Perfekte Reparatur > XT-Kurbelgewinde für Pedal

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18. April 2006
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Hallo Bikefreunde !


ein Mitglied dieses Forums wandte sich wegen eines defekten Pedalgewindes in einer neuen XT-Kurbel vertrauensvoll an mich, weil ich ihm meine Hilfe anbot.

Ich möchte euch mal schildern in welchem Zustand ich die XT-Kurbel
angenommen habe, und wie ich sie fachgerecht repariert habe.

1. ZUM HERGANG DER REPARATUR VON DER FAHRRADFACHWERKSTATT
Im Detail kenne ich die Ursache nicht, ich bekam nur soviel zu lesen, als das sich eine Fahrradfachwerkstatt um die Reparatur des herausgerissenen Pedalgewindes vergebens bemühte. Die Damen und Herren hatten wohl groß keine Ahnung von der Mechanik, denn sie hatten diese Reparatur nicht geschafft. Mir unverständlich:confused: , aber es gibt wohl einige Fahrradhändler die nur Händler sind, und dann mit solchen Dingen überfordert werden. Egal ich weis es nicht !

2. INSPEKTION NACH EINTREFFEN DER SHIMANO XT KURBEL
Als das gute Stück dann eingetroffen war, inspizierte ich das Gewinde in der Kurbel. Dazu nahm ich einen Helicoilgewindebohrer drehte ihn bis zur Hälfte hinein, und sah, daß man das Gewinde schräg hineingeschnitten wurde. Auch war das Innengewinde an einigen Gängen wieder beschädigt. Ich weis nicht was da schief gelaufen ist, aber eigentlich fast ein Totalschaden, denn eine nochmalige Reparatur würde in einer richtigen Fachwerkstatt richtig teuer werden.
Siehe Fotos !

3. REPARATUR MIT EINEM HELICOILEINSATZ
Die herkömmlichen Helicoileinsätze eignen sich wegen der dünnwandigen Gewindebuchse meiner Ansicht nach nicht, da es auch keine planseitige
Auflagefläche für das Pedal gibt. Zudem sind sie aus einem viel weicheren Aluminiumwerkstoff, als der Kurbelwerkstoff selbst. So entschloß ich mich für die etwas zeitintensivere Reparatur mit einer Hartbronze Gewindebundbuchse.
Siehe Fotos !

4. BETRACHTUNG DES EINSCHRAUBFALLS EINER PEADALE IN DIE KURBEL
Um eine nahezu 100%ige Verschraubung von der Pedale zur XT-Kurbel zu erhalten, muß der größere Ansatz am hinteren Ende des Gewindes der Pedale an der Kurbel eine axiale planseitige Auflage haben. Ist dies nicht der Fall kann das Bolzengewinde beim Anziehen der Pedale keine Vorspannkraft aufbauen. Die Folge ist ein Lockern des Bolzengewindes im Mutterngewinde der Kurbel. Durch die Pedaldrehungen wird eine Taumelbewegung durch die iegebeanspruchung des Bolzengewindes im Muttergewinde hervorgerufen, so daß die Innengewindegänge der Kurbel aufgeweitet werden. Damit kommt es zu einem Versagen des Aluminium Mutterngewindes in der XT-Kurbel. Pech für Denjenigen der nicht nach jeder Biketour die Pedalbefestigung nachkontrolliert, und so das Ende des Gewindes vorprogrammiert ist. Hier treten enorm schwellende Biegebeanspruchungen auf, die eine Kontrolle unverzichtbar machen.
Siehe Fotos !

5. REPARATUR MIT EINER BUNDGEWINDEBUCHSE
Ich entschloss mich kurzerhand die Sache richtig zu reparieren, damit das Kurbelgewinde und das Pedal wieder eine Chance zum Biken bekommen. Richtig reparieren heißt, daß ich eine Bundbuchse eingepresst habe die mit ihrem Außenbund am angefrästen Innenbund der Kurbel fest und unverrückbar für alle Zeiten fest anliegt.
Siehe Fotos !

6. GEWINDEBUNDBUCHSE HERSTELLEN
Man muß schon über ein paar Maschinchien verfügen um diese Arbeiten
erledigen zu können, sonst wird das nichts ! Als Werkstoff nahm ich ein Stück Hartbronze was als Werkstoffpaarung zu dem Stahlgewinde an der Pedale optimal ist. Ein Fressen des Gewindes wird so auch ohne Schmierung gut verhindert. Die Buchse bekam einseitig einen Bund und wurde außen längs überdreht. Innen wurde das rechtsgängige Pedalgewinde hineingeschnitten, das wars.
Siehe Fotos !

7. ZIRKULARFRÄSEN DES DEFEKTEN INNENGEWINDES MIT AUßENBUNDANSATZ
Da einerseits das Gewinde schräg eingeschnitten war, und ich den Bund der Gewiundebundbuchse versenkt haben wollte, mußte ein Bundansatz an der Kurbel versenkt angefräst werden. Dies erledigte ich CNC mäßig durch Zirkularfräsen, den Bund sowie die Einpressbohrung der Gewindebundbuchse. In einer Aufspannung wurden so beide Operationen axial hergestellt, das wars.
Siehe Fotos !

8. EINPRESSUNG UNTER LEICHTER VORSPANNUNG UND MIT LOCTITE
Um die Gewindebundbuchse für immer unverrückbar in der zuvor ausgefrästen
Bohrung fest zu verpressen wurde mit Aufmaß gearbeitet. Dann wurde die
XT-Kurbel und die Buchse mit Aceton gereinigt, und unter Zugabe von Loctite Fügeverbindung die Gewindebundbuchse bis zur planen Auflage des Bundes
an der Kurbelborhung eingepresst. Fertig !
Siehe Fotos !

Wie ihr seht ist meine Reparatur gut gelungen und ich bin vollstens zufrieden, und es sieht optisch auch noch gut aus. Wenn man nun das Pedal immer wie vorgeschrieben mit dem erforderlichen Anzugsdrehmoment anzieht und auch stets nachkontrolliert, wird diese Schraubverbiundung ewig halten.

Solltet Ihr mal ein solches Problem haben, dann meldet euch bei mir, wenn ich Zeit und Muse habe, helfe ich euch gerne das so zu lösen. Und das fast umsonst ! Wäre doch schade gewesen wenn das gute Stück was sonst neu 140 EUR kostet, hätte entsorgt werden müssen !:heul:

Ich gehe davon aus, daß sich der Eigentümer dieser XT-Kurbel freuen wird, und wieder Spaß ma Biken hat.

Ihr dürft auf dieses Posting gerne euren Senf dazu abgeben !

Gruß Klaus
 

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nicht schlecht deine arbeit - hut ab.

komischer händler war das, aber schwarze schafe gehören wohl zu dieser wie zu jeder zunft :)

darf ich fragen wie teuer eine solche reparaatur bei dir wäre, falls du sie noch einmal ausführen würdest?


gruss / uli
 
Dunnerlittchennn.......du hast ja wirklich eine beneidenswerte Werkstatteinrichtung.......und leistet damit offensichtlich saubere erstklassige Arbeit.....Respekt!

Hartbronze als Werkstoff für die Buchse war für mich völlig neu......ein verfolgenswerter Ansatz......ich wird mich mal n bissi einlesen.....
 
Erstmal Respekt !
Was ich mich nur Frage:
Arbeitest du inner Firma die solche Mascinen besizt, oder hast du echt ne CNC-Fräse im Keller?
Die Dinger kosten doch en Scweinegeld...
Darauf komm ich auch wegen deinem Know-How, was du auf dem Gebiet offensichtlich ja genug hast...
 
Mad-Line schrieb:
seine idee ist nicht neu und gibt es in einer besseren ausführung zukaufen

http://www.wuerth.de/de/medien/time-sert.pdf
nur kostet das werkzeug ein haufen geld und sowas anzuschaffen für kunden die alles bei ebay zusammen kaufen sollte ihre dummheit das sie rechts gewinde mit links gewinde verwechseln und dann noch mit gewalt eindrehen einfach bestraft werden.

Hallo
sicherlich ist diese Vorgehensweise nicht neu, oder nur auf meinem Mist gewachsen, es ist halt reiner Maschinenbau das man mal gelernt hat. Ob die Würthausführung jedoch besser ist als meine, glaube ich nicht, denn mit diesem Werkzeug muß man von Hand arbeiten, und alle Unvorsichtigkeiten führen zu einem schrägen Einsatz des Kurbelinnengewindes und des Bundes. Es ist eine reine Handarbeit-Ausführung ohne den Einsatz moderner Maschinen. Ferne habe ich einen größeren Bund den ich völlig an die Gegebenheit des Bauteils anpassen kann. Bei dem Würthbauteil bin ich an feste Maße gebunden, und muß auch noch Teile dafür kaufen oder das gesamte Werkzeugset.

Ich bin mit der Konstruktion bzw. der Reparatur an nichts gebunden, und damit immer im Vorteil gegenüber Fertigbauteilen. Klar ist das auch eine nette Möglichkeit für eine Reparatur aber eher für Leute die nicht über die nötigen Maschinen verfügen, oder in der Prärie eine Reparatur ausführen müssen. Ich habe nichts dagegen, es ist auch eine Alternative.

Gruß Klaus
 
MTB Maddin schrieb:
Erstmal Respekt !
Was ich mich nur Frage:
Arbeitest du inner Firma die solche Mascinen besizt, oder hast du echt ne CNC-Fräse im Keller?
Die Dinger kosten doch en Scweinegeld...
Darauf komm ich auch wegen deinem Know-How, was du auf dem Gebiet offensichtlich ja genug hast...

...mein Geheimnis !? aber es kostet nur viel Geld wenn man es kauft, aber viel viel weniger wenn man soetwas selbst bauen kann.
Gruß Klaus
 
wirklich klasse Arbeit.

An meinem Breezer Lightning hat sich ebenfalls das Gewinde der rechten Kurbel verabschiedet, ich will aber unbedingt wieder den alten Kurbelsatz fahren (ein Breezer mit neuen xt's ?? Nein, das geht ja mal gar nicht;) ).
Was sollte den die Reperatur bei dir kosten.
Würde dir liebend gerne den Arm zusenden wenn du mir sagen köntest was es ungefähr kosten würde.
Irgendwie will kein Händler mich verstehen und mir ständig einen neuen satz andrehen.. :rolleyes:
 
swiss schrieb:
ich würd warten und schauen ob's hält.

...ohne jetzt hier tiefer in die theoretische Materie der Festigkeitslehre sowie der unbedingt praktischen Erfahrung mit dem Umgang einer solchen Reparatur einzugehen, hält das länger als die Kurbel selbst. Sonst würde ich es sein lassen. Das gehört zu einfachsten Arbeiten ! Wenns allerdings nicht exakt und ohne Erfahrung ausgeführt wird, dann natürlich nicht ! Es sind schon einige Kenntnisse nötig um das exakt zu machen !

Gruß Klaus
 
Als Besitzer der besagten Kurbel melde ich mich dann auch nochmal kurz zu Wort. Ich kann Euch allen Bikers Dienste nur wärmstens ans Herz legen. Das hat schon alles mehr als Hand und Fuß, was er macht. Eigentlich sollte man ja denken, dass eine Fachwerkstatt das auch schaffen sollte und es war eine Fachwerkstatt, wo ich die Kurbel das erste Mal abgegeben habe. Aber nicht alles, was nach Werkstatt aussieht, ist auch eine. Wie auch immer, ich hatte mich schon damit abgefunden, dass ich mir ne neue Kurbel besorgen muss. War ja auch ziemlich dumm von mir, die Pedale nicht ordentlich anzuziehen. Und Fehler müssen halt bestraft werden. Zum Glück bin ich aber dann hier im Forum noch auf Biker gekommen und freundlich wie er ist, hat er sich auch direkt bereit erklärt, mir zu helfen. Mehr als schief gehen, konnte es ja nicht. Also hab ich die Kurbel losgeschickt. Und wie ihr seht, Biker hats perfekt hinbekommen. Also vielen Dank nochmal auch auf diesem Wege.
 
Ge!st schrieb:

...danke, für die Blumen.
Mehr Fotos auf meiner Galerieseite !
Das Wetter ruft nach Ausflug und Biken....

Gruß Klaus

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Wenige km war sie nur für Testzwecke an meinem Bike angebaut,
ist also wie neu und mit zus. Break + Entlüftungskit + Postmountadapter. Leitungslänge ca. 85cm. FP 115 EUR
 
ich versteh das ganze nicht so ganz, wieso haste nicht die hülse andersrum montiert und auf der aussenseite stattdessen noch nen kleinen messingring montiert.

so kann es sich doch ganz leicht nach aussen rausreissen
 
Kayn schrieb:
ich versteh das ganze nicht so ganz, wieso haste nicht die hülse andersrum montiert und auf der aussenseite stattdessen noch nen kleinen messingring montiert.

so kann es sich doch ganz leicht nach aussen rausreissen

Hallo !
Dein Ansatz ist mechanisch grundsätzlich falsch !
Entschuldige meine Direktheit, aber Du zweifelst an meiner Durchführung, dann muß ich mal dagegen halten, und allen erklären warum ich das so sein muß.

Aus der Befestigungstheorie von Schraubenverbindungen sowie Erkenntnisse aus der Praxis
Ein Bolzengewinde hier das Pedalgewinde muß, wenn es dynamisch bzw. einen zweiachsigen Spannungszustand erfährt immer eine gewisse Gewindevorspannungskraft bekommen. Dies nennt man die Schraubenvorspannung die der äußeren einwirkenden Kraft entgegenwirken muß, wobei das Gewinde bei vorhandener von außen wirkender Betriebskraft immer noch ausreichend sicher halten muß. Wird eine Schraubenverbindung anderst berechnet und ohne diese Vorgehensweise eingesetzt, tritt ein Bauteilversagen auf. Das wäre nicht im Sinne des Erfinders. Ich hoffe Du verstehst das !?

2. Bolzengewinde im Einsatz an einer Tretkurbel
Pedalgewinde werden dynamisch also beim umlaufenden Treten, immer auf Biegezug beansprucht (zweiachsiger Spannungszustand). Es liegt ein Moment von Mitte des Pedals bis Anfang Ausgang des Gewindes an der Tretkurbel vor wo es zur Auflage des Gewindeansatzes kommt. Das sind bei mal angenommen 100 kg Fahrergewicht (mal als reine statische Kraft gesehen, weil man ja nicht nur ruhend auf der Tretkurbel steht) Mk= 1000 N * 0,05m= 50 Nm. Dieses schwellende Moment wirkt stets auf das eingeschraubte Bolzengewinde, was nur dann diesem Moment entgegenwirken kann, wenn es durch eine axiale Vorspannung welches im Gewinde herrschen muß, entgegenhalten kann.

Wenn man nun eine Gewindebuchse wie sie üblicherweise als Helicoil bekannt ist, verwendet, dann hat das einen Nachteil. An der Stelle wo also das größte Moment wirkt -an der Anlagestelle des Pedalgewindeansatzes-, muß es eine 100%ige Auflage geben. Dies kann man nur dann erreichen, wenn -mal einfach ausgedrückt- es eine plane Auflage gibt die groß genug ist den Ansatz des Pedalgewindes in seinem vollen Querschnitt aufliegen zu lassen.
Es gibt nicht den Ringquerschnitt des Helicoils und dann die Auflage an der Kurbel, sondern einen definierten Auflagequerschnitt der eingesetzten Gewindebundbuchse.

Die von mir konstruierte und praktisch eingesetzte Gewindebundbuchse
hält in der Kurbel wie wenn man sie eingeschweißt hätte. Erste Kraftkomponente ist die durch das Aufmaß entstehende Einpresskraft, und die zweite Komponente ist die Fügeverbindungskleber von Loctite. Allein das Loctite hätte gehalten, wenn man sogar ein Spiel von 0,05 mm zwischen Buchse und Bohrungsdurchmesser gehabt hätte. Aber beide Methoden zusammen lassen die Gewindebundbuchse in der Bohrung so stark verschmelzen, daß man dieses Bauteil nur unter Zuhilfenahme von mindestens 10 t Stempelkraft wieder austreiben könnte. Dazu müßte man beide Teile auch auf mindestens 300° C noch erwärmen.

Also nur die exakte und definierte Auflage des Bolzengewindeansatzes an den Bund der Tretkurbel war und ist entscheidend für eine lange Haltbarkeit.
Wenn man natürlich die Buchse ohne Kleber und ohne Übermaß einstecken würde, dann wäre Deine Methode (wie eine lose Gegenmutter) die richtige, und die Buchse würde das Weite suchen.
Hier aber wurde die Betrachtung eines schwellend belasteten Bolzengewindes nach Maschinenbbaurichtlinien eingehalten, und auch praktisch auch so umgesetzt. Alles andere wäre Pfusch und grober Unfug !

Ich hoffe ich konnte Dir damit ausreichend erklären auf welchen Hintergrund sich meine Reparaturausführung stützt !

Gruß Klaus
 
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