Pünktlich zum Jahresausklang haben wir noch ein verspätetes Nikolauspräsent für euch: Unser Review des neuen HERB FR aus der Ruhrpottschmiede Last Bikes. Ausführlich und diesmal sogar mit zwei Meinungen. Viel Spaß beim Lesen!

Hintergrund

Die Geschichte von LAST Bikes beginnt vor zehn Jahren, als aus der Unzufriedenheit über bestehende Dirt und Streetrahmen der Vorgänger des heutigen Rufus das Licht der Welt erblickte. Zwei Jahr später entwickelte Jörg Heydt zusammen mit Jochen Forstmann das HERB (der Name setzt sich zusammen aus Heydt Engineered Race Bike) welches mit dem Namensgeber als Fahrer sogleich in der ersten Saison den 1. Platz in der Gesamtwertung der Master-Class in der Downhill-Bundesliga gewann.

Dies als kleines Vorwort zu unserem umso umfangreicheren Fahrbericht zum neuen Last, dem Freeridebike HERB FR.

Wir beginnen mit einem Zitat:

„Wir bauen die Bikes aus reinem Egoismus heraus. Denn auf dem Markt gibt es nichts was uns als Fahrern zugesagt hätte.“

Last

Ausstattung

Rahmen: Wie jedem Fully aus der von Jörg Heydt und Jochen Forstmann gegründeten Firma haftet auch der Optik vom Herb FR etwas Individuelles an, etwas, das einfach nicht an Stangenware erinnert. Weiß gepulverter Rahmen, eine auffällige rot-eloxierte Wippe und viele kleine, ebenfalls im gleichen Ton eloxierte Anbauteile. Eine cleane Optik, die natürlich noch so rein gar nichts über das Fahrverhalten verraten mag – das möchten wir mit unserem Fahrbericht ändern.

Federung: Vorn ist eine im Federweg variable Rock Shox Lyrik mit Mission Control-Dämpferkartusche verbaut – Downhill-Technik im Freerider. Im Heck federt der brandneue Vivid Air-Dämpfer von Rock Shox, der euch eventuell schon von Elmar Keinekes Präsentationen auf diversen Messen bekannt ist. Optisch fügt sich der dicke Brummer schön ins Rahmenkonzept ein.

Cockpit und Bremsen: Das niedrige tapered 1.5er Steuerrohr ermöglicht, je nach Vorliebe und Lenkerhöhe, eine tiefe oder hohe Front. Die am breiten Truvativ Boobar montierten Elixir CR von Avid sollen das Bike bergab zum Stehen bringen: Vorne mit 200mm-Rotor, hinten 185mm.

Antrieb: Auch dieser kommt in erster Linie aus dem Hause SRAM: X.O-Schaltwerk, Truvativ Stylo OCT-Kurbelsatz (24t/36t, Bashguard), zusätzlich ist ein XT-Umwerfer von Shimano montiert.

LRS: Die Laufräder E 2000 von DT Swiss mit aufgezogenen Continental Rubber Queen in 2.4“ komplettieren das Bike.

Sonstiges: Sämtliche Kabel und Züge verlaufen über angeschweißte Führungen oberhalb des Unterrohrs. Das Sattelrohr ist durchgängig, die Stütze ist damit komplett versenkbar – hier passen also auch längere Variostützen wie die kürzlich hier getestete RASE problemlos rein. Das HERB FR ist ein Verwandlungskünstler, denn verschiedene Dämpfer realisieren zweierlei Federwege: 165mm oder 175mm sind möglich, in unserem Fall fuhren wir den Vivid Air in der 175mm-Einstellung. Der Hinterbau nimmt sowohl Naben mit 135er als auch mit 150er Einbaubreite auf, dieses System wurde mit einem rot eloxierten Adapter, an dem sich auch die IS2000-Aufnahme für die hintere Bremse befindet, gelöst. Der Dom zur Befestigung des Umwerfers ist asymetrisch angeschraubt und kann zur Optimierung der Kettenlinie gedreht werden.

Anmerkungen zur Ausstattung:

Jens: „Ein kleiner Wermutstropfen ist die fehlende untere Führungsrolle. Wenn es recht ruppig wurde und man in Kurven rückwärts treten musste um die Fußstellung anzupassen, fiel mir die Kette öfters aufs kleine Kettenblatt. Dabei bietet LAST am Downhiller eine eigene Lösung (klick). Vielleicht sehen wir die ja auch bald am kleineren Bruder. Andernfalls kann und sollte man eine solche Rolle günstig nachrüsten.

Hannes:Für einen noch größeren Einsatzbereich wäre eine Vario-Stütze auch beim Freerider sinnvoll, auch ein kleineres Kettenblatt (beispielsweise 22t statt den verbauten 24t) wäre für einen leichteren Tritt bergauf praktisch. Praktisch ist die Verlegung der Züge auf dem Unterrohr: Beim Schultern des Bikes drückt nichts im Rücken, beim Tragen zwickt nichts in der Hand.

Geometriedaten (zur Vergrößerung anklicken):

Specs und weitere Bilder zum Bike:

Fahrbericht: Jens

Uphill

Dem LAST FR merkt man sehr an, wo die Vorlieben der Erbauer liegen. 16kg Gesamtgewicht sorgen für Stabilität, aber wollen eben auch bewegt werden. Uphill ist das Mittel zum Zweck der späteren Abfahrt mit maximalem Spaß. Die Rahmengröße L liegt mir mit 1,90m sehr gut. Das durchgehende Sitzrohr nimmt eine wirklich lange Sattelstütze auf was bei vielen anderen (Hydroform-)Rahmen nicht möglich wäre. Ich kann entspannt längere Zeit bergauf treten ohne zu weit hinten zu sitzen oder zu wenig Druck auf dem Vorderrad zu haben. Über die 2step Funktion der Luftgabel lässt sich die Kletterposition ebenfalls noch weiter verbessern.

Downhill

Aber kommen wir zum Bereich in dem das HERB FR wirklich glänzen kann: Die Abfahrt. Hatte ich auf dem Parkplatz noch den Eindruck dass der Dämpfer mit dem richtig eingestellten Sag zu weich für mich wäre und dass ich zu wenig Druckstufe hätte, ändert sich dieser Eindruck sehr schnell wenn es auf dem Trail zur Sache geht.

Der Hinterbau ist trotz des hohen Sags immer noch straff, ohne dabei zu hart zu wirken. Er sackt in keinster Weise durch und gibt immer nur den Federweg frei den es wirklich braucht, um kontrolliert über die Trails zu fegen. Man kann das Bike in Senken und Wellen hindurch pushen und wie auf einem Pumptrack beschleunigen. Hat man bei manch anderen Bikes dieser Federwegsklasse eher das Gefühl beim Pushen lediglich in den Federweg zu drücken, arbeiten hier die 175mm Federweg nie gegen den Fahrer oder fühlen sich gar nach zu viel an.

Um kleinere Hindernisse zu überspringen lässt sich das Bike leichter als andere Bikes im Bunnyhop ‚aufladen‘. Durch aktives Hochziehen der Front füllt sich der Hinterbau wie eine Feder mit Spannung. Winkelt man dann die Knie an, ‚entlädt‘ sich die Spannung und der Wurzelballen oder Steinhaufen bleibt unberührt und kann meine Fahrt nicht verlangsamen. Der straffe Hinterbau bietet hier echte Fahrerunterstützung und sackt dabei nicht unkontrolliert durch wie manch andere. Auf dem Trail macht sich das durch eine leichter erreichbare und kontrolliert hohe Geschwindigkeit bemerkbar. Man fängt an nicht nur sehr schnell über die Trails zu fliegen sondern ununterbrochen an irgendwelchen Kanten abzuziehen und zu spielen.

Der recht flache Lenkwinkel bietet fast schon das Feeling eines Downhillbikes und lässt einen sicher auch durch gröbere Passagen mit hohen Geschwindigkeit fahren.

Auf unserer siebenstündigen Tour am Monte Tamaro gab es gegen Ende durch Müdigkeit bedingte Situationen, in denen mir das Rad durch seine Reserven unangenehme Ausflüge in die Botanik erspart haben.

Springen

Kicker springen mit Fullys, je nach Shape der Hügel, ist eine Sache für sich. Man verliert gegenüber einem Hardtail an Pop, was sich manchmal in entsprechend verkürzter Flugdauer, Weite und Höhe niederschlägt. Der örtliche Homespot wartet vielleicht manchmal neben einer kleinen Abfahrt auch mit einigen Kickern auf, bei denen man dann das Fully gerne gegen eine ungefederte Variante tauschen möchte. Das LAST schafft hier den Spagat ohne dabei in einem Einsatzgebiet viel schlechter abzuschneiden zu machen wie manch andere Do-it-all-Bikes. Das Rädchen zur Druckstufeneinstellung und die Luftkammer des Vivid Air ist gut zu erreichen und schnell zugedreht/aufgepumpt. Aus dem Freerider wird so auch auf steileren Kickern immer noch ein gut zu springendes Luftschiff, das bei verfehlten Landungen noch massiv Reserven parat hält. Lediglich das Gewicht von 16kg macht sich hier etwas schwer bemerkbar.

Fazit von Jens:

Beim HERB FR spürt man durchaus die Gene des größeren Bruders HERB DH.

Wer bergauf kleine Abstriche bei der Performance machen kann in dem er sich einfach etwas mehr Zeit lässt, wird auf der danach folgenden Abfahrt fürstlich belohnt. Das Komplettpaket ist eine durchdachte und solide Lösung für Leute, die sich keine zwei oder drei Bikes für verschiedene Einsatzzwecke in den Keller stellen wollen. Der stabile Rahmen dürfte auch einige Jahre an Misshandlung widerstehen können.

Fahrbericht: Hannes

Unter etwas anderen Umständen als beim letzten Fahrbericht erreichte mich im Frühherbst das HERB FR, seines Zeichens großer Bruder der etwas leichteren (und von der britischen DIRT bereits hochdekorierten) AM-Version.

Übergeben im durch den Canyon-Test schon bekannten Spitzkehrengebiet bei Bad Kreuznach brachte das Bike bereits hinreichende Alpenerfahrung mit, da es Tester Jens bereits einige Wochen zuvor die steinigen Trails am Monte Tamaro hinuntergeprügelt hatte.

Uphill

Einflüsse vom Hinterbau sind auch trotz fehlendem Plattform-Dämpfer kaum spürbar: Im Sitzen sowie im Wiegetritt kommt man fast überall ohne spürbares Wippen oder Pedalrückschlag hoch. Die Gabel ist zwar nicht blockier-, aber von 160mm auf 115 absenkbar – praktisch, um mit etwas weniger Fronttravel und einer niedrigen Front hochzukurbeln. Eine Bergziege ist das Bike mit knapp 16 Kilo und 175mm freilich nicht, das ist jedoch auch nicht unsere erwartete Präferenz des Freeriders. Aufgrund des durchgehenden Sitzrohrs ist eine längere Sattelstütze verbaut und somit eine halbwegs komfortable Sitzposition auch über längere Uphillpassagen realisierbar.

Downhill

„Fahr den Rahmen mit viel Sag“ rät Jörg Heydt, Jens meint: „Nutz den ganzen Federweg aus!“. Also veränderte ich das Setup nur minimal und fuhr das Rad, entgegen meiner sonstigen Präferenz (straff, schnell), eher weich. Durch die softe Einstellung bleibt der Dämpfer lange linear, wird erst gegen Ende angenehm progressiv und sackt zu keinem Zeitpunkt durch. Ich habe angesichts des weichen Setups allerdings Bedenken, wie sich das Bike bei Drops und ruppigeren Trails verhält, diese sind jedoch unbegründet: Ich bin bisher selten ein Bike gefahren, dass den Federweg so ideal ausnutzt wie das Herb. Der rote O-Ring am Dämpfer zeigt mir an, dass ich oft satt am Anschlag fahre – wenngleich es sich nicht so anfühlt. Wie auch im Video zu sehen ist das Rad leicht in den Manual zu ziehen und dort auch zu halten, abermals hilft dabei der Hinterbau, das Vorderrad trotz des typischen Manual-Pushens oben zu halten. In dieser Situation reagieren viele Bikes mit ähnlich viel Federweg eher zu behäbig. Dämpfer (175mm) und Gabel (160mm) harmonieren gut miteinander, auch die Gabel habe ich nicht so straff eingestellt wie sonst. Das Bike war beim Hochziehen in den Bunnyhop und zum Kicker-Springen für mich zunächst gewöhnungsbedürftig. Sobald man sich jedoch dran gewöhnt hat, überwiegt ein Vorteil: Der Hinterbau unterstützt mehr, als dass er Energie aus dem Sprung „heraussaugt“, eine recht schnelle Zugstufeneinstellung vorausgesetzt. Spielereien mit dem Last machen Spaß: Bergab fühlen sich die 175mm im Heck beim Runterbügeln über größere Brocken oder bei Drop-Landungen eher nach mehr Federweg an, dennoch lässt sich das Herb FR beim Herumspringen in der Ebene, über Hips, Kicker und auf dem Singletrail passabel in der Luft bewegen. Das Rad reagiert schnell und direkt, mit der Last-eigenen 12mm-Achse hinten und Maxle Lite vorne flext nichts.

Die Drei-Länder-Tour

Gefahren von Jens: Monte Tamaro, Tessin/Schweiz

Der Last Test begann spontaner als erwartet als Jörg dazu einlud, mit ihm zusammen dem schlechten deutschen Wetter zu entfliehen und am Monte Tamaro (Tessin/Schweiz) eine Wochenend-Tour zu machen.

Nach etlichen Stunden im Auto abends und einem nächtlichen Zwischenstopp vor dem Gotthardtunnel begrüßt uns die Sonne, als wir den Tunnel in südlicher Richtung verlassen.

Von einem Frühstück gestärkt bereiten wir die Bikes vor und schenken uns die ersten Höhenmeter mit der Bahn. Oben angekommen pedalieren wir die weiteren Höhenmeter auf den Berg und genießen die letzten warmen Strahlen im Gesicht, während unsere Reifen in den Schattenpassagen schon vereiste Pfützen knacken.

Wir traversieren auf dem Bergrücken entlang, wobei es hier bereits erste Defekte gab. Das steinige Gelände scheint nicht der ideale Einsatzbereich für die Rubberqueens zu sein. Wir müssen insgesamt drei mal flicken, bis es an die eigentliche Abfahrt geht. Ich erhöhe den Luftdruck sicherheitshalber auf zirka 2,8 Bar um nicht den ganzen Tag mit Schlauch wechseln zu verbringen.

Als es in die Abfahrt geht fühle ich mich prompt sehr wohl mit dem LAST. Gemessen an der recht kurzen Eingewöhnungsphase kann ich direkt meine gewohnte Geschwindigkeit fahren. Keinerlei bösen Überraschungen soweit vom Rad. Als wir in steileres Gelände mit einigen Spitzkehren kommen bei denen man aus voller Fahrt ziemlich hart anbremsen muss, passiert bei der Elixir nicht sehr viel. Normalerweise bremse ich immer nur mit dem Zeigefinger, aber selbst mit zwei Fingern lassen sich keine Stoppies oder dergleichen aus voller Fahrt realisieren, meine Unterarme ermüden viel schneller als sonst.

Insgesamt waren wir zirka 7 Stunden auf dem Rad und genehmigen uns am Abend dafür ein opulentes Mal mit jeder Menge Pizza und Pasta. Am darauffolgenden Tag schneit es leider recht weit herab ins Tal und wir beschließen die Tour einen Tag früher als geplant zu beenden.

LAST FR – Monte Tamaro: im IBC TV ansehen

Gefahren von Jens: Local Spot, Spessart/Deutschland

Viele kleine Singletrails winden sich durch leicht welliges Gelände. Teilweise wurden Anlieger errichtet, sowie kleine bis große Doubles bis hin zu einer Größe von 10m. Holzkonstruktionen wie Drops, Stepups und Wallrides machen den Spot für mich zu einem echten Freeride-Spot. Also genau das richtige Terrain um dem Last ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Fester Waldboden wechselt sich mit richtig hart gefahrenen Passagen ab. Manchmal war ich schon mit meinem Downhillrad hier und selbstverständlich schob ich das leichte Gefälle nach einem Lauf wieder nach oben. Das Last hingegen kann ich auch sehr bequem an den Start pedalieren. Eine Variostütze wäre hier noch das Sähnehäubchen um sich das ständige Auf und Zu des Schnellspanners an der Sattelstütze zu sparen, aber diese kann ja leicht nachgerüstet werden.

Was auffällt ist hier wieder die Geometrie des Rades. Es verbindet einen flachen Lenkwinkel mit einer angenehmen Tretlagerhöhe und moderater Kettenstrebenlänge. Es ist nicht so tief dass ich beim Bergauftreten an Wurzeln hängen bleibe aber auch nicht zu hoch, um nicht mehr “in” sondern “auf” dem Rad zu sitzen.

Die Rubber Queen-Reifen scheinen an diesem Spot absolut in ihrem Element zu sein. Sie rollen nicht zu schwer und bieten vor allem in den Passagen mit loser Erde erstaunlichen Grip. Allerdings sollte man den richtigen Luftdruck gewählt haben mit der Tendenz zu etwas mehr: Bei meinem Körpergewicht neigen sie durch ihre leichte Bauweise in Kombination mit wenig Luftdruck zum Wegklappen in Kurven.

Gefahren von Jens: Hochtour Wallis/Schweiz

In einer größeren Gruppe brachen wir Mitte September zu einer Hochtour (auf knapp 3000m ü.M) im Wallis auf. Bergauf habe ich in den sehr langen Tragepassagen ziemlich zu kämpfen und bin sehr froh, als wir nach einer ausgedehnten Pause auf dem Gipfel die schier endlose Abfahrt antreten.

Vegetation gibt es dort oben keine mehr und hier spürt man wieder deutlich, dass die Rubber Queen lieber einen Boden mag, in den sie ihre Stollen bohren kann. Das Last an sich sorgt für maximalen Fahrspaß. Als wir die flacheren Passagen in der Hochebene verlassen und zurück in die Vegetation mit steilerem Gelände fahren, machen sich leider wieder die Bremsen bemerkbar. Nach der ersten Tour hatte ich die Bremsbeläge durch neue ersetzt und die Bremsscheiben gereinigt um auszuschließen, dass die schwachen Bremsleistung von Verschmutzung durch Öl oder sonstiges stammt. Hier im steilen Gelände muss ich zweimal über den Lenker abspringen, um nicht ungebremst vom Weg abzukommen. Die Bremswirkung geht nach kürzester Zeit auf der Bremse in die Knie und ich muss alle 20m anhalten, um sicher den Berg hinab zu kommen. Zum Vergleich tauschte ich mit Maxi kurz das Rad. Er hatte an seinem Stumpjumper eine Elixir R SL, die mit meinem Gewicht (mit Rucksack zirka 110kg) tadellos zurecht kam.

Gefahren von Hannes: Bergische Hometrails, NRW/Deutschland

Für die Testfahrten auf meinem Hometrail hatte ich eher schlechte Tage erwischt – im oberen Bereich schlammig und teilweise gefroren, weiter unten gerade noch passabel. Rückblende: Im Canyon-Test fuhr sich der anfangs noch weich eingestellte Dämpfer in Mulden mit starker Kompression unangenehm; dieses Fahrgefühl trat beim Last nicht auf. Durch die flache Front ließ sich der Freerider definiert durch die Anlieger und Kurven drücken. Die eine oder andere Bodenwelle ließ sich gut als kleinen Sprung zwischendurch nutzen, was den Trail noch ein bisschen flowiger machte. Im unteren Bereich (nicht mehr im Video) folgten nach engen Singletrail-Kurven lange Passagen mit ausreichend rutschigen Wurzeln und trotzdem viel Speed: „Draufhalten, laufen lassen“ lautete hier die Devise, was gut gelang.

Gefahren von Hannes: Finale Ligure, Ligurien/Italien

Am Abend kamen wir im kleinen Küstenstädtchen an, früh am nächsten Morgen gings direkt auf die Trails: Im oberen Bereich trailspezifisch trocken bis glitschig, durchsetzt von Felsen und Wurzeln. Der Hinweis von Jens, dass dies genau das Terrain der Conti Rubber Queens sei, erwies sich als folgerichtig: Außer in den richtig schlammigen Pfützen rutschte wenig. Der Reifen zeigte sich auf fast jedem Untergrund sehr griffig, auch bei höherer Geschwindigkeit war kein Kontrollverlust spürbar. Der Reifen tat durchgehend das, was er tun sollte: In jedem Terrain ausreichend greifen und in der Ebene leichter rollen als ein DH-Monster. Dass ich nach zwei Tagen, harten Abfahrten und vielen tausend vernichteten Höhenmetern keinen einzigen Plattfuß hatte, spricht ebenfalls für den Reifen ohne DH-Karkasse.

Was den Rahmen angeht kam von den Last-Jungs ja der Rat, den Rahmen mit viel Sag zu fahren. Wie gesagt eher neu für jemanden wie mich, der sich am liebsten mit straffen Rahmen fortbewegt. Zunächst ungewohnt oft an der Grenze zum gefühlten Durchschlag federnd, gewöhnte ich mich recht schnell an den Hinterbau mit der gut funktionierenden Endprogression. Ruppige Steinpassagen, spielerisch zu durchpushende Trails, steile Abfahrten: Das Last funktionierte in Verbindung mit dem Vivid-Dämpfer sehr gut. Einzig für etwas engere Spitzkehren war das Bike tendenziell etwas zu lang.

Last Christmas mit dem Herb: im IBC TV ansehen

Das Fazit von Hannes:

Das Herb FR ist ein toller Allrounder mit einem gut abgestimmten Hinterbau, soliden Anbauteilen und ausgewogenen Federelementen. Für Fahrer, die mit dem Rad gerne überall hochfahren wollen, sei ein kleines Kettenblatt mit 22t empfohlen, auch die 2,4er Conti Rubber Queen sind dem ein oder anderen eventuell zu dick – die gibt’s auch noch in 2,1. Bergab ist das Herb FR eine echte Trailrakete mit ausreichend Reserven im Heck. Will man ein stabiles Bike bei dem man leichte Abzüge im Uphill in Kauf nehmen kann, dafür aber die volle Packung Trailtauglichkeit von flowig bis ruppig bekommt, ist man mit dem Herb FR bestens bedient.

Defekte:

Nicht immer ist alles Schönwetter, auch mit dem Last hatten wir unsere Probleme.

Bevor es zur IBC-Klassenfahrt und Test-Tour nach Italien ging, gab es leider das erste Problem zu vermelden: Bereits Jens klagte in den Alpen über Probleme mit der Elixir-Bremse, die nach meinen ersten Probefahrten leider auch bei mir auftraten. Kannte ich die Elixir CR in identischem Setup mit bester Funktion zwar bereits vom Canyon, so überraschte mich das Modell am Last mit erheblich weniger Bremspower und trotz maximaler PadContact-Einstellung + Hebelweite einem kompletten Hebeldurchzug bis zum Lenker. Montagsmodell? Auf jeden Fall nicht gut und für Finale Ligure nicht ratsam!

Netterweise schickte uns Elmar Keineke von SRAM pünktlich einen Tag vor Abfahrt leihweise einen Satz Code-Bremsen (danke dafür!). Die Elixir wurden ausgetauscht und zur Begutachtung zu SRAM geschickt. Die Code-Bremsen arbeiteten daraufhin auch bei etwas längeren Abfahrten (<6km und 800hm ohne Pause) und einem Fahrergewicht von >100kg problemlos und solide. Bei der FR-Version möglicherweise direkt eine Alternative für das Komplettbike?

Die verbaute Rock Shox Lyrik funktionierte in Finale nicht ganz so, wie sie sollte. Das Losbrechmoment war hoch und die Gabel reagierte kaum auf kleinere Unebenheiten – unabhängig von High- und Lowspeed-Einstellung. Abhilfe schaffte eine baugleiche Lyrik, die wir als Ersatz mit dabei hatten – hiermit funktionierte alles perfekt.

Der Vivid Air Dämpfer war noch ein Vorserienmodell und machte „klockernde“ Geräusche, sobald er einfederte. Allerdings nur ein hörbares Manko: Die Funktion war davon nicht beeinträchtigt, der Dämpfer funktionierte perfekt.

Dazu noch etwas von uns:

Was Testräder und Defekte angeht wollen wir einerseits größtmögliche Transparenz bieten und keine wichtige Sache verschweigen, andererseits wollen wir so fair sein und die Entwickler bzw. Hersteller zu Wort kommen lassen. Defekte lassen sich manchmal nicht vermeiden und erst recht nicht auf sämtliche Produkte oder Modelle beziehen. Wir werden diesen Testbericht in Kürze um eine Stellungnahme von SRAM erweitern, in der auf die defekten Komponenten eingegangen wird. Hier schonmal in aller Kürze eine kurze Info zum Vivid Air:

Das “Klockern” des Dämpfers resultiert daraus, dass der in unserem Testbike verbaute Vivid Air noch ein Vorserienmodell war – die Geräusche werden also in der Serie nicht mehr vorhanden sein.

Weitere Infos folgen!

Gesamtfazit

Wir waren mit dem HERB FR nach unserer Dreiländer-Tour zufrieden: Bergauf ist es aufgrund des verhältnismäßig hohen, aber angesichts des primären Einsatzgebietes vollkommen vertretbaren Gewichts kein Bike zum Klettern, dafür dominieren bei der Abfahrt die Gene des großen Downhill-Bruders HERB FR, auch Freeridetouren sind mit dem HERB FR kein Problem. Der Rahmen ist solide, stabil und steif, die Front flach und die Abstimmung des Hinterbaus eher weich, gegen Ende progressiv: Das ist zunächst gewöhnungsbedürftig, bewirkt auf dem Trail aber auch in schnellen oder ruppigen Passagen ein durchweg kontrolliertes Fahrverhalten mit ausreichend Reserven. Tricksereien, Sprünge und Manuals waren problemlos möglich, hier machten sich die 175mm Federweg im Heck nicht negativ bemerkbar. Reifen und Bremsen waren gleichermaßen Licht und Schatten: Auf felsigen Trails auf Jens´ Touren war er pannenanfällig, in Finale und auf lockerem Boden konnte er überzeugen. Die Elixir CR funktionierten nur in der ersten Zeit der Testzeit gut, ließen in den Alpen stark nach und fielen stellenweise fast aus. Die anschließend montierten Avid Codes verrichteten ihren Dienst auch über längere Abfahrten sehr solide und bissig. Über die Gabel wurde bereits oben geschrieben – die verbaute Lyrik zickte etwas herum, die baugleiche Ersatzgabel funktionierte problemlos.

Kurzum: Wer ein stabiles Bike will und leichte Abzüge im Uphill in Kauf nehmen kann, dafür aber die volle Packung Trailtauglichkeit von flowig bis ruppig haben möchte, ist mit dem HERB FR bestens bedient.

Der Preis für das Komplettbike (Ausstattung ist oben in den Specs zu finden): 4199,-€

Noch mehr Bilder von Herb, Jens und Hannes:

Zu den Testern:

Johannes „Freesoul“, 24 Jahre alt, Fahrtechnikcoach und angehender Sportwissenschaftler. Kommt ganz ursprünglich aus der Skatepark-Fraktion und fährt seit 2002 aktiv Mountainbike: Freeride, Tour und Dirt/Street.

Jens “Grinsekater”, 29 Jahre alt, fährt seit 1998 aktiv und als Designer u. a. in der Radbranche tätig. Bei ihm fing alles mit Freeriden an, dann kamen mehrere Jahre Downhillrennen und ein wenig Dirt. Nun ist er vermehrt in den Alpen auf Hochtouren anzutreffen.

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Update 08.12.2010:

Ganz frisch haben wir von Last noch brandheiße neue Infos für das 2011er HERB FR nachgereicht bekommen:

– 2011 wird statt der Elixir CR eine Code R zum Bremseinsatz kommen.

– Die hintere Achse ist eine Eigenkreation von Last und keine Syntace X-12 (bereits oben korrigiert).

– Auch im Text korrigiert und bereits von aufmerksamen Usern im Thema angesprochen: Der Federweg beträgt mit dem Vivid Air 175mm.

– In Kürze gibt es ein alternatives Schaltauge und einen alternativen Adapter für die Discseite, so dass man auch 142mm breite X-12 kompatible Laufräder fahren kann.

– Das 2011er FR Komplettbike wurde bei Last (ohne Pedale) auf 14,6kg gewogen. Ein HERB FR unter 15kg wird also locker möglich sein…

– Die Specs zum neuen 2011er Modell sind hier zu finden.

Anbei noch ein Bild vom 2011er Komplettbike:

  1. benutzerbild

    Ehrenfeld

    dabei seit 10/2001

    Der Preis für das Komplettbike (Ausstattung ist oben in den Specs zu finden): 4199,-€
    .
  2. benutzerbild

    Ein alter Mann

    dabei seit 03/2005

    schnell reagiert oder ohnehin in planung gewesen? liest sich alles sehr gut smilie
    was wiegt der rahmen denn allein? sehr schwer kann er ja eigentlich nicht sein.

    Bereits in Planung gewesen.
  3. benutzerbild

    Moonboot42

    dabei seit 04/2007

    Dazu noch etwas von uns:
    Was Testräder und Defekte angeht wollen wir einerseits größtmögliche Transparenz bieten und keine wichtige Sache verschweigen, andererseits wollen wir so fair sein und die Entwickler bzw. Hersteller zu Wort kommen lassen. Defekte lassen sich manchmal nicht vermeiden und erst recht nicht auf sämtliche Produkte oder Modelle beziehen. Wir werden diesen Testbericht in Kürze um eine Stellungnahme von SRAM erweitern, in der auf die defekten Komponenten eingegangen wird. Hier schonmal in aller

    Welche Sattelstütze hat denn nun aufgegeben? reverb?
  4. benutzerbild

    Ehrenfeld

    dabei seit 10/2001

    Noch ein bisschen Geduld smilie Dazu wirds noch ein eigenes Review geben.

  5. benutzerbild

    rigger

    dabei seit 04/2003

    Ich hab mein Herb Jetzt mal ein paar mal durch den Wald gescheucht und muss sagen die Eindrücke die hier wiedergegeben werden kann ich voll und ganz bestätigen!!!! Geht gut bergauf und megageil bergab!!! smiliesmilie

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