GT Force Carbon Pro 650b 2014 im Test: Mit dem neuen Force präsentiert GT seine Version eines All-Mountain-Bikes. Das 150mm Bike steht auf 650b Laufräder und will ein Alles-Könner sein, auf dem man es bergab schon richtig krachen lassen kann. Dazu hat man das neue Federungssystem „Angle Optimized Suspension“, kurz AOS, in einen Vollcarbon-Rahmen gepackt. Ob das Spaß macht, erfahrt ihr hier:

Das Rad

Bei 1,76m entscheide ich mich für Rahmengröße M (455mm Sitzrohr) und das Modell Force Carbon Pro, die mittlere Ausstattungsvariante mit Carbon-Rahmen. Die sieht zwar schön hochwertig aus, aber 5499€ sind natürlich auch alles andere als ein Pappenstiel. Was kriegt man dafür?

GT Force Carbon Pro 650b
# GT Force Carbon Pro 650b, hier in Größe M
Das ganze Rad ist sinnvoll aufgebaut, gespart wurde nirgendwo. Neben rein funktionellen, bewährten Teilen wie der Shimano XT Schaltgruppe finden sich auch einige Schmankerl: RaceFace Turbine Vorbau und Lenker, RockShox Reverb Stealth Sattelstütze und ein leichter e13 TRS+ Laufradsatz.

  • Fox Fahrwerk: 34Float CTD FIT 150 / Float CTD BV
  • Antrieb: komplett Shimano XT: 40/30/22 auf 11-36, KMC X10-Kette
  • Bremsen: Formula T1 mit 180mm Scheiben mit Alu-Stern
  • Cockpit: 760mm RaceFace Turbine Lenker, 60mm Turbine Vorbau
  • Sattel + Stütze: Fizik Gobi XM Mg Sattel mit RockShox Reverb Stealth Stütze
  • Laufrad: e.thirteen TRS+, aufgebaut mit Continental Trail King 27,5″ x 2,4″ Tubeless

So aufgebaut wiegt das GT Force Carbon Pro 13,5kg ohne Pedale. Damit ist es für ein All-Mountain-Bike dieser Preisklasse nicht gerade leicht, mit anderen Reifen (die verbauten wiegen +/- 1050g / Stück) lässt sich aber schon einiges machen. Der Rahmen ist trotz Carbon kein Leichtgewicht: 2890g ohne Dämpfer, aber mit Zugführungen. Woran liegt das?

Der Aufkleber lügt, Rahmenhöhe M entspricht 455mm. Der Sag lässt sich am Dämpfer nicht ablesen, dafür gibt's eine Hilfe. Shimano XT-Antrieb, KMC X10-Kette Dick, fett, Steif: Carbon-Sitzstreben, 15mm Drehpunkt Herz der AOS-Federung: Die Pathlink-Umlenkung Kabel, Drehpunkte, Kurbel, Umwerfer, Dämpfer - hier geht's eng zu. Maxle Lite am Hinterbau, austauschbare PM-Aufnahme Was fürs Auge: RaceFace Turbine Komponenten.
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen

Schaut man sich den Carbon-Rahmen etwas genauer an, wird schnell klar, wo das Gewicht steckt: Da wären zum einen die doppelten Kugellager in den Drehpunkten, zum anderen aber auch die Verwendung von Aluminium an vielen Stellen. Der Path-Link? Alu. Der Rahmenträger für den Pathlink? Alu. Lagersitze und Ausfallenden? Alu. Umwerferaufnahme? Alu. Lagersitz Sitzstrebe? Alu.
Während die Verwendung von eingeklebten Alu-Teilen natürlich ihren Sinn hat, bedeutet sie natürlich immer eine Verbindung, bei der Material am Übergang doppelt verwendet wird. Die Teile stecken alle mehrere Zentimeter ineinander, wobei teils das Alu im Carbon steckt, teils umgekehrt. Während der Pathlink-Träger erst nachträglich im Cfk-Unterrohr versenkt wird, werden die Horst-Link-Lager schon vorab mit einlaminiert.

Durchschnitt des Pathlink: Aus zwei Schmiedeteilen verschweißt und nachbearbeitet. Man beachte die Wandstärken. Alu-Einsatz im Horst-Link Lager und für die Achse Zwei Kugellager pro Seite, axial mit einem Sprengring fixiert. Angeschraubter Umwerferturm mit Spritzschutz aus Kunststoff.
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen

Davon abgesehen ist das gewählte Rahmenlayout geometrisch bedingt nur mit mehr Einsatz steifer zu gestalten, als es beispielsweise ein Mehrgelenker mit Diamant-Hauptrahmen und vor dem Sitzrohr stehenden Dämpfer ist – ein Fakt, den wir zu Gunsten der Eigenständigkeit und des besonderen Hinterbaukonzeptes aber gern in Kauf nehmen.

Die Aufnahme für die Gewindezylinder der PM-Aufnahme. Rahmen-Hardware. Die meisten Teile bestehen aus Alu. Auch das Lager für den Pathlink ist ein Alu-Teil, das ins Unterrohr geklebt wird. Das CFK Steuerrohr wird geschlossen laminiert und dann ausgefräst.
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen

Genug der Theorie, ab auf den Trail!

Auf dem GT Force kann man Platz nehmen und sich wohlfühlen. Die Sitzposition bringt den Fahrer in eine komfortable Haltung, das Verhältnis von Vorbau-Länge zu Lenkerbreite fühlt sich gleich gut an. Dank des recht niedrigen Innenlagers sitzt man, sobald das Fahrwerk im Negativfederweg eingesunken ist, nicht hoch über, sondern zentral „zwischen“ den 27,5″-Rädern, das passt. Die 650B Trail King (=Rubberqueen) in 2,4″ steht übrigens ganz schön selbstbewusst da. Nach alter Logik „Dicker Reifen auf 26 Zoll ist gleich 650b“ handelt es sich bei diesem Aufbau um einen Twentyniner… In jedem Fall haben wir das Force bei Shuttle-Runs im Deer Valley genauso testen können, wie bei ausgedehnten Rundtouren von bis zu 65km.

Auch bergauf ein wirklich straffes, schnelles Fahrerlebnis - Ale di Lullo
# Auch bergauf ein wirklich straffes, schnelles Fahrerlebnis – Ale di Lullo

Uphill

Das Force klettert leichtfüßig, das lässt sich nicht anders sagen. Der Hinterbau schluckt dabei keine Energie, auch im offenen Modus nicht signifikant, ab „Trail“ wird das Ding absolut wippfrei. Eine Absenkung der Gabel braucht es in diesem Rad nicht – zwar stieg uns auf dem Slickrock-Trail irgendwann das Vorderrad, aber derartige Steilstücke laufen außer Konkurrenz. Dank des 3×10-Aufbau verfügt man über einen verdammt kleinen Gang, in dem man steile Steigungen meistern kann, ohne aus dem Sattel zu müssen. Unebenheiten federn Reifen und Hinterbau bequem weg, nur in einer Disziplin tut sich das Force schwer: In technischem Uphill ist zum einen das Innenlager sehr tief, sodass man wirklich schauen muss, wo man tritt, zum anderen sorgt auch hier die nach hinten gerichtete Radhebungskurve dafür, dass man manchmal etwas zurück geschoben wird.

Geht gut bergauf, im Sitzen lässt sich das allermeiste erklimmen.
# Geht gut bergauf, im Sitzen lässt sich das allermeiste erklimmen.

Eben

Wer durch flaches Gelände fährt, das Fahrwerk öffnet und den Sattel leicht absenkt, kriegt mit dem Force einen schön schnellen Partner zur Seite gestellt. Das Rad fühlt sich hier angenehm leicht an und steuert sich mit Leichtigkeit durch große Kurven und über Kleinzeug. Wurzelfelder, die in der Ebene gern mal richtig Speed kosten, bügelt das Rad schön glatt, was an der Kombination aus schwerem, gut dämpfenden Reifen, großen Rädern und nach hinten federnder Gabel und Hinterbau liegt. Mit dem Force auf dem Hinterrad zu surfen benötigt etwas Routine, ist der Sweetspot aber erst einmal gefunden, läuft auch das einwandfrei. Für Wheelies ist die Geometrie übrigens auch gut geeignet, aber das mal nur am Rande. Was gut gefällt: Tretlager-Position und Sitzwinkel lassen es zu, auch ohne den Sattel ganz abzusenken das Rad viel unter dem Fahrer zu bewegen, wodurch wir jederzeit in der richtigen Position bleiben konnten.

Liegt gut austariert in der Luft. Das Force aufs Hinterrad zu bewegen braucht Überzeugung, dann läuft's gut. Großer Spaß: Mit dem Force durch weite Kurven rasen. Die größeren Räder machen das Rad nicht weniger verspielt - Foto: S. Loibl
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen

Downhill

Geht es bergab, vermittelt das Force sehr viel Sicherheit. Es läuft einfach richtig gut bei hohen Geschwindigkeiten, das tiefe Tretlager zahlt sich aus, ebenso wie die größeren Laufräder und die vollwertigen, für ein AM-Bike fast überdimensionierten Reifen. Mit dem gewählten Aufbau kann man das Force durchaus als Enduro durchgehen lassen, steif und satt bügelt es auch gröbere Schläge weg – einzige Ausnahme: Mit der Hinterradbremse lassen sich viele Schläge doch noch weiterleiten, der Unterschied zwischen Vollbremsung und offen ist doch spürbar, aber noch akzeptabel.

Bei hohen Geschwindigkeiten liegt das Rad klasse. Ouh, das wird knapp: Das tiefe Innenlager + 3x10 ist keine gute Idee. Dank schöner Gewichtsverteilung gleichmäßig Druck auf den Reifen. Anbremsen, reinlegen, raustreten - und nochmal.
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen
Bei Sprüngen mit dem Force waren wir uns einig: Das Rad ist super ausbalanciert, weder heck- noch frontlastig, sondern ganz zentral. Das macht das Springen sehr einfach und sicher. Diese Balance macht auch in Kurven das Leben leichter, nur selten ging der Fuß raus. Stattdessen meistens einfach gleichmäßiger Grip auf beiden Reifen und ab dafür. Ging der Trail mal steiler bergab und das Tempo runter, fielen die größeren Räder nicht mehr positiv aus, störten aber auch nicht. Das übernahm dafür die 3-fach Kurbel. Sie fiel mir an sich schon negativ auf, weil die 22/30/40-Kurbel dazu führte, dass man häufig 2. Blatt und größter Gang fährt, dann aber ans Limit stößt und in den größten, zu großen Gang wechseln muss. Kombiniert mit dem tiefen Tretlager sorgte sie aber auch noch für Aufsetzer an Steilstufen, sehr unangenehm. Für mich gehört stattdessen eine 22/36 2-fach Kurbel oder gar ein 1×11-System an das Force.

Staubige Testbedingungen in Park City - Foto Ale Di Lullo
# Staubige Testbedingungen in Park City – Foto Ale Di Lullo

Geometrie

Werfen wir einen kurzen Blick auf die Geometrie des Force: Der Lenkwinkel mit 67,2° wirkt zunächst nicht sonderlich flach, behalten wir jedoch zwei Dinge im Hinterkopf: Das Force ist ein echtes All Mountain Bike und kein pures Enduro, und es rollt auf 650b daher, was zumindest bergab einen sehr ähnlichen Effekt hat wie ein flacherer Lenkwinkel.

"Hust - das machen wir nicht nochmal - Hust" - Fotograf Loibl eingestaubt.
# „Hust – das machen wir nicht nochmal – Hust“ – Fotograf Loibl eingestaubt.

Das Innenlager liegt 9mm unter der 27,5″ Achse, also quasi +/-0 zur 26″-Achse, was schon ziemlich tief ist. Gute Laufruhe und häufiger Bodenkontakt sind die Folgen, gewusst wie man damit umgeht überwiegen hier aber die Vorteile. Die eher kurzen Sitzrohre passen gut zu Teleskopstützen mit erhöhter Bauhöhe. Was die eher langen 443mm Kettenstreben angeht: Klingt böser, als es sich fährt. Sie passen gut zum Komplettpaket und sorgten bergauf wie bergab für großen Fahrspaß.


# GT Force 650b Geometrie

Dan Atherton zufolge haben er und Hans Rey hart dafür gekämpft, dass der Hauptrahmen des Rades länger wird und der Lenkwinkel flacher. Beide Maße fallen nicht extrem aus, passten im Test aber sehr gut – hier scheint man einen vernünftigen Kompromiss zwischen Top-Fahrer und Hobby-Fahrer gefunden zu haben.

Fazit

Das Force ist ein potentes All Mountain Bike mit weit gefächerten Stärken. Es zieht gut bergauf, bergab kann man es schon gut krachen lassen, weshalb Team-Fahrer Dan Atherton es auch für Mega-Avalanche-Rennen und lange Enduro-Rennen einsetzt. Der auf Haltbarkeit gebaute Rahmen ist schön steif und eigenständig designed, aber kein Leichtgewicht. Besonders viel Spaß hatten wir mit dem Rad in abwechslungsreichem (Uphill/Downhill) Terrain und bei hoher Geschwindigkeit. Einzig für langsames, verblocktes Gelände ist es nicht prädestiniert.

Nach getaner Arbeit: Keine Auffälligkeiten am Testbike.
# Nach getaner Arbeit: Keine Auffälligkeiten am Testbike – zum Glück, in der Wüste wäre das nämlich nicht lustig gewesen.

+ Antriebsneutraler Hinterbau
+ Super laufruhig, dennoch nicht träge
+ Gelungene Mischung aus guter Uphill und Downhill-Eignung

– Innenlager für technische Trails fast zu tief (aus fahrdynamischer Sicht jedoch sonst genial)
– 3×10 Übersetzung passt schlecht zum Einsatzzweck, großes Kettenblatt sorgt für häufigen Bodenkontakt

_____
Preis: 5499€
Rahmengrößen: S, M, L, XL
Farbe: UD-Carbon – Weiß – Blau
Verfügbarkeit: Ab September 2013

  1. benutzerbild

    nuts

    dabei seit 11/2004

    Ich hoffe ich habe das richtig zitiert, finde aber nicht, dass das hohe Gewicht sich durch die Eigenständigkeit rechtfertigen läßt. Warum kann man das Race-Enduro von Dan Atherton nicht als Enduro einstufen?

    Die leichtesten vollgefederten Mountainbikes baut man mit Rahmen-Designs, die nahe am klassischen Diamant-Rahmen liegen. Dämpfer stehend vor dem Sitzrohr oder liegend unter dem Oberrohr. Baut man das, kriegt man nicht nur in diesem Forum "Specialized-Klon" oder "Sieht aus wie ein Trek" zu hören. Tut man es nicht, und baut zudem auf Langlebigkeit, ist es auch nicht gut?

    Das Race-Enduro von Dan Atherton ist der Prototyp, den wir hier kürzlich schon mal vorgestellt hatten. Das ist im wesentlichen ein GT-Fury mit anderer Hauptrahmen-Geometrie und kürzerem Dämpfer. Für lange Rennen fährt er ein modifiziertes Force, mit Float X hinten, 160er Fox 34 vorne und 1x10-Aufbau - was dann auch als Enduro durchgeht.
  2. benutzerbild

    Deleted 28330

    dabei seit 12/2015

    Das Fahrrad geht sehr gut bergauf, sehr gut bergab, nennen wir es einfach "Mountainbike"?

    ist das mal wieder ein versuch, im rahmen einer produktvorstellung das mtb neu zu definieren? langweilig!
  3. benutzerbild

    blkmrkt

    dabei seit 06/2004

    tiefes Tretlager? Kann ich nicht ganz nachvollziehen, Cube z.b. hat bei 160mm ein 5mm tieferes Tretlager. 346 klingt ziemlich normal!

  4. benutzerbild

    nullstein

    dabei seit 08/2009

    Aber: Spätestens wenn es regnet ist man auf nassen Wurzeln und Steinen SEHR dankbar um die RQ2.4!!!
    ...

    RQ bei Nässe ein guter Reifen?Das Ding rollt gut und hat ein enormes Volumen.Mehr leider nicht.

    Ich finde das Force geil,auch wenn die Kettenstreben etwa slang sind.
  5. benutzerbild

    westcab

    dabei seit 01/2004

    Hier gibts noch Furys zum Schnäppchenpreis.

Was meinst du?

Wir laden dich ein, jeden Artikel bei uns im Forum zu kommentieren und diskutieren. Schau dir die bisherige Diskussion an oder kommentiere einfach im folgenden Formular:

Verpasse keine Neuheit – trag dich für den MTB-News-Newsletter ein!