04.07. 16:50 Erakovici, 900m
Kurze Abfahrt vom Pass, dann bremse ich an einer kleinen, verwaisten Openair-Bar und hol mir eine Coke aus dem Kühlschrank. Wenn keiner zum kassieren auftaucht, leg ich halt nen Euro hin. Als ich grade los will, taucht auf einmal die ganze Großfamilie daher und lässt mich nicht so schnell wieder fort. Ich muss mein Bike vorführen, meine Story erzählen, das volle Programm eben. Dafür werde ich mit einer Schinkenkäseplatte der Region verwöhnt und darf natürlich auch meine Getränke nicht bezahlen. Ich kann nur jedem auf großer Reise raten, sich ein dickes Schild mit der Route ans Bike zu hängen. Das sieht im ersten Augenblick vielleicht ein bisserl nach Startnummer aus, aber es lohnt sich! Wie viele Einladungen mir dieses Stück laminiertes Papier für zwei Euro aus dem Copyshop schon eingebracht hat, kann ich kaum mehr zählen.
Die verlängerte Pause hat auch noch einen weiteren Vorteil. Kaum zehn Minuten später verdunkelt sich der Himmel urplötzlich und ein respektables Gewitter kommt angefegt. Auf dem Downhill nach Kotor wäre ich jetzt reichlich nass, so sitz ich noch unter dem Terassendach und schlürfe einen gesponserten Kaffee nach dem anderen.
Da ich sowieso gerade wieder Zwangspause habe, könnte ich ja wie versprochen kurz mal was zu den russischen Topokarten erzählen, mit denen ich seit Albanien navigiere. Das sowjetische Militär hat damals die ganze Welt kartographiert, fast jeder Fleck ist im 1:25000 Maßstab verfügbar. Keine Ahnung wie sie das angestellt haben, wahrscheinlich über Satellitenfotos.
Die Karten sind topografisch erstaunlich exakt, teilweise sogar besser als "aktuelle" Wanderkarten.
Woran es hapert, ist natürlich die Aktualität. Neu gebaute Straßen fehlen teilweise ganz, manchmal ist auch eine kleine, schwarz gestrichelte Piste mittlerweile zur Autobahn geworden. Diese Probleme halten sich allerdings in Grenzen, die Karten sind durchaus sehr brauchbar zur Navigation.
Der Haken: In den meisten Regionen der Erde ist die Beschriftung in kyrillisch. Montenegro ist dabei eine erstaunliche Ausnahme. Ansonsten muss man sich entweder mit raten der Ortsnamen behelfen, oder man läd sich von
der geonames website den kompletten Datensatz (Orte, Gipfel, Flüsse, usw) eines Landes herunter und blendet die Punkte einfach über der russischen Karte ein.
Die Karten sind frei im Internet verfügbar und können einzeln zB von
www.poehali.org heruntergeladen werden. Ich gehe aber immer zu
mapstor und kaufe dort für wenig Geld (ca. 10E pro Land je nach Größe) einen komplett zusammengestellten Kartensatz (von 1:500000 bis 1:25000) für ein ganzes Land. Stressfrei und praktisch.
Die Karten sind bereits perfekt kalibriert und kommen als Grafikdatei und .map-File im Oziexplorer-Format. Mit diversen Tools (zB OziMapConverter) können diese dann mit wenigen Mausklicks für TTQV und/oder PathAway umgewandelt werden, falls gewünscht.
Fazit: Ein guter Möglichkeit, sich in Ländern ohne vernünftiges Kartenmaterial neuren Datums zurecht zu finden. Gerade auf dem Balkan ist das zur Zeit unerlässlich.
Und noch ein Schlusswort an alle Ziegelst... oops... Garminbenutzer
. Sorry Jungs, das sind Rasterkarten. Keine Chance für euch! Das klappt nur auf PocketPCs mit entsprechend flexibler Software.