Was wird aus dem Föderalismus? Noch zu Beginn dieser Legislaturperiode wurden große Hoffnungen in die Föderalismusreform gesetzt. Nun, da sie konkretere Formen annimmt, ergeben sich vielzählige Ansätze zur Kritik.
Geplant ist nämlich eine Umkehrung des föderalistischen Rechtsetzungsverfahrens. Künftig sollen die Länder von den Vorgaben der sogenannten Rahmengesetzgebung abweichen können. Die ursprünglichen Ziele der Reform, darunter Abbau von Bürokratie und Steigerung der Rechtssicherheit, würden massiv verfehlt.
Auch die Mountainbiker und Mountainbikerinnen könnten die negativen Auswirkungen zu spüren bekommen, warnt die Deutsche Initiative Mountain Bike (DIMB) e.V., die sich seit über fünfzehn Jahren für die Interessen der deutschen Mountainbiker und Mountainbikerinnen einsetzt. War es den Ländern bislang nur in einem begrenzten Rahmen erlaubt, Details zur legalen Natur- und Waldnutzung in den entsprechenden Landesgesetzen selbst zu regeln, hätten sie mit der geplanten Abweichungsgesetzgebung künftig völlig freie Hand. Bundesweit einzuhaltende Vorgaben wie die grundsätzliche Anerkennung sportlicher Betätigung als „naturschutzkonforme Landschaftsnutzung“ oder die Erlaubnis, Radfahren auf Straßen und Wegen im Wald legal ausüben zu dürfen, wären dann nicht mehr garantiert.
Wohin zuviel Gestaltungsfreiheit für die Länder führen kann, zeigen die in den vergangenen fünf Jahren unternommenen Versuche der Landesregierungen Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, Radfahrer im Wald von allen Wegen unter 3,5 Metern Breite auszusperren. Erst in letzter Sekunde konnten diese
Einschränkungen verhindert werden – insbesondere unter Verweis auf die damit zu weit ausgehöhlten Vorgaben des Bundeswaldgesetzes. Fällt dieser bundesgesetzliche Vorbehalt weg, sind ähnlichen Gesetzesvorhaben in allen 16 Bundesländern Tür und Tor geöffnet!
Ein weitestgehend funktionierendes Rechtssystem sollte nicht aufgegeben werden. Nach Auffassung der DIMB ist eine umgekehrte, weiter vereinheitlichende Reform des Naturschutz- und Waldbetretungsrechtes längst überfällig. Sie gäbe den BikerInnen endlich Rechtssicherheit bei der
Ausübung ihres naturverträglichen Sports.
Denn Biketouren machen nicht an Ländergrenzen halt. Wer etwa im südlichen Odenwald am Dreiländereck Baden-Württemberg, Hessen und Bayern mit dem Mountainbike unterwegs ist, bewegt sich in einem regelrechten Rechtswirrwarr. Während man sich bei Start der Tour im bayrischen Landkreis Miltenberg auf Pfaden in der Regel noch ganz legal bewegt, ist dies im benachbarten hessischen Odenwaldkreis nur noch zulässig, wenn naturfeste Wege auch trocken sind. Fährt man weiter in den baden-württembergischen Neckar-Odenwald-Kreis, droht für das Befahren von Wegen unter zwei Metern Breite sogar ein Bußgeld. Diese Rechtswirrwarr-Tour ließe sich beliebig auf weitere Bundesländer ausdehnen.
Die beabsichtigte Föderalismusreform steht für noch mehr Rechtsunsicherheit. Dies gilt es zu verhindern. Daher tritt die Deutsche Initiative Mountain Bike nicht nur deutlich gegen die Reform in der
beabsichtigten Fassung ein, sondern fordert weitergehende und exaktere Vorgaben durch die Bundesgesetzgebung an die Länder. Diese Vorgaben müssen sich an einem vernünftigen Umgang mit Natur und allen Nutzergruppen – auch den Bikern und Bikerinnen – orientieren.
gez. Thomas Kleinjohann, 2. Vorsitzender DIMB e.V., im Juni 2006
Link: www.dimb.de
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