Tobias, Valentin und Jonas auf ihren Dirts in Pasing

Text & Fotos von Michael Grindmayer

Ein paar Münchner Jugendliche machen vor, wie man etwas erreicht, das zuvor schon viele vergeblich versucht haben: in München einen legalen Dirt-Park bauen.

Für Außenstehende ist es wahrscheinlich nicht mehr als ein Haufen Dreck, wofür Valentin Terwey, Jonas Berger* und Tobias Müller, alle 16 Jahre alt, gekämpft haben. „Lehmige Rotlage, mit Lehm überzogen“ sagt das Gartenbauamt der Stadt München dazu. Aber für Valentin, Jonas und Tobias ist der Haufen Dreck ein wahr gewordener Traum. Eine Baufirma hat aus dem klebrigen Material elf Sprunghügel sowie einen Start- und einen Zielwall geformt. Diese paar Kubikmeter Erde, von denen die Jungs an diesem sonnigen Herbstnachmittag zufrieden herunter grinsen, sind eine Wiedergutmachung. Aber auch der Beweis, dass sich persönlicher Einsatz für eine Herzensangelegenheit lohnt. Trotz aller Zweifel und Hindernisse.

Angefangen hat alles im Herbst 2008. Valentin und Jonas beschlossen damals, etwas zu unternehmen, damit sie ihren Sport, das Dirten, endlich legal ausüben könnten. Es ist schon seltsam: Erst im Juli fand in München die neue Messe „Bike-Expo“ statt, in deren Rahmenprogramm sich die Weltelite über gewaltige Doubles schanzte. Oberbürgermeister Christian Ude, 2006 als fahrradfreundlichste Persönlichkeit des Jahres ausgezeichnet, hatte die Veranstaltung im Vorfeld – selbstverständlich – gelobt. Aber wusste er eigentlich, dass es in seiner Stadt bis vor Kurzem keine offiziell genehmigte Trainingsmöglichkeit für Dirter gab? Diejenigen also, die das Publikum der Bike-Expo am meisten gefesselt hatten? Schlimmer noch: Erst im Frühjahr hatte die Stadt das überregional bekannte „Bombenkrater“-Gelände an der Grünwalder Isarbrücke planiert und damit einen 20 Jahre alten Szene-Treffpunkt zerstört. Die kurzfristig anberaumte Aktion, die ohne Rücksprache mit den Sportlern durchgeführt worden war, sorgte für viel Frust. Vor allem bei denen, die das Areal nach jedem Hochwasser wieder aufgebaut und selbstständig sauber gehalten hatten. Ein Schlag ins Gesicht jeder Eigeninitiative.

Sport ohne Ort

Auch Valentin, Jonas und Tobias fanden die Situation unerträglich – und handelten. „Der nächste Dirtpark ist in Dachau“, sagt Valentin. „Und dann gibt es noch die Halle in Emmering bei Eichenau“, ergänzt Jonas. Für die beiden Pasinger Schüler ist beides nur mit Mühe zu erreichen. Also hatten sie sich im Stadtpark eine kleine Strecke zusammengeschaufelt. Bis auch diese von den Behörden entfernt wurde. Vom Ehrgeiz gepackt, wollten es Valentin und Jonas schließlich wissen. Ist München wirklich so „fahrradfreundlich“ wie es Herr Ude immer darstellt? „In einem Artikel in der SZ habe ich eine Liste der Jugendbeauftragten der Stadt gefunden“, erzählt Valentin. Er rief bei Evelyn Lang vom Bezirksauschuss 21 an, die gerade eine Jugendeinwohnerversammlung für Pasing und Obermenzing plante. „Ich habe den Jungs gesagt, wenn ihr den Dirtpark wirklich wollt, dann müsst ihr da hingehen und mit den Vertretern der Stadt sprechen“, erinnert sich Evelyn Lang. Sie war es auch, die den Kontakt zu einer Gruppe um Tobias Müller herstellte. Ohne von Valentin und Jonas zu wissen, hatte auch er sich daran gemacht, ein Trainingsgelände zu beantragen. Ihm ging es vor allem um einen Ersatz für die Strecke im Pasinger Stadtpark.

Anfang 2009 trafen sich alle bei der Jugendeinwohnerversammlung. „Die Jungs waren sehr gut vorbereitet“, sagt Evelyn Lang. Sie hatten Pläne der Strecke gezeichnet und erläuterten sie den Vertretern des Gartenbauamtes. Auch Verantwortung wollten sie übernehmen, etwa für die Wartung der Strecke, die von der Stadt gestellten Schaufeln oder den anfallenden Müll. „Es ist aber erstmal nicht so gut angekommen, wahrscheinlich weil niemand so recht verstanden hat, was wir eigentlich wollten“, berichtet Jonas. Am Ende hieß es „vielleicht nächstes Jahr“.

Schneller erlaubt als geplant

Doch dann ging alles sehr schnell. „Wir hätten den Park theoretisch im Mai eröffnen können“, sagt Evelyn Lang. Aber Valentin, der zu der Zeit für ein paar Monate in Australien war, wollte unbedingt dabei sein. Um den 15. September herum rückte schließlich die Baufirma an, am 16. Oktober wurden die elf Sprunghügel samt Anfahrrampen offiziell eingeweiht. „Sofern ein passendes Grundstück gefunden wird und es sich im Eigentum der Stadt befindet, muss so etwas nicht lange dauern“, begründet Jürgen Marek, Pressesprecher beim Baureferat, den Ablauf. Das Grundstück an der Silberdistelstraße, am Fußballplatz hinter dem Max-Planck-Gymnasium, erwies sich als ideal. „Es hat ausreichend Abstand zur nächsten Wohnbebauung“, sagt Jürgen Marek. Genauer gesagt gibt es dort zwischen dem Westbad und einer entfernt liegenden Kleingartenanlage niemanden, den man stören könnte. Und mit 25.000 Euro bewegten sich die Kosten für die Erdarbeiten absolut im Rahmen. „Das Projekt ist für die Stadt finanziell nicht relevant gewesen“, sagt Jürgen Marek.

Lediglich aus rechtlicher Sicht gab es beim Bau der Dirts einiges zu beachten. Zum Beispiel, dass sie im Sinne der Verkehrssicherheit nicht höher als zwei Meter hoch werden durften. „Klar hätten wir sie gerne höher gemacht, vor allem die Anfahrt, um mehr Schwung zu haben“, sagt Valentin. „Aber dann hätten wir eine Baugenehmigung gebraucht.“ Auch die Abstände zwischen den Hügeln hat die Baufirma hier und da zu kurz bemessen. „Die wollten uns eine Freude machen und haben noch einen mehr hingesetzt“, witzelt Jonas. Er ist trotzdem glücklich, dass er sich hier endlich legal mit seinen Freunden treffen und biken kann. Evelyn Lang kann das nachvollziehen, „denn anfangs hatten die Jungs überhaupt keine Hoffnung.“ Und mit dem, was sie erreicht haben, machen sie zudem viele andere froh: Zur Eröffnung kamen etwa 30 Biker und das, obwohl man auf dem frisch-feuchten Lehm kaum fahren konnte. Wahrscheinlich wollten sie sich selbst überzeugen, ob die Gerüchte stimmten. Denn mit einer derart positiven Nachricht hatte nach den vielen Rückschlägen der vergangenen Jahre niemand gerechnet.

Bis alles perfekt ist, gibt es noch viel zu tun im „Dirt-Bike Silberdistelstraße – mit erhöhtem Spielrisiko“ wie es auf dem Schild vom Baureferat steht. Etwa die Transitions perfekt formen, die Hundebesitzer fernhalten oder einen Wasseranschluss organisieren, mit dem man die Erde im Sommer befeuchten kann. Aber nun müssen Valentin und Jonas erstmal zu einem Pflichttermin: Als verantwortliche Paten des neuen Dirt-Parks sind sie Ansprechpartner für Polizei und Baureferat. Was sie da erwartet, wissen sie noch nicht, aber die Zuversicht, dass es gut laufen wird, haben sie jetzt.

* Name von der Redaktion geändert

Valentin schanzt sich mit einem Can Can ins Resi Pit aus Rindenmulch.

  1. benutzerbild

    dh-lisa

    dabei seit 04/2009

    Hallo,
    erstmal Glückwunsch zu Eurem erfolgreichen Engagement! Ich habs in der Zeitung so ein bischen verfolgt, wie ihr im u.a. BA vorgesprochen habt und hätte niemals gedacht, dass das so schnell klappt. RESPEKT!!!
    Aber was ist mit der (Profi-)Dirtline in Obermenzing los, die ist ja plötzlich weg, seit ca. 1 Woche??? Bin grad vorbei gefahren und hab dementspr3chend blöd geguckt, weil die vor knapp zwei Wochen noch ne dritte Line gebaut hatten? Weiß da jemand was?

  2. benutzerbild

    Lord Shadow

    dabei seit 06/2006

    Hoffentlich klappts bei uns auch...

  3. benutzerbild

    Schwatzwild

    dabei seit 12/2015

    Zeit für die DIMB, endlich in die Sache einzusteigen, um sich den Erfolg selber auf die Fahnen zu schreiben.
    #113 und folgende

  4. benutzerbild

    Isidirt

    dabei seit 11/2009

    wo baut ihr einen?

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