manifest wider die verteufelung des herbstes als bikejahreszeit

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21. August 2001
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15
Ort
heidelberg
rohrbach - innenstadt - neckarquerung: der herbst zeigt seine finsterste seite. ein himmel wie aus beton gegossen, ebenso grau wie strukturlos - im gegensatz zum asphalt, von dem die straßenreinigung wohl ausgeht, dass radfahrer ihn bunt am liebsten haben: angepapptes laub in mannigfaltigen farben und zersetzungszuständen, aber immer: nass, schmierig mit einer gewissen ahnung von schlierbach/orthopädie.

während der auffahrt übern philosophenweg lässt die graue hochnebelfront unerwartet erste konzentrationsschwächen erkennen - ein bündel lichtstrahlen stiehlt sich in unbeobachtetem moment durch die homogene masse und tut, was in heidelberg getan werden muss: für die spärlichen japaner und inland-touristen wird schloss und umstehender wald kurzzeitig und stark punktuell in unvermutete farben herausarbeitende strahlende illumination getaucht (da wo ich herkomme "herrgöttles-wedder" genannt) - ebenso effektvoll wie zeitlich begrenzt - wahrscheinlich muss man sowas beim fremdenverkehrsamt beantragen und es wird in 10-minuten-intervallen abgerechnet...

in den wald einfahrend wird es nun mystisch - der nebel hängt mit ansteigender höhe immer dicker zwischen den bäumen und zimmert einen caspar-david-friedrich-effekt an den berg.

dann: kurz unterm gipfel! endlich! zwischen den bäumen, in nebel und gegenlicht gehüllt steht er da - er, von dem ich seit meinem achten lebensjahr wusste, dass diese erzählungen von wegen "ausgestorben" bloße lügen der altvorderen sind, erfunden nur, um den jungen davon abzuhalten zu sofortigen suchexpeditionen aufzubrechen: eindeutig mit der suche nach nahrung beschäftigt, neigt dort ein mächtiger sauropode den hals, bekommt einen ganzen baum zu fassen und äst ihn in einem majestätisches schauspiel im handumdrehen von oben bis unten ab. da glaubte man den erziehenden diesen phantasielosen unfug von "vor-millionen-von-jahren" und kommt hier dem seit kindertagen immer erhofften zusammentreffen pedalumdrehung für pedalumdrehung näher: saurier und mensch - wie wird das wesen, das da noch nebelverhangen im unterholz steht, diese begegnung aufnehmen? und was macht es für komische geräusche? und warum hat es RÄDER? erste zweifel. was sind das für leitungen?? und warum steht auf seiner mächtigen flanke nicht "brontosaurus" oder "diplodocus" sondern "timberjack 127"?? und warum macht es hier meinen kompletten weg auf voller breite und ohne umfahrungsmöglichkeit zu?? und: wo ist dieser weg überhaupt? und was schmeißen die hier meinen täglichen vor-arbeitstrail komplett mit bäumen zu? enttäuschte spät-kindliche hoffnung weicht frust und ärger, da brauchts grad noch sowas wie: "die absperrung nicht gesehen?" "forstarbeiten, lebensgefahr?" - erst meine sauriersichtung kaputtmachen und dann auch noch pampig werden - mannmannmanndertrautsichwas...

zumindest eine teilentschädigung wartet später auf dem gipfele des heiligenberges - der nebel weicht zurück und entlässt den einsamen radler in eine sonnendurchflutete zone in erhabener ruhe überm nebelmeer, unter dem man die stadt nur vermuten kann - na wenigstens die aussicht stimmt, bevor man sich in die - ob des alles überdeckenden laubes - glitschig-nasse wundertüte von trail wirft...
vielleicht isser nicht so warm, der herbst - aber gewisse, mystischere reize hat er schon... ach ja, und: augen auf auf der nordseite des neckar richtung ziegelhausen - saurierbrunftzeit...

jaja - der sonnenlichtentzug macht bisweilen etwas sonderlich...;-)
ciao!
U!
 
Ich finds gut! Darf ich mir etwas wünschen ? Also ich hätte gerne eine Abhandlung über den gemeinen Stöckchenleger. Dessen Innenansicht, sein Wertesystem, seine Ängste, seine Depression, seine Verhältnis zu seinem Vater.....A.
 
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