Cortina d’Ampezzo in den Dolomiten – das klingt nach steilen Felsen, grobem Schotter auf ausgesetzten Trails, knackigen Downhills und leckerem Essen.
Was sucht das Bikerherz mehr?
Nun,… von diversen Fehlschlägen wissen wir, dass der Schein auch trügen kann. Genau aus diesem Grund sind Jens (Grinsekater) und ich über den Brenner gedüst und in den Dolomiten abgetaucht. Denn Cortina ist gar nicht so weit von Deutschland aus gesehen und die Dolomiten haben schon so manchen Trip zu einem Erfolg werden lassen.
Doch so einfach ist auch das nicht. Nach einem Stop und großem Bikeservice (zwei Bremsen, zwei Schalthebel, eine Sattelstütze und eine Federgabel… das macht insgesamt sechs Züge am Lenker, die erst mal miteinander verworren werden wollen…) in Brannenburg wollen wir erst noch mal ein bisschen auf deutschen Trails fahren und folgen Max’ Tipp für eine Tour über den Ausläufer der Alpen, den wir gerne wahrnehmen aber durch ein oder zwei falsche Abzweige mit einem Marsch durch eine Distelwiese beenden.
Sichtlicht zerkratzt und müde brechen wir wieder auf, um unseren Weg Richtung Cortina fortzusetzen. Leider kommen wir nicht weit, denn nach einigen Kilometern in der brütenden Hitze des frühen Nachmittages verabschiedet sich mit einem lauten Knall die Zylinderkopfdichtung des altersschwachen Astras. Und wir stehen mit Warnwesten und offener Motorhaube auf der Autobahn Richtung Innsbruck. Dumm gelaufen. Aber wir können den Motor ein wenig mit Mineralwasser herunterkühlen und kriechen, mit auf Anschlag laufender Heizung (gefühlte 90° im Auto), geplagt von drängelnden LKW-Fahrern, zurück nach Rosenheim, wo wir nach viel Telefoniererei am Freitag Abend noch einen Mietwagen organisieren können. Maxi wollte uns jedenfalls nicht helfen. Unser Hab und Gut laden wir also notgedrungen in einen schicken Dacia um. Wer das (Ex-) Auto von Jens kennt, der weiß, was sich hier hinter dem Wort „umpacken“ versteckt…
Mit viel Verspätung kommen wir dann doch noch sicher um 3 Uhr morgens in Cortina an.
Nach einer kurzen Nacht empfängt uns am darauf folgenden Morgen die warme Morgensonne von Cortina d’Ampezzo. Wenige Augenblicke später folgen wir auch schon gemeinsam mit unserer Journalistengruppe unserem Guide entlang der alten Eisenbahnstrecke. Wunderbar. Sie verläuft mit konstanter Steigung durch das Hochtal und ermöglicht es, schnell und bequem viel Strecke zu machen. Kurz darauf geht es jedoch schon steil den Berg hinauf und in Richtung der schroffen Dolomitengipfel. Denn da wollen wir hin.
Als Jens auf seinem Specialized SX mit 2-ply Maxxis Minions die Luft ausgeht, übernehme ich sein Rad und gemeinsam treten wir uns durch den lichten Wald den charakteristischen Schutthalden entgegen. Links und rechts verschwinden kleine Singletrails tiefer in den Wald hinein und doch werden wir an diesem ersten Tag keinen einzigen dieser Singletrails befahren.
Und dafür sind wir über die Alpen gefahren, vorbei an so vielen anderen schönen Bikegebieten? Da kann doch was nicht stimmen… Die Region Cortina d’Ampezzo hat für uns einige (auch geschichtlich) interessante Tourenvorschläge zusammengestellt, doch wer wirklich auf Singletrails Mountainibiken will, der stößt aktuell schnell an eine Grenze, die sich sehr deutsch anfühlt. „Offiziell gehören die Wanderwege den Wanderern.“ Kurz und knapp ist das Statement, das für uns vorerst den Spaß beendet.
Bei der abendlichen Präsentation schildern wir zusammen mit einigen anderen Pressevertretern die Wünsche der Mountainbikern nach Singletrails. Der Präsident des Tourismusverbandes ist sehr offen und schildert uns die Problematik, nach der es aktuell noch eine ähnliche Regelung wie wir es beispielsweise aus Baden-Württemberg kennen, gibt. Auf den schmalen Wegen dürfen sich eigentlich nur die Wanderer bewegen. “Hier sind wir noch ganz am Anfang und dürfen deshalb in der Öffentlichkeit keinen Hinweis auf die wirklich spannenden Wege geben.“ Doch die Verantwortlichen sind am Arbeiten. So soll möglichst schnell eine neue Lösung gefunden werden, die den Mountainbikern eher entgegen kommt und die Region dadurch zu einem sehr interessanten Pflaster werden. Aktuell entpuppte sich der “Panorama-Freeride” eher als eine “Panorama-Tour” auf gemäßigten Wegen mit ab und an einer kleinen Schotterabfahrt.
Jens und ich haben mit jedem so vernichteten Höhenmeter mehr gelitten. Als es dann tatsächlich mal schmaler und spannender den Berg hinab geht, müssen wir schnell erkennen, dass wir dem falschen Weg gefolgt sind und unsere Gruppe verloren haben, die währenddessen gemütlich einen Forstweg entlangrollt… selffulfilling prophecy?
Die wirklich spaßigen Wege sind also auf jeden Fall vorhanden. Bereits jetzt nehmen die Gondeln (nach Unterzeichnung eines Haftungsausschlusses) Biker mit hinauf auf die Gipfel der Dolomiten und von dort führen technisch-steile Trails die Hänge hinab.
Nach dem sehr guten Austausch zwischen den Verantwortlichen und der Presse am Vorabend führt uns der zweite Guide für den zweiten Tag genau auf diese Trails, denen wir am ersten Tag noch wehmütig hinterhergeschaut haben, als wir auf dem Schotterweg vorbeigefahren sind.
Und die Trailfahrt in den Dolomiten lohnt sich definitiv. In den höheren Lagen warten knifflige Trails, die im Mittelteil schnell zu flüssig fahrbaren aber nicht minder anspruchsvollen Waldwegen werden und sich kurven- und wurzelreich dem weiten Talboden entgegen winden. Im Zweiertrain schießen wir in steilen Rinnen den Berg hinab und unterqueren einen großen Wasserfall. Fuhren die Anderen uns bergauf teilweise davon, können wir nun umgekehrt nach den Abfahrten die unglaublich schöne Landschaft genießen bis alle eingetroffen sind.
Vor kurzen erreichten uns noch weitere interessante Neuigkeiten: Seit einigen Tagen wird an einen Bike Park am Col Drusciè gearbeitet und allem Anschein nach wird es drei Strecken geben. Eine davon soll sich konkret an Downhiller richten und sich an der Strecke der italienischen Meisterschaften aus dem Jahr 2007 orientieren. Auf den beiden anderen Strecken sollen weniger versierte vollen Freeride-Spaß geliefert bekommen bei entsprechend angepasster Geschwindigkeit. Um dem natürlichen Geläuf treu zu bleiben und den Bau zu beschleunigen sind keine größeren Erdverschiebungen oder Holzeinbauten geplant – hier wird es folglich echte Trails geben. Informationen über Öffnungszeiten oder Preise sind uns bislang nicht bekannt gemacht geworden, werden jedoch nachgeliefert, sobald sie verfügbar sind. Die Aussichten scheinen aber immer besser zu werden, da lässt nicht nur Jens ein bisschen Schotter spritzen!
Oder das Wasser…
… macht auf jeden Fall Lust auf mehr…
Bleibt nur noch ein Punkt zu klären: Was macht das Essen? Auch hier werden wir nicht enttäuscht. Nach dem fahrerischen Hochgenuss auf den verschiedenen Wanderwegen empfängt uns am Abend die regionale Küche mit allerlei Köstlichkeiten, die erstklassig zubereitet und teuer verkauft werden.
So zeigt sich, dass Cortina durchaus gut auf Touristen eingestellt ist. Schließlich sind die Skifahrer schon lange vor uns dort gewesen. Bis es bei den Mountainbikern offiziell so weit ist, wird es noch ein klein wenig dauern doch das macht nichts – schon jetzt kann inoffiziell einiges geboten werden und der spannenden Abfahrt hängt der feine Duft des Verbotenen an…
Weitere Informationen zu Cortina d’Ampezzo findet ihr hier online.
Für alle Genießer: Eine kleine Ewigkeit an schönen Bildern aus den Dolomiten!
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen
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Episch, oder? ;)
Es grüßen, Grinsekater Jens und Tobi nuts.
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