Manitou meldet sich zurück im Segment der 160-mm-Federgabeln. Nach langer Abstinenz in diesem Bereich und der zeitweiligen Fokussierung auf die USD-Downhill-Gabel Dorado melden sich die US-Amerikaner aus Wisconsin nun mit einem Paukenschlag zurück: Die neue Manitou Mattoc Pro soll bewährte Technologien ihrer großen DH-Schwester Dorado inne haben, zahlreiche sinnvolle Einstelloptionen bieten und ein erstaunlich geringes Gewicht auf die Waage bringen. Wie man sieht, bietet die Manitou Mattoc mehr als nur einen Grund, ihr im Rahmen des Federgabel Vergleichstests einmal gründlich auf den Zahn zu fühlen.
# Manitous brandneue Mattoc Pro: für 650 Euro erhält der Kunde allerlei Einstellmöglichkeiten.
Zum Produkt: Manitou Mattoc Pro
Lediglich 1.899 Gramm bringt Manitous neue Mattoc Pro bei gekürztem Gabelschaft auf die Waage. Niedriger ist da nur noch der Preis, den Manitou beim Mattoc Topmodell mit 650 Euro berechnet. Die Mattoc liegt damit beim Listenpreis 300 Euro unter Rock Shoxs Pike und satte 500 Euro unter Foxs 34 Factory. Dennoch bietet Manitous neues Enduro-Flaggschiff mehr externe Einstelloptionen als beispielsweise eine RS Pike. Von außen lassen sich nicht nur Luftdruck und Zugstufe einstellen, sondern auch High- (6 Klicks) und Low-Speed-Druckstufe (4 Klicks) sowie ein hydraulischer Durchschlagschutz. Erhältlich ist die Gabel für 26″ und 27,5″-Laufräder.
Überblick
- leichte 1.899 Gramm
- zahlreiche Einstelloptionen: z.B. hydraulisches Buttom Out, High- und Low-Speed-Druckstufe, Zugstufe
- „DH Dual Chamber“-Luftkartusche, bekannt aus der Dorado
- für 26″ und 27,5″
- Listenpreis bei nur 650 Euro
- aktueller Straßenpreis bei rund 610 Euro
# Die Manitou Mattoc bietet diverse externe Einstellmöglichkeiten. Hier zu sehen: High- und Low-Speed-Druckstufe sowie ein hydraulischer Durchschlagschutz.
Handhabung der Manitou Mattoc Pro
Die Hexlock-Steckachse mit ihrer sechseckigen Form an Anfang und Ende hat bei Manitou Tradition. Die Bedienung per Schnellspanner ist dagegen noch nicht so alt und wirkt auch noch nicht ganz so bewährt. Obwohl Anwendungshinweise aufgelasert sind, fiel es uns – je nach Laufrad mehr oder weniger – schwer, das Rad auszubauen. Das Problem ist einfach: Die Achse ist weder intuitiv zu bedienen, noch ist das Einführen in die Nut besonders reibungsarm. Fazit: Die Achse wirkt neben anderen Achsen hakelig, selbst wenn man sie zu bedienen weiß.
Was hingegen gefällt: Der Durchschlagschutz (hydraulische Endprogression) lässt sich einzig an der Manitou extern per Drehknopf verstellen. Leider wurde die Lowspeed-Druckstufe auf vier Positionen heruntergebrochen, immerhin bleiben Zugstufe und Highspeed-Druckstufe fein gerastert.
Beim Set Up der Gabel sollte man aufmerksam sein wenn es darum geht, den SAG einzustellen. Zwar sind die von Manitou empfohlenen Werte für den Luftdruck auf dem Casting aufgeklebt, doch gibt es eine Kleinigkeit zu beachten: die Manitou Mattoc verfügt über eine Negativ- und Positivkammer, die beide über dasselbe Ventil befüllt werden. Beim Ansetzen der Pumpe wird ein Stift nach innen geschoben der die Befüllung der Positivkammer ermöglicht, setzt man die Pumpe ab und federt die Gabel durch, entsteht ein Niveauausgleich zwischen den Kammern. Der Luftdruck in der Positivkammer entspricht dann nicht mehr der anfangs gewünschten Menge – ein erneutes Ansetzen der Pumpe samt Nachfüllen ist daher zu empfehlen.
Fahreindruck Manitou Mattoc Pro
Stefanus zur Manitou Mattoc
Eine Vorserien-Version der Mattoc Pro hatte ich bereits getestet und war damit äußerst zufrieden. Für unseren großen Endurogabel-Test hatten wir die Serienversion im Bike. Überraschenderweise wurde die Rasterung der Lowspeed-Druckstufe von 15 Positionen auf nurmehr 4 Positionen umgestellt. Dadurch gelang es nur schwer, eine ideale Druckstufen-Einstellung zu wählen. Davon abgesehen lag die Mattoc weiterhin sportlich und mit guter Traktion auf der Strecke. Nicht ganz so feinfühlig wie Pike und Deville, aber dafür mit mehr Popp.
Wurzeltrails werden nicht komplett gebügelt, dafür kann man besser von kleinen Kanten abziehen. In Konsequenz ist das Fahren mit der Mattoc verspielter und spaßiger. Die Einstellung des Durchschlagschutz (hydraulische Endprogression) ist klasse gelöst, deutlich spürbar und werkzeuglos. Im mittleren Bereich dürfte die Kennlinie etwas steiler laufen, dann würde weniger Federweg freigegeben, was in steilen Passagen angenehm wäre.
Maxi zur Manitou Mattoc
Die erste Testfahrt mit Manitous Mattoc unternahm ich auf den flowigen Trails in den heimischen Wäldern: weicher griffiger Waldboden wechselt sich ab mit ruppigen Wurzelfeldern, künstlich errichteten Anliegern und Sprüngen mittlerer Größe – das alles vorzufinden in Hängen mit moderatem Gefälle. Der erste Eindruck war äußerst positiv, denn die Gabel folgte dem Untergrund gekonnt und vermittelte dank bester Traktion am Vorderrad von Anfang an viel Sicherheit. Lediglich an größeren Absprüngen und bei unsanften Landungen hatte ich das Gefühl als würde die Gabel mehr Federweg freigeben als manch andere in dieser Klasse. Dennoch erlaubte sich die Gabel unter diesen nicht all zu extremen Bedingungen keine Schwächen.
Was die anderen Testgabeln auf den ruppigen Trails in Finale Ligure unter Beweis stellen musste, sollte die Mattoc auf unterschiedlichsten alpinen Trails in Südtirols beweisen. Auf die Probe gestellt wurde die Performance unter harten Bedingungen – lange Abfahrten, schnelle und intensive Schlagabfolgen und und und. Auch hier zeichnete sich ein ähnliches Bild ab. Die Mattoc ermöglichte dem Vorderrad nahezu perfekt dem Untergrund zu folgen – ganz unbeeinflusst von Geschwindigkeit und Schlagintensität. Bedingt durch den dadurch generierten Grip und die gute Bremstraktion gelang es mit der Mattoc auch in ruppigstem Gelände bei High-Speed jede der angepeilten Linien zielsicher zu nehmen. Dank der hohen Traktion vermittelte die Mattoc viel Sicherheit, was mich auch bei hohen Geschwindigkeiten entspannt bleiben ließ – ein entscheidender Punkt, wenn es um Komfort und kraftsparendes Fahren geht.
Schwächen zeigte die Mattoc jedoch bei Bremsmanövern, da sie dabei tief im Federweg versackte. Vor allem bei steilen Passagen machte sich dies sehr unangenehm bemerkbar – Überschlagsgefühle waren die Folge. Mit der Low-Speed-Druckstufe lies sich dieses Problem nicht in den Griff bekommen. Einzig mehr Luftdruck half dabei diesem Problem Abhilfe zu schaffen, wenngleich darunter das Ansprechverhalten spürbar schlechter wurde.
# Sofern es nicht extrem steil bergab ging, konnte man es mit der Mattoc richtig laufen lassen.
Mario
Schon bei meinem ersten Test der Manitou Mattoc auf den sehr schnellen, teils ruppigen jedoch flüssig zu fahrenden Trails in und um Latsch/Südtirol war ich sehr überrascht von der guten Performance. Wie bereits von den anderen Testern beschrieben, arbeitet die Zugstufe auf einem sehr hohen Niveau. Die Gabel kommt trotz schneller Schlagabfolgen schnell wieder aus der Kompression, sodass kommende Schläge gut aufgenommen werden können. Ein Verhärten (Packing) bei schnellen Schlägen konnte ich nicht feststellen.
Auch die Traktion am Vorderrad war dank der Zugstufe sehr gut. Wichtig ist bei dieser Zugstufe aber, dass man sie auf jeden Fall ausreichend schnell fährt, ansonsten kann die Gabel nicht ihre komplette Performance ausspielen. Der Verstellbereich der Low-Speed-Druckstufe war ausreichend. Auch der Verstellbereich der High-Speed-Druckstufe war durchaus ok, womit die meisten Fahrer ein passendes Setup finden sollten, auch wenn die Unterteilung mit je 4 (LSC) und 6 (HSC) Klicks meines Erachtens etwas zu grob ist. Mit dem passenden Setup konnte ich keine störenden Wippbewegungen oder wegsacken feststellen. Das Fahrverhalten war auf jeden Fall definiert, wodurch ich mich zum Schnellfahren animiert fühlte.
Obwohl die Mattoc ein interessantes Tuning-Potenzial bietet, halte ich es für nicht angebracht, innerhalb eines einheitlichen Test bei einer Gabel am Shimstack Veränderungen vorzunehmen. Man kann vielleicht noch (wenn vom Hersteller vorgesehen) die Luftkammer verändern, um die Progression anzupassen, irgendwo müssen jedoch Grenzen gezogen werden.
Manitou Mattoc Pro: Gesamteindurck aller Tester
Besonders auffällig ist die sehr gute Traktion, welche durch die Mattoc generiert wird – zu verdanken ist das der ausgesprochen guten Arbeit der Zugstufendämpfung. Obwohl der Federweg durch die eher flache Kennlinie nicht so effizient genutzt wird, vermittelt die Mattoc viel Sicherheit und animiert den Fahrer zu hohen Geschwindigkeiten. Dank dieser subjektiven Sicherheit kann der Fahrer auch in Extremsituation ganz gelassen bleiben. Dank dieser Eigenschaft und des guten Ansprechverhaltens ist die Mattoc durchaus komfortabel – wenn auch nicht super sensibel. Weniger erfreulich war hingegen der unzureichende Einstellbereich von High- und Low-Speed-Druckstufe, vor allem da lediglich die letzten Clicks einen spürbaren Unterschied im Fahrbetrieb erzielen konnten. Auch die Achse muss an der Mattoc kritisiert werden. Zwar ließ sie sich nach einiger Gewöhnungszeit gut bedienen, doch hinterlässt sie dennoch einen eher mäßigen und vor allem kaum intuitiven Gesamteindruck.
Nach den ersten Tests zeigten unsere Messungen, dass die Mattoc lediglich 155 mm Federweg bereitstellt (bei maximaler Kompression ohne Luft), wovon wir trotz linearer Kennlinie und geöffnetem Bottom Out im Fahrbetrieb nur 147 mm effektiv nutzen konnten. Zudem ergab sich, dass die Mattoc um genau diese fehlenden 10 mm Federweg tiefer baut als viele ihrer Mitbewerber. Das hat zur Folge, dass man mit der Mattoc im Vergleich zu anderen Gabeln bei identischem Bike-Aufbau eine tiefere Lenkzentrale hat. In Kombination mit ihrer Eigenschaft viel Federweg freizugeben, insbesondere unter starken Bremseinflüssen in steilem Gelände, führt das schnell zu unschönen Überschlagsgefühlen. Um dem vorzubeugen hilft nur eine höhere Lenkzentrale – erreicht durch mehr Spacer oder einer höher aufgebogenen Lenker. Alles in allem konnte die Mattoc im Fahrbetrieb aber dennoch überzeugen.
# In steilem Gelände, in dem man viel auf der Vorderradbremse hängt, vermittelte die Mattoc nicht so viel Sicherheit wie ihre Mitbewerber, was auch daran liegt, dass die Gabel deutlich tiefer baut.
Wen spricht die Manitou Mattoc Pro an?
Die Mattoc PRO bügelt über alles hinweg was sich ihr in den Weg stellt, muss dafür jedoch mehr Federweg freigeben als anderen Gabeln. Sie spricht sensibel an, neigt jedoch dazu, etwas im Federweg zu versacken. Bei starken Kompressionen oder harten Einschlägen könnte die Mattoc gerne etwas mehr Progression aufbauen, dennoch vermittelt sie dem Fahrer ein sicheres Gefühl. All das spricht für eine gelungene Allround-Gabel, die zwar für den Renn- und Profi-Einsatz noch Nachholbarf hat. Für Alltagsbiker, die sich überwiegend auf schnellen und flowigen Single Trails bewegen, ist die Mattoc jedoch eine super Wahl – nicht zuletzt dank ihres geringen Gewichts, der hervorragenden Traktion und ihres überaus günstigen Preises.
Manitou Mattoc Pro – Test-Fazit
Das Comeback von Manitou im Enduro-Sektor gefällt. Die Mattoc ist leicht, vielfältig einstellbar, bietet eine überraschend gute Performance und ist vor allem eins – richtig günstig. Zwar nutzen andere Gabeln ihren Federweg effektiver, doch kann die Mattoc durch ihre Eigenschaft glänzen, dem Untergrund nahezu perfekt zu folgen, was zu einer überlegenen Traktion führt. Bei einem Preis von nur 650 € kann man ruhigen Gewissens über Feinheiten wie beispielsweise die nicht sonderlich intuitiv zu bedienende Steckachse hinwegsehen. In Sachen Preis-Leistung ist die Manitou Mattoc Pro in diesem Testfeld unangefochten.
Pro:
- Preis-Leistung unschlagbar
- super Traktion durch top Zugstufendämpfung
- Gewicht
- Optik (hebt sich von der Masse ab)
Contra:
- spürbarer Druckstufen-Einstellungsumfang zu gering
- Federkennlinie könnte progressiver sein
- Steckachs-System
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Harte Fakten zur Manitou Mattoc Pro
Ermittelte Werte
- Maximaler Federweg: 155 mm
- Maximal genutzter Federweg: 148 mm
- Einbauhöhe: 545 mm
- Gewicht: 1.899 Gramm (inkl. Steckachse & Kralle, und gekürztem Schaft)
Erhältlich in/mit:
- Federweg (mm): 140, 150, 160 (getestet), 170 (nur bei 26″)
- Laufradgröße: 26″, 27,5″ (getestet)
- Gabelschaft: Alu tapered
- Achse: 15 mm, werkzeuglos gesteckt und verspannt
- Farben: Schwarz, Rot (getestet), Weiß
Informationen:
- Material: Aluminium, Magnesium
- Federung: Luft
- Einstellbarkeit: Zugstufe, High- und Lowspeed-Druckstufe, Durchschlagschutz (Bottom Out), Luftdruck
- Dämpfung: geschlossene Dämpfungskartusche
- Standrohre: 34 mm
- Bremsenaufnahme: Disc, Postmount 7“ (180 bis 200mm Bremsscheibe)
- Preis – UVP: 650 €
Manitou Mattoc Pro Preisvergleich
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