Die Meldung vom Ende des traditionsreichen Downhill-Klassikers machte im November die Runde in unserem DH-Unterforum und kam für viele Fans des „Ritter-Sausen“ überraschend. Für die Macher der Veranstaltung war das Ende jedoch absehbar, die genauen Ursachen und Hintergründe legt uns Chef-Organisator Volker Krau im Interview dar.

(Fotograf: Thomas Dietze // Fahrer: Frank Schneider)

Hi Volker! Das traditionsreiche Rennen in Rittershausen wird seit 16 erfolgreichen nicht mehr stattfinden. Was waren die Ursachen und die Auslöser für diese Entscheidung?

Wie heißt es doch so schön: „Wenn es am schönsten ist soll man aufhören !!“ Im folgende zähle ich die Gründe und Auslöser für unsere Entscheidung auf:

1. Über die Jahre ist aus dem „Ritter-Sausen in Rittershausen“ fast ein Familienunternehmen geworden: Ich selber übernahm die Organisations-Leitung, meine Schwester Gudrun kümmerte sich um die Verpflegung, mein Schwager Rainer war der Streckenchef und der Rest der Familie war bei Startnummerausgabe, als Streckenposten etc. tätig.

2. Wir standen eigentlich schon 2010 vor dem Aus, nachdem der neue Vorstand des TSV 1920 Rittershausen e.V bei der Jahreshauptversammlung Anfang 2010 entschieden hatte dass in 2010 kein DH-Rennen in Rittershausen mehr durchgeführt wird !

Daraufhin habe ich meinen Abteilungsleiterposten hingeschmissen und wir entschlossen uns einen neuen Verein ( BikeSport Rittershausen e.V. ) zu gründen. Dies aber auch nur weil Rittershausen für 2010 mit der Austragung der Deutsche Meisterschaft beaufragt worden war.

3. Durch die geographische Lage bedingt hat Rittershausen generell eine sehr schlechte Infrastruktur. Rittershausen ist das nörtlichste Nest im Lahn-Dill-Kreis (Hessen). Die Grenze zum Siegerland (NRW) ist fast wie früher die Zonengrenze. Allgemein besteht sehr wenig Interesse für Fremdenverkehr und deshalb gibt es nur wenig Unterkünfte.

4. Gemeinde steht nur bedingt hinter dem Rennen. Finanziell bekommen wir keine oder nur sehr geringe Unterstützung. (Wir können die Mehrzweckhalle nutzen, die Halle wird aber 2011 renoviert), ebenso gab es keine gute Zusammenarbeit mit anderen örtlichen Vereinen. Wir hatten zum Beispiel Probleme mit Skiclub wegen Genehmigung der Nutzung des Starthanges und der Shuttle-Zufahrt.

5. Campingplatzkontrolle schwierig, Security teuer.

6. schwierige Zusammenarbeit mit örtlicher Presse und eine sehr schwierige Zusammenarbeit mit überregionaler Presse ( = 0 !! )

(nur einmal in all den Jahren hat sich der hessische Rundfunk erbarmt über das Rennen zu berichten: ca. 30 Sekunden in der Hessenschau !! ).

UND: überaus schwierige Zusammenarbeit mit der „Bike-Fachpresse“!!

(Die normalen Bike-Magazine berichten nicht weil Mountainbike-Rider Magazin als „Hauptsponsor“ auftritt. Die haben aber mit der Ausrichtung ihres eigenen Rennens in Winterberg so viel zu tun dass für die Berichterstattung der anderen Rennen kaum eine Seite übrig bleibt!).

7. Es wurde immer schwieriger Helfer zu finden (die Streckenposten z.B.wurden die letzten Jahre fast alle von einem ( Danke an Volker Jopp ) besorgt.)

8. es ist generell sehr schwierig Sponsoren und Unterstützer zu finden.

Aber die Hauptgründe sind:

Von den aktiven Fahrern und Jugendlichen des Vereins kommt fast nichts!

Ich hatte eine sehr drastisch geschriebene Mail an die Mitglieder des Bikesport Rittershausen e.V. geschickt und mit den entsprechenden Konsequenzen gedroht. Hier ein Auszug daraus:

„Ich persönlich mache nur weiter wenn kurzfristig ein paar gravierende Dinge passieren bzw. sich ändern !!

Zu aller erst: Wenn von denen für die ich (wir) uns ein Jahr lang den Arsch aufreisen nicht gewillt sind sich besser einzubringen ist endgültig Schluss!

Ich erwarte ein paar „zuverlässige“ Jungs ( und natürlich auch Mädels ):

– die mitmachen im Organisations-Team bei Planung und Organisation

– die Ideen haben und sie auch umsetzen wollen

– die bereit sind auch mal Verantwortung zu übernehmen

– die bereit sind auch andere zu motivieren

– die bereit sind auch mal einen Tag Urlaub vor oder nach dem Rennen zu machen Wir brauchen Leute die sich besser um Sponsoren und das „Geldeintreiben“ kümmern. Wir brauchen Leute mit Beziehungen zu Presse und Rundfunk.“

Das Ergebnis: Von 50 angeschriebenen Jungs haben nur drei reagiert, natürlich die, die eh immer helfen. Vielleicht haben auch viele geglaubt es wären nur leere Drohungen und es würde eh so weitergehen wie all die Jahre vorher. Achja: Heute (Fünf Monate nach dem Rennen) hängen immer noch einige Lautsprecher an den Bäumen!

Wie kann man sich die Finanzierung eines solchen Events vorstellen? Hat man im Nachhinein ein Minus zu verzeichnen oder kann man die Kosten decken?

Der Ertrag des Rennens steht in keinem Verhältnis zum Aufwand, wenn es zwei Tage regnet legen wir Geld drauf!

Die Kosten:

– Gebühren an UCI und BDR, um überhaupt ein Rennen veranstalten zu dürfen

– Gebühren, Übernachtung und Tagegeld für BDR-Kommissäre

– Veranstalterlizenz, Ausschreibungsgebühren

– Gebühren für Genehmigung an Land, Naturschutzbehörden, Forst,

– Haftpflichtversicherung

– Kosten für iXS Cup für Orga und Zeitnahme

– Kosten für Anti-Dopingkontrollen

– Preisgelder an Lizenzfahrer

– Sachpreise an Teilnehmer

– Pokale

– Notärzte und Rettungsdienst

– 10 Shuttlefahrzeuge mieten und tanken (fast 3000 km pro Wochenende)

– Präparieren der Strecke

– Trillerpfeifen, Flaggen und Warnwesten für Streckenposten

– Plakate und Flyer für die Veranstaltung

– Dixi-Toiletten leihweise

– Absperrungen leihweise

– T-Shirts für Helfer

– Streckenbeschallung und Streckensprecher

– GEMA-Gebühren

– Funkgeräte leihweise

– Genehmigungen Gemeinde für Schankgenehmigung ect.

– Müll-Entsorgung und Reinigung

Da kommt man insgesamt locker zirka 30.000 €!

Die Einnahmen:

Die Teilnahmegebühr bringen 40 € von jedem der 480 Starter.

Sonstige Einnahmen haben wir quasi nur durch die Bewirtung, ein paar Euro von Sponsoren und Standgebühren. Ergo: Die ganzen Jahre sind wir mit einem „blauen Auge“ (sprich nichts draufgelegt!) davongekommen.

Wir müssen als kleiner Sportverein aus einem kleinen Dorf mit Veranstaltern aus Fremdenverkehrshochburgen oder Bike-Park-Betreiber wie Winterberg, Willingen oder Bad Wildbad konkurieren die ihre „Verluste“ als Werbekosten abbuchen können.

Wie stellte sich die Zusammenarbeit zwischen euch als Veranstalter eines Downhill-Rennens und den zuständigen Behörden dar?

UCI: Keine direkte Zusammenarbeit, kassieren ihre Gebühr und stellen den UCI-Kommissär der den BDR Kommissären vorsteht

BDR: Stellen die verantwortlichen Kommissäre, Anti-Doping-Kommissar ect.. Die Vor-Ort-Zusammenarbeit war all die Jahre sehr gut. Ansonsten ist Downhill halt eine Randsportart im BDR

Gemeinde Dietzhölztal:

Genehmigt die Nutzung und zeiltweilige Sperrung der Gemeindewege

Genehnigt die Nutzung der Liegewiese am Stauweiher

Stellt uns die Mehrzweckhalle am Ziel zur Verfügung

Mitarbeiter der Gemeinde sorgen für Strom- und Wasserversorgung während des Rennens und für Straßenreinigung nachher.

Stellen Schankgenehmigung

untere Naturschutzbehörde (Landratsamt):

Stellt die „Naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung“

Hessen-Forst:

Genehmigt in Absprache mit den Jagdpächtern die „Nutzung von Waldflächen bzw.Waldwegen für Sportveranstaltung“

Haubergsgenossenschaft:

Genehmigt die Nutzung der Strecke durch genossenschaftlich genutze Flächen.

Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde und den zuständigen Behörden war all die Jahre wirklich sehr gut. Es ist halt immer wieder ein sehr großer Aufwand und man darf niemand vergessen. Die Genehmigungen werden nur unter der Auflage erteilt, dass es eine „Nichtkommerzielle Veranstaltung“ ist, deshalb dürfen wir keinen Eintritt erheben. Wir erhalten die Genehmigung auch nur für das Rennwochenende, ein Befahren der Strecke ist sonst nicht möglich.

Was sind die schönsten Momente, die du persönlich im Zusammenhang mit dem „Ritters Sausen“ hast?

Es hat mir immer super viel Spass gemacht. und ich habe in den Jahren viele tolle Menschen kennengelernt. Es war auch stets schön, wenn man von vielen begeisterten Teilnehmern positives Feedback bekam. Zudem hatte ich Möglichkeiten den deutschen DH-Sport etwas mitzugestalten.

Was hat dich während all der Jahre am meisten Nerven gekostet?

Das Meiste dazu habe ich weiter oben schon aufgelistet… Ansonsten das Häufigste: Auf den letzten Drücker hinter den notwendigen Helfern wie Streckenposten und Shuttlefahrern herzulaufen. Das Schlimmste: Immer mit dem absoluten Minimum an Finanzen und Helfern klarkommen zu müssen. Es hat nicht direkt mit dem Rennen zu tun, aber mich hat es immer fürchterlich geärgert, dass wir als „Randsportart“ so weinig Unterstützung und Anerkennung erhalten. Wenn beispielsweise die Fussballer im Ort (A-Klasse, geschätzte 53 Zuschauer pro Spiel im Schnitt ) wie selbstverständlich für 188.000 € von der Gemeinde ihren Kunstrasen erneuert bekommen – wir richten Deutsche Meisterschaften aus und haben Europameister in unseren Reihen und kein Schwein juckt es.

Ist das Ende absolut oder könnt ihr euch vorstellen mit einer anderen Bestzung zu anderen Bedingungen irgendwann wieder eine Bike-Veranstaltung in Rittershausen auf die Beine zu stellen?

Ich habe in meinen Absagen erstmal nur vom Jahr 2011 gesprochen, muss aber ehrlich sagen dass, wenn sich nicht wirklich einige Jungs „aufraffen“ und konstruktiv mitarbeiten, ich für die Zukunft des Downhill-Rennens in Rittershausen sehr schwarz sehe!

Wie sieht die lokale Bike-Szene in Rittershausen aus?

Die sieht eigentlich sehr gut aus. Durch die Neugründung des BikeSport Rittershausen e.V. haben wir die Probleme nicht mehr, die wir früher im TSV Rittershausen hatten als eine Rad-Abteilung in einem Verein mit Hauptinteresse auf Fussball. Jetzt haben wir fast 50 Mitglieder, davon 40 Aktive und davon ca. 15 Lizenzfahrer. Die allermeisten sind DH-Fahrer. Wir wollem im BikeSport Rittershausen aber offen für alle Bike-Sportarten sein.

Danke für das Interview und viel Erfolg mit eurem Verein in Rittershausen!

Christoph Lischetzki von Ride-Downhill.de hat von der DM 2010 in Rittershausen ein schönes Video mitgebracht:

IXS Rittershausen 2010 – Deutsche Meisterschaft Downhill: im IBC TV ansehen

Wie beurteilt ihr die Zukunft der deutschen DH-Szene – werden noch mehr Rennen sterben? Was sind eure schönsten Erinnerungen an das „Ritter-Sausen“?

  1. benutzerbild

    Kavierlein-FloH

    dabei seit 09/2005

    Schade diese Zeilen zu lesen, ich kann mich gut in Volkers Lage hineinversetzen.

    Nach fast sieben Jahren mussten wir im Oktober aus ähnlichen Gründen in Fürth das offiziell genehmigte Dirt- Gelände Kavierlein begraben, und das trotz idealer Infrastruktur (10.000qm mitten in der Stadt, Knotenpunkt zahlreicher Buslinien, Autobahnanschluss...)

    Nachdem die Handvoll "Gründerväter" weggebrochen waren (Umzug, etc.) diffundierte auch hier die Verantwortung ins Nichts. Zahlreiche ähnlich rabiate Drohbriefe änderten ebenso wenig an der Lage wie der unvermeidliche Verlust unserer Sponsoren (trotzdem ein dickes Danke an Marin für die lange Unterstützung!)

    Am Ende war das versicherungsrechtliche Risiko für den Verein RSC Fürth e.V., der dieses für uns beim BLSV übernommen hatte einfach nicht mehr zu tragen gewesen (lückenhafte Umzäunung, keine Kontrolle, ob unversicherte Fahrer das Gelände befahren, etc.)


    Manchmal denke ich tagelang darüber nach, was schief gelaufen ist, aber die Entwicklung war wohl zu schleichend und die Gründe zu vielschichtig, um es an einem Punkt fest zu machen. Bleibt zu hoffen, dass dies Ausnahmen und kein Trend sind.

    Ungewöhnlich deprimierte Grüße aus Stuttgart

    FloH

  2. benutzerbild

    derTollwutt

    dabei seit 01/2011

    ICH BIN FÜR EINEN DOWNHILL CUP 2012 IN RITTERSHAUSEN !!!

    Wer ist mit mir einer meinung DER CUP RITTERSHAUSEN ist jedes mall ein risen spaß
    eine einfach geile piste da.
    Darum bin ich für den CUP 2012 IN "RITTER - SAUSEN"in RITTERSHAUSEN

    VOLKER ich BITTE dich lass RITTERSHAUSEN CUP nich STERBEN
    es ist immer sau geil bei euch !

    WIR WOLLEN DEN CUP IN RITTERSHAUSEN 2012 SEHEN




    mfg: Kai Lohmann
  3. benutzerbild

    juweb

    dabei seit 01/2002

    u.a. Lieber Kai
    das ist ja schön, dass Du für einen DH Cup in 2012 in Rittershausen bist, nur sind das ja ganz viele. Sprich, die Starterzahlen waren in Rittershausen nie das Problem.

    Im Prinzip sagst Du nur ich will. Wie das kleine Kind. Ich will ich will ich will.

    Deshalb bringt eine Petition ja nix. Wollen tun ja alle, hinfahren, runterfahren, Shuttle hochfahren.

    Kennt Ihr die Geschichte von der Wiederbelebung?
    Einer beatmet bis zum umfallen. Der Patient lebt, ist aber auf weitere Beatmung angewiesen. Viele stehen herum und staunen. Dem Retter geht aber langsam die Puste aus.

    Da feuern ihn die Umstehenden an.

    Er holt nochmals Luft, motiviert.

    Doch irgendwann kann er nicht mehr.
    Er schaut in die Runde, sagt: „Jetzt ein anderer.“ Der Patient wird langsam wieder blau.
    Der Retter gibt nochmal alles.

    Dann zollt er seiner Kondition Tribut. PAUSE, mehr gezwungen von den Umständen als freiwillig.

    Da sagt einer in der zweiten Zuschauerreihe:
    „Jetzt lässt er ihn krepieren oder was?"

    Nein, der Retter macht nur einen Moment das was alle machen.

    Jeder, der nix macht lässt STERBEN. Ein paar Atemzüge könnte jeder opfern ohne das er ausser Puste kommt. Der Retter weiß was zu tun ist, kann andere anleiten, aber nur solange er noch Puste hat, um zu reden. Umstehende, überwindet die Angst vorm Helfen. Falscher machen kann man nix, denn der größte Fehler ist drumrumzustehen und zu labern.

    Ich habe mittlerweile meine Idee formuliert und bei ein zwei Fahrern vorgestellt. Ich bin sicher, sie würde funktionieren und könnte was für Rittershausen sein. Nur wem soll ich sie vorstellen? Wer hat Bock in Rittershausen weiterzumachen, ernsthaft? Diese Frage bleibt offen, racingmark und Tuete sind noch zu wenig.

  4. benutzerbild

    schweigi

    dabei seit 06/2004

    Bestes Race!Sehr Schade!!!

  5. benutzerbild

    Jochen_DC

    dabei seit 04/2005

    Kennt Ihr die Geschichte von der Wiederbelebung?
    Einer beatmet bis zum umfallen. Der Patient lebt, ist aber auf weitere Beatmung angewiesen. Viele stehen herum und staunen. Dem Retter geht aber langsam die Puste aus.

    Da feuern ihn die Umstehenden an.

    Er holt nochmals Luft, motiviert.

    Doch irgendwann kann er nicht mehr.
    Er schaut in die Runde, sagt: „Jetzt ein anderer.“ Der Patient wird langsam wieder blau.
    Der Retter gibt nochmal alles.

    Dann zollt er seiner Kondition Tribut. PAUSE, mehr gezwungen von den Umständen als freiwillig.

    Da sagt einer in der zweiten Zuschauerreihe:
    „Jetzt lässt er ihn krepieren oder was?"

    Nein, der Retter macht nur einen Moment das was alle machen.

    Jeder, der nix macht lässt STERBEN. Ein paar Atemzüge könnte jeder opfern ohne das er ausser Puste kommt. Der Retter weiß was zu tun ist, kann andere anleiten, aber nur solange er noch Puste hat, um zu reden. Umstehende, überwindet die Angst vorm Helfen. Falscher machen kann man nix, denn der größte Fehler ist drumrumzustehen und zu labern.

    smilie perfekte Umschreibung...

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