Monsterbike von Vicious

Hier der dritte Teil von Roeslis Berichten aus Las Vegas – viel Spass dabei!

In Europa fristen Bikes mit 29“-Laufrädern bekanntlich immer noch ein Nischendasein, und mit der Laufradgrösse 650B verhält es sich ähnlich wie mit dem Wildschwein in Deutschen Wäldern: Gehört hat man ja schon mal davon, aber in Echt gesehen hat es noch kaum jemand. Ganz anders sieht das in Nordamerika aus; dort sind 29“-Bikes unterdessen so populär, dass praktisch kein Hersteller mehr darum herumkommt, mindestens ein Modell auf den grossen Rädern rollen zu lassen (siehe Demoday-Berichte). Der Markt ist unterdessen so gross, dass er sich für das Jahr 2010 schon zu diversifizieren beginnt. An der diesjährigen Interbike liessen sich bereits erste Bikes und Komponenten für 29“-Enduros und 29“-Freerider entdecken. Und das etwas kleinere Felgenmass 650B findet sich erstmals im Sortiment eines grösseren Herstellers. Das bislang exotischste Laufrad-Experiment in den USA läuft auf 26“-Rädern mit ganz dicken Gummis.

Nach anfänglichen Problemen mit Steifigkeit und Haltbarkeit scheinen die US-Ingenieure unterdessen die 29“-Technik so weit im Griff zu haben, dass sie sich auch an längere Federwege trauen. Hardtails und Fullies mit 120 Millimetern Federweg sind keine Seltenheit mehr. Noch einen Schritt weiter geht der 29“-Federpionier White Brothers (www.whitebrotherscycling.com).

Dieser bietet die bereits bekannte Federgabellinie «Fluid» nicht nur mit 110 und 135 Millimetern Federweg an, sondern neu auch mit 150 Millimetern. Das Gewicht der Stahlfeder-Gabel mit öffenem Ölbad liegt bei rund 2.3 Kilogramm. Für genügend Stabilität soll dabei die 20 Millimeter Steckachse sorgen. Dass damit die Spitze aber noch nicht erreicht ist, zeigt die Upside-Down Gabel «Groove 29» mit satten 180 Millimetern Federweg. Der Rahmen zum Showbike lieferte die kleine Bikeschmiede Lenz Sports mit ebenfalls 180 Millimetern Federweg.

Leider ist die Homepage dieser Firma momentan gerade inaktiv, doch die Kollegen von Bikerumour wissen dazu bereits etwas mehr:

http://www.bikerumor.com/2009/09/16/…downhill-bike/

Allein mit dem satten Federweg ist aber noch kein Downhiller geboren. Die passenden 29“-Schlappen für die Bergabfahrt liefert ab kommendem Jahr WTB (www.wtb.com). Die Offroad-Pioniere liefern ab dem kommenden Jahr das bereits bekannte Freeride-Profil «Dissent» in der Dimension 29*2.5“. Wer es nicht bereits ahnt, sei vorgewarnt: Mit diesen Reifen lassen sich bergauf nur noch kleine Hügel bezwingen – 1540 Gramm gibt WTB als Gewicht für den «Dissent 29» an – für einen einzelnen Reifen, versteht sich. In Kombination dazu empfiehlt WTB die hauseigene «Dual Duty 29» Felge mit 28 Millimetern Breite, die bereits seit einem Jahr auf dem Markt ist.

In eine andere Richtung bewegt sich Jamis (www.jamisbikes.com). Als erster grösserer Hersteller setzt die in den USA ziemlich populäre Bikemarke auf das alte französische Reifenmass 650B. Dieses alte französische Mass mit einem Felgendurchmesser von 584 Millimetern liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen den bekannten Laufradgrössen 26“ und 29“ und soll ein Kompromiss sein aus den Vorteilen der beiden abweichend grossen Geschwister: Besseres Abrollverhalten als 26“, geringeres Gewicht und höhere Stabilität als 29“. Bisher hatten nur ein paar Exoten wie z.B. Pacenti auf 650B gesetzt, dank der Beachtung durch Jamis erhält das Nischenmass quasi seine Adelung durch den Markt. Für 2010 gehen gleich zwei vollgefederte Modelle an den Start: Das «Dakar Sixfifty B2» ist das Topmodel 130 Millimetern Federweg an beiden Rädern, das «B1» baut auf demselben Rahmen, ist aber mit günstigeren Komponenten ausgestattet.

Jamis Dakar Sixfifty B2

Jamis Dakar Sixfifty B1

Die dazu passenden speziellen 650B-Teile sind unterdessen auch nicht mehr nur von Nischenanbietern: Die Gabel kommt einmal mehr vom Spezialmass-Experten White Brothers, Laufräder gibt’s von American Classic, als Reifen kommt der Nevegal von Kenda zum Einsatz.

Während für andere die grossen Laufräder immer noch eine vielgefeierte Neuheit sind, konnte Moots (www.moots.com) bereits den ersten runden Geburtstag seiner «Twentyniner» feiern: Die Titan-Edelschmiede fertigte bereits zur Jahrtausendwende ein vollgefedertes 29“-Bike. Zwar handelte es sich beim «Mooto-X YBB» nur um ein Softtail mit wenigen Zentimetern Federweg am Heck, doch das Bike zeigte sich über die Jahre beständiger als manches Geröhr von Mitbewerbern. An der Interbike präsentierte Moots eine auf 75 Exemplare limitierten Jubiläumsausgabe mit speziellen Decals und rot eloxierten Anbauteilen. Ob man die 29“-Laufräder nun mag oder nicht, eins scheint klar: Selten ist ein Bike so schön gealtert wie dieses Schmuckstück aus Titan.

Fazit: 29“ ist in den USA bereits ein alter Hut, 650B ist auf dem Sprung in den Massenmarkt. Wer dort wirklich noch das Extraordinäre sucht, kauft sich ein so genanntes Monster Bike. Statt im Durchmesser legen die Räder dieser punkigen Bikes in der Breite zu. Fette 3.7“ misst ein solcher Reifen in der Regel. Surly hat mit dem «Pugsley» die neue Bike-Kategorie lanciert, andere wie zum Beispiel die Customschmiede Vicious Cycles (www.viciouscycles.com) ziehen nun nach. Was ursprünglich für den Einsatz im Schnee gedacht war, findet sich unterdessen auch an Sandstränden und Singlepeed-Events wieder und ermöglicht dort seinem Besitzer garantierte Aufmerksamkeit ohne aussergewöhnliche athletische Fähigkeiten (Foto ganz oben)

Hier findest du alle Berichte zur Interbike 2009

  1. benutzerbild

    doctor worm

    dabei seit 07/2003

    Wenn ich langsam fahren will, kann ich auch ein Hollandrad nehmen ... ich dachte hier geht´s um Enduros und Downhillbikes? Zumindest war das das Kernthema der vorgestellten Produkte ... zum Langsamfahren?

    Besonders gelungen finde ich ja auch den Vergleich von Sattelstützen und Innenlagern mit ganzen Laufradgrößen ... ein Innenlager kostet 50.- EUR ... wenn die 29er Laufräder komplett mit Gabel und Rahmen genau so viel kosten, wäre es ein passender Vergleich!

    smilie

    Hier gings auch und darauf bezog ich mit bei meiner Aussage ums technische fahren im Alpinen Gelände, inkl. umetzen des Hinterrades und eher trialiges fahren und das tut man eher in gemäßigtem Tempo.

    Und der Vergleich mit den Sattelstützen usw. bezog sich, wie man auch lesen konnte auf die Ersatzteilbeschaffung, was mal rein gar nichts mit den Preisen von Rahmen oder ähnlichem zu tun hat, sondern damit das man auch ziemlich aufgeschmissen ist wenn einem seine Sattelstütze mit so nem Exotenmaß bricht. Um ehrlich zu sein vesteh ich deinen Vergleich mit Rahmen,.. zu Innenlager aber eh nicht.
    Wenn man aber auf Teufel komm raus etwas schlecht finden möchte, dann ist das wohl so.

    Passende Ersatzeile für deinen 29er bekommst du im übrigen, mal abgesehen vom Stollenreifen in den meisten Fahrradshops in Europa, so speziell ist das 622mm Felgenmaß ja dann doch nicht.
  2. benutzerbild

    FR33DOM.COM

    dabei seit 01/2009

    Kleiner Nachtrag: meine Kritik war natürlich nicht persönlich gemeint.
    Ich fände es nur schön, wenn der biker als Konsument nicht alles glauben würde, was man ihm erzählt.

    In meinen Augen ist das Problem bei der ganzen Debatte, dass Fahrer ohne weiteres technisches Verständnis und mit geringerer oder keiner Erfahrung auf dem bike durch einen "Hype" wie er momentan um die 29er gemacht wird, dazu verleitet werden, für sie nicht optimales Material zu kaufen.
    Nur darum geht es mir.

    Persönliche Vergleiche sind immer etwas kritisch, wenn ich keinen direkten Vergleich habe. Idealerweise müsste ich also das gleiche bike einmal in 26 und einmal in 29 Zoll probefahren ... beide mit den gleichen Komponenten und gleichermaßen gut auf mich abgestimmt.

    Und in allen direkten Vergleichstests, also auch z.B. in dem der bike von letztem Jahr, der ja ausgesprochen gerne zitiert wird, steht ausdrücklich dass 29er Vor- und Nachteile haben ... mehr oder weniger habe ich ja auch nie gesagt.
    Nur anscheinend gibt es 29er Anhänger, die jetzt per se die Laufradgröße 29 Zoll als richtige Wahl für jeden biker propagieren und behaupten, es gäbe keine Nachteile. Warum dieser Missionierungseifer?

    Und zum Thema 29er in alpinem Gelände, trialartige Passagen, usw. - genau da brauche ich ein Rad mit tiefem Schwerpunkt, kurzem Radstand und hoher Wendigkeit ... und wer mir das nicht glaubt kann ja mal die Vertrider fragen, warum die teilweise sogar 24 Zoll gefahren sind, also KLEINER als 26 Zoll und nicht GRÖßER.

    Wie schon viel weiter oben geschrieben --- soll jeder fahren, was er für gut befindet. smilie

    Over and out.

  3. benutzerbild

    fone

    dabei seit 09/2003

    Nur anscheinend gibt es 29er Anhänger, die jetzt per se die Laufradgröße 29 Zoll als richtige Wahl für jeden biker propagieren und behaupten, es gäbe keine Nachteile.
    das hab ich wohl verpasst.
    in den usa geht 29" ja angeblich gut ab. wieso sollte man sich also nicht mit so einer entwicklung auseinandersetzen? vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht.

    ich hab da eher probleme mit 15mm steckachsen und konifizierten steuerrohren, da ich vermute den unterschied spürt smilie man weniger als 26" -> 29"
  4. benutzerbild

    doctor worm

    dabei seit 07/2003

    Kleiner Nachtrag: meine Kritik war natürlich nicht persönlich gemeint.
    Ich fände es nur schön, wenn der biker als Konsument nicht alles glauben würde, was man ihm erzählt.
    Seh ich ganz genau so, weswegen ich aber auch nicht versteh warum jemand ein 29er für welchen Einsatzbereich auch immer strikt ablehnt ohne je drauf gesessen zu haben.
    In meinen Augen ist das Problem bei der ganzen Debatte, dass Fahrer ohne weiteres technisches Verständnis und mit geringerer oder keiner Erfahrung auf dem bike durch einen "Hype" wie er momentan um die 29er gemacht wird, dazu verleitet werden, für sie nicht optimales Material zu kaufen.
    Nur darum geht es mir.
    Auch hier gilt, probefahren und vergleichen.

    Persönliche Vergleiche sind immer etwas kritisch, wenn ich keinen direkten Vergleich habe. Idealerweise müsste ich also das gleiche bike einmal in 26 und einmal in 29 Zoll probefahren ... beide mit den gleichen Komponenten und gleichermaßen gut auf mich abgestimmt.
    smilie
    Und in allen direkten Vergleichstests, also auch z.B. in dem der bike von letztem Jahr, der ja ausgesprochen gerne zitiert wird, steht ausdrücklich dass 29er Vor- und Nachteile haben ... mehr oder weniger habe ich ja auch nie gesagt.
    Nur anscheinend gibt es 29er Anhänger, die jetzt per se die Laufradgröße 29 Zoll als richtige Wahl für jeden biker propagieren und behaupten, es gäbe keine Nachteile. Warum dieser Missionierungseifer?
    Es sagt ja keiner, dass man sich nicht auch ein paar Nachteile durch die größeren Räder erkauft, aber aufgrund dessen gleich technisches mtb'en als Einsatzbereich auszuschließen ärgert mich ein wenig.

    Und zum Thema 29er in alpinem Gelände, trialartige Passagen, usw. - genau da brauche ich ein Rad mit tiefem Schwerpunkt, kurzem Radstand und hoher Wendigkeit ... und wer mir das nicht glaubt kann ja mal die Vertrider fragen, warum die teilweise sogar 24 Zoll gefahren sind, also KLEINER als 26 Zoll und nicht GRÖßER.
    Wieso sollte ein 29er keinen tiefen Schwerpunkt oder kurzen Radstand haben könnensmilie
    Ich habs grad mal nachgemessen:
    26" GaryFisher BigSur, 19"Rh, Radstand 1105mm, Tretlagerhöhe 295mm
    26" Kona Dawg 19" Radstand 1145mm, Tretlagerhöhe 365mm
    29" Surly KarateMonkey Radstand 1080mm, Tretlagerhöhe 300mm
    Auch von der Gesamtlänge kommt das KM nur knapp an das Kona!

    Wie schon viel weiter oben geschrieben --- soll jeder fahren, was er für gut befindet. smilie

    Over and out.

    Dito
    smilie
  5. benutzerbild

    MTB Rider93

    dabei seit 07/2008

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