Vom Harz nach Hause
Ein Bericht über gut zwei Tage Heimweg
Teil 5 und damit letzter Teil
4)
Komm ich schon nach Hause?
Seid Ihr eigentlich schon mal den E11 gefahren? Wie issn der so? Nördlich von Bad Belzig Richtung Golzow und Kloster Lehnin macht er auf den ersten Metern jetzt nicht unbedingt einen überzeugenden Eindruck.
Man kann im Übrigen nach Hause entweder über Kloster Lehnin und den Schwielowsee (der heute noch etwas österreichischer werden sollte, als ich gedacht hätte) fahren ooooder über Brück und Borkheide. Militärisches Sperrgebiet sei Dank! Ich möchte nämlich nicht schon wieder die
Jagdjungs (hab vergessen, wie der Begriff richtig lautet) Feldjäger auf den Hals gehetzt bekommen, wie beim letzten Mal, als AG und ich unversehens im Sperrgebiet radeln waren und darauf aufmerksam gemacht worden sind.
Genug der Anekdoten! Ich fahre über Brück, Borkheide und Beelitz Heilstätten zur Route 66 am Seddiner See.
Bin jetzt auf dem R1, der hier gleichzeitig auch "Tour Brandenburg" ist. Und dieses Asphaltband zieht sich durch den Wald. Geradewegs. Schön schwarz. Schön breit. Transferstrecke könnte man meinen. Aber halt!! Was ist das? Die Kleine Plane! Ein Flüsschen, dass sich von Raben durch's Großtrappengebiet bis nach, äh, nach... äh... bis zu ihrer Mündung zieht, schlängelt, windet, gluckert. Es hat sich hier bei Trebnitz (ein Ort vor Brück) in die Erde geknabbert und der geneigte (Rad-)Wanderer kann sich an der ganzen sprudelnden Lebendigkeit dieses Bächleins direkt von einem Wegchen herab erfreuen.
Kurz gesagt: Plane-Wanderweg zwischen Trebnitz und Brück war nochmal so richtig ooooh- und aaaah-schön.
Der R1, der neben der Schönheit verläuft; Das Gedicht einer Schülergruppe von vor 12 Jahren, die offensichtlich den Verlauf der Plane abgewandert und abgepaddelt ist; Die Kleine Plane mit Weg und ohne. 
Der Weg nach Borkheide ist dann wieder zum Einschlummern. In Borkheide steht das Hans-Grade-Museum und ich hab erstmal drei Extrarunden gedreht, weil ich dachte, dass ich HIER das Denkmal finde, dass ich schon seit ein paar Wochen wiederfinden möchte... Nö.
Und weiter geht's. Und mir ist noch langweiliger. Boah, immer geradeaus an den Gleisen lang. Na ich mach mal ein paar Selbstporträtfotos. Oh, hier gibts den Haarschneider am Radweg! Wie lustig.
Auf dem R1 vertreibe ich mir die Zeit mit meinem Fotoapparat.
Ungefähr sechs Kilometer später daaaaannnnn eeeennnnnndddlich Beelitz Heilstätten!! Ihr wisst schon, Horrorkrankenhaus, äh, Klapsenheilanstalt, äääh, Lungenheilanstalt! Und zwei Österreicher von rechts aus einem recht dicken Auto heraus: Grüß Gott
(nee, ich hab keine Ahnung, wie sie gegrüßt haben), bist Du von hier? Wir suchen einen Badesee.
Die beiden Sonnyboys, die offenbar einfach aufs Geratewohl von der Autobahn abgefahren sind, lotse ich dann - umwerfend hilfsbereit wie ich bin - erstmal an den Straßenrand und wir schauen zusammen auf die Karte. Sie suchen sich den (zweit-)größten See Brandenburgs aus. - So, jetzt wisst Ihr, warum der Schwielowsee am Tag der Arbeit von Österreich angehaucht war.
Tja, wenn sie sich den Seddiner See ausgesucht hätten, hätten sie mich mitnehmen können. Ach Mann, die sind jetzt schön im Badehöschen planschen, äh, im Schwielowsee, mein ich
. Und ich versuche, mich hier auf die Route 66 zu kämpfen. Und diese Karte hier vor mir (sozusagen meine Karte) stimmt einfach mal hinten und vorne nicht!!! Ich stecke bei circa 30 brennenden Grad Celsius in einer Kieferplantage; dass heute hier nicht geschossen wird, bringt mir auch nichts ("an Feiertage wird nicht geschossen") und der Sand wird immer tiefer und tiefer! Sandige Böschung runter, sandige Böschung rauf (und das war steil!!!) und dann? SAND.
Wo zum Geier ist denn über die Bahnlinie des Zugs "MR 33" eine Brücke??
Hab ich schon erwähnt, dass es heiß und sandig ist?....
Na gut!
Dann halt wieder sandige Böschung runter und wieder rauf. Zurück auf den R1, dem einfach mal gefolgt, nächste Gelegenheit rechts und aaaaaaaaaaah! Die Stelle kenn ich doch! Und da ist auch der blaue Punkt! Hahaaa!
Doof nur, wenn ich dann falsch abbiege, in Neuseddin lande, keine Ahnung hab, welche Straße dass hier unter mir ist, die Autos mich anöden, ich nicht weiß, ob links oder rechts und die Straße so fuuuurchtbar voll ist.
Aber dann! Aber dann!!! Eine Senke in der Straße! Wenn hier mal nicht, ja, wenn hier mal nicht hinter dem Grün, jaaa, jaaaaa, der Seddiner See steckt!!! Mh, ah, oh, riecht mal, wow, es riecht wirklich und richtig nach See! Nach einem Brandenburger See (na gut, vielleicht riechen andere bundesländische Seen auch so?). Erstmal drei, vier Nasen davon nehmen. Ah, leckerlecker! Und weg von der ollen Straße, rauf auf den Singletrail. Endlich mal den Staub aus der Nase mit einem so vertrauten Geruch getauscht. Riechen Seen eigentlich nur im Frühling so? Oder nur, wenn man gerade von allem anderen die Nase voll hat?
Wie auch immer: die nächste Bucht ist meine!! Und da ist sie auch schon: i-d-e-a-l! Hier steht nämlich MEINE Bank. IM Wasser. Geplagte Füße im kalten, klaren Wasser baumeln lassen UND sitzen! Hahaaaa!
Irgendwas Militärisches?; Sand; Sackgasse im heißen, trockenen Kiefernwald; Planschbank im Seddiner See; Stullenklauerin Jette im See.
Hier ist zwar auch ganz schön was los, aber ist mir egal. Jetzt gibt's den letzten Mampf. Mmmh, Stulle mit Brot und Puuuudding. Erst das eine und dann das andere und dann wieder das eine.... Oh, ein Hund! Oh, er kommt zu mir. Oh, er schnüffelt. Oh, er entdeckt meine neben mir liegende, halb geschmierte Stulle. Naaaa du wirst doch wohl nicht?! Nein! Neiiiin! NEEEIIINNN!.....
Weg isse, die Stulle. Frauchen tut es auch wirklich Leid, aber hey, solange Jette (der Hund bzw. wohl die Hündin) mir nicht den See austrinkt, ist alles gut.
Meine Karte ist im Übrigen am Ende. Dafür darf mir jetzt der blaue Punkt den Weg weisen. Muss ich bloß aufmerksam fahren. Wo issa denn, wo issa denn? Da issa? Nein, der ist grün. Anderer Weg. Da issa. Gut, gut. Komische Richtung, aber wer weiß...
Und nun? Pah, so viel zum Thema Aufmerksamkeit. Schon hab ich ihn verloren. Wäääääh. Ich will doch nur nach Hause!! Na gut, dann halt wieder Straße... Fresdorf... Stücken... Blauer Punkt wieder da... Blankensee... Route 66 außen vor gelassen, hier ist der mir viiiiiiiiiel zu sandig... Schönhagen... Trebbin... Uiuiuiui, nur noch ungefähr 40 km! Ich glaub, ich fahr nach Hause.
Bei der Wakeboardanlage in Horstfelde (oder Siedlung Horstfelde) ist ordentlich was los. Viele Autos und auch Motorräder. Na wenn mich der "Biker" da rechts mal nicht übersieht...? Ah ok, ist gut gegangen. Aber HUCH, was war das denn? So ein komisches Geräusch? Na gut, ich dreh mich mal um und: besagter Motorradfahrer hat seine Karre beim Auffahren auf die Straße auf eben jene gelegt. Und da liegt sie auch noch ne Weile. Autsch.
Ich fahr weiter nach Zossen (nur noch 15 km), Schöneiche, Gallun (fast da)... aha, die Windräder haben immer noch ihren Rücken mir zugewandt.. Aber egaaallll! Ich hab's geschafft!!! Jaaaaa, ich bin da!!!
132 km heute, siebeneinhalb Stunden Fahrt.
Angekommen. Zusammen mit meinem Stahlboliden und meinem Mückenabwehrkopfkissenhandtuch.
Mein "Kartenmaterial" für die Strecke in Sachsen-Anhalt hinter den Bergen.
Ende.
Undenkbar ...
