In dieser neuen Interview-Rubrik befragen wir Biker, die vor ein paar Jahren regelmäßig Präsenz in den Bike-Medien zeigten und irgendwann dann fast von der Bildfläche verschwanden. Den Anfang macht der ehemalige Vorzeige-Freerider der Hamburger Marke Bergamont, Jan Stötzer (auch bekannt aus dem Fernsehen).

(Aufmacherbild: Benny Priess / unitybikes.de)

Hi Jan! Vor ein paar Jahren warst du einer der Freeride-VIP’s in Deutschland und hast sowohl bei Contests als auch in TV-Beiträgen auf dich aufmerksam gemacht. Was ist seitdem geschehen, dass du fast von der Bildfläche verschwunden bist?

Naja, auf der Bildfläche bin ich natürlich immer noch – allerdings ist es beim Radfahren deutlich weniger bis ganz wenig geworden. Vor allem aus Events und Media-Geschichten halte ich mich komplett raus, zumindest was den „aktiven“ Teil anbelangt. Mein letzter Event war der Slopestyle bei den Dirtmasters 2009. Ich habe mich in der Zwischenzeit weiterentwickelt und bin gewissermaßen hinter die Kulissen gewechselt. Ich habe also noch viel mit den Subkulturen zu tun, allerdings nicht nur ausschließlich mit Mountainbiken. Fahren tue ich natürlich immer noch, wenn auch nur gelegentlich.

Hattest du denn damals zu einem gewissen Zeitpunkt schon den Plan irgendwann Vollzeit-Profi im MTB-Bereich zu werden?

Ich bin da eigentlich recht unbedarft herangegangen. Ich bin in vielerlei Hinsicht ein kompetitiver Mensch und hatte immer den Anspruch gut zu sein in dem was ich mache, Schule ausgenommen… Als die ersten Renn- und Contest-Erfolge kamen, gab es natürlich schon Ambitionen einen Schritt weiter zu gehen und professioneller zu werden – aber das Ziel „Mountainbikeprofi“ gab es in dem Sinne nicht. Außerdem kenne ich die Phasen, die ich durchlaufe und weiß, dass mich in der Zukunft immer auch andere Sachen gereizt haben und weiterhin werden. Von daher ist es für mich schwer sich sehr dauerhaft auf eine Spielart zu konzentrieren, doch genau das braucht man um Profi zu sein. Irgendwann habe ich mir mal die Bänder gerissen und von da an wusste ich, dass es für mich Grenzen gibt.

Aber nicht alle Freeride-Profis haben den Wettkampf- und Trick-Druck – Fahrer wie Rob J oder Mario Lenzen arbeiten viel mit den Magazinen zusammen und reisen viel. Wäre das nicht eine coole Möglichkeit für dich gewesen?

Ja, sicherlich. Mir haben Shootings und Filme immer Spaß gemacht, ich arbeite gerne mit Fotografen und Filmern zusammen! Es waren auch stets viele solcher Projekte dabei – ob nun durch die Mountainbike Rider oder das eine oder andere TV-Projekt. Aber da ich aus dem Racing komme fehlte mir auf Dauer die Competition…

Beim District Ride 2005 in Nürnberg durfte Jan als Vorfahrer das Publikum anheizen!

(Foto: Marc Brodesser)

Vermisst du denn nicht manchmal die Atmosphäre bei großen Wettkämpfen wie dem District Ride in Nürnberg?

Ja, auf jeden Fall! Das war immer fett, aber auch stressig. Besonders bei den großen Events gab es gute Tracks und ein hohes Niveau. Es hat Spaß gemacht mit den Top Guns zu fahren und zur besonderen Atmosphäre beizutragen, allein schon wegen tausender Zuschauer. Wenn man dem Druck dauerhaft standhalten möchte, muss man sehr fleißig, hartnäckig und resistent sein. Schaut man sich die Gesichter an, die über die letzten Jahre auch wieder gegangen sind, dann spricht das schon für ein schnelllebiges Geschäft.

Verfolgst du denn aktuell noch die Entwicklungen, wie beispielsweise die FMB-Tour, neue Trick-Evolutionen und die ganzen jungen Nachwuchs-Shredder, die alle schwierigen Tricks aus deiner Zeit im Halbschlaf beherrschen?

Ja, ich verfolge die aktuellen Entwicklungen – allein schon von meinem Job wegen her. Es ist Wahnsinn wie das Niveau gestiegen ist. Vor einigen Jahren waren einfache, gestandene Rotationen schon für vordere Platzierungen gut. Mittlerweile haben sich Style mit krassen Tricks, echt großen Drops bzw. Gaps vereint und vor allem viel Sicherheit gepaart. Klar, das ist eine logische Entwicklung im Action- Sport. Dennoch interessant das zu verfolgen. Da macht es auch wieder Spaß alte Videos zu schauen.

Die Tricks und Stunts wurden jedoch mit der Zeit wirklich immer krasser. Wie empfandest du diese Entwicklung, fühltest du dich da unter Druck gesetzt mitzuziehen?

Ich denke, dass es weniger der Druck war – mit dem kann ich eigentlich ganz gut umgehen. Vielmehr meine eigene Entwicklung in eine andere Richtung, beruflich als auch privat, also längerfristig. Um mithalten zu können müssen halt schwierigere Tricks her und ich war zu dem Zeitpunkt nicht bereit die Zeit zu investieren und vielleicht auch das Risiko einzugehen. Ich habe da Grenzen gesehen – nicht von der Fähigkeit, eher von der Bereitschaft her.

In Video- und Fotoproduktionen hat man dich häufig mit deinem Big-Bike gesehen, später wurdest du meistens auf deinem Dirthardtail gesichtet. Welches Bike fährst du momentan am meisten?

Ich bin eigentlich immer schon beides gefahren. Viele der Media Projekte waren auf das große Bike ausgelegt, was am Ende des Tages natürlich in den Köpfen hängen bleibt. Aber da ich sowohl in Hamburg als auch in NRW immer schon viel Dirt gefahren bin, war das Hardtail eigentlich mein treuester Begleiter. Momentan fahre ich am meisten im Nutbush Forest in Bergisch Gladbach (An dieser Stelle Grüße an die Crew…) und der Spot ist eher Big Bike bzw. Freeride-lastig. Außerdem liegen meine Hardtails momentan in Einzelteilen im Keller. Spätestens wenn es auf den Sommer zugeht und die Venushügel wieder aufgedeckt werden hole ich mein Dirtbike jedoch wieder raus!

Jan schwingt seine Beine zu einem stylischen Nofoot Can Can:

(Foto: Privat)

Bei Venushügel in der Nähe von Köln warst du auch als Erbauer tätig und der Spot wurde häufig in den Magazinen gefeatured. Stehen die Hügel noch und bist du noch an deren Instandhaltung beteiligt?

Tja, es war eigentlich immer die Idee die Hügel nicht so oft zu featuren und den Spot weitestgehend geheim zu halten. Aber ich denke, dass sich die Exposure in gesunden Grenzen hält. Klar stehen die Hügel noch! Jetzt ist allerdings Ralf (Anm. d. Red: Ralf Schupp, Allround-Biker und Venushügel-Erbauer) nach München gezogen. Da wir immer nur drei Venusgärtner sind, ist also ein sehr wichtiger Bauherr nicht mehr am Start. Ich denke, dass Aze und ich den Spot mehr öffnen werden. Die Hügel sind zu fett um nicht gefahren zu werden.

Andere damalige Mitstreiter von dir, wie Joscha Forstreuter haben ihre Skills als Fahrer und Streckendesigner kombiniert und somit eine zweite lukrative Tätigkeit abgedeckt. War das jemals ein Thema für dich?

Nicht wirklich. Ich war zu Anfang zu meiner Zeit in Hamburg immer mehr der Fahrer, weniger der Bauer. Das hat sich durch Ralf und Aze natürlich geändert, als wir gemeinsam das Projekt Venushügel starteten. Aber ich habe das mehr als Hobby, Spaß und Freizeit-Zone gesehen. Ähnlich einem Schrebergarten. Ich habe mal einen Track für einen großen Event mitgebaut, aber das war nicht so meins: Zuviele Meinungen und ein Veranstalter, für den die Show und das Branding im Vordergrund standen und die Fahrer eher zweitrangig war. Joscha hat vor allem mit den Pumptracks eine gute Nische für sich gefunden und bewegt sich sehr findig auf diesem Gebiet. Auch Markus Hampl ist für mich ein super Beispiel: Er fährt saugeil BMX und baut jedes Jahr innovative und maßstabgebende Dirts.

Welche Events und Reisen während deiner aktiven Zeit sind die in besonderes Erinnerung geblieben und was war so speziell an ihnen?

Das waren viele, hier die Wichtigsten:

– Adidas Slopestyle Saalbach 2004: der Freeride/Slopestyle-Hype kam quasi in Persona nach Europa und die deutsche Fraktion war mittendrin!

Red Bull District Ride 2005 in Nürnberg (Link: Bericht): geile Strecke und Fahren vor 40.000 Menschen – Wahnsinn!

– Whistler Crankworx 2005: das absolute Mekka des Radfahrens. Unglaublich viele und vielseitige Strecken, alles vom Feinsten, Bären, Natur. Mit Dieckmann, Forstreuter und Lenzen hatte ich eine entspannte Reisetruppe.

– Mein eigenes Projekt Dirty Campus an der Deutschen Sporthochschule Köln 2008 (Link: IBC-Bericht): Erste Schritte Richtung Event-Orga, geile aber schwierige Dirts, gute Fahrer, viele Menschen, viel Aufmerksamkeit – eine runde Sache.

Auch Backflips und 360s gehörten zu Jans Trickkiste…

(Foto: Privat)

Wie sehen deine Pläne für viel gute Momente auf dem Bike aus – gibt es Reiseziele, die dich als Biker besonders reizen?

Bei mir sind die Bikereisen etwas in den Hintergrund gerückt. Ich werde auch in Zukunft sicher noch auf dem einen oder anderen Event unterwegs sein; Entweder aktiv, als Zuschauer oder für mein Unternehmen. An die Northshore würde ich aber jederzeit wieder fahren! Die perfekte Reise ist für mich derzeit um mein Surfbrett, einen exotischen Beach- oder Reef Break und viele Bücher aufgebaut. Nach viel Arbeit brauche ich viel Zeit zum relaxen und das kann ich am besten am und im Wasser.

Danke für das Interview und viel Spaß und Erfolg im Jahr 2011!

  1. benutzerbild

    Alpine Maschine

    dabei seit 08/2004

    Na eben deswegen. Hätte ganz vorne mitmischen können und ist jetzt Normalo. Oder nicht? Fänd ich spannend. Bei den meisten, die sagen "hätte, wäre, wenn" muss doch nur gähnen ...

  2. benutzerbild

    S*P*J

    dabei seit 07/2008

    und was los mit "Super T" Tyler Klassen?

  3. benutzerbild

    Marc B

    dabei seit 07/2001

    und was los mit "Super T" Tyler Klassen?

    Der arbeitet bzw. ist Mitbesitzer der Bike Brewery, einem Bike-Shop in British Columbia. Leider hat er bisher alle Anfragen von uns ignoriert smilie

    Der Laden hat auch eine Webpage: http://www.bikebrewery.com/

    Ride on,
    Marc
  4. benutzerbild

    S*P*J

    dabei seit 07/2008

    thx, coole Sache...

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