Nachdem wir im ersten Teil des Manfred Stromberg Interviews viel über das Alter, Mountainbiken und die Berge gesprochen haben, wollten wir noch mehr von Manfred, dem Fotografen, erfahren. Er fotografiert hauptsächlich für die MountainBIKE – Tests, Stories, Reisegeschichten, was so dazugehört. In einer guten Saison schafft er es auf drei bis vier Cover, es kommen auch immer mehr Aufträge aus der Industrie hinzu – Text ab für Teil 2.

Manfred hat durchaus einen spritzigen Fahrstil – Foto: Alex Pauck

Mtb-News.de: Wie bist Du denn Fotograf geworden?

Manfred Stromberg: Eigentlich bin ich auch über das Fahrradfahren zur Fotografie gekommen. Bei uns wurde in der Familie immer fotografiert, irgendwann hab ich mir eine Kamera gekauft und BMX fotografiert. Ich habe auch schon damals für ein deutsches BMX-Magazin gearbeitet, wodurch ich in eine professionelle Schiene kam. Nach dem Abi habe ich mich dann entschieden, Fotografie zu studieren, wurde an der FH Dortmund genommen und habe studiert bis mir das Radfahren wieder in die Quere kam und ich dadurch weniger fotografier habe. Ich muss gestehen, ich kam erst mit der Digital-Technik zurück und jetzt betreibe ich Fotografie wieder mit großer Leidenschaft.

Woran liegt’s?

Im Grunde sind das die gleichen Gründe wie beim Mountainbiken: Rauskommen in eine tolle Landschaft, mit Freunden unterwegs sein. Wenn es mal nicht die Freunde sind, sind es zumindest Mountainbiker – und die müssen deswegen eh ziemlich cool sein. Ich kann die Welt gestalterisch nutzen. Deshalb hab ich eine gute Zeit und mache meinen Job gerne. Ich denke da überträgt sich etwas von meiner Philosophie auf meine Bilder.

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Lichtgestalt des MTBSports oder doch nur Gegenlicht? – Foto: Ale di Lullo

Was macht denn für Dich ein gutes Foto?

Gutes Licht, gute Action und gute Komposition. Was ich oft versuche einzufangen, oder was man als meinen Stil bezeichnen könnte, ist, dass ich versuche den Mountainbiker in die Landschaft zu pflanzen und zu zeigen, wo er herkommt, wo er hinfährt, also den Trail mit drauf zu haben und die Verbindung von Aktion und Landschaft. Ist jetzt die Frage, ob man das als persönlichen Stil bezeichnen kann, denn das werden vermutlich 95% der Mtb-Fotografen von sich behaupten. Was eher mein eigener Style ist, dass ich extrem gerne Gegenlicht fotografiere. Sonne im Bild. Ich liebe einfach die Umrahmung, die Lichtkanten um Körper, lichtdurchschienene Blätter, dieses Licht finde ich viel spannender. Licht im Rücken finde ich total langweilig, da drehe ich mich tatsächlich häufig weg und suche ein anderes Motiv. Von 100 Fotos mache ich vielleicht 3 mit der Lichtrichtung. “Sonne im Rücken, das Bild wird dir glücken!” gilt definitiv nicht für den Herrn Stromberg.

Was wäre dann eine Weisheit von Herrn Stromberg für Hobby-Fotografen?

Die Weisheit hat sich schon rumgesprochen und ist auch in meinem Umfeld schon dankend angenommen worden: “Vordergrund macht Bild gesund!” Hab ich von Björn Hänssler, Kollege bei der MountainBIKE. Das ist ein Mittel, um dem Bild Tiefe zu geben. Zum Thema Gegenlicht: man muss immer drauf achten, was es in der speziellen Situation bewirkt. Allgemeine Aussagen sind echt schwierig. Ich liebe die Sonne direkt im Bild, aber das geht nicht immer, weil es sonst die Qualität bei Schärfe, Farben und Kontrasten zerreisst und nur Lens Blur erzeugt.

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Manfred Stromberg und Richie Schley reiten in den Sonnenuntergang von Finale – Foto: Ale di Lullo

Und mit wem bist Du am liebsten unterwegs?

Mit Tobias Woggon bin ich viel auf Reisen unterwegs. Mein kleiner Weggefährte, wie ich ihn nenne, hat immer gute Ideen, wo es hingehen könnte und ist bienenfleissig. Auf dem Rad halten kann er sich auch einigermaßen und ist immer so schön bunt. Harald Philipp hat einen eleganten Fahrstil und kennt sich sensationell in den Alpen aus. Für Bergabenteuer ist er der Mann. Richie Schley macht Spaß, da haben wir immer viel zu lachen. Max Schumann hat einen ganz eigenen Fahrstil, den kann man auf jedem Bild erkennen. Und mit allem zufrieden, solange er auf´s Rad kommt.

Dein Lieblingsmotiv, bitte:

Hochalpines Mountainbiken, fette Bergkulisse – deshalb bin ich auch in Innsbruck.

Canon oder Nikon?

Nikon. Schnell, Vollformat, rauscharm, bezahlbar, demontierbarer Batteriegriff. Aber das ist für mich keine Religion. Ich bin kein Technikfreak. Wofür ich mich wirklich begeistern könnte, wäre eine Kamera, mit der ich gleich gut fotografieren kann, die aber nur die Hälfte wiegt.

Wie sähe denn deine Traumkamera konkret aus? Ein iPhone mit Vollformatsensor?

Ich muss mit meiner Kamera nicht unbedingt telefonieren können…

Ich hätte gerne die gleichen Features und die gleiche Qualität wie jetzt, bei halber Größe und Gewicht. Und wenn ich schon mal beim Wünschen bin, hätte ich gerne ein Zoom Objektiv von 14 bis 300mm bei Lichtstärke 1,4 und einem Gewicht von 600gr ohne Kompromisse bei der Schärfe.

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Manfred Stromberg in den Dolomiten – Foto: Harald Philipp

Du bist also eher Minimalist als Materialist?

Ziemlich minimalistisch. Ich blitze nur sehr wenig, ich möchte die Motive natürlich rüberbringen und hab keine Lust auf einer Tour, wo ich das Rad 800hm trage, auch noch zwei Blitze mitzuschleppen. Da reduzier ich mich auf das Minimum. 11-12kg Rucksäcke machen weder bergauf noch bergab Spaß.

Das dann wäre?

Nikon D700, wenn ich richtig auf den Berg gehe und tragen muss ohne Batteriegriff. Dazu ein Fisheye, ein 16-35mm, ein 50mm und ein 70-200mm Objektiv. Das ist schon noch viel, deshalb gebe ich auch mal ein Objektiv ab und lasse es jemand anderen schleppen. Wenn ich für einen Job gebucht bin, packe ich aber doch noch 2 Blitze, Akkugriff und Stative ein. Viel mehr besitze ich nicht.

Sollte ein Bike-Fotograf denn selbst Biker sein?

Persönlich mache ich fast alles vom Fahrrad. Zum Spot, und von Spot zu Spot, fahre ich lieber auf dem Rad mit Rucksack. Dadurch kann ich einfach größere Strecken zurücklegen und zu mehr Locations finden. Man muss den Sport verstehen, da ist es natürlich hilfreich selbst zu fahren, aber das ist keine Bedingung.

Der typische Fotograf fotografiert mit Canon, fährt Volvo, trägt Rollkragenpullover und macht die Post auf einem Mac. Zu wie viel Prozent entsprichst Du diesem Klischee?

(lacht) Ich hab auch einen Mac, ansonsten aber Fiat Ducato, Nikon und Outdoor-Bekleidung – macht, denke ich, 25% Klischee-Fotograf. Haha…

Ich weiß aus sicherer Quelle, dass viele sehr gute Fotos auf Festplatten verbleichen, ohne dass sie je veröffentlicht wurden. Woran liegt das?

Es gibt sicherlich mehr gute Fotos, als es Magazinseiten gibt. Das ist die einfache Erklärung. Zumal natürlich jedes Magazin seine Ausrichtung hat, Fotos von Drops bringe ich nicht im Magazin für Tourenfahrer. Es gibt inzwischen eine Menge gute Fotografen, auch eine Menge Magazine, aber manchmal wollen auch Flaschenhalter getestet werden.

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Manfred rockt die Trails in Finale – Foto: Ale di Lullo

Traue keinem Foto, das Du nicht selbst gefakt hast – ein Satz, den Du unterschreiben würdest?

Also ich mache nicht allzu viel an meinen Bilder. Insofern betrifft mich das nicht so – aber man darf natürlich auch nicht denken, dass Fotografie die Realität wäre. Ich bearbeite auch nach, aber nicht mit allzu viel Effekt. Hier und da Stempel ich mal einen Wanderer raus (lacht).

Zeigen deine Bilder denn die Welt oder die Welt wie sie sein könnte?

Schon eher wie die Realität sein sollte, beziehungsweise irgendwas dazwischen. Ich vergrößere selten die Brüste vom Harald, und ich mach auch seinen Bauch nicht weg. (lacht)

Für die Aufträge aus der Industrie käme so was eher in Frage. Eigentlich ist es fürchterlich, die Leute nach ihrem Äußeren zu bewerten, aber es muss halt gut aussehen… Ich nehm` immer gleich Leute, die gut aussehen und fahren können!

Moderne DSLRs können fast alle ziemlich gut filmen – ein Feature, das Du benutzt?

Eigentlich nur, um mich als Fahrer filmen zu lassen.

Und wie gut funktionieren Parallelproduktionen von Foto + Video?

Das ist schon leicht mühsam. Als Fotograf ist man deutlich schneller, ein Motiv einzufangen. Viele Motive funktionieren nur als Film oder als Foto. Also muss immer einer warten und die Fahrer ganz schön viel fahren. Ich bevorzuge das einzeln zu machen, aber habe auch schon schöne Fotos bei gemeinsamen Produktionen gemacht.

Insgesamt habe ich den Eindruck, Du bist schon ganz gut rumgekommen – wo ist es denn am schönsten?

In Innsbruck! Zum Leben ist das nicht zu toppen, jedenfalls nicht für mich. Die Alpen sind allgemein extremst grandios. Die Dolomiten z.B., da schnallst Du ab was für eine Landschaft das ist. Das ist der Wahnsinn. Oder Zermatt in der Schweiz. La Reunion war auch einfach sensationell. Zum Gucken finde ich einfach imposante Berge am besten. Auch Utah und die Nationalparks der USA sind sehr beeindruckend. Es gibt noch so viel, was ich sehen will.

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Manred auf Reisen – Foto: Tobias Woggon

Und wo gibt es die besten Trails?

Der Einfachheit halber: in Kanada. Die Trails sind für Mountainbiker gebaut, bilden also die spaßigste Verbindung von A nach B. Hier in Europa sind die Wege schon da und bilden die praktischste Verbindung von A nach B. Dadurch fährt sich das ganz anders. Aber: In den Alpen kannst du auf jeden Berg gehen, in Kanada wirst du feststellen: Es gibt oft keine Wege. Vielleicht Schotterwege für die Holzwirtschaft, aber sonst nichts. In Europa sind die Wege kürzer, in BC sind die Trails sehr weit von einander entfernt. Demgegenüber könnte ich allein in Tirol bis ans Ende meiner Tage auf ständig neuen Trails fahren. Aber der Fahrfluss in Kanada – Wahnsinn.

Nervt die Arbeit beim Reisen eigentlich auch?

Natürlich etwas. Das nervigste ist meistens, das ganze Zeug mit zu schleppen. Und der Fahrfluss geht verloren. Als Fahrer würde ich auf einem geilen Trail viel lieber nur runter fahren, nicht dauernd anhalten und nach Fotos Ausschau halten. Und einen 8kg zu schweren Rücksack auf dem Rücken haben. Das ist ein bisschen schade. Ich denke zum Beispiel an La Reunion, wo ich sehr viel fotografiert habe. Ich hätte in der Zeit auch einfach Radfahren oder Surfen gehen können. Surfen ist da definitiv zu kurz gekommen. Da hätten wir 14 Tage lang jeden Tag großartig surfen können. Rausgesprungen ist aber nur eine einzige Mini-Session. Auf der anderen Seite wäre ich ohne die Fotografie wahrscheinlich nicht mal dort hin gekommen. Und die Arbeit an sich ist ja auch cool. Insofern wäre ich schön blöd mich zu beschweren, den besten Job der Welt machen zu dürfen. Irgendwann ist auch mal gut :)

Was macht Reisen aus? Kannst Du uns ein Erlebnis schildern, an das Du immer gern zurück denkst, von dem Du zehren kannst?

Das Handy klingelt. Harald erzählt, dass er das erste mal wieder Fahrrad fahren war und er sein Knie spürt.

„Ja Du, wir arbeiten hier jetzt grade noch… Du kannst ja jetzt zum Beispiel noch duschen… jajaja … Ja…. Ja. Fahr Du mal nach Hause…. Ja. Wir machen hier noch das Interview fertig und kommen dann vorbei.“

Manfred legt auf.

Prinzessin Harald. Mag nicht mehr herkommen, wir sollen zu ihm kommen. Aber er muss natürlich schon an sein Knie denken.

Und deine Reise-Story?

Achso. Du meinst die Geschichte, wo ich den Bär in den Schwitzkasten genommen habe um eine Gruppe von Mädchen zu retten? Also. Allgemein ist Reisen toll, weil man viele verschiedene Landschaften sieht, viele Leute trifft… ich war mit Tobi Woggon neulich in Irland, das war schwer lustig, weil wir sehr nette, witzige Leute kennen gelernt haben, Hilfsbereitschaft erfahren durften, und weitergereicht wurden durch Tipps, wo es cool ist – das war echt klasse. Und eigentlich läuft das immer so, die Menschen machen’s aus. Man sieht neue Dinge, erweitert seinen Horizont, bekommt neue Einflüsse. Was man so allgemein sagt, Reisen ausmacht. Genau das ist es auch.

Dein Tipp deshalb:

Offen sein, für alles was sich ergibt.

Bleibst Du für immer in Innsbruck oder kriegt Dich der Pott zurück?

Ne. Ich gehe davon aus, dass ich für immer hier bleibe.

Und wenn die große Liebe in Bremen wohnt?

Dann muss die wohl herkommen. Aber man weiß nie, was kommt. Es macht für mich allerdings überhaupt keinen Sinn mehr, im Flachland zu wohnen. Ich könnte mir höchstens noch einen anderen Ort in den Bergen vorstellen.

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Manfred im Sauwetter von Montenegro – Foto: Max Schumann

Welche Träume bleiben Dir?

Ich würde gerne noch Downhill-Weltmeister werden. Das dürfte auch ein Traum bleiben. Haha. Im Prinzip lebe ich gerade meinen Traum, aber da kann ich natürlich immer noch optimieren und erweitern. Irgendwann geht es dann um Familie, das ist auf jeden Fall noch ein Punkt, der angegangen werden will. Solange hab ich Spaß, und danach werd ich wohl auch noch Spaß haben. Soweit der Plan.

Interessanterweise habe ich Dich nicht beim Biken oder auf einem Bikeevent kennen gelernt, sondern beim Freeriden auf Ski – welche Sportarten treibst Du denn noch außer Biken?

Skifahren. Ganz klein bisschen noch Klettern, aber da komm ich kaum mehr zu. Und das war’s dann auch.

Durchaus auch fotogene Sportarten, oder?

Absolut! Mal schauen, ob ich diesen Winter mal Skifotos mache. Aber da ist der Wunsch selbst zu fahren noch sehr mächtig!

Dafür engagierst Du dich beim Mountainbiken auch für den Sport an sich – wie bringst Du dich bei der DIMB ein?

Da bin ich ein Bundes-Bertie. Im Ernst: Ich bin im Bundeslehrteam für den Bereich Fahrtechnik. Wir arbeiten intensiv daran im kommenden Jahr eine Mountainbike-Fahrtechnik-Trainer Ausbildung anzubieten. Wir haben gerade eine Woche zu fünft getagt und extrem rumgehirnt, wie man es am besten anstellt, um Fahrtechnik perfekt zu vermitteln. Das ist schon hoch interessant – gerade im Team. Ich hab diesbezüglich ja nicht den Stein der Weisen gefressen. Da führen einige Wege zum Ziel. Es ist es super interessant zu sehen, wie andere das angehen. Das Team ist spitze, und ich glaube unsere Arbeit wird echt gut.

Fotograf, Bundes-Bertie, Fahrtechnik-Lehrer, Enduro-Pilot – haben wir Dich so langsam weit genug gefasst?

Doch, ich glaube schon. Ich arbeite diesen Winter noch daran, auch Ski-Legende zu werden. Kann aber gut sein, dass ich das besser 20 Jahre früher hätte versuchen sollen. Haha.

Letzte Worte?

Mountainbiker: Versucht Wanderer nicht zu erschrecken, fahrt langsam vorbei und grüßt freundlich. Dann wird alles gut. ;) Ich danke für dieses Interview.

Das einzige was jetzt noch fehlt, sind bewegte Bilder davon, wie Manfred seine Bike-Schule leitet, lebt und Fahrrad fährt. Dank Tobias Woggon kommt hier noch genau dieser Clip, der das Stromberg-Gefühl ganz gut transportiert…


Bikeride von Max-Mustermann auf MTB-News.de

  1. benutzerbild

    ToniTaste

    dabei seit 07/2006

    Super Interview!!!

    "Mountainbiker: Versucht Wanderer nicht zu erschrecken, fahrt langsam vorbei und grüßt freundlich. Dann wird alles gut. smilie"

    So sieht´s aus smilie
  2. benutzerbild

    Dr.Hossa

    dabei seit 12/2005

    Klasse Interview!
    - der soll Innsbruck nicht so loben, sonst wandern noch mehr Biker hierher aus und verschrecken uns die Wanderer ;-)

  3. benutzerbild

    FloImSchnee

    dabei seit 08/2004

    ...und ich mach auch seinen Bauch nicht weg.
    Ahaha, also kam's tatsächlich noch rein... smilie
  4. benutzerbild

    nuts

    dabei seit 11/2004

    ja klar. Alles unzensiert für die Quote smilie

  5. benutzerbild

    ecafecar

    dabei seit 12/2006

    top-interview - klasse fotos - spannend!

    was'n das für ein lied im video am ende?

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