Deutschland (D)
Ein Recht zum Betreten des Waldes durch die Allgemeinheit wurde
erstmals in einem Gesetz zur Erhaltung des Baumbestandes und Freigabe
von Uferwegen im Interesse der Volksgesundheit aufgenommen,
das 1922 in Preußen erlassen wurde, aber nur im Bereich der Stadt
Berlin und im Gebiet des Ruhrkohlensiedlungsverbandes Bedeutung
erlangte. Bayern verankerte ein Betretungsrecht in seiner Verfassung
von 1949. Allerdings war das Betreten fremden Waldes vielfach schon seit
langem - besonders im südlichen Teil von Deutschland - als Gewohnheitsrecht
ausgeübt und von allen Waldbesitzkategorien toleriert worden. In Bayern haben
die Eigentümer aller Waldeigentumskategorien zumindest seit dem 19. Jahrhundert
darauf verzichtet, die Bevölkerung vom Betreten des Waldes auszuschließen.
Mit der rasch ansteigenden Nutzung des Waldes als Erholungsraum
seit 1950 wurden in die meisten der seit 1960 erlassenen Forst- oder
Naturschutzgesetze der deutschen Länder Bestimmungen über
das Betreten fremden Waldes aufgenommen. Diese Entwicklung fand
mit dem Erlaß eines Waldgesetzes des Bundes 1975 ihren vorläufigen
Abschluß. Nach diesem Gesetz ist jedem das Betreten des Waldes,
unabhängig in wessen Besitz er sich befindet, auf Wegen und
im Bestand gestattet.
Das kann man ja mit der historischen Entwicklung in
Österreich vergleichen:
In Österreich wurde der „herrenlose“ Wald dem Volk einerseits durch den industriellen Holzbedarf ab dem 18. Jahrhundert und andererseits durch die feudale Jagdpassion ab dem 19. Jahrhundert genommen. Das Reichsforstgesetz von 1852 definierte das Betreten des Waldes abseits öffentlicher Wege, sowie das Sammeln von Beeren, Pilzen und Klaubholz etc., als Waldfrevel und stellte es unter Strafe. Das Forstpersonal war sogar verpflichtet, die Menschen aus dem Wald zu weisen. Dieses Gesetz war bis zu seiner Reform 1975 (!) gültig. Dazu kamen Landesjagdgesetze 1874-1878, die mittels Schonzeiten und Wildhege für die Jagd eine Wildstandsexplosion ermöglichten (Zunahme von Rot- und Rehwild in den letzten 100 Jahren um mehr als das 20-fache), weshalb die feudalen Jagdherren keine „Störer“ mehr im Wald dulden wollten. Trotz aufkommendem Tourismus im 19. Jahrhundert war die Priorität klar: zuerst die Jagd, dann die Holzwirtschaft und ganz zuletzt die Erholung in der Natur durch das Volk. Auf Basis dieser Gesetze und Praktiken wurden die Wanderer bis 1975 von JägerInnen aus den Wäldern getrieben, Schutzhütten in den Alpen für die Jagdzeit gesperrt, Wege entmarkiert, Wanderführer beschlagnahmt, ganze Täler zum Privatjagdgebiet deklariert und kritische Zeitungen konfisziert.