wir erstmal nach Bad Goisern. Da gibt’s bestimmt einen Arzt, der näher ist. Oder halt die 10km fahren. Will macht Fotos von parkenden Autos. Ich erkläre, dass ich morgen nur die 100km Strecke fahren will. Macht einen guten Eindruck. So vernünftig...

Im Ort ein Sportartikelgeschäft mit Helmen im Sonderangebot. Prima. Mein Helm ist irgendwie kaputt, und für das Rennen (morgen!) brauche ich doch einen. Aber gut, erst zum Arzt. Wir können ja in der Touristeninfo fragen, wo einer ist. Will stellt sich derweil irgendwo unter, die Sonne brennt ganz schön heiß. Ist will auch gestürzt? Wirkt irgendwie benommen. Gut dass ich bei klarem Verstand bin. Morgen ist ja das Rennen. Erzählen zumindest alle. Wir sind wohl im Salzkammergut. Voodoo ruft an. Sind wohl in irgendeiner Ferienwohnung und wollen was zu essen kaufen. Gute Idee, ich pflichte ihr bei. Bloß nichts anmerken lassen.

In der Touristeninfo frage ich nach einem Arzt. Irgendwie muss ich gar nicht erklären, was für einen Arzt ich suche. Die Leute sind sehr zuvorkommend. Rufen sogar bei der Ärztin an, um mich anzukündigen und erklären mir den Weg.

Dank Navi ist die Arztpraxis bald gefunden. Ich werde schon erwartet. Sehr zuvorkommen alle hier. Die Ärztin versorgt mein Gesicht und mein Knie und leuchtet mir in den Augen rum. Schließlich bin ich gesund und darf wieder gehen. Irgendwer hat zwischenzeitlich meine Trinkflaschen aufgefüllt. Sehr praktisch, hatte ich ja alles benötigt, um mein Gesicht zu säubern. Hat bestimmt einen guten Eindruck auf die nette Ärztin gemacht. Noch schnell zur Apotheke, das Rezept einlösen. Ich fühle mich prima. Also den Umständen entsprechend. Aber vielleicht wirklich nur die 100 km. Neben der Apotheke sind wieder die Helm-Sonderangebote. Jetzt kann ich endlich zuschlagen. Im Konsum gibt’s noch ein Eis, auf der Straße treffen wir S-Punkt, bei der Anmeldung runterrauf und Eispickel. Am Trouble-Desk brauche ich gar nicht groß erklären, weshalb ich mich auf die Kurzstrecke ummelde. Etwas wehmütig sehe ich meine rote A-Startnummer an, die jetzt gegen eine schnöde weiße B-Startnummer getauscht wird. Wenigstens darf ich sie als Andenken behalten.

Dann radeln wir wieder zur Ferienwohnung. Ist wohl die, die vooodoo gemeint hat. 20 km und 300 Höhenmeter. Die Ärztin hat gesagt, ich solle die Wunde nicht nass werden lassen. Leider hat sie vergessen, das auch dem Wetteramt mitzuteilen. Pünktlich am Beginn des Anstiegs nach Gosau beginnt ein heftiges Gewitter. Äste krachen runter, der Wind weht uns um die Ohren und ein kräftiger Regenguss weicht alles durch. Das geht so lange, bis wie an der Ferienwohnung ankommen, dann scheint wieder die Sonne. Zumindest bin ich jetzt wirklich wieder bei klarem Verstand. Unter der wohlverdienten heißen Dusche entdecke ich, dass auch meine Schulter kräftig was abbekommen hat. Das Schlüsselbein hat dank Titanverstärkung aber gehalten.

Angesichts des Wolkenbruchs ziehe ich jetzt doch noch die Matschreifen auf. Selbst wenn morgen durchgehend die Sonne schiene, dürften die Wegen angesichts der Wassermassen komplett aufgeweicht sein. Am Abend dann noch ein Festmahl (Großen Dank noch mal an vooodoo, die die Küchenfee gegeben hat) zwecks Pasta-Carboloading. Ich mache Origami mit meinem Roadbook, so dass nur noch die 100km-Strecke lesbar bleibt – muss ich nicht alles neu ausrechnen. Auf die Zeit kommt’s ja jetzt eh nicht mehr drauf an, in meinem Zustand (ich kann wegen der Schmerzen im geprellten Knie kann kaum laufen, mein halbes Gesicht besteht aus Pflastern, der Kopf dröhnt) kann ich froh sein, überhaupt morgen starten zu können.

Fortsetzug folgt...
 
Zuletzt bearbeitet:
smiley_emoticons_lachtot.gif
smiley_emoticons_2thumbs.gif
smiley_emoticons_klimpern02.gif
 
Tag 2:

2670784178_61edc6f524_b.jpg


2669853399_efd7fe2a86_b.jpg

Der allmorgendliche Blick vom Balkon. Frühstücken auf selbigem funktionierte aufgrund der Wetterlage nicht jeden Tag.

2669854503_16e334a17e_b.jpg

Unfahrbarer S2-Trail bergauf.

2669855103_688cc8e4c0_b.jpg

Die Betonung liegt auf bergauf.

2670680290_faef3287c8_b.jpg

"Du sollst sagen ist fahrbar!" wurde mir zugerufen, aber ich hatte vorher schon aufgrund des losen Abgangs Richtung Bach "Vorsicht!" gerufen"!:p

2669859729_cbb126736c_b.jpg

Zum See geht es hoch und der Weg endet in 400m.

2670685632_9acb7d4cf7_b.jpg

Was für eine Grinsebacke!;)

2670686306_c4d4990ff5_b.jpg

.... mal ohne Störung.

(Wer Jacqui findet darf einmal rumfahren. Denn: Radfahren verboten!)


2669861791_fc06a5e904_b.jpg

Regen hat auch gute Seiten.

2669863455_973853cd83_b.jpg

Selbsterklärend ....
 
Tag 3:

2669868963_51d5947401_b.jpg

Eine Stunde tragen, schieben ...

2669875163_23168b0e28_b.jpg

Wohin auch das Auge blickt. Moor und Heide nur ringsum. Vogelsang uns nicht erquickt ...

2670699796_991f06c84c_b.jpg

... Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor!

2669880607_7ae6a0bd39_b.jpg

Die legendäre Roßalm von der anderen Seite bezwungen.

2670707628_0f59edd610_b.jpg

Hallstätter See.

2670716224_ca23b7f3d8_b.jpg

2670714996_8956519f2c_b.jpg

Soleleitweg: Ohne Absperrung und nicht so viel Hype wie um die enttäuschende ewige Wand!:D

2669897979_708fd0f834_b.jpg

Die ewige Wand: 250m Felsautobahn.

2669901529_878c9b4f3b_b.jpg

2670726724_227445750e_b.jpg

Schlüsselstellentraining Marathonstrecke.
 
Tag 3, zweite Perspektive:

Lockout! Ich steige mal mit diesem Wort in die Erzählung ein. Als Grege grinsend meinte, er wäre wohl mit selbigem die Abfahrt heruntergefahren begannen sich unsere Wege zu trennen. Denn die abgesoffene Fatty überzeugte ihn bald vom Ernst der Lage und so fuhren wir, immer noch erstaunlich schnell, runter in den Ort und dort geschaut, wie überforderte Radhändler zum Thema Systemintegration oder Spezialwerkzeug für Exotengabeln stehen.

Natürlich eher skeptisch und so wurde Grege angesichts der fortgeschrittenen Zeit mit einer Adresse im Gepäck auf die Reise geschickt. Für die verbliebenen Zwei, mit mehr oder wenig funktionierenden Rädern, ging es wieder hoch hinaus. Noch einmal ging es weit über 1000m, es sollte Richtung Predigtstuhl gehen, wobei dieser dann doch nicht ganz erreicht wurde, da die letzten 200hm sich als unfahrbarer Kletterstieg herausstellten.

Auf der letzten großen Abfahrt des Tages fuhr ich auf Asphalt viel zu schnell in eine sich unschön verjüngende Kurve hinein. Gerade nochmal die Kurve bekommen, heißt es da wohl, aber hinter mir hörte ich ein Geräusch, welches man gewöhnlich mit blockierendem Hinterrad assoziiert. Unten, etwas länger gewartet, traf Schnecke mit blutendem Knie ein. Es hatte an schon erwähnter Gefahrenstelle wohl kurzfristig eine Entscheidung getroffen werden müssen: Abgrund oder Abwurf. Schnecke hatte sich richtig entschieden und so war es nur ein böse aufgeschrammtes Knie/Schienbein geworden. Ein letztes Mal Wasser im Salzmuseum gefasst und denn ging es auf die Heimreise.

Über 100km waren es dann doch wieder geworden. Grege war im Basislager ganz optimistisch: gleich früh um 9 sollte die Gabel in Behandlung gegeben werden und bis Mittag wäre sicher alles erledigt. Mit Schnecke wurde für den nächsten Tag eine Königsetappe zu den Fünf Fingern geplant. Vielleicht könnte Grege später zu uns stoßen. Abends zu Besuch waren Captain Hook und Norma. Schnecke konnte im Verlauf des Abends, nicht von der Idee auf der 200km-Strecke zu starten, überzeugt werden. Ich war ja sowieso dagegen: Eine Führende in der Gesamtwertung experimentiert nicht!:eek:
 
Zuletzt bearbeitet:
Schöne Bilder :eek:..und tolle Leistung.

in S. werde ich wohl entgegen meiner ursprünglichen Überzeugung auch dabei sein...
 
Tag 4, Königsetappe:

Grege startete am nächsten Morgen mit dem Auto und voller Hoffnung, Schnecke und meine Wenigkeit ebenso, aber wir nahmen das Rad.

2670800244_d85b0a6445_b.jpg


2670734656_2b730a7c08_b.jpg


2669914145_6a1d106f97_b.jpg

Mal wieder ein See. Langweilig wird das nicht wirklich!

2670740626_f2b70e2a07_b.jpg


Hoffnung, also eine positive Erwartungshaltung dahingehend zu haben, dass etwas, das dem Hoffenden wünschenswert erscheint, in der Zukunft eintreten möge, ohne dass wirkliche Gewissheit darüber besteht, also mit dieser Art Hoffnung fuhr ich inzwischen schon nicht mehr spazieren. Es lag inzwischen jene Art Hoffnung oder vielmehr Sorge in der Luft, dass doch einfach alles glatt gehen möge. Eben noch sinniert, da schlug das Schicksal zu! Nach 400hm Schotterabfahrt hörte ich es bei 60 Sachen pfeifen und fremdgeräuschen: Der Magura-Bremsschuh hatte sich anscheinend nach oben verschoben und mir die Flanke vom Reifen aufgerissen, der Schlauch zwinkerte schon fröhlich durch. Also wieder mal runter ins Tal, neuen Reifen gekauft und an der fummeligen Bremseneinstellung versucht. Die Sache kostete uns vielleicht 90min, aber die Tour zu den Fünf Fingern war damit nicht mehr drin. Also sollte es zum Loserberg und dann zum Altausseer See gehen. Es wurde eine landschaftlich sehr schöne Tour bis dort hin, die 1000hm zum Loser waren dann aber zeitlich nicht mehr zu schaffen und so war das Bad im Bergsee die Krönung des Tages. Gerade dem klaren Wasser entstiegen kam dann auch die Meldung, dass Greges Rad endlich fertig sei. Wie sich später herausstellte, war es leider doch eine kleine Österreich-Rundfahrt mit Einblicken in die lokale Cannondale-Szene geworden. Aber im Verlaufe der Expedition wurde ein Cannondale-Tempel aufgetan. Immerhin.

2669920507_93cfba44fb_b.jpg

Trikot sitzt wieder:daumen:, nach dem Bad. Im Hintergrund der Loser.


Die Uhr zeigte inzwischen 19.00 Uhr und wir hatten noch knapp 40km bis ins Basislager vor uns. Wir entschieden uns daher für eine Strecke durch die Täler und machten uns auf den Weg. Auf spannenden verwinkelten Wegen am Altausseertraun entlang standen wir plötzlich vor dem Eingang der Koppenbrüllerhöhle. Während der Zeit der Kaiserin Maria Theresia diente die Koppenbrüllerhöhle als Versteck für einen Deserteur, so konnte man lesen. Dem Franz Engl schien eine lange Trennung von der Heimat und seiner lieben Braut, der hübschen, braven Holzer Seffi aus Obertraun, unmöglich. Die Holzer Seffi versorgte den Franzl wochenlang mit Essen, bis sie in der Höhle tödlich erkrankte und eines Tages auf Franzls Mooslager zusammenbrach. Seither heißt die von ihm bewohnte Zufluchtsstätte "Engl-Höhle". Und den schmalen Pfad, der zu ihr hinunterführt, nennt man Geistersteig, weil dort schon mancher Besucher dem bleichen Schatten der armen, treuen Seffi begegnet sein soll.

Die Höhle war offen, aber stockdunkel. Zeit die gute Stirnlampe herauszuhohlen und in die dunkle Tiefe hinabzusteigen. Der begehbare Teil umfasst ca. 1km Wege; es gibt einige beeindruckende Niveauunterschiede und sogar einen brüllenden Wasserfall, der sich mit Rauschen und Brausen in der Höhle hinunterstürzt. Die feucht schimmernden Dome, Gewölbe, Hallen und Gänge waren sehr beeindruckend. Nur dem Geist der Seffi sind wir nicht begegnet. Die Angst bekämpften wir trotzdem mit Wanderliedern!:cool: Viel zu lange, naja nicht wirklich, dauerte das alles und wir waren nach mindestens einer halben Stunde erst wieder draußen. Ein ganz schön weiter Weg war es noch.

2670750572_eeecc201f3_b.jpg

Seffi, bist Du es?


2669926601_8630ee2d72_b.jpg

Lampe und Blitz! Nicht täuschen, es war stockdunkel!:eek:


Also weiter zügig an der Traun entlang, der hügelige Weg war zersetzt mit Brücken, Stufen und tiefen Wasserrinnen. An einer jener verhängnisvollen Rinnen setzte Schnecke zum Sprung an und landete unglücklich mit dem Hinterrad, die Felge war danach mit einer bizarren Kombination aus Höhen- und Seitenschlag veredelt.

2670748798_b78ec55f7b_b.jpg

Da war die Felge noch heile.

2670752194_2b0f6ab0c6_b.jpg

Ganz schön spät geworden!

Die letzten 15km ging es dann nur noch auf der inzwischen bekannten Straße von Bad Goisern nach Gosau hoch und der Tag war damit nach 120km und 2500+hm beendet. Beim letzten einfachen Abendessen des Camps (einfach nur Nudeln und Tomatensoße, ohne komplizierte Beilagen):lol:hatten wir uns viel zu erzählen und Grege plante akribisch die 200er Runde. Am nächsten Tag stand eine kleine entspannte Runde auf dem Programm und dann den Rest des MME-Freundeskreise erwarten. Was sollte da noch groß passieren!?:p
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist keine Schande, gegen den Giro-Sieger Gilberto Simeoni zu verlieren. Jetzt haben nur noch Schnecke und runterrauf eine Chance auf den goldenen Teller...äh Urkunde.

Und den kopflosen Cpt. Hook habe ich in der Ergebnisliste gar nicht gefunden?! :confused: Ist er die 7000hm gefahren?

Wow, was hat die Ärztin grege für Mittelchen gegeben? :lol: Das frisch restaurierte Rad hat den Crash aber unbeschadet überstanden?

An alle Versehrten: schnelle Genesung!
 
Grege, Du hattest am Freitag - aus der Arztpraxis? - außerdem noch "Obst mir Aufschnitt" aus dem Supermarkt bestellt....

Respekt außerdem an den mutigen Fotografen, dass er noch DAS Foto geschossen hat, bevor Du - aus Deinen starken tätowierten Armen - Dein Rad nach ihm geworfen hast!

Freu mich auf Seiffen, VIELLEICHT fahr ich dann auch mal mit. aber nur, wenn sie mir einen Startplatz GANZ VORNE geben :-)

erholt Euch gut! Renn.schnecke, noch mal großen respekt. Weil ich sonst außer Schokolade essen nichts gemacht hab, ausnahmsweise mal kein ausführlicher Bericht von mir.....
 
Grege, Du hattest am Freitag - aus der Arztpraxis? - außerdem noch "Obst mir Aufschnitt" aus dem Supermarkt bestellt....

War glaube ich noch vor dem Arztbesuch, meine Erinnerung an Freitag ist noch etwas, äh, lückenhaft.

Aber da sieht man, wie fit ich schon wieder war, dass ich bereits an Essen dachte, nachdem ich mich kurz zuvor noch spontan auf einen Schotterweg irgendwo im Salzkammergut übergeben wollte.

@will: Hammerbilder!:daumen:
 
Es ist keine Schande, gegen den Giro-Sieger Gilberto Simeoni zu verlieren. Jetzt haben nur noch Schnecke und runterrauf eine Chance auf den goldenen Teller...äh Urkunde.

Und den kopflosen Cpt. Hook habe ich in der Ergebnisliste gar nicht gefunden?! :confused: Ist er die 7000hm gefahren?
Der Simoni hat im Zielsprint mit 0,2 Sekunden Vorsprung gewonnen! Der Captain hat wohl unterwegs keine Hoffnung mehr auf den Sieg gesehen, ohne sich waghalsigerweise in verschlammte Abfahrten zu stürzen. So ähnlich wurde mir das jedenfalls kurz hinter dem ersten Hügel von S-Punkt zugetragen.

Ich selbst fand die Strecke richtig schön, auch wenn einige in diesem Unterforum mitlesende sie wahrscheinlich gar nicht gemocht hätten: Zu einem nicht unerheblichen Teil bestand sie aus relativ breiten Schotter- oder gar Asphaltwegen. Dort wo das nicht der Fall war, war das Gedränge aber einfach zu groß. 1500 Starter verteilen sich eben trotz der Anstiege nicht ausreichend.

Das Wetter war nicht wirklich toll. Im Rennen gings ja, weil zwischendurch doch die Sonne rauskam, aber die Tage drumrum waren so verregnet, dass man auch nix machen konnte ausser schnellstmöglich wieder nach Hause zu fahren. Immerhin sind wir vom wirklich schlechten Wetter verschont geblieben: Zwei Bekannte aus Berlin sind am Sonntag beim Zugspitzlauf angetreten, und was da passiert ist, kennt Ihr ja sicher aus der Zeitung...

Äh ja, zum Marathon selbst: Ich war auch diesmal maximal für die Hälfte der Strecke fit und ab der fünften Stunde ging es richtig schwer. Mal sehen, ob ich beim EBM nicht doch die kürzere Strecke fahre.

Wie ich sehe, ist will nicht nur für den Part des tragischen Heldes zuständig, den stets eine Gehirnerschütterung oder sowas vom finishen abhält, sondern auch für die hervorragenden Fotos :daumen:

Wünsche allen Sturzopfern baldige Genesung!
 
Wie schrieb Grege so schön „Der Wahnsinn ist fahrbar“, nee quatsch, „Nach Bad Goisern führt dieser schöne, leicht abschüssige, gerade Schotterweg runter. Nur unterbrochen durch diesen kleinen, 1/2 m tiefen Graben.“.

Man sollte vielleicht noch erwähnen, dass, und ich spreche hier glaube ich für alle Beteiligten, das in diesem Augenblick, vor diesem Graben, wir mit dem Universum im Reinen waren. Die Räder funktionierten oder es bestand Aussicht auf Besserung, die Körper machten auch so leidlich mit und der Geist schloss sich angesichts der guten Ausgangslage an. Alles war also gut und denn knallte es.

Auf der Hinfahrt sah ich auf der Autobahn die Schilder „Abstand halten! Halber Tacho!“ was in unserem Fall wohl 15 oder 20 Meter bedeutet hätte. Dem war nicht so, es wurde zwar kein Windschatten gefahren, aber MTB-typisch bei leichten Abfahrten dicht aufeinander.

Was da nun war, sah ich zuerst gar nicht, Grege zog nur kräftig an der Bremse, versenkte sein Vorderrad in einem Graben und ging dann über den Lenker ab, Schnecke kam auch irgendwie zum Stehen und schmiss sich auf den Boden, mir war eigentlich gar nichts passiert, so dachte ich lange Zeit, denn ich stand als Erster wieder und betrachtete das Chaos: Grege lag noch, das Gesicht im Boden vergraben, stöhnte und zeigte dann in einer filmreifen Einstellung, durch Drehung des Kopfes die Schäden. Es hatte etwas vom Terminator, der sein zerstörtes Gesicht in die Kamera hält. Aber eine Titanplatte macht noch keinen Cyborg und so war leider viel Blut geflossen. Schnecke lag immer noch und umarmte einen großen Stein (schon mal merken!) mit dem sie aber zum Glück nicht in Berührung gekommen war. Nur aufs Knie, das Gesunde, war sie gefallen und in der Kombination mit Schotter war dort Böses geschehen.

2669931993_b3ed5b750a_b.jpg

10 oder 15min nach dem Sturz. Grege weiß immer noch nicht wo Bad Goisern liegt oder ob morgen das Rennen ist, mir geht es noch prächtig.

Die nächsten Minuten hat Grege bereits ganz gut geschildert. Die Schäden wurden gesichtet und wir versuchten ihm etwas Orientierung zu geben. Ich fühlte mich als einzig Unversehrter zuständig für die Organisation der Rettung, bestimmte den Weg und bald setzte sich der Krankenzug schiebend in Bewegung. Blöd nur, dass mir nun auf einmal schlagartig schlecht wurde, ich einen Baum umarmte und erst einmal gepflegt übergab. Ab dieser Stelle fehlen mir ein oder 2 Stunden komplett und auch danach ist die Erinnerung nicht die beste. Wie mir nach einem Mittagsschlaf einen Tag später erst bewusst wurde, war ich mit dem Hinterkopf auf den Stein geknallt, aber sofort wieder aufgesprungen. Sachen gibt’s!

Wir sind dann wohl nach Bad Goisern gewandert, ich mehr gewankt, folgte gelegentlich auch nicht allen Anweisungen in Sachen Wegführung und war einfach nur sperrig in der Handhabung, so erzählte man mir später. Ach, und Fotos habe ich gemacht. Irgendwann müssen wir das Zentrum von Bad Goisern erreicht haben, und da setzen auch meine ersten Erinnerungen wieder ein. Ich wollte ein Eis und mir war schlecht, besser kann man die Gefühlslage nicht beschreiben. Meine Rechengeschwindigkeit war extrem gedrosselt, ich hatte Mühe etwas zu verstehen und außerdem war mir schlecht, hab ich das schon erwähnt? Eine energische Frau, die etwas von einer Mutter hatte, stellte mich vor einem Laden im Schatten ab und redete unablässig auf mich ein, dass ich mich nicht von der Stelle rühren solle. Zu der Frau gehörte ein Kerl, mit einer blutenden Wunde, bestimmt der Mann, aber der hatte in der Beziehung anscheinend nix zu sagen. Jaja, Hauptsache es gibt bald Eis und dann war ich auch schon allein. Natürlich lasse ich mir gar nix sagen und ging erst einmal zum gegenüberliegenden Werbestand. Lauter bunte Fahrräder waren dort aufgebaut und ich verbrachte bestimmt 5 oder 10 Minuten damit, nur eines davon anzustarren. Fasziniert betrachtete ich das dicke Oberrohr und dachte so bei mir, dass das bestimmt Carbon sei und superleicht. Zu mehr Gedanken war ich nicht fähig. Carbon, fett und leicht, aus der Leerschleife kam ich einfach nicht raus. Das war sicher die längste und ehrlichste, und ohne Rekordabsicht durchgeführte, je dokumentierte Bewunderung eines Carbonrahmens. Im Leichtbauforum treiben sich echt nur Amateure rum. Eine kleine Panikattacke bekam ich noch, daran erinnere ich mich leider auch. Nicht witzig so leicht orientierungslos und allein irgendwo rumzustehen.


2670756050_7450625bec_b.jpg


2670756418_79c411b750_b.jpg

Zwei der Fotos, welche auf dem Weg nach Bad Goisern entstanden. Ich habe keine Ahnung was das soll, aber sie zeigen schon eine ganz besondere Sicht auf die Welt, wie ich finde!:D

2669933133_ec62803ebf_b.jpg

Meine Betreuer!:daumen:

Dann kamen meine Eltern aber auch endlich vorbei und wir gingen gemeinsam zum Arzt. So langsam wurde es aber auch wieder besser, das waren gar nicht meine Eltern, die Verwirrung wich dem Kopfschmerz, und ich ziehe Letzteres dem Ersteren definitiv vor. Die Ärztin leuchtete mir mit einer Lampe in den Augen rum, war wohl nicht zufrieden und schlug mir 24 Stunden in einem Krankenhaus zur Beobachtung vor. Ich lehnte ab und wurde mit einer Rechnung von 36 EUR entlassen. Besser ging es mir inzwischen aber wirklich. Ich konnte z.B. wieder Gesprächen folgen. Ein Rezept hatte ich noch bekommen, aber das fiel mir erst am Abend auf. Es hakte wohl doch noch an einigen Stellen. So musste Grege allein in die Apotheke gehen. Vor dem Konsum wo es endlich Eis gab, trafen wir noch S-Punkt und so langsam war die Welt wieder im Lot. Ob das mal mit dem Rennen morgen klappen würde? Startnummern abholen kann man sich ja trotzdem und dort traf ich auch Gilberto Simoni. Eispickel und Runterrauf gesellten sich dazu.

2669933733_8be1b53614_b.jpg

Da hätte es auch etwas für mich gegeben...

2669939621_c5630f4421_b.jpg

Weia, weia.

2669943615_743ee759f1_b.jpg


2669945455_859d37b07c_b.jpg

"Ich bin fit und fahre wenigstens die 100!" soll das bedeuten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Interessant, wie gelöst und glücklich ich auf den Bildern direkt nach dem Unfall aussehe. So eine kleine Amnesie hat doch auch was positives.
 
Zurück