15.12. 16:00 Hostal in Cerro Castillo, 350m
Wie bei Prellungen wohl üblich, ists am zweiten Tag erst mal härter und deutlich schmerzhafter als kurz danach. Kann mein linkes Bein nicht mehr als 40 Grad beugen. Das reicht zum humpeln oder im
Sattel sitzen, aber mehr ist nicht drin. Herzlichen Glühstrumpf, mitten drin im patagonischen Nirgendwo. Eine mühsame Krabbelstunde über dicke Felsbrocken führt von der Campinglagune auf einen kleinen
Sattel, dort wähle ich den laut Rangerinfo vom Vortag kürzeren und leichteren Weg ins Tal.
Die Aussicht passt schon mal: Über tausend Meter tiefer fließen patagonische Flüsse durch patagonische Täler.
Dann mal los...
...und dabei den linken Klumpfuß immer schön gestreckt lassen, sonst tuts arg weh.
Hatte in meinem moderat lädierten Zustand auf eine einfache Abfahrt gehofft, aber von einem "Weg" im eigentlichen Sinne ist weit und breit nichts zu sehen. Weder auf meiner Karte noch in der Wirklichkeit ist dieser Abstieg vorhanden. Zu Beginn steht noch ab und zu ein vereinzelter Steinmann im steilen Geröll, aber damit ist es relativ schnell vorbei.
Schon bald würge ich Specki und mich humpelnderweise über übelst steiles Schrofengelände talwärts.
Einige der unzähligen gestrüppigen Tiefenmeter sind leidlich fahrbar... immerhin. Jeder Meter im
Sattel bedeutet ein Meter weniger auf dem kaputten Bein.
Aber das Gelände hat weiter unten schon noch ein paar gruslige Schmankerl auf Lager. Statt einfacher, offener und leichter zu werden, gerate ich in ein reichlich hoffnungsloses Durcheinander aus komplett zugewachsenen Minicanyons, Totholzchaos, Felsstufen. Es folgen zwei reichlich unspaßige Stunden Specki durchs Gemüse zerren... schon mit zwei gesunden Beinen eine Herausforderung. Wenigstens komm ich mit der "Navigation" halbwegs klar und vermeide mit den Höhenlinien auf der OSM-Karte und mit viel Glück die tieferen Canyons, die unpassierbaren Stellen, die Wasserfälle. Umkehren wäre nicht wirklich drin, in dem Fall hätte ich das Bike wohl erst mal zurücklassen müssen.
Endlich! Nach einer halben Ewigkeit im mannshohen patagonischen Gestrüpp finde ich eine schmale Spur, die sich halbwegs spaßig bergab rollen lässt. Freilich verschwindet sie immer mal wieder und ich verratze aufs Neue, aber damit ist der Käse wohl hauptsächlich gegessen. Verbleiben weiter unten im Tal nur noch dreiundzwanzig Privatgeländezaunkletteraktionen, bis ich halbwegs zerknautscht im Tal eine Piste in den Ort Cerro Castillo erreiche. Noch ne halbe Stunde schieben, denn pedalieren ist mit dem Bein nicht drin.
Bick zurück auf tausend Höhenmeter Horror. Scheinbar verstehen die Patagonier unter "Weg" nicht das selbe wie der deutsche Alpenverein.
Fazit zur Erstbefahrung des Reserva Nacional Cerro Castillo mit dem Mountainbike: Ziemlich weit fortgeschrittener Schwachsinn. Aber ich wollts ja nicht anders ;-). Darauf einen Megaburger im Sandwhichbus von Cerro Castillo... Prost.