Erfahrungsbericht Canyon Urban 5.0 SL (2015)

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Ich habe mir das Urban 5.0 SL im April 2015 als "moderne Interpretation eines Singlespeeders" angeschafft, mit dem ich bei gutem Wetter 2x50km (überwiegend flach, 75% Aspahlt/Beton, 25% Sand/Split/unbefestigt) zur Arbeit pendeln wollte.

Bedingungen waren: unter 10kg, robuster Rahmen/Starrgabel, hydraulische Scheibenbremsen, Kette, 1x10 ... sonst kein Schnickschnack.

Ich bin mittlerweile knapp 7000km gefahren und möchte hier mal meine Erfahrungen und die (aus meiner Sicht) zahlreichen technischen und konzeptionellen Unzulänglichkeiten des Urban erwähnen.

Schon nach wenigen 100km musste ich feststellen, dass das Urban scheinbar von einem Praktikanten und Nicht-Radfahrer konzipiert wurde und in der Serienausstattung nicht annähernd dem Verwendungszweck gerecht wird.

Das Tretlager sitzt viel zu tief. Schon bei mäßiger Schräglage gibt es unsanften Bodenkontakt mit den Pedalen (trotz kurzer Kurbelarme). Katastrophe und gefährlich!

Die Kettenstreben/der Hinterbau ist viel zu schmal konzipiert und lässt mit 27,5 Zoll keine breiteren Reifen als 35mm zu. Unverständlich!

Auf das Spiel bei festgezogener Bremse hat in einem anderen Fred ein Vorredner bereits hingewiesen. - Von DTSwiss darf ich etwas mehr Qualität erwarten!

Die Kette fällt schon bei kleinen "Hüpfern" (z.B. vom Bordstein) ständig vom Kettenblatt. - OBERNERVIG! Da hat sich der Produktmanager wohl keine Gedanken gemacht!

Rahmen und Gabel haben die Robustheit eines MTB-Hardtails. (zur Abwechslung mal ein "Sehr gut"!) Wenn man aber das Potenzial von Rahmen/Gabel ausschöpfen möchte, fliegt die Kette sofort herunter. Und die "filigrane" Schmalspurbereifung passt ebefalls nicht zur "Kategorie 2".

Die Kojak-Serienbereifung mag auf Asphalt ok sein ... aber auf Sand-/Splitwegen vollkommen untauglich. - Da hat sich der Produktmanager wohl keine Gedanken gemacht!

Das Kurbellager musste ich bereits nach 3000km wegen Knarzgeräusche ersetzen. Verbaut war das billigste Lager von Shimao. - Für ein 800 Euro-Bike vollkommen unangemessen.

Nach 4500km hatte das DTSwiss-Lager des hinteren Laufrades großes Spiel (wurde von Canyon/DTSwiss auf Kulanz repariert). - Von DTSWiss darf ich wohl etwas mehr Qualität erwarten!


Trotz dieser erheblichen konzeptionellen und technischen Unzulänglichkeiten hat sich eine Art "Haßliebe" entwickelt. Nach einigen technischen Modifikationen habe ich es geschafft, das Urban (für mich) praxistauglich zu machen. (In diesem Zusammenhang will ich die Schaltung/Übersetzung loben: funktioniert tadellos und mit 42 (bzw. 38) 11/36 kommt man überall hin und drüber. Aber: Kette war nach 6000km K.O -trotz bester Pflege- und auch die Kassette habe ich mürbe gefahren - Ritzel haben auf Spider großes Spiel)

Vorne habe ich einen 2.1 Schwalbe Thunder Burt montiert. Der passt locker in die Gabel, gibt ausreichend Grip auf losem Untergrund, rollt relativ leise ab, dämpft durch das Volumen ganz gut und läuft seit 6500km vollkommen pannenfrei.

Das 42er Serien-Kettenblatt habe ich durch ein 38er RaceFace ersetzt ... Das RaceFace-Teil hält die Kette bombenfest. Klasse! (Das Lob gilt RaceFace und mir :) )
(Ursprünglich wollte ich ein Shadow Plus-Schaltwerk verbauen, um das Abspringen der Kette zu verhindern. Habe ich aber dann doch nicht gemacht. Das 38er RaceFace-Blatt ist DIE Lösung.)

Hinten kommt gelegentlich ein 26' Laufrad zum Einsatz. Dadurch kann man Reifen bis 1,9' aufziehen. Habe den guten Schwalbe Black Jack Draht drauf ... der rollt so gut wie der Kojak ... bietet aber mehr Grip und kann mit weniger Luftdruck gefahren werden.

Wäre nur etwas mehr Platz im Hinterbau, wäre ein Reifen wie der Conti SpeedRide (1,6'/42mm) die erste Wahl. Der ist leicht, läuft klasse, bietet Grip und hat ein ordentliches Volumen. Aber leider gibt es in 27,5' kaum Auswahl.

Und abschließend noch ein Wort zum Preis-Leistungsverhältnis: Für 800 bzw. 900 Euro bekommt man außergewöhnlich wenig Bike für's Geld. Ich würde das Urban NICHT empfehlen. Da bieten Roadlite-Modelle oder ein Grand Canyon Hardtail deutlich mehr. Das Urban ist nur etwas für Eisdielen-Poser oder Liebhaber. Hat sich aber eh erledigt, da die sportlichen "Kettenmodelle" ersatzlos gestrichen sind. Nun ja, insofern bin ich bereits nach 2 Jahren stolzer Eigentümer eines "Klassikers".
 
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