Kleiner Tourbericht : Singlespeeden im Bayrischen Wald

Schrau-Bär

formerlyknownasLitespeed
Registriert
11. September 2003
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13
Ort
Unterfranken
Hier leider völlig verspätet ein kleiner Urlaubstourbericht aus der Gegend um Bodenmais.

Es trug sich also zu, dass ich mit meiner Schnecke einen Letzte-Hoffnung-Noturlaub im Bayrischen Wald, auf die Beine stellen musste.
Die Ferienwohnung schnell übers Internet reserviert, merkwürdig günstig, wo Bodenmais doch Turihochburg und Rentnermekka schlechthin darstellt, bei Feinkost Albrecht noch eben Nudeln, Wurst und Schwenker besorgt, Grill und Schlingelspeeder ins Auto geworfen und los.

Die Wohnung liegt strategisch günstig ausserhalb vom Ort und direkt an einem wunderbar zentralen Wanderweg.

Am dritten Morgen breche ich dann allein, weil meiner Süssen wegen der langen Wanderung zum grossen Arber am Vortag der Sinn nach Faulenzen stand, frohen Muts zur ersten Tour in dem mir bisher unbekannten Mittelgebirge auf.
Der Weg führt zunächst auf Asphalt durch ein Wohngebiet und geht dort schliesslich in einen recht breiten sehr angenehm zu fahrenden Schotterweg über.
Nach ein paar hundert Meter ist allerdings gleich Schluss mit gemütlich. An einem Abzweig macht der Weg plötzlich einen Knick, nicht nach links oder rechts, nein, nach oben und zu allem Überfluss hat irgendein hinterhältiger Jemand den Weg mit Steinen zwischen Ar$chbacken- und Betonmischertrommelgrösse bestreut, sodass ich den grössten Teil nur schiebenderweis vorankomme. Allerdings ist die Gegend dort wirklich fantastisch schön und als ich an den Risslochwasserfällen vorbei komme könnt ich mir in den Hintern beissen, dass ich keine Kamera dabeihabe.
Wie dem auch sei, nach vier oder fünf Kilometern mit ganz kurzen Fahrpassagen werden die Brocken dann etwas kleiner und ich setze mich wieder aufs Rad, nur um kurz darauf festzustellen, dass Taiwanesische 8-Gang-Ketten nicht für’s Singlespeeden im Bayrischen Wald gebaut werden.
An einer mit 1:2 gerade noch tretbaren Rampe, zur Einmündung auf einen Schotterweg plötzlich ein lautes KNACK, der Fuss sausst ins Leere, mein rechtes Knie schrammt, unansehnliche rote Hautstückchen zurücklassend an der Vorbauklemmung vorbei dem unteren Totpunkt entgegen.

Prima. Kettenriss. Gleich am Anfang der Tour.
Natürlich habe ich weder Ersatzglieder noch irgendetwas zum Geradedengeln dabei.
Also das fettige Ding in Blätter gewickelt, in den Rucksack gesteckt und den gleichen Weg wieder zurückgerollt.
Das sollte allerdings mein sonst so suspendiertes Weltbild kräftig ins Wanken bringen.
Der besagte Weg ist zwar durchweg fahrbar und hätte mir mit 2x 150mm sicherlich die Freudentränen in die Augen steigen lassen, aber Farmer John und sein Cousin mit jeweils 2,5 bar lassen statt Freudentränen eher ein Gefühl von, naja, ich nenne es mal Pioniergeist, aufkommen. Sozusagen die Bezwingung des Risslochweges bei fair means.
Dreimal muss ich anhalten, weil Handgelenke und Waden einfach nicht mehr wollen.

Dafür kann ich aber auch ohne Kette bis knapp vor die Haustür zurückrollen.


Am Nächsten Tag starte ich also einen zweiten Versuch. Diesesmal auf leicht abgeänderter Route und natürlich mit Kamera.
 
Heute soll’s zum kleinen Arber, mit 1384m dem zweithöchsten Berg im Bayrischen Wald gehen.
Über Asphalt klettere ich die ersten 500 teilweise widerlich steilen Höhenmeter. (vielleicht verläuft deshalb der auf der Karte verzeichnete Weg senkrecht zu den Höhenlinien... :confused: ) anschliessend wird es tendenziell etwas flacher und am Buchhütten Schachten hat man einen wunderschönen Blick auf den grossen Arber mit seinen grossen Radarkugeln.
Schnell einen Schluck aus der Pulle und weiter geht’s über Schotter weitere 250 Höhenmeter bis zur Jugendherberge unterhalb des kleinen Arbergipfels. Von dort aus führt ein wieder einmal nur von oben nach unten befahrbarer Klettersteig erst durch Heildelbeeren, dann durch wildwucherndes Grün zum Gipfel hinauf.
 

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Oben angekommen überfällt mich akute Desorientierung, denn der auf der Karte so nett anmutende Wanderweg zur anderen Seite hinunter fehlt in Wirklichkeit irgendwie ganz.
Also den gleichen Weg wieder hinunter, diesesmal auf dem Rad. Ein breiter Schotterweg führt an der Herberge vorbei um den Gipfel herum und am malerischen kleinen Arbersee vorbei.
Viele dieser Schotterwege hier in der Gegend sind von den Forstfahrzeugen so stark ausgefahren, dass die Oberfläche richtig konvex ist und wenn man jeweils die Innenspur nimmt, hat man in vielen Kurven richtig hohe Anlieger und braucht kaum Geschwindigkeit wegzunehmen. Sollte man allerdings aus Versehen auf die Aussenspur geraten, ist entsprechend schnell Schichtende. :lol:
Der Fussweg zum See ist wieder mal von Felsbrocken übersäht und recht spektakulär zu fahren. Diverse Fussgänger schauen ob meines Anblickes auch etwas angewidert. Und wenn sie könnten, ich bin mir sicher, sie würden grosse schwarze Fragezeichen über ihren Köpfen materialisieren.
Nach einer halben Runde um den See geht es nach Brennes und Grafhütte, ganz in der Nähe von Bayrisch Eisenstein und der Tschechischen Grenze hinunter und anschliessend über einen merkwürdig breiten und gut ausgebauten Schotterweg, ich möchte fast sagen Schotterautobahn wieder hinauf zur Arberhochstrasse. Auf der schraube ich mich im Wiegetritt bis zum grossen Arbersee hinauf.
Die Idee den See zu umrunden ist in etwa ebenso schlau wie die Idee mit einer Badeshort bekleidet eine Herde Lamas zu füttern.
Es dauert eine geschlagene Stunde, bis ich aus dem Gewühl von schreienden Kindern, dicken Muttis und Horden von Gamsbartbewehrten Rentnern samt Ihrer entenfütternden Gemahlinnen wieder auftauche.
Okay, vielleicht hätte ich vorher auf den Trichter kommen können, dass die acht Reisebusse sicher mit irgendetwas gefüllt waren, als sie hier parkten.

Bis zum Langlaufzentrum Bretterschachten folge ich der markierten Loipe wieder steil Bergauf und biege dann rechts auf die menschenleere und geschotterte Auerhahnstrasse ab.
Die führt immer parallel zu den Höhenlinien weit oberhalb von Bodenmais entlang und gibt andauernd schöne Aussichten über die entfernten, leicht dunstigen Hügelketten und die kleinen verstreuten Ortschaften frei.
Schliesslich biege ich ab auf den Fuchstreiberweg, der mich oberhalb der Risslochfälle, auf die man durch’s Geäst immer mal wieder hinabschauen kann, wieder nach Bodenmais zurückführt.
Die Kuherde, die mir dabei entgegenkommt ist entweder völlig cool oder geistig so beschränkt, dass sie keinerlei Notiz von mir nimmt.

Wer wirklich in Ruhe und ohne Stress einen günstigen Radurlaub verleben möchte, dem sei der Bayrische Wald wirklich nahegelegt.
Die Preise, sowohl was die Unterkunft als auch Gaststätten angeht, bewegen sich dort locker ein drittel unterhalb denen der Restlichen Republik und die Landschaft steht Schwarzwald oder Vogesen in nichts nach.
 

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Schöner Bericht! Hat mich an unseren zweiwöchigen Ausflug mit den gesamten 8. Klassen meiner damaligen Schule erinnert. Da waren wir genau in dieser Jugenherberge. Wie klein die Welt doch ist :D . Nach meiner Erinnerung waren die Steigungen in der Umgebung echt nicht ohne.

Gruß
Henning
 
Schöner Bericht, auch wenns schon lange her ist. Ich hab in dem Nest seiner Zeit damals von 91 bis 94 meine Lehre gemacht. Damals gabs ne 800 hm Auffahrt vom Joska Werk 2 direkt zum Gr. Arber hoch über 10km. Steile Rampen gibts in Bodenmais und Umgebung ohne Ende. Viel mehr Spass machen jedoch die Trails.

Gruß Andreas
 
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