Im Rahmen der diesjährigen Multivan-Merida-Teamvorstellung hatten wir die Chance, mit Julian Schelb, dem Neuzugang des Teams, zu sprechen. Der 21-jährige war bis Ende vergangener Saison für das Lexware Racing Team gefahren und hatte seine Saison 2013 mit der Silbermedaille bei der WM in Südafrika abschließen können, woraufhin er einen Profi-Vertrag bei Multivan-Merida bekommen hatte.

MTB-News.de: Letztes Jahr warst du mit nur 20 Jahren Zweiter bei den U23 Weltmeisterschaften – wie war das?

Julian Schelb: Das war eine Riesenüberraschung für mich! Zu Beginn der Saison konnte ich mir nicht vorstellen, mal Zweiter bei der WM zu sein – aber es ist gut gelaufen. Beim Start war ich direkt gestürzt und konnte dann doch noch Zweiter werden, ich war wirklich überglücklich darüber.

Was sind deine Pläne in deiner ersten Saison als Profi – worauf wirst du dich fokussieren?

Mein Fokus wird der Gesamt-World Cup sein und ich möchte mehrere Male auf das Podium kommen. Mein Hauptziel sind die Weltmeisterschaften, ich will da in guter Form antreten und mein Bestes geben. Im Jahr darauf möchte ich dann in der Elite ankommen und dort vielleicht in die Top 10 fahren.


# Julian war ein gefragter Interviewpartner

Zusammen mit Markus Schulte-Lünzum hast du in den letzten Jahren immer die deutsche Spitze gebildet – international hatte man das Gefühl, dass es ab und an nicht 100% geklappt hat die Leistung komplett abzurufen – weisst du die Gründe?

Es hat immer einen anderen Grund gehabt. Bei den Junioren war ich auch schon immer vorne dabei, Platz 3 bei der WM, Silber in der Team-Staffel, ich war ein paarmal auf dem Podium beim World Cup und habe einmal auch gewonnen. Dann kam das erste Jahr in der U23 Klasse – und das war schwierig. Bei der WM hatte ich einen Sturz. Im zweiten Jahr war ich dann Dritter beim World Cup in Houffalize, was für mein erst zweites Jahr doch schon gut war.

Letztes Jahr hatte ich dann vor dem 1. World Cup Magen-Darm Probleme, musste Antibiotika nehmen – also wurde aus dem Rennen auch nichts. Direkt davor hatte ich eine sehr gute Form: in Solothurn bei einem C1 Rennen bin ich mit Nino Schurter und Julien Absalon 5 Runden vorne gefahren, da war ich schon ziemlich zufrieden.

Gestürzt, aufgestanden, weitergefahren.Letztes Jahr warst du auch ab und zu im Pech, konntest dann aber bei der WM Silber holen – und das, obwohl du beim Start gestürzt bist. Hatte dir die zurückliegende Saison da extra Motivation gegeben?

Die zwei, drei Wochen davor habe ich mich mental sehr gut aufbauen können und wusste genau was ich will. Den Sturz habe ich im Prinzip gar nicht richtig wahrgenommen. Gestürzt, aufgestanden, weitergefahren. Mein Ziel war es zu gewinnen – ich habe nicht über den Sturz oder sonstwas nachgedacht, sondern bin einfach gefahren. Deswegen ist am Ende auch so ein gutes Ergebnis rausgekommen.


# Aufholjagd: Julian Schelb bei der WM Pietermaritzburg 2013 – Foto by Kuestenbrueck

Vor 2 Jahren meinte Thomas Litscher in einem Interview, dass du das Zeug zur Weltspitze hättest. Jetzt bist du im selben Team wie Thomas – wie wurdest du bei Multivan-Merida aufgenommen?

Wie in einer großen Familie! Als die anderen es mitbekommen haben, dass ich dazukomme, hat mir jeder direkt per SMS oder Facebook gratuliert. Ich kannte vorher alle schon persönlich auch über meinen Trainer Ralph Näf, der ja früher auch hier im Team war. Es war direkt einfach sich zurechtzufinden, weil alle nett und familiär miteinander umgehen.

In der großen Familie seid ihr jetzt ja zum Teil sehr jung, ein anderer Teil ist dagegen recht erfahren – z.B. mit Gunn-Rita Dahle, José Hermida und Rudi van Houts. Wie funktioniert das?

Wenn wir Fragen haben, können wir immer zum José kommen, der sagt uns alles und ist für uns da. Genauso bei Rudi und Gunn-Rita. Es ist sehr gut, wenn man so erfahrene Leute im Team hat, mit denen man offen reden kann.

Ihr seid ein internationales Team, auf Facebook sieht man euch viel zusammen unterwegs – wie genau läuft das im Rennfahreralltag?

Mit Rudi bin ich jetzt schon 3 Jahre hintereinander im Januar in Südafrika 3 Wochen im Trainingslager gewesen. Während der Rennen haben wir zusammen eine Ferienwohnung, das ist dann enger als wenn jeder sein Hotelzimmer hätte und man sich nur zum Essen sieht. Man trainiert viel zusammen und wir kochen dann auch zusammen mit Andi Stolz, unserem Physio.

Wie kam nach der WM der Kontakt zu Merida?

Der kam über Ralph Näf. Ralph ist jetzt das dritte Jahr mein Trainer.

Wie genau kann man sich das vorstellen, dass er dich trainiert?

Ralph macht mir die Trainingspläne und wir telefonieren oder schreiben regelmäßig, wenn wir unterwegs sind. Ich bin extra umgezogen und wohne jetzt in der Nähe von ihm – wenn es passt, gehen wir einfach zusammen trainieren.

Neben dem Cross Country-spezifischen Training – macht ihr da auch spezielles Technik-Training?

Ja, natürlich. Wir waren vor Kurzem in Zürich auf dem Pumptrack zusammen zum Trainieren und würden das auch gerne öfter machen, wenn wir beide nicht unterwegs sind. Ansonsten gehen wir auch nach Lenzerheide in den Bikepark – im Bereich Fahrtechnik machen wir relativ viel und Ralph ist da einer, der viel am Rumtüfteln ist, wie man schneller und noch besser werden kann – das hilft mir sehr viel.

Hast du neben Crosscountry auch andere Rad-Disziplinen ausprobiert?

In der U15 bin ich mal Strassenrennen gefahren, das hat mir aber keinen Spaß gemacht. Downhill und Enduro – ja klar, das macht mir Riesenspaß. In Films wäre ich auch bei der Specialized-Sram Enduro Series mitgefahren, das Rennen wurde aber ja wegen des Schnees abgesagt, das war sehr schade.

Der Endurosport ist ja nicht ganz ungefährlich – ging die Teilnahme bei dem Enduro-Rennen von deinem Team aus?

Bei meinem alten Team: ja. Hier habe ich das noch nicht angesprochen – aber naja, am Ende der Saison geht sowas definitiv, vor der WM sollte man das vielleicht nicht machen.

Und Downhill?

Ich komme ja aus dem Schwarzwald, da bin ich ab und an mit dem Team in Todtnau und Lac Blanc Downhill gefahren. Arne Grammer vom Bikepark Todtnau hat uns da unterstützt und wir konnten z.b. kostenlos Bikes ausleihen. Danke dafür nochmal!


# Das Training hat sich ausgezahlt: Shaw stürzt und Julian Schelb zieht davon – Foto by Maasewerd

Die Strecken im XC sind ja die letzten Jahre sehr anspruchsvoll geworden – weisst du schon, mit welchem Bike du bei den Rennen an den Start gehen wirst?

Ich denke ich werde meistens das Hardtail nehmen, für einzelne Rennen aber auch das Fully.

Wie ist das Gefühl, jetzt in einem der XC Top-Teams überhaupt zu fahren?

[Überlegt] es ist eine Ehre!

Andersherum – hast du dadurch viel Druck vor der Saison?

Nein, ich empfinde einfach nur Freude und kann die ganze Zeit nur grinsen und freue mich, wenn es jetzt endlich auf Zypern losgeht, wo wir mit dem ganzen Team an den Start gehen.


# Zypern: Das Podium der Herren von Tag 2 (Ondrej Cink, Fabian Giger und Julian Schelb) – Foto by Kuestenbrueck

In Deutschland gab es eine relativ lange Durststrecke, was den CC-Nachwuchs angeht…

Ja, in erster Linie gab es in den vergangenen Jahren eine gute Nachwuchsarbeit durch Peter Schaub als Nationaltrainer und Bernd Ebler, den Trainer von Baden-Württemberg, der auch mich trainiert hat, bevor Ralph Näf mein Trainer wurde. Es gab eine sehr gute Jugendarbeit und Markus Schulte Lünzum, Christian Pfäffle und auch ich sind jetzt sozusagen die „Früchte“ dieser Arbeit.

Wie hast du den Winter über trainiert?

Ich war 2x Langlaufen und habe einmal ’ne Skitour gemacht – ich hätte gern mehr Skitouren gemacht, der Schnee war hier einfach nicht dafür da. Aber man konnte ja immer gut Rad fahren. Cyclocross bin ich viel gefahren – da bin ich auch bei der DM an den Start gegangen und Zweiter geworden.

Jetzt bist du ein sehr junger MTB-Profi – hast du einen Plan B, wenn es nicht perfekt laufen sollte?

Ich wollte eigentlich Wirtschaftsingenieurwesen studieren und hatte schon die Zusage von der Uni – dann kam die WM und danach mein Profi-Vertrag. Ich probiere jetzt 2 Jahre den Profisport, wenn es doch nicht klappt fange ich an zu studieren, ich bin ja noch jung genug. Wenn es weiter klappt, werde ich neben dem Biken noch was lernen. Ich möchte nicht irgendwann mit 35 Jahren dastehen und nichts haben.

Danke für das Gespräch, wir wünschen dir alles Gute für deine erste Profi-Saison!

  1. benutzerbild

    Tobias

    dabei seit 08/2001

    schönes Interview - entspannter Kollege!

  2. benutzerbild

    cd-surfer

    dabei seit 12/2008

    Die jungschen Burschen sind richtige Tausendsasas!!! Auf Zypern hat er ja gezeigt,was geht. Da kann man nur gespannt sein.

  3. benutzerbild

    Lakebike

    dabei seit 12/2015

    Tolles Interview...schön auch, dass auch ein weiterer deutscher Fahrer den Sprung in ein internationales Team geschafft hat

  4. benutzerbild

    Oberrieder

    dabei seit 04/2009

    Mc guet hesch´s gmacht! (Y)

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