Eins für alles – der große MTB-News Alleskönner-Fahrbericht:

Die einen nennen sie Super-Enduros, die anderen geben ihnen den Namen Overmountains und wieder andere sagen Big-Mountain-Bikes. Ganz egal wie diese Gattung auch immer heißen mag, eins haben sie alle gemein – ein Federungssystem, durch welches sich das Bike während der Fahrt im Handumdrehen an die jeweiligen Bedingungen anpassen lässt. Wir haben uns die drei Paradebeispiele dieser Gattung ausgesucht und ihnen auf den Zahn gefühlt. Im Langzeittest mussten sich das Cannondale Claymore 2, das Kona CoilAir und das Scott Genius LT 30 beweisen. Wie sich die drei Probanden dabei geschlagen haben, erfahrt ihr in dieser dreiteiligen Fahrberichtserie. Teil eins der Serie ist bereits erschienen, nun dürft ihr euch an diesem, hier zu lesenden, zweiten Teil der Serie erfreuen. Teil zwei der Fahrbericht-Serie befasst sich mit den Praxisqualitäten unserer Testbikes. Ob die drei Alleskönner ihre Versprechen aus der Theorie halten können, erfahrt ihr im unten stehenden Praxistest.

[DDET Das Cannondale Claymore 2 in der Übersicht – bitte hier klicken!]

Cannondale Claymore 2 2011 – 14,3 kg – Größe M – 3.799 Euro

Ausstattung: Gabel – Fox 36 Talas R 180 / Dämpfer – Fox DYAT RT2 / Kurbel – FSA Afterburner 2-fach / Bremsen – Avid Elixir CR / Laufräder – Sun Ringle Charger Pro / Schaltung – Shimano SLX und XT / Lenker, Vorbau, Sattel, Stütze – Cannondale

Geometrie: Größe – M / Reach – 366 mm / Stack – 618 mm / Lenkwinkel – 65,5° (variabel auf 66,5°) / Sitzwinkel – 71,5° (variabel auf 72,5°) / Hinterbaulänge – 435 mm / Radstand – 1135 mm / Tretlagerhöhe – 346 mm / Federweg vorne – 140-180 mm / Federweg hinten – 110-180 mm [/DDET]

[DDET Das Kona CoilAir in der Übersicht – bitte hier klicken!]

Kona CoilAir 2011 – 15,6 kg – Größe 18″ – 3.299 Euro

Austattung: Gabel – Fox 36 Talas R 180 / Dämpfer – Fox Float RP23 / Kurbel – FSA Gravity MotoX 2-fach / Bremsen – Avid Elixir 5 / Laufräder – Easton Vice / Schaltung – SRAM X7 und X9 / Lenker, Vorbau, Stattel, Stütze – Kona

Geometrie: Größe – 18″ (M) / Reach – 412 mm / Stack – 608 mm / Lenkwinkel – 66° / Sitzwinkel – 73° / Hinterbaulänge – 448 mm / Radstand – 1195 mm / Tretlagerhöhe – 361 mm / Federweg vorne – 140-180 mm / Federweg hinten – 135-200 mm [/DDET]

[DDET Das Scott Genius LT in der Übersicht – bitte hier klicken!]

Scott Genius LT 30 2011 – 14,8 kg – Größe M – 3.599 Euro

Austattung: Gabel – Rock Shox Lyrik RLR / Dämpfer – Scott DT-Swiss Equalizer 3 / Kurbel – Shimano XT 3-fach / Bremsen – Avid Elixir 5 / Laufräder – Vr. Scott Nabe mit Alex Rims AM 44 Felge, Hr. SRAM X.9 Nabe mit Alex Rims AM 44 Felge / Schaltung – SRAM X7, X9 und Shimano XT / Lenker, Vorbau, Stattel – Scott / Stütze – Crank Brothers Joblin 4

Geometrie: Größe – M / Reach – 410 mm / Stack – 595 mm / Lenkwinkel – 66,5° / Sitzwinkel – 75,8° / Hinterbaulänge – 427 mm / Radstand – 1145 mm / Tretlagerhöhe – 360 mm / Federweg vorne – 140-180 mm / Federweg hinten – 0-110-185 mm [/DDET]

Eins für alles – Teil 2 – in der Praxis:

Grundsätzliches:

Cannondale Claymore: Das Cannondale besticht durch seine materialistische Optik und erweckt beim Ansehen auf Anhieb den Eindruck eines waschechten Freeriders. Legt man jedoch Hand an und hebt das Bike hoch, so erfährt man eine Überraschung, denn das schwerfällig anmutende Bike ist ein echtes Fliegengewicht in seiner Klasse. Mit leichten 14,3 kg soll es jedoch laut Cannondale auch im gröbsten Einsatz eine gute Figur machen. Beim Aufsitzen fällt sofort auf, dass die Medium-Version sehr klein ausfällt. Das Bike hat einen solch kurzen Reach-Wert wie sonst kaum ein Bike dieser Gattung bei gleicher Größe. Auch fällt schnell auf, dass die Front relativ hoch baut. Um dem Abhilfe zu schaffen drehten wir den Vorbau, gleich zu beginn der Testphase, mit der Kröpfung nach unten und platzierten das Spacerpaket über dem Vorbau. Somit ist das Cockpit zwar noch immer hoch, jedoch im vertretbaren Bereich. Das Set-up von Dämpfer und Gabel geht recht schnell vonstatten. Wichtig ist beim Dämpfer nur, die korrekte Vorgehensweise zu beachten, diese ist jedoch klar ersichtlich auf dem Dämpfer aufgedruckt. Nachteil des Systems ist, dass man aufgrund des hohen Luftdrucks, mit dem die beiden Kammern befüllt werden wollen, auf eine Spezialpumpe angewiesen ist. Die Werte für den gewichtsspezifischen Dämpferdruck sind auf dem Sattelrohr aufgedruckt, wodurch der korrekte Luftdruck schnell gefunden ist. Wir machten die Erfahrung, dass es besser ist, die Kammern immer ein wenig mehr zu befüllen als von Werk aus angegeben. Den Kettenblattschutz an der 2-fach Afterburner Kurbel kann man nur als wahren Reinfall beschreiben. Die billige und windige Plastikscheibe hält die Kette zum einen nicht auf dem Kettenblatt, da sie von diesem schlicht zu weit entfernt ist, zum anderen schützt sie das Kettenblatt auch nicht beim Aufsetzen, da sie beim ersten Bodenkontakt aufgrund der sparsamen Befestigung via mini Spax-Schrauben einfach ausreißt. Von einem Bike dieser Preisklasse kann man wohl erwarten, dass kein Kettenblattschutz aus dem Hollandrad-Zubehör verbaut wird. Der vermeintliche Bash-Guard war jedoch das einzige Bauteil, das nicht der hohen Preisklasse des Komplett-Bikes angemessen war.

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Scott Genius LT: Betrachtet man das Scott so könnte man schon auf den Gedanken kommen, dass es sich hier um ein potentes Enduro-Bike mit Freeride-Ambitionen handelt. Doch weit gefehlt, das Genius LT soll laut Scott ein langhubiges All-Mountain darstellen und für Einsätze in Bikepark-Manier gänzlich ungeeignet sein. Nun gut, im Bikepark muss sich solch ein Bike auch nicht zwangsläufig bewegen lassen, aber angemessene Abfahrtseigenschaften kann man wohl auch von einem All-Mountain erwarten. Die 185 mm Federweg am Heck gepaart mit einer RS Lyrik an der Front lassen diese Forderung, zumindest in der Theorie, wahr werden. Die Einstellung der Federelemente erfolgt eben so schnell und simpel wie beim Cannondale, dies liegt natürlich nicht zuletzt daran, dass sich der Equalizer und DYAD Dämpfer ausgesprochen ähnlich sind. Anders als beim Cannondale, sollte man die Werksangabe für den jeweiligen Luftdruck beim Equalizer Dämpfer immer ein wenig unterschreiten, da der Hinterbau sonst recht unsensibel ist. Durch den Twin-Lock-Hebel, der den Dämpfer ansteuert, betätigt man auch automatisch die Druckstufe (Low-Speed) der Lyrik. Was auf den ersten Blick recht clever erscheint, stellt sich im Gelände schnell als Fehlschlag heraus. Sofern der Dämpfer in die Abfahrtsposition geschaltet wird, wird auch die Druckstufe der Lyrik komplett geöffnet, wodurch die Gabel permanent wegsackt. Leider bringt auch das Aushängen des Bowdenzuges zur Druckstufe keine Besserung, da die Druckstufe via Rückholfeder immer wieder in den offenen Zustand geschaltet wird. Als fehl am Platze kann man wohl auch den 700 mm schmalen Lenker bezeichnen. Auch wenn nicht jeder von breiten Lenkern überzeugt ist, sollte der Erstbesitzer dennoch die Möglichkeit haben, das Cockpit auf seine Wünsche anzupassen, ohne dafür gleich wieder Geld investieren zu müssen.

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Kona CoilAir: Die Optik des CoilAir ist sehr speziell, das liegt nicht nur an der Kona typischen großen Wippe, sondern auch am tief im Rahmen platzierten Magic-Link. Dieser soll das Bike an jede Fahrsituation automatisch anpassen und das ganz ohne bewusste Handlung des Fahrers. Das Magic-Link-System verlangt jedoch nach einer exakten Einstellung, damit es effektiv arbeiten kann. Diese Einstellung ist leider nicht ohne Weiteres möglich. Die kleine Stahlfeder, die den Magic-Link im Zaum hält, kann wie bei einem herkömmlichen Stahlfederdämpfer vorgespannt werden. Erhöht man die Vorspannung, so bedarf es eines höheren Druckes, bis der Link einknickt. Das ist auch nötig, denn im Normalzustand springt dieser permanent, fast schon unkontrolliert hin und her, was das Bike zu einer echten Gummikuh macht. Leider hilft das Vorspannen der Feder auch nicht viel, da sich die Federplatte immer wieder löst, wodurch die Vorspannung verloren geht. Nachdem sich dies einige Male wiederholt hatte, bestand Handlungsbedarf. Kurzerhand wurde der Zusatzdämpfer ausgebaut und mit einer dicken Mutter hinter der Feder versehen, welche diese stetig vorspannt. Seit diesem kleinen Tuning funktioniert der Magic-Link tadellos und erfüllt seine Versprechungen. Die Ausstattung des CoilAir ist nicht die Leichteste, aber sie ist solide. Es wird schnell klar das die Qualitäten des CoilAir bergab zu finden sind. Leider machen sich der schmale Lenker und der lange Vorbau negativ bemerkbar. Der Gabel fehlt, wie auch beim Claymore, die Druckstufe, was sich beim Kona aufgrund des langen Hauptrahmens und der daraus resultierenden gestreckten Körperhaltung noch deutlich stärker bemerkbar macht.

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Testbedingungen:

Seit dem Fahrbericht des 2012er Specialized Demo haben wir eine neue Gliederung der Testbedingungen in unsere Fahrberichte aufgenommen. Bisher waren diese jedoch immer auf DH-Bikes ausgelegt. Für den Alleskönner-Fahrbericht haben wir die Testbedingungen folgendermaßen neu definiert. Die Bikes befanden sich über einen längeren Zeitraum in unseren Händen, wodurch wir die Gelegenheit hatten, alle Facetten eines Alleskönners ausgiebig zu testen. Sei es auf der täglichen Feierabendrunde, in alpinem Gelände bei schweren Bike-Bergsteiger-Touren oder gar bei dem einen oder anderen Enduro/Marathon-DH Rennen. Wie genau die Testbedingungen aussahen, entnehmt ihr unten stehender Auflistung.

Praxis #01 – Hometrails = wie schlägt sich das Bike auf der alltäglichen Feierabendrunde? / Trails mit Mittelgebirgscharakter / Vielseitigkeit

Praxis #02 – Bikebergsteigen = wie schlägt sich das Bike in alpinem Gelände? – bergauf tragen inbegriffen / technisch anspruchsvolle Alpin-Trails / Sicherheit und Kontrolle

Praxis #03 – Enduro = wie schlägt sich das Bike in grobem Gelände? / bergauf, bergab und immer mit Top-Speed / Geschwindigkeitsfaktor (erscheint im dritten Teil der Fahrbericht-Serie)

Praxis #04 – Bikepark (nur Kona und Claymore) = wie schlägt sich das Bike im Bikepark? / Sprünge, Drops, Felsen / Hardcore-Faktor (erscheint im dritten Teil der Fahrbericht-Serie)

Praxistest:

Praxis #01 – Hometrails: Die Hometrails zeigen in den meisten Fällen, ob ein Bike ein echter Alleskönner ist. Anstiege mit den unterschiedlichsten Neigungen zeigen, ob ein Bike gut klettern kann oder nicht. Immer wieder geht es rauf und runter auf der Hausrunde und meistens mit ordentlich Speed, denn in der Gruppe mit den Kumpels möchte jeder der Schnellste sein. Die vielen unterschiedlichen Abfahrten weißen schnelle, ruppige, langsame, technische oder gar sprunglastige Abschnitte auf. Eben eine typische Hausrunde mit Mittelgebirgscharakter. Hier kristallisieren sich die Fähigkeiten und Vorzüge der Bikes schnell heraus..

Cannondale Claymore: Auf der Hausrunde fühlt sich das Cannondale pudelwohl. Schon die Anfahrt zu den Trails über Straßen und Schotterwege gestaltet sich angenehm und zügig. Dank umgelegtem Hebel ist der Dämpfer in die straffe 110-mm-XC-Position (Elevate-Mode) geschaltet, das macht sich gravierend bemerkbar. Es geht kaum Antriebsenergie verloren und der Dämpfer ist von lästigem Wippen quasi befreit. In Kombination mit den erstklassig rollenden Reifen, den äußerst leichtlaufenden Sun Naben und der steifen Rahmen-Hinterbau-Konstruktion ist man in Windeseile am Ziel. Geht es auf den Trail, stellt sich die Frage, in welche Dämpfereinstellung man nun am besten wählen sollte. Unserer Erfahrung nach kann der Elevate-Mode auf harmlosen Trials durchaus beibehalten werden. Sobald es jedoch ruppig wird, ist besser in den sogenannten Flow-Mode zu aktivieren und den vollen Federweg zu nutzen, da anderenfalls die Traktion zu wünschen übrig lässt. Dank Lenkerhebel kann man jeden Anstieg blitzschnell in den Elevate-Mode schalten, um spritzig bergauf zu kurbeln. Die Absenkung der Fox Talas Gabel ist dabei fast schon überflüssig. Wird es jedoch steil, macht sich der flache Sitzwinkel bemerkbar und das Bike beginnt zu steigen, an diesem Punkte kommt das Talas-System zum Einsatz. Leider machen sich die 4-cm-Absenkung nur wenig bemerkbar. Geht es bergab ist das Cannondale sehr durchwachsen und präsentiert sich mit zwei Gesichtern, dazu jedoch in den nächsten Sparten mehr. Auf gemäßigten und flowigen Trails fühlt sich das Claymore am wohlsten. Hier besticht es durch Agilität und mit der Fähigkeit, Kurven mit Top-Speed zu bewältigen. Jede noch so kleine Welle und Kante kann als Absprung genutzt oder ausgesurft werden, denn der leichte Alleskönner ist schnell in der Luft und hat dank kurzem Hinterbau einen super Manual-Point. Wer also nach Feierabend mit seinen Kumpels in den Wäldern über Stock und Stein um die Wette fährt, der findet mit dem Claymore den idealen Partner.

Scott Genius LT: In Sachen Hometrails ist das Scott der Platzhirsch. Es lässt sich dank Twin-Lock effizient und leichtfüßig auch über längere Distanzen zu den Trails pedalieren. Schon die mittlere Einstellung des Twin-Locks, der sogenannte Traction-Mode, ist vollkommen ausreichend um das Bike ohne Energieverlust über längere Strecken zu bewegen. Die steife Rahmen-Hinterbau-Kombination und die durchdachten Antriebskomponenten runden dieses tourentaugliche Konzept ab. Gelangt man an einen steileren Anstieg, schaltet man den Twin-Lock-Hebel einfach in die letzte Rasterung und schon sind Gabel und Hinterbau blockiert, wodurch jede noch so steile Steigung ihren Schrecken verliert. Trotz voll ausgefahrener Gabel steigt das Vorderrad erst sehr spät, dies liegt am steilen Sitzwinkel des Genius LT, dieser ist auch für eine sehr effiziente Kraftübertragung beim Pedalieren verantwortlich. Nachteil des steilen Sitzwinkels ist, dass das Oberrohr sehr kurz ausfällt, wodurch man mit einer Körpergröße von 1,80 sehr gedrungen auf dem von Scott empfohlenen M-Modell sitzt. Auf dem Trail macht sich Ähnliches wie beim Cannondale bemerkbar. Der Hinterbau ist schnell überfordert, wenn es ruppig wird, das gepaart mit der schwammigen Gabel sorgt schnell für Unruhe. Verläuft der Trail entspannt und flowig durchs Gelände ist man mit dem Scott angenehm und fix unterwegs. Das Scott überzeugt mit seiner beachtlichen Leistung auf langen Strecken, das macht das Genius LT mit dem Plus an Federweg zum idealen Begleiter für Touren-Biker die es gerne etwas komfortabler haben.

Kona CoilAir: Mit dem CoilAir wird man auf den Hometrails ebenfalls schnell Spaß haben, doch leider ist der Weg dort hin deutlich mühsamer als mit den beiden Konkurrenten. Der Hinterbau schluckt trotz funktionierendem Magic-Link viel Energie, was schnell an den Kräften zehrt. Geht es aber ins Gelände, entfaltet das Magic-Link-System seine Magie. Bedingt durch die Tatsache, dass der am Magic-Link aufgehängte Hinterbau bei Hindernissen nach hinten ausweichen kann, hat man eine gigantische Traktion und einen erstklassigen Vortrieb. Kurze Anstiege sind ebenfalls kein Problem, auch wenn man feststellen muss, dass hier die beiden Konkurrenten deutlich überlegen sind. Geht es jedoch bergab, kommt dem CoilAir so schnell niemand hinterher, außer es wird eng und technisch, denn dann steht sich das Bike mit seinem langen Radstand selbst im Weg. Auch ist das CoilAir aufgrund des langen Hinterbaus längst nicht so agil wie seine Konkurrenten, was es beispielsweise deutlich schwerer macht, das Bike in den Manual zu ziehen. Die Fahrposition auf dem Kona ist gestreckt aber angenehm. Man steht und sitzt stets zentral über dem Bike, wodurch eine ideale Kraftverteilung auf die Räder resultiert, was schnelles Kurvenfahren deutlich erleichtert. Das CoilAir ist ein gutes Rad für diesen Einsatzzwecke, die erste Wahl ist es jedoch nicht.

Praxis #02 – Bike-Bergsteigen:

Praxis #02 – Bike-Bergsteigen: Beim Bike-Bergsteigen, einer „Disziplin“ die sich immer größerer Beliebtheit erfreut, ist der Aufstieg Mittel zum Zweck. Es geht nicht darum der Erste auf dem Gipfel zu sein, oder gar eine neue Bestzeit hinzulegen, sondern um die Herausforderung als Solches. Der Genuss steht im Vordergrund, daher muss das Bike nicht zwangsläufig ein echter Kletterkünstler sein. Viel wichtiger ist es, dass sich das Rad auch über längere Zeit angenehm tragen lässt. Bergab muss das Bike Sicherheit vermitteln. Auch hier geht es nicht um Bestzeiten, sondern um technisch sauberes und naturschonendes Fahren. Das Bike muss auch in steilem und ausgesetztem Gelände souverän die Kontrolle und dem Fahrer Rückmeldung über den Untergrund geben.

Cannondale Claymore: Ob Peter Denk bei der Konstruktion des Claymore bewusst an die Anforderungen des Bike-Bergsteigens gedacht hat? Wohl eher nicht, umso erstaunlicher ist es, dass das Claymore mit Abstand eines der besten Bikes für diese Disziplin ist, das wir je unter dem Hintern hatten. Die anfangs kritisierten Punkte, kurzer Hauptrahmen und hohe Front, erweisen sich beim Bike-Bergsteigen als großes Plus. Das Bike lässt sich spurtreu und kontrolliert durch jede noch so verwinkelte Passage zirkeln und verliert dabei nie den Halt. Bei diesen etwas langsameren Geschwindigkeiten fühlt sich der Hinterbau sehr wohl. Da die Federung recht straff ausfällt, gibt sie dem Fahrer stets Rückmeldung über den Untergrund, wodurch man sich sehr sicher und der Situation erhaben fühlt. Durch die hohe Front verlieren auch Steilabfahrten ihren Schrecken. Einziges Manko ist die Gabel, die aufgrund der fehlenden Druckstufe zum Wegsacken neigt. Das Claymore möchte über das Hinterrad gefahren werden, wodurch das Fehlen der Gabeldruckstufe oftmals nicht zu bemerken ist. Der für eine Zeit lang montierte Flatbar stellte sich schnell als Fehlentscheidung heraus, denn zu tief darf die Front beim Claymore nicht kommen, da sonst die angesprochene, rückwärtig verlagerte Körperhaltung nicht eingenommen werden kann, was wiederum zu einem unruhigen Fahrverhalten führt. Durch das tiefe Tretlager steht man quasi im Rahmen, was zusätzlich für ein sicheres und souveränes Fahrgefühl sorgt. Aufgrund des kurzen Radstands kommt das Kettenblatt nicht in die Verlegenheit, an Kanten und Stufen aufzusetzen. Das Cannondale ist der ideale Begleiter für alle Bike-Bersteiger, zumal es sich durch das voluminöse Unterrohr auch noch perfekt Schultern lässt.

Scott Genius LT: In Sachen Bike-Bergsteigen könnte das Scott theoretisch auch eine gute Figur machen, da es in vielerlei Hinsicht dem Cannondale relativ ähnlich ist. Der Knackpunkt sind aber die Federelemente, die im offenen Zustand kaum Rückmeldung geben und immer wieder durch den Federweg rauschen. Erhöht man den Luftdruck, ist das Ansprechverhalten denkbar schlecht. Es fehlt dem Dämpfer in Kombination mit dem linearen Hinterbau eine Low-Speed-Druckstufe, diese würde den Dämpfer im Zaum halten und die Performance enorm verbessern. Die Gabel ist zwar mit einer Druckstufe bestückt, kann diese aufgrund der Verbindung mit dem Twin-Loc Hebel im Gelände nicht nutzen. Mit einigen Modifikationen wäre das Genius LT durchaus ein gelungenes Gefährt für Bike-Bergsteiger. Ebenso wie das Claymore lässt sich auch das Genius LT angenehmen tragen – wobei dies aufgrund seiner überragenden Klettereigenschaften nur die letzte Option ist.

Kona CoilAir: Für Bikebergsteiger sind die Features des CoilAir nicht von nöten, eine variable Geometrie und eine automatische Federwegsanpassung werden hier nicht gebraucht. Da der Aufstieg ohnehin ab einem gewissen Punkt zu Fuß erfolgt, könnte man sich das Gewicht des Magic-Link lieber sparen, was dem Rücken sowie der Schulter sicherlich zu gute käme. Auch lässt sich das Kona nur schlecht auf die Schulter legen, denn die Kastenförmige Aussparung am Unterrohr, in welcher der Magic-Link sitzt, drückt ziemlich stark auf Schulter und Hals. Auch bergab bietet das Kona keine nennenswerten Qualitäten für Bike-Bergsteiger. Die gestreckte Fahrposition und der lange Radstand machen steile und verwinkelte Passagen zu einer echten Herausforderung. Das Kona bietet ohne Zweifel Qualitäten die ihresgleichen suchen, im Bereich Bike-Bergsteigen sind diese jedoch nicht zu finden.

Vorschau:

Im dritten und letzten Teil unserer Alleskönner-Fahrberichtserie erwarteten euch die Erfahrungen in den Bereichen Enduro und Bikepark, sowie eine vergleichende Analyse der Fahrwerke. Zu guter Letzt wird es selbstverständlich wir der letzte Teil der Serie auch noch ein abschließendes Resümee enthalten und die Erfahrungen mit den Bikes auf den Punkt bringen.

Es würde uns freuen, von euch zu erfahren, wie euch diese etwas detailliertere, daher auch umfangreichere und in mehrere Teile gegliederte Fahrbericht-Serie gefällt. Sollten die Fahrberichte in Zukunft immer so aufgebaut sein?

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Die Bilder in diesem Artikel stammen von Christoph Bayer, Jens Staudt und Maxi Dickerhoff.

  1. benutzerbild

    Sir Galahad

    dabei seit 03/2007

    Wenn die wg. Kritik beleidigt wären, würden sie schon lange nicht mehr im Forum schreiben. Eher wohl das hier:

    wahrscheinlich sind die superteile beim 3. Teil auseinandergefallen, da sie in der stabilität eben doch nicht den einsatzzwecken genügen, die die federwege ermöglichen.

    Siehe aktuelle mountain-bike, dauertest scott genius lt: Dauerprobleme mit den überzüchteten federelementen + unzureichende stabilität der anbauteile und lrs.

    Wer hat denn da "jehova" gerufen smilie

    [Bild]
  2. benutzerbild

    visualex

    dabei seit 09/2008

    Es dauert wohl noch ein bisschen bis der dritte Teil kommt. Maxi hat hier ein Statement dazu abgegeben: http://www.mtb-news.de/forum/showpost.php?p=9219952&postcount=135

  3. benutzerbild

    Amokles

    dabei seit 05/2009

    @ Sir Galahad

    weißte, nostradamus sagte: "noch lacht ihr, und wenn die welt untergeht dann werdet ihr an meine worte denken"

    es war durchaus mal schlechtes wetter zwischendurch aber im nachhinein lachen immernoch alle über ihn...

    @ all

    das es nochmal weitergehn soll find ich gut. und der neuseeland beitrag war natürlich ebenfalls fabelhaft.

  4. benutzerbild

    007harry

    dabei seit 10/2006

    Ich finde es auch super schade, dass der dritte Teil so lange dauert, da doch der Bericht einfach Spitzenmäßig ist.
    Ich hab mir nun mittlerweile das CoilAir gekauft und finde es den HAMMER!!!
    Das MagicLink funktioniert fabelhaft. Bergauf ist fast kein einfedern wahrnehmbar.
    Habe eine 170er Lyrik Gabel drin was das Gewicht etwas bessert. Das Gewicht ist mir aber noch nicht wirklich negativ aufgefallen. Auch bergauf nicht.
    Das einzige was ich derzeit bemängeln kann sind die Bremsen in Sachen ein- bzw. nachstellmöglichkeit und den etwas labilen Hinterbau. Evtl. liegt das aber auch an einer Verschleiß-Sache, der ich noch nicht auf den Grund gekommen bin.
    Ich würde mich extrem freuen, wenn ich lesen könnte wie Ihr das Coilair, speziell im raueren Gelände und losem Untergrund empfindet.

  5. benutzerbild

    chorge

    dabei seit 05/2002

    Also ich für meinen Teil bin mit dem Claymore extrem glücklich geworden. Ist der Hinterbau erstmal richtig eingestellt, saugt er jeden Kiesel weg. Die bemängelte hohe Front kommt mir im technischen Gelände sehr gelegen - fühle mich super sicher an hohen Stufen... Bergauf ist dank des Dämpfers kein Problem, und runter fährt sich das Bike fabelhaft. Hat den direkten Vergleich mit seinem Vorgänger (Helius FR '05) bei mir eindeutig gewonnen!

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