Im September holte sich Alexandra Engen den ersten XCE-Weltmeistertitel der MTB-Geschichte und das, obwohl das Jahr alles andere als gut angefangen hat. Die immer gut gelaunte Bikerin aus Schweden redet im Interview über ihren Umzug nach Deutschland, wie sie zum MTB-Sport gekommen ist und was ihre weiteren Pläne sind. Das und noch einige Sachen mehr erfahrt ihr im folgendem Interview, was zugleich das letzte Teil-Interview über das Ghost-Factory-Racing Team ist.

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# Die immer gut gelaunte XCE-Weltmeisterin aus Schweden, Alexandra Engen, im MTB-News Interview – Foto by Maasewerd

MTB-News.de: Hallo Alexandra. Stell dich doch einmal kurz vor.

Alexandra Engen: Hallo zusammen. Ich heiße Alexandra Engen, bin 24 Jahre alt, komme aus Schweden und bin ein ziemlich fröhlicher gutgelaunter Mensch. Mit 12 Jahren habe ich mit dem Radfahren angefangen, weil ich einfach gerne fahre. Ich war ein ziemlich aktives Kind und bin dann immer zur Schule mit dem Rad. Zum MTB-Sport bin ich durch die Freundin meines Onkels gekommen. Die hat mich damals mit ihrem DH-Bike fahren lassen und dann wollte ich natürlich unbedingt auch ein DH-Bike. Meiner Mutter war das aber zu gefährlich und weil ich nicht nachgegeben habe, hat sie mich dann in einen der lokalen CrossCountry Vereine gesteckt. Mit 16 Jahren bin ich dann in ein Rad-Gymnasium und mit der Nationalmannschaft die EM, WM und ein weiteren Weltcup mitgefahren. Nach der Schule bin ich dann die Bundesliga-Serie und die Weltcups auf eigene Faust mitgefahren, bis ich ins Rothaus-Team und nach Deutschland als Gastarbeiterin gekommen bin.

Warum bist du nach Deutschland gezogen, wie kamst du bisher damit klar?

Als Profi hat man es in Schweden recht schwer weil es keine UCI Rennen gibt, wodurch die Entfernungen immer sehr weit sind. In Schweden hat es mir sehr gut gefallen aber ich wollte ins Ausland, weil ich noch jung bin und was erleben will. Deutschland war mein Wunschland, weil der Kulturunterschied zu Schweden recht klein ist und die Bundesligaserie einen hohen Stellenwert hat.

Ich hab mir dann eine Liste mit Wünschen gemacht die ich haben will und dabei ist dann Freiburg herausgekommen. Dabei ging es mir vor allem um ein soziales Netzwerk mit anderen Fahrern, guten Trainingsmöglichkeiten, nicht zu weit entfernt von einem Flughafen und es sollte eine bisschen größere Stadt mit einer FH und Uni sein. Die Umstellung war für mich, bis auf die andere Sprache, nicht so groß. Ich bin es schon lange gewohnt, alleine zu wohnen.

Was machst du neben dem Sport?

 

Ich studiere Lehramt (Sport, Schwedisch und Deutsch) für Schweden per Fernstudium. Ich finde es wichtig, dass Radfahren nicht zum Hauptthema wird und man gar nichts anderes mehr macht. Ich genieße es auch immer wieder wenn ich in Schweden bin und mit Freunden etwas unternehme, die mit dem Sport nichts zu tun haben.

Zum Beispiel das Gespräch nach meinem WM-Titel 2010 in der U23-Klasse mit einem guten Freund von mir: Er hat gesagt das seine Eltern ihm erzählt haben, dass ich was „Großes“ gewonnen hatte. Aber er konnte es sich nicht merken, was für ein Rennen es war ;) Das ist für mich immer ein super Ausgleich und ich genieße das sehr.

Wie hast du dich seit deinem U23-WM Titel verändert?

Zum ersten hab ich seitdem sehr viel gelernt. Da wäre einmal die neue Sprache, ein neuer Wohnort, aber dann auch Einiges in Bezug auf den Sport. Ich habe den Trainer gewechselt und trainiere mittlerweile mehr und härter. Jetzt im Winter mach ich auch mehr Alternativsport, das hab ich früher nicht so gemacht. Das Training ist irgendwie im Leben integriert und es gehört für mich dazu, es ist eben zum meinem Beruf geworden.

Wie ist dein Kontakt zu anderen schwedischen Fahrern?

Wir haben alle einen sehr guten Kontakt und sind untereinander befreundet. Wenn ich den jüngeren Fahrern helfen kann dann mach ich das auch gerne, denn ich habe ja selbst ein Interesse daran, dass der Sport in Schweden populärer wird.
Ich helfe den Anderen gerne wenn ich ihnen helfen kann. In Schweden sind wir so wenige und da hilft man sich dann gegenseitig viel. Es ist quasi Hilfe zur Selbsthilfe (lacht)!

2012 war dein erstes Jahr im Ghost-Team. Wie sieht dein Resümee aus?

Zwischen den Teams besteht schon ein großer Unterschied. Bei Rothaus hab ich viel gelernt und ich verdanke dem Team viel, aber jetzt bin ich eben im Profibereich angekommen. Als Sportler kann man sich hier mehr auf die Rennen fokussieren, weil einem die ganze Arbeit abgekommen wird.

Obwohl es ein Profiteam ist, ist die Atmosphäre im Team entspannt. Das hab ich sofort gemerkt, als ich im ersten Rennen gestürzt bin – da hab ich mir schon Gedanken gemacht weil ich so einen schlechten Einstand hatte, aber als ich aus dem Krankenhaus wiedergekommen bin hat mir Lisl beim Auspacken geholfen, Katrin hat mir Blumen ans Bett gestellt und Mona mir einen großen Obstsalat gemacht. Tom meinte einfach nur: “Kein Problem, ich glaub an dich. Lass dir Zeit.”

 

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# Fühlt sich im neuen Team pudelwohl – Foto by Maasewerd

Wie verlief deine Saison? Was waren für dich die Höhepunkte?

Der erste Teil der Saison war nur ein Kampf ums Überleben. In Nove Mesto hab ich den Sprint gewonnen und Tom zum ersten mal Tränen in die Augen gebracht, das war cool (grinst). Ab Windham ging es dann endlich besser und ich konnte die Rennen auch genießen. In London bin ich dann zu meiner eigenen Überraschung Sechste geworden, ich hab die Gesamtwertung in der Bundesliga gewonnen und Sprintweltmeisterin geworden.

Eigentlich war die gesamte zweite Hälfte voll mit Höhepunkten. Das Bundesligafinale war für mich dabei besonders wichtig, weil es das erste Mal in meinem Leben war, bei dem ich gegen richtig große Namen gewonnen habe.

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# Daumenhoch nach der zweiten Saisonhälfte – Foto by Maasewerd

Was hältst du als Weltmeisterin von der Disziplin XCE? Wie groß ist der Stellenwert? Wie hast du die XCE-WM erlebt?

Bis jetzt hab ich mich nicht speziell darauf fokussiert. Für mich sind die Sprintrennen toll, weil sie einfach eine Abwechslung sind und Spaß machen. Ich bin sehr gespannt darauf, wie sich das weiterentwickeln wird. Nächstes Jahr werde ich mich auch speziell auf die Sprints vorbereiten und die gesamte Serie mitfahren.

Bei der WM hat man schon gemerkt, dass das Format Potential hat. Das Rennen war auch anerkannt und hatte einen gewissen Stellenwert. Mein Finallauf war bis jetzt mein spannendster Sprint. Jolanda Neff hat mich immer wieder überholt und ich musste immer dagegenhalten. Jetzt habe ich einen internationalen Elitetitel und damit kann man schon etwas anfangen.

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# Zum ersten Mal in ihrer Karriere und überhaupt holt sich Alexandra Engen den XCE-WM Titel – Foto by Kuestenbrueck

Wie sollten deiner Meinung die XCE-Strecken sein?

Damit auch Topfahrer mitfahren, sollte das Format von vornherein klar und eindeutig sein. Bei jedem Rennen sollte ein fixer Zeitplan stehen und das gesamte Rennen sollte 2-3 Stunden gehen, damit man nicht Ewigkeiten auf dem Rad sitzt und dann am nächsten Tag zu erschöpft ist.

Des Weiteren sollten die einzelnen Rennläufe eine Dauer von ca. 2-3 Minuten haben. Dadurch verhindert man, dass sich Spezialisten bilden – weil immer noch eine gewisse Ausdauer notwendig sein wird. Ein ebenfalls wichtiger Punkt sind die Überholmöglichkeiten. Wenn nach dem Start schon alles entschieden ist, dass sind die Rennen langweilig. Im Prinzip haben die bei der WM in Saalfelden alles richtig gemacht.

Du bist stark im Sprint, fährst bei den großen Rennen am Start aber eher verhalten. Woher kommt das?

Ich kann zwar gut sprinten und könnte am Anfang sofort an der Spitze mitfahren, aber dann geh ich meistens ein. Daher habe ich mir eine Rennstrategie zurechtgelegt und danach halte ich mich dann. Ich muss da mit Köpfchen fahren, es interessiert ja niemanden wenn man am Anfang vorne dabei ist und im Ziel dann viele Plätze verloren hat. Wichtig ist, mit welcher Platzierung am Ende dasteht.

Nun noch eine Kurzfragen zum Schluss:

Technisch oder konditionell? – Beides
Flach oder bergig? – Hmm, auch beides. Ich mag halt Radfahren.
29er oder 26er? – Ich denke mal 29er. Bis jetzt bin ich immer 26er gefahren, freue mich da aber aufs nächste Jahr drauf.
Fully oder Hardtail? – Hardtail
Tee oder Kaffe? – Tee, am liebsten Rooibostee.
Pizza oder Pasta? – nix davon, aber eher Pasta.
Alternativsport oder Rolle? – Alternativsport, aber auch oft und gerne Rolle. Ähm, ja (lacht).
Mal was unternehmen oder fleißig sein? – Mal wieder beides, wobei ich schon sehr fleißig bin. Mensch, jetzt konnte ich dir nie eindeutige Antworten geben. Ich bin eben eher grau als S/W.

Vielen Danke für das Interview und einen guten Start ins Neue Jahr.

[DDET Alle Bilder zum Ausklappen]

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  1. benutzerbild

    Dommaas

    dabei seit 05/2011

    Im September holte sich Alexandra Engen den ersten XCE-Weltmeistertitel der MTB-Geschichte und das, obwohl das Jahr alles andere als gut angefangen hat. Die immer gut gelaunte Bikerin aus Schweden redet im Interview über ihren Umzug nach Deutschland, wie sie zum MTB-Sport gekommen ist und was ihre weiteren Pläne sind. Das und noch einige Sachen mehr erfahrt ihr im folgendem Interview, was zugleich das letzte Teil-Interview über das Ghost-Factory-Racing Team ist.


    → Den vollständigen Artikel "Alexandra Engen im Gespräch über sich - Ghost-Factory-Racing Teil 4 [Interview]" im Newsbereich lesen


  2. benutzerbild

    Ehrenfeld

    dabei seit 10/2001

    klingt sehr sympathisch die dame!

  3. benutzerbild

    madmaxmatt

    dabei seit 09/2007

    aleeeeex! heja sverige!

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