Heimatkunde-Tour

PiratPilot

Schönwetterwarmduscher
Registriert
26. Juni 2007
Reaktionspunkte
612
Ort
Sanssouci
Mich hat es gestern ins Oderbruch verschlagen. In Lichtenberg bestieg ich die Heidekrautbahn. 45 Minuten später ignorierte der Zugführer meinen Haltewunsch in Gorgast, so dass ich erst in Küstrin das Ferkeltaxi verlassen konnte. An verfallenen Hausern entlang der Bahnstrecke ging es also erst mal eine Station zurück:


Die Festung Gorgast stand schon lange auf meiner Liste. Nach den napoleonischen Kriegen wurde es für 300 Mann Besatzung gebaut, wurde in beiden Weltkriegen nicht zerstört, diente 1945 als Lazarett und die NVA lagerte dort zu DDR-Zeiten Munition. Enttäuscht musste ich feststellen, dass das Fort erst ab Mai wieder für Besucher geöffnet ist. Allerdings war das Vorhängeschloss am Eingangstor offen...



Ich erkundete jeden Winkel:



und entdeckte die geöffnete Tür zur Pulverkammer. Die Dunkelheit der unterirdischen Kasematten konnte ich mit meiner Eigenbau-Wilma bekämpfen. Ich hatte etwas Angst, mich in dem Labyrinth aus Gängen zu verfahren.



Nachdem ich das kleine Museum mit Schautafeln, Kutschen und einem ollen Oderkahn besichtigt hatte, rollte ich wieder ans Tageslicht und entdeckte eine alte Minol-Tanke:


Sonnende Katzen, grell verputzte Häuser und Satellitenschüsseln pflasterten meinem Weg:






Mein nächstes Ziel war das Dörfchen Reitwein. Es liegt am Fuße des als Reitweiner Sporn bezeichneten Höhenzuges, der am Horizont auftauchte:


Der Reitweiner Sporn spielte eine wichtige Rolle in der Schlacht um die Seelower Höhen. In der größten Schlacht des Zweiten Weltkrieges auf deutschem Boden starben über 100.000 Soldaten. Von seinem Gefechtsstand hoch oben auf dem Reitweiner Sporn leitete Marschall Shukow die Schlacht der Roten Armee.
Bevor ich den geschichtsträchtigen Ort erreichte, musste ich noch ein Wäldchen durchqueren, in dem die Kriegsspuren noch überall sichtbar waren:




Ich habe gelesen, dass die Bewohner hier nach dem Krieg ungern Holz schlugen, weil die überall steckende Munition die Sägeblätter ruiniert.
Ein Wegweiser zeigt mir die Richtung:


Bevor ich den Höhenzug erklomm, machte ich noch einen kurzen Abstecher zum nahegelegenen Oderdeich. An dieser Stelle hatte ich früher mal auf meiner ersten 300km-Runde mit dem Rennrad die zweite Pause gemacht:


Vorbei an der Stülerkirche von Reitwein (Stüler war ein Schüler von Schinkel und die Kirche ist seit der Schlacht eine Ruine)


erklomm ich den russischen Befehlsstand:

 
Nach der Besichtigung des Bunkers fuhr ich zu einem Aussichtspunkt, der einen weiten Blick über die Oderlandschaft bis nach Polen erlaubt:



Erst mal Pause. Mit Hilfe vom gestrigen Kochabend übrig gebliebener Empanadas und einer Banane sammle ich wieder Kräfte. Hier oben gibt's noch spärliche Reste einer alten slawischen Wallburg zu besichtigen.





Und dann rolle ich durch die Priesterschlucht aus dem Gebirge nach Podelzig:




Hinter Mallnow durchquere ich auf Wildschweinpfaden die Adonishänge. Wenn hier Ende April unzählige Adonisröschen blühen, fahre ich noch mal hin:



Über Alt-Zeschdorf (Achtung, spannender historischer Einschub), Treplin und Petersdorf rolle ich auf autobahnartigen Sandwegen nach Briesen.



Leider fährt der Zug nach Berlin erst in einer dreiviertel Stunde.


Ich beschließe, bis Berkenbrück weiter zu radeln. Wenn ich gewußt hätte, dass es 14 sehr sandige Kilometer werden, hätte ich etwas mehr Gas gegeben. So musste ich noch per Bunny Hop über die geschlossene Bahnschranke springen (ok - ich bin drunter durch), um den Zug zu erwischen.

81 km, Sonnenschein - schön war's!

PS: Hier noch die Route:
 
Sehr, sehr schöne Heimatkunde, die wir ähnlich auch schonmal hatten - wir sind damals offiziell und nur mit Geld ins Fort gelangt ;)

Grüße,
sundaydrive+r

PS.: Axl, Du könntest aber bald mal ne Exkursion ausrufen (weiß auch schon gar nicht mehr, wie Deine Tattoos aussehen ;) )
 
Herrlich!!!
Einfach geil!!!:daumen: :daumen: :daumen:
Klasse Bericht,die Bilder sagen hier mehr als Tausend Worte!!!Und Dein Geschichtsunterricht ist famos!!!:daumen: :daumen: :daumen:

axl:winken:
 
Richtig Dufte. :daumen: Aufrund der Sandhöhen habe ich die Ecke bisher immer mit der Schwucke auf Asphalt durchquert.

checkb:winken:

PS: Es wird Frühling im Forum. :love:
 
Sehr, sehr schöne Heimatkunde, die wir ähnlich auch schonmal hatten - wir sind damals offiziell und nur mit Geld ins Fort gelangt ;)

Grüße,
sundaydrive+r

PS.: Axl, Du könntest aber bald mal ne Exkursion ausrufen (weiß auch schon gar nicht mehr, wie Deine Tattoos aussehen ;) )

stimmt, an die tour erinner ich mich immer wieder gern zurück. war echt traumhaft schön! märkische schweiz, oderufer, brandenburg kann echt schön sein! die tour steht dieses jahr definitiv wieder auf dem plan, und diesmal geht´s bis nach fürstenwalde :)
 
stimmt, an die tour erinner ich mich immer wieder gern zurück. war echt traumhaft schön! märkische schweiz, oderufer, brandenburg kann echt schön sein! die tour steht dieses jahr definitiv wieder auf dem plan, und diesmal geht´s bis nach fürstenwalde :)

Da bin ich definitiv wieder dabei, ein bisl weniger Straße als beim ersten Mal wäre schön...:D

@axl: Lass' es doch gut sein..;)
 
Ich will auch in die Seufzerschlucht!!!
Die Tafel klingt sehr idyllisch, oder? :)
Gegenüber war der "Biergrund".

checkb:
Ich kannte die Gegend bisher auch nur von diversen Touren mit dem Rennrad. Aber mit breiten Reifen entdeckt man einfach viel mehr Details. Als nächstes ist dann wohl mal die Erkundung des polnischen Hinterlandes dran.

So, Feierabend - jetzt fahre ich ohne Helm nach Hause.
 
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