Spitzkehren fahren! Wer das Mountainbike seinem Einsatzzweck entsprechend benutzt, der dürfte Folgendes auf jeden Fall schon erlebt haben. Man ist auf einem flowigen Single Trail unterwegs, die Geschwindigkeit stimmt, der Spaßfaktor ist hoch, doch dann, wie aus dem Nichts taucht sie auf – die Spitzkehre, eng und auf zwei Rädern scheinbar unbezwingbar liegt sie vor einem. Was also tun, um sich den Flow von einer Spitzkehre nicht nehmen zu lassen. Harald Philipp erklärt es uns.

Grundlegendes zum Versetzten des Hinterrades: Nicht nur für Bikebergsteiger ist das Hinterradversetzen ein elementarer Bestandteil des Fahrkönnens. Jeder der sich regelmäßig auf Single Trails bewegt, sollte diese Technik beherrschen. Sie ist eine umweltschonende (trailschonende) und sichere Methode, jeden Trail ohne abzusteigen hinunter zu kommen, egal wie eng und steil er ist. Denn eines ist sicher, die Erbauer alpiner Wanderwege, aus einstigen Tagen, haben sicherlich nicht daran gedacht, dass ihre Wege eines Tages von Radfahrern genutzt werden. Und so sind viele Stellen dermaßen eng, dass sie mit einem herkömmlichen Kurvenfahrmanöver nicht bewältigt werden können.

Video: Spitzkehren fahren

Spitzkehren mit Harald Philipp von MaxiMehr Mountainbike-Videos

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Der Wahl-Innsbrucker Harald Philipp ist bekannt für seine extremen Bikebergsteiger-Touren. Auf diesen ist er auf das Hinterradversetzen in Spitzkehren angewiesen. Auf Bildern und Videos zeigt Harald spielerisch die halsbrecherischsten Manöver. Hier zeigt er uns, dass dahinter kein großes Zauberwerk steckt und jeder dieses Technik erlernen kann.

Übergeben wir nun das Wort an Harald Philipp:

Das Versetzen des Hinterrades ist zugegebenerweise keine einfache Aktion, doch der Schlüssel zum flüssigen Befahren von alpinen Wegen. Und außerdem ist der „Lupfer“ die naturschonenste Variante, um durch die Kehre zu kommen. Also eigentlich alternativlos.

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MTB-Fahrtechnik – Spitzkehren Fahren Schritt für Schritt

1. Du lernst deine Vorderradbremse beherrschen. Sie muss dein bester Freund sein, in allen Situationen. Vorher brauchst du gar nicht an den Lupfer denken.

2. Passt? Dann: Lernst du das Hinterrad anzuheben, ohne die Vorderradbremse zu benutzen. Am besten auf leicht abfallendem Untergrund. Körperspannung aufbauen -> in die Knie gehen -> Beine strecken -> HR kommt hoch. Achte darauf, dass du die Beine wieder anziehst, wenn das Hinterrad vom Boden abhebt. Dadurch bleibt deine Körperposition zentral. Achte darauf, dich NICHT nach vorne zu lehnen. Das Vorderrad rollt bei dieser Übung, eh klar, Du bremst ja nicht.

3. Üben, üben, üben… bis du dich richtig wohl fühlst dabei.

4. Jetzt machst du dasselbe, wie bei Punkt 2 und nimmst, als Unterstützung die VR-Bremse dazu. Vorsicht ist geboten, denn jetzt überlagern sich Bewegung und Bremsung. Beim falschen Timing oder zu groben Manövern schießt du dich schnell über den Lenker ab. Am besten übst du auf einer leicht abfallenden Wiese, dann fällst du notfalls weich. Du solltest grundsätzlich möglichst wenig und möglichst dosiert bremsen. WICHTIG: Nicht im Ebenen üben, alpine Kehren sind auch nie eben! Auch hier solltest du wieder darauf achten, dass dein Körper zentral bleibt (nie nach vorne lehnen!) und dass das Vorderrad weiter fährt, während das Hinterrad in der Luft ist.

5. Ist nicht einfach, drum: Üben, üben, üben… bis du dich richtig wohl fühlst dabei.

6. Das seitwärts Versetzen ist supereinfach, wenn du das richtige Timing erwischst. Das richtige Timing zu erwischen ist allerdings nicht so einfach…. Genau in dem Moment, wo das Hinterrad abhebt, lehnst du deine Hüfte dynamisch in Versetzrichtung. Dann fällt das HR ganz von alleine in die richtige Richtung. Am besten übst du auf einer Wiese immer im Wechsel rechts und links. Bei dieser dynamischen Versetz-Variante ist ein Pedalwechsel nicht sinnvoll, das heißt, dein bevorzugter Fuß steht immer vorne.

7. Wenn das funktioniert, achte darauf, dass dein Vorderrad in die Gegenrichtung zum Hinterrad lenkt. Also in die Kurve rein. Das passiert eigentlich auch völlig automatisch. Wenn nicht, dann führe deinen Blick bewusster „in die Kurve rein.“ Du musst dir natürlich eine Kurve denken. Also wenn das HR nach rechts schwenkt lenkt das VR nach links. Verstanden? Das Rad bleibt quasi komplett gerade, dreht sich als Ganzes und nicht um das Steuerlager.

8. Funktioniert´s? Hey wow, jetzt kannst du schon versetzten!!! Das machst du jetzt am besten immer und überall, auch in schnelleren Kurven, auf Forstwegen, beim Anhalten oder Rumblödeln. Und du kennst es schon: Üben, üben, üben… bis du dich richtig wohl fühlst dabei.

9. Jetzt suchst du Dir eine Kehre. Idealerweise keine allzu schwere. Eine, wo man auch noch durchfahren könnte.

10. Was genauso funktioniert wie beim Durchfahren einer Kurve, ist die Blickrichtung beim Versetzen in der Kurve. Also fahr ein paarmal ohne Versetzten durch die Kehre und führe deinen Blick ganz bewusst an der Innenseite der Kehre entlang. Orientiere dich an der Berme (Wegrand). Unterschätze das Thema Blick nicht, daran scheitert man später am ehesten

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11. Was beim Versetzen völlig anders funktioniert als beim Durchfahren, ist die Linienwahl. Statt „Außen-Innen-Außen“ heißt es jetzt „Innen-Innen-Innen“.

12. So hast du auch in ganz engen Kehren genügend Platz, um das HR rumzuschwenken und bist in der Ausfahrt so weit wie möglich weg vom Abgrund. Das hilft.

13. Timing kommt jetzt. Und da ist die Message klar und deutlich: so früh wie möglich! Du kannst sogar schon beim Abbremsen vor der Kehre einen leichten Lupfer einbauen. Dann stehst du auf jeden Fall in einer besseren Ausgangsposition als zuvor. Der angenehmste Punkt zum Lupfen ist meist, wenn du mit dem Vorderrad gerade in die Kehre einlenkst. Was du definitiv vermeiden solltest, ist zuerst versuchen die Kehre zu fahren und dann – wenn es nicht geht – entscheiden sie zu lupfen. Das wird nix.

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14. Versuche am Anfang am besten mehrmals hintereinander zu versetzen, das ist leichter, als ganz direkt mit einem einzigen Lupfer durch die Kehre zu stylen.

15. Üben, üben, üben… bis du dich richtig wohl fühlst dabei.

16. Wenns jetzt richtig gut klappt wirst du feststellen, dass die Bewegung leichter geht, wenn die Kehren steiler sind. Schön, oder? Wäre da nur nicht die Psyche, die alles schwerer macht wenn es steiler wird. Um hier konsequent zu bleiben und das Ding durchzuziehen hilft es, sich in dem Moment, in dem man versetzten will laut zu sagen: „Jetzt!“ Hört sich irgendwie lächerlich an, hilft aber tatsächlich.

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17. Der Moment ist sowieso sehr wichtig. Denn an diesem Punkt wechselst du auch deine „sichere Seite“. In einer Linkskehre ist der rechte Hang deine sichere Seite VOR dem Lupfer und der linke Hang deine sichere Seite NACH dem Lupfer. WÄHREND du lupfst, bist du in der Falllinie, und da musst du möglichst schnell wieder raus. Sei Dir bewusst, dass du „rum“ willst und zieh es konsequent durch. Wenn du zögerst, wirst du in der Falllinie bleiben und „aus der Kehre raus“ stürzen. Dann lieber zu krass rum wollen, denn „in die Kehre rein“ zu stürzen ist zweifelsfrei angenehmer.

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Viel Spaß beim Üben!

Quelle – Bild eins: MTB-News.de – Fotos der Woche / Foto von flowzero

  1. benutzerbild

    Promontorium

    dabei seit 12/2009

  2. benutzerbild

    Athabaske

    dabei seit 08/2008

    @Joe: aus berufenem Munde habe ich erfahren dass man Spitzkehren auch mit anderen Schuhen fahren/hoppeln kann...

  3. benutzerbild

    mw01

    dabei seit 01/2009

    @Joe: aus berufenem Munde habe ich erfahren dass man Spitzkehren auch mit anderen Schuhen fahren/hoppeln kann...

    ja, aber meines wissens nach nur mit richtigen berg-wander oder zustiegsschuhen!smilie
  4. benutzerbild

    thomas.h

    dabei seit 04/2009

    Jeder ohne Bergschuhe ist ein Trendy!

    smilie

  5. benutzerbild

    Athabaske

    dabei seit 08/2008

    Eher Shuttle Faker?

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