Vor einigen Jahren hat DT Swiss vom englischen Hersteller Pace die Federungssparte aufgekauft und damit den Einstieg in die Federgabelherstellung unternommen, nachdem die Dämpfer der Schweizer schon einige Zeit erfolgreich auf dem Markt mitgemischt haben. Die von Pace erworbene Technik ist danach weitestgehend unverändert unter DT Swiss-Label verkauft worden und damit sind auch die alten Probleme von Pace-Gabeln, die mit der durch die Zugstufe aktivierten Absenkung zusammenhängen, mit übernommen worden.

Im Frühjahr 2010 hat DT Swiss dann das erste in Eigenregie entwickelte Innenleben der Federgabeln vorgestellt und 2011 in einem letzten Schritt auch die alten Pace-Gabelkronen durch neu entwickelte Bauteile ersetzt. Somit sind seit der Saison 2011 Federgabeln auf dem Markt, die komplett bei DT Swiss entwickelt worden sind. Aus diesem Grund haben wir eine dieser von Grund auf neu entwickelten Gabeln über ein Jahr im Test gehabt. Hier kommt der Fahrbericht (oder neudeutsch = altenglisch „review“) zur All-Mountain-Gabel DT Swiss EXM 150 – mit niedrigem Gewicht, Kletterhilfe und neuer Dämpfung könnte die Gabel sich im Bereich der leichten Allrounder profilieren.

Technische Daten

  • Federweg: 150mm (130mm Version erhältlich)
  • Federung: Luft, ABS System (Auto Balancing Spring)
  • Dämpfung: Offenes Ölbad, Launch Control II System
  • Einstellungen: Luftdruck, Zugstufe, Low-Speed-Druckstufe, Federweg über Launch Control II System
  • Standrohre: 32mm Aluminium
  • Steuerrohr: 1 ⅛“ Aluminium, Länge 260mm (getapertes Steuerrohr erhältlich)
  • Krone: Aluminium, kaltgeschmiedet und CNC bearbeitet
  • Casting: Magnesium-Guss mit Torsion Box-Versteifung
  • Achse: 15mm Steckachse für RWS Schnellspannachse (9mm QR als Option)
  • Scheibenbremsaufnahme: PM 6″
  • Scheibenbremsengröße: max. 210mm Scheiben
  • Reifenbreite: max. 2,5″
  • Einbauhöhe: 525mm
  • Nachlauf: 40mm
  • Maximales Fahrergewicht: 110kg

Gewicht

Einsatzbereich

  • All-Mountain, Enduro (EXM steht bei DT Swiss für Enduro Cross-Mountain)

UVP: 719€

In der Hand
Im Vergleich zur Originalverpackung ist das, was man nach dem Auspacken in Händen hält, durchaus ein zierliches Stück Federgabel. Die EXM 150 wirkt in der Hand vergleichsweise schlank und auch die massiv ausgeführte Gabelbrücke auf der Rückseite der Tauchrohre mit „Torsion Box“ genanntem Versteifungselement ändert nichts an diesem Eindruck.

Gleichzeitig fällt direkt auf, dass diese Federgabel auch ohne den Einsatz von Carbon schon vergleichsweise leicht ist. Mit 1747g (mit ungekürztem Schaft) spielt die DT Swiss Gabel damit ganz vorne bei den 150mm Federgabeln mit und braucht sich in dieser Hinsicht nicht vor der Konkurrenz zu verstecken. Dennoch soll die „Torsion Box“ dafür sorgen, dass das leichte Casting sich nicht verwinden lässt. Gleichzeitig dient die „Torsion Box“ als Befestigungspunkt für die Bremsleitung, die so sauber geführt werden kann. Wer noch leichter fahren will, der bekommt die Gabel auch in einer Carbonversion.

Optisch macht die Gabel einen sehr hochwertigen Eindruck. Die Einstellhebel rasten mit feinem Klicken und sind strahlend eloxiert. Feine Lasergravuren zeigen eindeutig die Hebelstellung an und helfen dabei, das passende Setup zu finden. Hierbei ist positiv zu erwähnen, dass sich die Hebel des Threshold und der Zugstufe nur in einem kleinen Bereich verdrehen lassen und damit das nervige Schrauben an der Einstellung entfällt.

Die schlichte weiße Lackierung macht dabei keine Ausnahme und präsentiert die Gabel in schlichtem DT Swiss-Style. Im linken Standrohr befindet sich bei der EXM 150 die ABS-Luftfeder, bei der sich die Negativfeder automatisch an den Druck in der Positivkammer anpasst und dadurch den Einstellprozess angenehm verkürzen soll. Auf der rechten Seite der Gabel arbeitet die „Launch Control II“ genannte Dämpfungskartusche der EMX 150, die auf dem alten von Pace bekannten System basiert und es erlaubt, die Gabel in steilen Anstiegen durch ein Blockieren der Zugstufe in ⅓ eingefedertem Zustand abzusenken. Die Absenkung der Gabel wird durch einen Druck auf den großen roten Knopf am rechten Gabelholm und anschließendes Einfedern der Gabel aktiviert. Sollte in abgesenktem Modus ein harter Schlag die Gabel treffen, so öffnet sich die Blockierung automatisch wieder und gibt den vollen Federweg frei. Die Auslösehärte „Threshold“ kann dabei in fünf Stufen von sehr leicht bis vergleichsweise schwer eingestellt werden. Sinn hinter dieser Einrichtung ist es, dass die Gabel nicht im blockierten Modus über grobe Unebenheiten bewegt werden kann, was dabei helfen soll, die Dämpfungselemente vor Überlastungsschäden zu schützen.

Zusätzlich biete die „Launch Control II“-Dämpfungseinheit die Möglichkeit, die Zugstufe der Gabel durch Drehen des roten Einstellknopfes in 13 Stufen zu verstellen. Der Verstellbereich reicht von vollständig ungedämpft bis stark gedämpft – die sinnvollen Bereiche werden komplett abgedeckt. Am unteren Ende des rechten Tauchrohrs befindet sich der Einstellknopf für die Low-Speed-Druckstufe, über den die Dämpfung von langsamen Schlägen eingestellt werden kann.

Von Haus aus liefert DT Swiss die EXM 150 mit passender RWS-Steckachse in 15mm Durchmesser, die bekannt einfach funktioniert und gegen unfreiwilliges Lösen gesichert ist.

Auf dem Trail
Die Montage der EXM 150 erfolgt einfach und problemlos wie bei jeder anderen Federgabel auch und auch das Setup geht leicht von der Hand. Nach einer ersten Tour habe ich den Luftdruck gegenüber der Herstellerempfehlung leicht erhöht und auch die Low-Speed-Dämpfung etwas verstärkt, um die Gabel am Abtauchen in steilen Passagen zu hindern. Dank dem neu gestalteten Innenleben verdreht sich bei den aktuellen Versionen der Launch Control II Dämpfung nicht mehr die Zugstufeneinstellung, wenn der Uphill-Modus aktiviert wird – ein echter Vorteil gegenüber der alten Fehlkonstruktion, die ein willkürliches Verstellen der Zugstufe kaum verhindern konnte. Die Threshold-Einstellung habe ich erst nach einigen Touren das erste Mal verstellt und einen mittleren Wert gewählt, da die Gabel auf der leichtesten Stellung zu einfach öffnet und auf der härtesten Stellung zu schwer – die Mitte macht’s hier.

Mein Setup (65kg ohne Ausrüstung, Klick-Angaben immer von vollständig geöffnetem Zustand aus abgelesen)

  • Luftdruck: 6,0 bar
  • Zugstufe 6 Klicks von 13
  • Druckstufe 9 Klicks von 18
  • Threshold: 3 Klicks (von 5)

Druckempfehlung von DT Swiss

Wie funktioniert die Gabel mit diesem Setup? Um diese Frage sinnvoll beantworten zu können, habe ich im letzten Jahr viele Kilometer und Höhenmeter mit der EXM 150 zurückgelegt und bin insgesamt positiv überrascht worden. Während der erste Eindruck noch relativ weich und schwammig war, hat die Federgabel mit erhöhter Low-Speed-Druckstufe und höherem Luftdruck deutlich mehr Kontrolle vermittelt. Durch die sauber arbeitende Zugstufe vermittelt die Gabel einen guten Kontakt zum Boden, ohne zu viel Federweg zu verschenken. Gerade an einem leichten All-Mountain-Bike ist die Federwegsausnutzung besonders wichtig, da die modernen Geometrien immer mehr Tempo bergab erlauben und nicht ideal anpassbare Federelemente hier schnell den Spaß verderben.

Im Uphill funktioniert die Launch Control II Absenkung zuverlässig, bei mittlerer Ausrasthärte aktiviert sich die Federgabel am Trailanfang automatisch wie gewünscht. Im abgesenkten Modus bietet die Federgabel einen harten Restfederweg, der allerdings kaum Traktion aufbauen kann und nur aktiv wird, wenn viel Last auf der Vorderrad lastet. Ein etwas weicheres Setup könnte hier in steilem Terrain noch mehr Traktion bieten, doch wäre dann wiederum die Wippneigung größer. Hier hat man bei DT Swiss einen durchaus akzeptablen Kompromiss gefunden, der als reine Steighilfe empfehlenswert ist.

Was kann eine so leichte Gabel im Downhill?  Ein Gefühl, dass mir den gesamten Testzeitraum über nicht aus den Armen gehen wollte, ist eine leichte Verwindung der Gabel gewesen. Bei schnellen Abfahrten erzeugt das ein wenig mehr Fahrsicherheit, da sich die Gabel in einem gewissen Rahmen den Weg selbst zwischen Steinen hindurch suchen kann, doch nach den hohen Versprechungen der Torsion Box hätte ich ein steiferes Gefühl erwartet. Die Gabel ist bei Weitem nicht so weich wie es die meisten Federgabeln noch vor wenigen Jahren waren, doch im Vergleich zu einer Rock Shox Lyrik oder einer Fox 36 fühlt sich die DT Swiss ein gutes Stück weicher an. In Anbetracht der Masse und der dünneren Steckachse ist das auch kein Wunder – Fans von extrem steifen Gabeln sollten jedoch trotzdem besser erst probefahren und dann entscheiden.

Abseits der gefühlten Steifigkeit hat die Gabel im Downhill jedoch sehr gut funktioniert. Mit dem gegenüber der Werksempfehlung leicht erhöhten Druck (6,0 statt 5,6 bar) und der gewählten Low-Speed-Druckstufe ist die Gabel auch in grobem Geläuf nicht überfordert gewesen und hat meistens genug Restfederweg geboten. Im Falle eines Durchschlags hat die Gabel eine angenehme Endprogression, die hartes Durchschlagen mit beängstigender Geräuschentwicklung wirksam unterdrückt. Je nach Einstellung kann die Gabel so auch auf schnellen, steilen Strecken erstaunlich gut mit großvolumigeren Modellen mithalten. Trotzdem bleibt die Gabel im Kern eine All-Mountain-Gabel, die mit den oben genannten Konkurrenten nur indirekt konkurriert.

Langzeitbeobachtung
Innerhalb der letzten 14 Monate habe ich mit der DT Swiss EXM 150 keine Probleme gehabt, die wirklich nennenswert wären. Zwar ist an den Standrohren nach jeder Tour eine gute Portion Fett zu sehen, doch ist das hier austretende Fett nicht das Öl der Dämpfung und damit im Bezug auf die Funktion der Gabel weitestgehend zu vernachlässigen. In Anbetracht des sehr gutem Ansprechverhaltens dürften die Dichtungen jedoch ein wenig enger sitzen, denn wo Fett hinaus kommen kann auch Dreck mit hineingezogen werden. Aus diesem Grund habe ich diese „Undichtigkeit“ unter den negativen Punkten unten genannt.

In den letzten extrem kalten Tagen (Temperaturen unter -10°) ist ein weiterer Punkt aufgefallen, der in unseren Breiten in der Regel eher selten spürbar sein sollte: Das Verhärten der Gabel bei zu niedrigen Temperaturen. Vom unterkühlten Balkon kommend haben die Innereien der Gabel einige Meter Abfahrt gebraucht, um wie erwartet zu funktionieren. Davor ist die Gabel übermäßig straff gewesen, was sich jedoch legt, wenn die Temperaturen sich stabilisiert haben. Hier fällt auf, dass das niedrige Gewicht auch durch eine kleine Ölmenge erkauft worden ist. Im Umkehrschluss – und das ist deutlich wichtiger – hat die Gabel auch bei langen Abfahrten im Sommer keinerlei nachlassende Dämpfungswirkung wegen Überhitzung gezeigt!

Fazit
Von den alten Pace-Tagen ist nichts mehr zu spüren: Die DT Swiss EXM 150 15mm ist nicht mehr nur leicht, sondern kann mit durchdachter Absenkung und einfach einstellbarer Technik auch auf dem Trail überzeugen. Gerade die Low-Speed-Druckstufe ermöglicht hier eine feine Anpassung an die individuellen Vorlieben. Was jetzt noch fehlt ist eine etwas dickere Ausführung mit 160mm, mehr Steifigkeit und dennoch niedrigem Gewicht.

Pro

    + Gute Performance von Federung und Dämpfung

 

    + Niedriges Gewicht

 

    + Einfach Einstellbar

Contra

    – Steifigkeit könnte noch höher sein

 

    – Geringes Ölvolumen sorgt für Temperaturabhängigkeit des Dämpfungsverhaltens bei kalten Temperaturen.

 

    – teilweise viel austretendes Fett

Bildergalerie DT Swiss EXM 150 15mm
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Bilder von Tobias Stahl, Thomas Schreiber und Fabian Baretzky

Weitere Informationen zur DT Swiss EXM 150 15mm Federgabel findet ihr auf der Homepage von DT Swiss.

  1. benutzerbild

    Toolkid

    dabei seit 04/2011

    Servus,
    bei meiner EXM150 ist der blaue Zapfen am unteren Ende der Gabel (lt Recherche die Low Speed Druckstufe) nicht einstellbar...
    Ist er zu stark, bist du zu schwach oder er ist defekt.
    Servus,
    bei meiner EXM150 ist der blaue Zapfen am unteren Ende der Gabel (lt Recherche die Low Speed Druckstufe)...
    ein Aufkleber mit "+Compression-" daneben angebracht ist.
    Den wirklichen Sinn sehen ich eh nicht. Der Rebound wird oben eingestellt. ...
    Verstehst du nicht, was ein LS Compression Damping ist oder warum der Knopf bei dir nicht drehbar ist?
    Rebound Damping ist die Zugstufendämpfung (reguliert Ausfedergeschwindigkeit).
    LSCD ist die Druckstufendämpfung (reguliert Einfedergeschwindigkeit).
  2. benutzerbild

    08-15

    dabei seit 10/2008

    So ähnlich hab ich das verstanden:
    Oben rot Zugstufe (Ausfedergeschwindigkeit)
    Unten blau Druckstrufe (Einfedergeschwindigkeit)
    Der Lockouthebel (Ring oben) reguliert die Schwelle, wann die Gabel wieder aus der versenkten Stellung ausfedert.

    Nur dass bei mir
    a) die automatische Auslösungs nicht funktioniert. Selbst wenn ich das Bike mit voller Wucht mit dem VR auf den Boden kloppe.
    Muss den Knopf mit sanfter Gewalt rausziehen.

    b) der Blaue Knopf sich nicht drehen läßt.

    Gabel kaputt oder ich blöd?

    Danke 08-15

  3. benutzerbild

    08-15

    dabei seit 10/2008

    Hi. Beide Probleme sind gelöst.

    Ich habe die Schraube (2.5er Inbus) mit der das blaue Druckstufenverstellrad befestigt ist, gelöst und es war dann beweglich (mit einer ca 20 Stufen Rastung). Nach Festziehen der Schraube war es immer noch beweglich.



    Nach dieser Aktion ist auch die automatische Auslösung der versenken Gabel funktionstüchtig.

  4. benutzerbild

    TOM4

    dabei seit 06/2009

    Hallo,

    gibts aktuelle erffahrungen zu der gabel? Wäre gerade ein gutes angebot im wwwsmilie u d da meine 44er beim service ist und ich eventuell an eine 2/ersatzgabel denke, würd sich die dt anbietensmilie

    Hat eventuell auch wer erfahrung bzgl. ansprechverhalten zw. der dt und einer 44er marzocchi? bin nämlich schon verwöhnt von der 44ersmilie

  5. benutzerbild

    08-15

    dabei seit 10/2008

    Sagen wir mal so: ich hab meine verkauft smilie
    Schlecht ist sie aber nicht. Die Meinungen gehen etwas auseinander.
    Vielleicht war ich aber auch zu blöd, sie richtig einzustellen, oder es war was defekt. Mehr Infos hier

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