Anscheinend hat die Autorin (und viele Anwender) die Funktionsweise und den Vorteil von Merino nicht verstanden. Dass die Wolle Feuchtigkeit speichert ist genau das, was gewollt ist und was sie ausmacht. Die gespeicherte Feuchtigkeit wird von der Körperwärme erwärmt, isoliert, und nach und nach verdampfend abgeführt.
Was das bringt kann jeder ausprobieren, indem er nach schweißtreibender Aktivität entweder mit Kunstfaser oder mit Merino mal eine zu lange Pause (Panne?) simuliert. Die allermeisten Kunstfasern erzeugen eine Nässeschicht auf ihrer Oberfläche, die auskühlend wirkt, während die in Merino gespeicherte Feuchtigkeit die Körperwärme isoliert und einen vor Auskühlung schützt. Natürlich nicht endlos, aber sehr viel länger als Kunstfasern. Geht die Betätigung weiter, wird man mit Merino deutlich schneller wieder warm, als in nasser Kunstfaser.
Der gewisse Nachteil von Merino liegt darin, dass sie sehr warm ist, und sicherlich viele Radler zu viele oder zu dicke Teile tragen, bzw. die Membrane der Außenschicht die Feuchtigkeit nicht schnell genug durchleiten können. Insbesondere mit Rucksack wird es schnell gefühlt zu "nass" am Rücken, was aber nicht automatisch schlecht ist, siehe oben. Grundsätzlich gilt, wer beim Losfahren (auch: Loslaufen) nicht leicht fröstelt, ist zu warm angezogen.
Oft, und sehr lange im Jahr reicht ein dünnes Merino mit lediglich einer dünnen Deckschicht/Jacke. Auf dem MTB ggf. eher ein langes Radtrikot als eine Regenjacke. Auf dem Renner brauche ich da eher was winddichtes. In der Übergangszeit habe ich daher auch Schwierigkeiten, die richtige Temperatur einzustellen. Wenn ich daneben liege, habe ich ggf. ein sehr nasses, aber warmes Merino an, oder ein (klitsch)nasses Kunstfasershirt, was mich sofort auskühlen lässt wenn Wind rankommt, die Außentemperatur sinkt (bspw. Nachmittagsfahrt in den Abend rein) oder die Belastung nachlässt.
Am besten wird mit einer Merino-Mittelschicht kombiniert, falls wirklich notwendig, da Kunstfasern die Feuchtigkeit nicht schnell genug durchleiten. (Beim Wandern bspw., geht Daune auch.)
Ich trage auch im Hochsommer immer ein Kurzarm-Merino unterm Trikot, weil insbesondere auf dem Renner der Fahrtwind ansonsten die Nässeschicht auf einem Kunstfasershirt auskühlt und mir ruckzuck kalt wird. Das Merino kühlt im Sommer durch die gespeicherte Feuchtigkeit ausreichend, verhindert aber das Auskühlen.
Muss jeder selber entscheiden, was er trägt, aber der Artikel ist leider etwas oberflächlich und einseitig in Richtung Kunstfaser.