(english version available! see below!)

Kaum eine Disziplin im Mountainbike-Sport wächst aktuell so stark wie Enduro – in anderen Teilen Europas schon länger etabliert, sind die neuartigen Rennformate in Deutschland noch relativ neu. Auch die UCI hat den Trend der Zeit erkannt und plant für 2013 einen Enduro World Cup. Einerseits eine positive Nachricht für viele Fahrer und Fans der Disziplin, andererseits wird die Entwicklung auch kritisch betrachtet – es wird befürchtet, dass die Disziplin ihren ungezwungenen, entspannten Charakter verlieren könnte. Beim Cannondale Teamcamp in Finale Ligure konnten wir zwei der erfolgreichsten Endurofahrer zur Thematik befragen. Viel Spaß beim Doppel-Interview mit Allmountain-Legende Mark Weir und dem 2010er Megavalanche-Gewinner Jerome Clementz.


Mark Weir und Jerome Clementz

MTB-News: Mark und Jerome, wie geht’s euch?

Mark Weir: Mir geht’s gut, denn ich bin grad an einem sehr schönen Ort. Außerdem bin ich grad in unser neues Haus gezogen, nachdem das alte zwei Jahre vorher vollständig abgebrannt ist – also mussten wir das neue komplett neu bauen, was eine ziemlich langwierige Sache war. Direkt vor dem Trip hier bin ich also reingezogen, jetzt geht’s mir schon wieder ganz gut.

Jerome Clementz: Mir geht es auch nicht schlecht – ich habe heut morgen einen kleinen Kratzer beim Fahren abbekommen, aber das gehört halt dazu.

Die Leute, die die Enduro-Szene ein bisschen verfolgen, kennen eure Namen höchstwahrscheinlich. Im Fall, dass es jemanden gibt der euch noch nicht kennt – wie würdet ihr euch gegenseitig beschreiben?

Mark: Jerome ist…er IST der Berg. Egal was der Berg macht, für Jerome ist es machbar. Und er macht dies mit einer Geschwindigkeit, die nicht viele Leute fahren können. Er fährt smooth, er macht keine Fehler, er hat einfach einen speziellen Fahrstil. Als ich vor neun Jahren das erste Mal zu der Enduro-Serie nach Frankreich kam, sagte Jerome immer „Kopf hoch!“, weil wir in den USA immer eher Richtung Boden guckten und nur schmale Trails gefahren sind – und dann siehst du einfach nicht alles. Jerome hat regelrechte Fischaugen, er sieht alles drumherum. Und dieser Blick auf den Trail und dazu der Fahrstil – so was habe ich vorher noch nicht gesehen. Er fährt einfach so smooth!

Jerome: Mark ist ein bärenstarker Athlet und ein kompletter Allrounder. Er fährt verdammt schnell bergauf und kommt auch überall ziemlich schnell runter…er kann so ziemlich alles mit dem Bike anstellen.


Abendstimmung in Finale: Mark Weir auf dem Trail

In den letzten Jahren wart ihr beide auf unterschiedliche Art und Weise ziemlich erfolgreich. Was waren für euch persönlich die wichtigsten Erfolge und was sind eure Ziele für die Zukunft?

Mark: Naja, die größten Erfolge…sicher meine ersten Plätze beim Downieville (Downieville Classic – die All Mountain World Championships, Anm. d. Red.), acht Siege in zehn Jahren. Ein Rennen so oft hintereinander zu gewinnen – das ist, als würde man aus zehn Freiwürfen beim Basketball achtmal treffen. Du weißt, dass es eigentlich nicht geht! Das war schon ein ganz großes Ding für mich. Es waren bis letztes Jahr relativ kleine Rennen – dann aber wurde es langsam richtig groß.

Ansonsten versuche ich, die jüngeren Fahrer im Team, Ben und Taylor (Ben Cruz und Taylor Smith, Anm. der Red.) zu pushen und ihnen zu zeigen, dass das Biken wirklich eine Zukunft sein kann – wenn du hart dran arbeitest. Die ganze Geschichte ist sehr fragil und es ist schwierig, bis zu diesem Punkt „Profi“ zu kommen. Und du wirst halt nicht die ganze Zeit unterstützt, die Jungs begleiten dich auch nicht ein Leben lang – man muss sich das alles verdienen und dranbleiben. Das Leben als Pro-Biker ist mit viel, sehr viel Arbeit verbunden. Und die Bezahlung ist vielleicht nicht die, die du dir dein ganzes Leben lang vorgestellt hast, aber der Lifestyle und das Drumherum sind einfach toll. Du als Journalist weißt, was ich meine!

Jerome: Ich denke, mein größter Erfolg ist es, vom Mountainbiken leben zu können. Ich lebe meinen Traum, reise viel, fahre Rennen, lerne neue Leute kennen…und dieser Sport erlaubt mir, das alles zu tun. Was die Ziele angeht: Ich möchte Profi bleiben, viel reisen und neue Orte kennenlernen – und nicht zuletzt einer der besten Fahrer meiner Disziplin sein, dafür arbeite ich hart.

Ich setze mir keine Ziele nach dem Motto „dieses Jahr will ich die Megavalanche gewinnen“, ich gebe halt einfach mein Bestes und dafür trainiere ich. Ich gehe biken, ich entwickle Bikes mit. Wenn ich ein Rennen gewinne, ist das großartig. Aber wenn ich nicht gewinne, ist es auch kein Weltuntergang – solange ich dranbleibe und mein Bestes gebe.


Drop an der Küste: Jerome Clementz

Der ganze Enduro-Sport wird sich in naher Zukunft in einigen Punkten verändern. Was denkt ihr über die Pläne, die die UCI nun durchsetzen möchte? Wird der geplante Enduro World Cup interessant für euch sein?

Mark: Schwer zu sagen. Enduro ist für mich wie eine Gemeinschaft, ein Soul-Event. Auch das ist wieder sehr fragil: Der Lifestyle, das Image, die Reinheit. Ich hoffe, dass die das beibehalten können, damit es nicht in ein „ich muss am Dienstag vor Ort sein, um den Kurs zu üben“-Ding umgewandelt wird. Das würde es mir irgendwie vermiesen, weil ich diese „Erstbefahrung“ der Trails mag. Und, dass ich mit meiner Familie bis Freitag zusammen sein kann, um am Samstag das Rennen fahren zu können und zu wissen, dass ich keine Trainingsläufe verpasst habe. Also wie gesagt – es hat seine Vor- und Nachteile.

Es ist gut für die Jungs aus den USA, weil die aktuell keine einheitliche Richtung haben. Enduro ist in den USA sehr stark gestartet, aber es gibt trotzdem Mängel: Die Veranstalter interpretieren die Rennen jedes Mal anders – was zwar auch Enduro ist, klar. Dennoch: Die XC-Fahrer hatten den Super-D – der als Enduro gedacht war – in ein CC-Event verwandelt, aktuell geht Downhill sehr steil, sodass wir eher in ein Downhill-Enduro reinrutschen. Ihr in Europa macht es richtig: Ihr wisst, wo die Unterschiede liegen. Ihr könnt die Rennen ordentlich bewerten. 80 % DH, 20 % Pedalieren – jedes Mal wechselt das Podium. Wenn also die Amerikaner diese Konstanz reinkriegen, wird es hoffentlich was werden. Aber es ist wie alles andere auch – wenn eine Sache einmal groß wird, ändert sich alles. Daran kann man nichts ändern.

Jerome: Ich denke, der Enduro World Cup ist eine gute Sache. Im Moment haben wir viele verschiedene Richtungen, wie man Enduro-Rennen organisiert, wie den Super D, Super Enduro…es ist ein bisschen verwirrend mit den ganzen Regeln, jedes Land hat seine eigenen Herangehensweisen – jetzt kann die UCI die Regeln festsetzen, die überall gelten. Die Fahrer können überall hinfahren und wissen, was los ist. Das ist der sinnvollste Punkt für mich, es wird für alle einfacher werden. Das kann dazu beitragen, dass die Disziplin wächst.

Aber: Jedes Jahr müssen wir alle ein Stück professioneller und seriöser werden, um vorne mitfahren zu können – viele CC-Fahrer und Downhiller kommen als Quereinsteiger mit zu den Rennen, das Niveau steigt im Moment stark an. Das könnte vielleicht den „Spirit“ etwas kaputtmachen, weil es einfach eine Art entspanntes Event ist, wir möchten nicht „zu“ ernsthaft werden. Der Spaß sollte weiterhin ein großer Bestandteil bleiben.


Mark Weir heizt durch die italienischen Wälder

Wie wichtig sind Etappenrennen wie die Trans Provence für euch, was machen diese Rennen so besonders?

Mark: Die Trans Provence ist eins der besten Abenteuer, das ich je erlebt habe. Ich meine – die Tribe Sport Group mit dem URGE Kenia, Nepal…das sind alles bekloppte Abenteuer. Die zwar manchmal stressig sind weil du einfach so weit draußen bist, aber dennoch tolle Erfahrungen bedeuten. Die Trans Provence ist völlig anders – nämlich reines Vergnügen! Wenn ich es noch mal tun könnte und mich die Veranstalter wieder einladen – ich wär sofort wieder dabei. Das war echt eine der besten Zeiten, die ich bisher auf dem Bike hatte.

Jerome: Zuerst bin ich nur mitgefahren, weil ich einfach mal ein siebentägiges Etappenrennen beenden wollte. Nach drei Tagen dachte ich – das stehst du nicht sieben Tage durch, das ist zu krass. Aber dann motivierst du dich jeden Tag noch ein bisschen mehr und auch das gemeinsame Camp mit den anderen Fahrern hilft dir, weiterhin gut drauf zu sein und immer wieder die nächste Etappe in Angriff zu nehmen. Das war gut, weil es eine neue Erfahrung für wirklich jeden war – wir haben uns gegenseitig auf verschiedene Weise geholfen, uns täglich 24 Stunden gesehen – und sind zusammen Rennen gefahren. Das war großartig.


Jerome Clementz in Finale Ligure

Danke, das ihr euch Zeit für dieses Interview genommen habt! Habt ihr noch was zu sagen?

Mark: Weißt du, Bier ist gut, Bikes sind besser…nehmt euch Zeit und genießt euer Leben in vollen Zügen!
Jerome
: Danke an alle die mich unterstützen, die mich begleiten – und ich hoffe, ihr habt Spaß auf dem Bike!

Fotos: Johannes Herden, Ale di Lullo

—————–

[DDET english version – click to open!]


Mark Weir and Jerome Clementz

Hi Jerome and Mark, how are you?

Mark: I´m good, i am in a good place right now, just moved back into my house after the fire, after my house burned down two years ago, so i did a full rebuild of the house, so it´s been a long journey…so. Right before i came here, right before i moved in. So, i´m good.

Jerome
: I´m not bad – a small scratch this morning, but that´s part of the job.

The guys that follow the enduro scene should be quite familiar with your names. In case there are readers that aren’t, how would you describe each other?

Mark: Jerome is like…he is the mountain. Whatever the mountain is doing, he is able to do it. And he is just able to do it at a speed that not many people can. He is smooth, he doesn´t make mistakes, he has a special way of riding…the first time i came to France to do the Enduro Series, Jerome always said „chin up!“, it was about nine years ago. I came from America, where you just like staring down at the ground and riding trails that are just like this wide…and they are like – you did not see it all. And Jerome has like fish eyes, he can see everything. And the vision and the style of riding is nothing i´ve seen until i came here. He is so smooth.

Jerome: Mark is a really powerful athlete and a real allrounder, he can climb up really fast and he can go down everywhere at a good speed…he can do everything on his bike.


Sunset in Finale: Flowy trails with Mark Weir

The two of you have been very successful in recent years. What have been your biggest achievements on the bike (from a personal point of view) and what are your goal for the coming months and years?

Mark: You know, biggest achievements – Downieville (Downieville Classic – All Mountain World Championships; Anm. d. Red.) to be able to win or race, you know, eight times in ten attempts…winning a race that many times in a row – it´s like try and shoot a free-throw in basketball. Try and hit it eight times out of ten. You know, you can´t do it! That was huge for me. It wasn´t the biggest race, but the last time it was – a huge, a big thing.

And for the future, i want to get more people on bikes. I wanna bring Ben and Taylor (Ben Cruz und Taylor Smith, ebenfalls im Cannondale-Team, Anm. d. Red.) up and show them that the bike can be a future, if you work hard. But it´s fragile, it´s not easy to get there. And people aren´t gonna always be supporting you and on your side, you have to earn that. The bike is not your friend. It´s something that takes work, and a LOT of work. And the payment is maybe not what you always wanted to have, but the lifestyle is so good. You see that!

Jerome: I think my biggest achievement is to make Mountainbike a living for me, so i can live my dream, travel, do some races, meet some new people…it´s everything around the racing that allows me to do that. So, that´s the biggest achievement in Mountainbiking for me.

About the goals – i want to stay Mountainbike-Pro, want to travel and visit new places, be a part of the top riders in my discipline, so i go riding for that. I don´t put goals like „winning the Megavalanche“, i just try to give the best i can, so i train for that. I go riding, i try to develope bikes for that. If it happens, it happens – if don´t win races, it´s not my biggest problem – as soon as i push hard and do my best.


Drop at the cliff line: Jerome Clementz

The world of Enduro riding is facing plenty of changes in the near future. What do you think about the plans the UCI published last year? Will the planned Enduro World Cup be of interest for you?

Mark: It´s hard, because Enduro for me like a community and it´s a soul event. It´s fragile: the lifestyle, the image, the pureness of it. Hopefully they keep it, so it doesn´t turn into a „i have to show up tuesday and practice the course“-kind of a thing. That will rob it for me, because i like the “on sight ability” of it, i like the pureness of being able to stay with my family until friday, and then go saturday and race and i know that i don´t miss any practice.

So i think it could be good and bad: Good for the US, because they have no direction. It started very huge in the US, but they still lack – people are still doing their own interpretation – which is also Enduro, of course. But it can get, you know…the CC-Guys turned Super-D, which was supposed to be Enduro, into another Cross Country Event, and i think Downhill is gonna be so heavily weighted now in the next Enduro Scene that it´s gonna turn more Downhill.

It´s in the middle, and what Europe has: they know, what the difference is. They know how to grade it and make it, so it´s right. 80 % DH, 20 % Pedaling – so the podium always changes. So if they can keep the consistency like that and keep it so that people don´t have to leave their families for four days to practice, then it hopefully will be ok. But like anything – once it´s big, it changes. Nothing you can do about it.

Jerome: I think it could be a good point. Today we have a lot of different ways to organize Enduro Races, like Super-D, Super Enduro…it is a little bit confusing with the rules, each country has it´s own way of doing the race – so the UCI can set rules that can be used everywhere, so the riders can go everywhere and already know the rules. That´s the best point for me, it will be easier for everybody. This can help the discipline to grow.

But: Every year we had to be more serious and professional to stay at the top, because some riders are pushing and some good cross country riders and downhillers come to the races, so the level is getting higher and higher. That maybe could break the spirit, because it´s kind of a cool event, we don´t want to be “too” serious. The fun must stay.


Mark shredding trails in Finale

How important are stage races like the Trans Provence for you and what does make them so special?

Mark: Trans Provence is some of the best adventures i´ve ever been. I mean, The tribe sport group, the URGE Kenia, Nepal, those are crazy adventures. Which are sometimes stressful because you are so out there, but really great experiences. The Trans Provence is like nothing – it is pure enjoyment. And it is racing, but i mean – it is something that you would dream up and not be able to duplicate. And be able to do it again and having those guys let me again, i´m on it. Because it was one of the best times of my life on my bike.

Jerome: First I entered the race just to finish a seven-day stage-race. After three days I was like – I cannot race for seven days. It´s too hard. But then you push yourself everyday a bit more, also sharing the camp with all the riders helps you to be happy and ready to fight the next morning. So that was good, because it was a new experience for everybody, we helped each other in different ways, sharing our life 24/7 together like a family and than raced. That was great.


Jerome Clementz in Finale Ligure

Thanks for taking time. Any last words?

Mark: You know, Beer is good, bikes are better…take your times and live your life to the fullest.
Jerome: Thanks everybody to support me, to follow me – and I hope, you will have fun on your bike!

Photos: Johannes Herden, Ale di Lullo[/DDET]

  1. benutzerbild

    anneliese

    dabei seit 09/2008

    Ein Bier nach dem Biken ist besser. Sicherlich nur falsch übersetzt.

  2. benutzerbild

    dubbel

    dabei seit 12/2015

    Ein Bier nach dem Biken ist besser. Sicherlich nur falsch übersetzt.

    hmmm...:
    "Mark : You know, Beer is good, bikes are better..."
  3. benutzerbild

    cycophilipp

    dabei seit 08/2003

    Harte Rangordnung smilie

    drum ist er Profi und ich nicht smilie
  4. benutzerbild

    karous

    dabei seit 12/2015

    Quote:
    "Mark : You know, Beer is good, bikes are better..."
    and breasts are best! smilie


    freue mich schon auf enduro world cup 2013 smilie
    + nice to have an english version below smilie

  5. benutzerbild

    thomasbe

    dabei seit 02/2009

    die professionalisierung beginnt beim moustache! voll enduro, der bart smilie

Was meinst du?

Wir laden dich ein, jeden Artikel bei uns im Forum zu kommentieren und diskutieren. Schau dir die bisherige Diskussion an oder kommentiere einfach im folgenden Formular:

Verpasse keine Neuheit – trag dich für den MTB-News-Newsletter ein!