Une voyage en Provence...

PiratPilot

Schönwetterwarmduscher
Registriert
26. Juni 2007
Reaktionspunkte
274
Ort
Sanssouci
Bonjour!
Niemand muss Geld für die Bikebravo ausgeben - hier gibt es Fotogeschichten umsonst:


Als der Schnee in Berlin und Umgebung noch meterhoch lag, stolperte ich im Reiseforum über schotti und die Provence. Da muss ich mit! Es wurden Pläne geschmiedet, IGs gegründet und Bärentatzenpedale gekauft. Das Motto der Reise war: Freeride-Trail-Erkundungs-Expedition. Da gehören die Wanderschuhe natürlich ins Gepäck.

Zum Aufwärmen führte die Anreise erst mal nach Garmisch. Drei Tage Regen, Dreck, Kälte, Schlamm, Schnee, Schweiß und Höhenmeter mit einer Horde schusssicher verpackter Heavy-Metal-Rad-Fahrer waren angesagt. :eek:
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Nach Schafskopf, Enningalm und Stepbergalm sollte ich mich am dritten Tag zwischen Bikepark Bozen und Fricken entscheiden. Ich bin dann über die Partnachalm ins Reintal gekurbelt - in der irren Hoffnung, irgendwie über die Wolken zur Sonne und zum Zugspitzgipfel zu gelangen. (Vor über 10 Jahren war ich schon mal kurz über der Reintalangerhütte umgekehrt.)
Auf dem Weg zur Knorrhütte blieb ich aber endgültig im knietiefen Neuschnee stecken und brach die einsame Wanderung ab. Meine Rechnung mit Deutschlands höchstem Berg ist immer noch offen.
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Abends wurde Freireitergarn gesponnen, einem gewissen Rob-J gehuldigt und Kaiserschmarrn verspeist, bevor wir am nächsten Morgen zu dritt in den sonnigen Süden Frankreichs aufbrachen....:cool:
 
Es folgte eine Überführungsetappe im Schottimobil aus dem verregneten GAP in den sonnigen Süden. Das erste Ziel sollte die Verdonschlucht sein.
Auf dem Malojapass in der Schweiz haben wir bergab einen 911er versägt. Hab leider kein Foto...

Nachmittags passierten wir die Geburtsstadt von Christoph Kolumbus:
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Am Abend kurze Pause in Grasse - Stadt der Düfte & Heimat von Jean-Baptiste Grenouille:
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Un voyage, lieber Pirat, un voyage.
Je ne comprends pas! :D


Salut!
Das schlechte Wetter hatten wir endgültig hinter uns gelassen. Für den Rest der Reise galt: Sommer, Sonne, Lichtschutzfaktor 30! :cool:

Ein entspannter Zeltplatz in der Vorsaison am Rande der abgelegenen Verdonschlucht ist eine angenehme Sache. Nach dem Frühstück wurden die Räder
vom Alpendreck befreit. Mit Hilfe einer speziellen Park Tool-Suppenkelle steigerte Schotti die Kampfkraft seines Rades:
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Gleich am ersten Tag erwartete uns die abenteuerlichste Radwanderung. Auf 21 Kilometern Länge hat sich der Verdon bis zu 700 Meter tief in den Fels gefressen.
Findige Provenzalen gaben diesem Naturwunder im Dienste des Tourismus den Namen 'Grand Canon du Verdon'. Beliebt ist er besonders bei Wildwasser- und
Kletterfreunden. Nach kurzem Einrollen auf der D952, die oben um den Canyonrand führt, eröffnet sich ein spektakulärer Blick in die Tiefe:
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Und genau da stürzen wir uns jetzt runter:
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Für die beiden Experten war alles fahrbar:
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Am Grund der Schlucht führt der Wanderpfad durch mehrere, bis zu 700 Meter lange Tunnel. Trotz stockfinsterer Nacht wurde geradelt, denn das Wasser stand
knöcheltief im Stollen. Fette Gesteinsbrocken und Gleisreste einer alten Grubenbahn erschwerten das Fortkommen.
Zum Glück gibt es Mobiltelefone mit Taschenlampe...
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Weiter gings vor Fototapeten-Panorama mehr oder weniger hoch über dem rauschenden Fluss:
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Über schmale Eisenleitern mussten etwa 80 Höhenmeter überwunden werden. Schotti und hobbes schleppten Laufräder und Rahmen einzelnen nach oben.
Ich weigerte mich (noch), das Rad zu zerlegen und zerrte den bockenden Drahtesel am Hinterrad die schmalen Leitern hoch:
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Nach einer Abfahrt querten wir über eine Holzbrücke ans Südufer des Verdon:
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Dort folgten ausgesetzte Passagen, wie man sie sonst nur aus Filmen mit Pierre Brice kennt:
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Leider verpassten wir den gesuchten Ausstieg aus der Schlucht und endeten in einer felsigen Sackgasse. Zwischen den unwegsamen Brocken
war kein Weg mehr erkennbar und laut GPS waren es noch unendlich weite 7 Kilometer bis zum Lac de Ste Croix am Ausgang der Schlucht.
Also zurück.
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Nach stundenlanger Wanderung waren die Trinkblasen leer. Letzte Bananen und Müsliriegel wurden geteilt. Die Zunge klebte am Gaumen und
die Stimmung schwankte zwischen Hungerast und Galgenhumor. Wir phantasierten über Reinhold, Günther und das biwakieren an
Schlüsselstellen.
Der Ausstieg bestand aus einem Klettersteig mit Drahtseilversicherung. 400 Höhenmeter von unten bis zur rettenden Straße. Schotti hatte sich
die Einzelteile seines Rades auf den Rucksack geschnallt und kletterte in unglaublichem Tempo voraus. Mich nervten schon die sperrigen Laufräder
auf dem Rücken, mit denen ich überall hängen blieb. In einer Hand den Rahmen, mit der anderen irgendwo festhalten:
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Mehrmals dachte ich ernsthaft daran, das Rad zurück zu lassen. Hier war zumindest der sicherste Ort der Welt für ein Nicolai. Irgendwann ertönte von oben
ein Jubelschrei - für hobbes und mich das Zeichen, dass wir es geschafft hatten:
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Jetzt nur noch 30 Kilometer in der Abendsonne zum Zeltplatz zurück. Die Zunge war ein trockener Klumpen im Mund, eine Salzkruste funkelte auf dem Oberrohr.
Hatte ich erwähnt, dass Schotti in der Schlucht sein Schaltwerk abgerissen hatte?
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Laufend, rollernd, schiebend und ziehend schleppten wir uns wie drei Schiffbrüchige durch die grandiose und menschenleere Landschaft bis zu einem
einsamen Wohnmobil, an dessen Tür Schotti mit den Worten 'Aqua, si vu pleh' klopfte. Die nette Franzosenfamilie bestaunte uns wie Marsmenschen
und überließ uns ihre Wasservorräte. Das reichte bis ins Bergdörfchen Trigance, in das wir bei Dunkelheit einfielen:
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Im örtlichen Chateau überredeten wir die Kellnerin, uns ein paar kühle Biere zu servieren. Von Trigance waren es nur noch wenige Bergab-Kilometer zum
Zeltplatz, die mir nur noch schemenhaft in Erinnerung sind. Ohne Licht orientierten wir uns an der Mittellinie der Straße und hofften, wildwechselnde Tiere
rechtzeitig zu hören - oder umgekehrt.

Irgendwann gegen Mitternacht erreichten wir nach 12:44h, 66km, 5,99 Durchschnitts-km/h und 2690 Höhenmetern wieder unser mobiles Basislager.
Überblick:
073verdon3d.jpg
 
Heute ist wohl der Tag der grossen Bildberichte im Berlin und Umgebung Forum.

Geiles Abenteuer. :daumen:
 
Zuletzt bearbeitet:
Hach, sehr schön.

"Lasst uns mal was probieren", der Beginn so manch interessanter Klettertour ...:daumen:
 
Schön, das die Senkel auffallen. Es handelt sich aber nur um den Test zweier Materialien, die Farbe ist Zufall.

Der unentspannte Gesichtsausdruck vom - klettererfahrenen - Hobbes beim letzten Aufstiegsbild spiegelt recht gut die Situation wieder. War schon recht grenzwertig am Ende. Die - auch von mir gewünschte - Entscheidung, hochzuklettern, wird eigentlich nur dadurch richtig, weil wir es geschafft hatten. Aber so ist es ja meißtens.

Danke @Pirat für den schönen Bericht.
 
Danke Pirat, gefällt mir sehr sehr gut... :love:

ED: das Hobbesbild (mit dem Rahmen in der Hand) is ja echt gruselig... ich steig ja auch hier und da ganz gerne mal rauf aber der Blick in die Tiefe macht mir irgendwie Angst :eek:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, die Schnürsenkel fallen auf. ;)
Um die Kelle grübel ich aber noch...
Und war das Flusswasser nicht genießbar oder nicht erreichbar?

Zu dem vierten Bild (das vorm Tunnel) sag ich: schade, dass man auf Fotos oft so schlecht erkennt, wie steil das wirklich war! :D

Trotz der Grenzwertigkeit wird mir dieser euer Tag wohl eher mit strahlender Sonne und strahlenden Gesichtern, winkenden Schottis und lustig posierenden Piraten in Erinnerung bleiben. Weiß noch nicht, ob die Hobbse den Ausblick genießen oder doch eher vielsagend mit dem Rahmen in der Hand überm Abgrund nach oben schauen werden.

Danke für die Worte und die Fotos!

Und wo wart ihr am folgenden Tag? ;)
 
Um die Kelle grübel ich aber noch...
Dieses Spezialwerkzeug hat Schotti irgendwie gebraucht, um seine Gabel zu wechseln.

Und war das Flusswasser nicht genießbar oder nicht erreichbar?
Was so schön türkis strahlt und wie frisches Gebirgsquellwasser aussieht, hat stark nach Algen geschmeckt...

Zu dem vierten Bild (das vorm Tunnel) sag ich: schade, dass man auf Fotos oft so schlecht erkennt, wie steil das wirklich war! :D
Gerade auf diesem Bild sieht man, wie steil es ist - dachte ich. Aber eigentlich war es noch steiler. :eek:

Trotz der Grenzwertigkeit wird mir dieser euer Tag wohl eher mit strahlender Sonne und strahlenden Gesichtern, winkenden Schottis und lustig posierenden Piraten in Erinnerung bleiben. Weiß noch nicht, ob die Hobbse den Ausblick genießen oder doch eher vielsagend mit dem Rahmen in der Hand überm Abgrund nach oben schauen werden.
Haha, an letzterer Stelle war die Schmerzgrenze erreicht.

Und wo wart ihr am folgenden Tag? ;)
Geduld! :)

PS:
Am pont de l'Artuby, über die wir auch gefahren sind, kann sich der interessierte im Sommer am Gummiseil in die Tiefe stürzen: [nomedia="http://www.youtube.com/watch?v=Vwofw6xQN-A"]YouTube- Saut à l'elastique du pont de l'Artuby - "Morning Fear : A bunji Story" 182m[/nomedia].
 
Meinen größten Respekt :daumen:

War mit meiner Frau letztes Jahr am Lac de St. Croix zum MTB fahren. sind auch durch die Verdon Schlucht, aber nur gewandert und hatten da schon ordentlich zu tun.

Also ich weiß wie steil das da ist :eek:

Gruß
Robert
 
Meinen größten Respekt :daumen:

War mit meiner Frau letztes Jahr am Lac de St. Croix zum MTB fahren. sind auch durch die Verdon Schlucht, aber nur gewandert und hatten da schon ordentlich zu tun.

Also ich weiß wie steil das da ist :eek:

Gruß
Robert

Das ganze stand auch als ca. 7-stündige Wanderung im Reiseführer. An vielen Stellen konnte man aber auch gut fahren.
 
Heute ließen wir es ruhig angehen. Nach dem Frühstück beruhigten wir den ZePaLei, denn er hatte sich am Vorabend Sorgen gemacht, weil wir nicht aufgetaucht waren.
Auf der Weiterreise fuhren wir nochmals an der Kante des provenzialischen Teltowkanals entlang und warfen einen Blick auf den Lac de Ste Croix:
075lacdestecroix.jpg


Auf dem Weg in den Luberon füllten wir im Hypermarche von Manosque unsere Proviantvorräte auf. Als Startort der heutigen Wander... ähm Tour hatten wir den kleinen Ort Auribeau am Fuße des Grand Luberon ausgesucht. Bevor sich die Räder drehten, gab es ein petit picnic mit leckeren Sachen. Frommage de chevre auf frischem Baguette ist soooo lecker!
077pauseinauribeau.jpg


Dann kurbelten wir auf grobschottriger Piste den Bergrücken hinauf zum Mourre Nègre. Das ist mit 1125m die höchste Erhebung im Luberon. Die Sonne brannte, aber der Mistral sorgte für Kühlung und teilweise auch Schub von hinten. Bei den Einheimischen ist dieser Wind, der durch das Rhonetal kanalisiert und beschleunigt wird, nicht beliebt. Man sagt, er blase entweder 3,6, oder 9 Tage lang. Sein Heulen und Zerren treibt die Menschen in den Wahnsinn und angeblich steigt die Suizidrate bei dieser Wetterlage. Vielleicht ist das deshalb so eine dünn besiedelte Gegend hier?
Schotti und hobbes beim Downhill à grande vitesse:
084grandluberon.jpg


In den Hängen des Luberon:
085grandluberon.jpg


Auf der steilen Abfahrt tauschte ich mit hobbes das vélo tout terrain und war erstaunt, wie entspannt man über die fetten Gesteinsbrocken einfach drüber fahren kann. Breite Reifen, tiefer Sattel und große Bremsen haben auch Vorteile. Meine Bergziege bezeichnete er als 'Überschlagsrad'...
Im Dörfchen Castellet erreichten wir wieder bewohntes Gebiet:
086castelet.jpg

087castelet.jpg


Direkt unter diesen, vom Mistral geformten Wolken bauten wir unser Nachtlager auf:
089mistral.jpg


Das war eine knapp dreistündige Runde mit 18km und 1300 Höhenmetern:
089amourrenegre3d.jpg


Bonne nuit!
 
BTW: Ich bin gerade sehr grün vor Neid. Auch, wenn mir diese Kartoffeltraktoren, auf denen ihr immer unterwegs seid garnicht so liegen...
;)
 
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