Liebe MTB-News Community,
schon wieder ist eine halbe Ewigkeit vergangen und ich habe extrem viel erlebt. Leider war es mir nicht möglich, in der letzten Woche meinen Blog zu schreiben, weil einfach die Zeit gefehlt hat. Deshalb gibt es dafür dieses Mal einen etwas größeren.
Dirtpark Whistler
Nachdem der Bikepark Whistler langsam aber sicher das „Neue“ an sich verloren hat, weil ich einfach jede Strecke schon so oft gefahren bin, wollte ich unbedingt noch mehr Neues sehen.
Für einen „Sixer Bier“ konnte ich mir von einem Kumpel für ein paar Tage ein Dirtbike leihen und erst einmal den kleinen Dirt Spot in der Stadt ausprobieren.
Während die großen Sprünge im Bikepark immer mehr „an Größe“ für mich verlieren, ist die Angst, oder besser gesagt die Aufregung gegenüber Dirt-Sprüngen geblieben. Nach großer Überwindung hab ich dann doch die kleinen Sprünge gemeistert, konnte aber meinen Kumpel überzeugen, so schnell wie möglich mit mir zum Pumptrack beim nächstgelegenen See zu fahren.
Pumptrack Whistler
Der Pumptrack in Whistler ist, soweit ich das weiß, nicht wirklich offiziell – aber jeder kennt ihn und er wird auch offensichtlich geduldet. Durch einen schmalen und zugewachsenen Eingang geht es ein paar Meter durchs Gestrüpp und man ist da:
Da ich selber schon an einem Pumptrackbau in Karlsruhe beteiligt war, weiß ich, wie viel Zeit und Arbeit in diesem hier steckt. Vorallem die unendlich vielen Linien, die hier fahrbar sind, machen super viel Spaß, aber leider braucht man dadurch auch recht viel Zeit, um sich erst einmal richtig zurecht zu finden. Nach wenigen Runden setzte bei den sehr sommerlichen Temperaturen leider schon die Ermüdung ein, sodass es dann aber auch recht schnell wieder zum See ging.
Vorbereitung für den Roadtrip
Die nächsten Tage ging es natürlich erst einmal wieder in den Bikepark Whistler, wo ich dann auch die erste schlecht gebaute Kurve gefunden habe, was dann auch gleich zu meinem ersten Sturz in Kanada führte (siehe Video Nummer 1). Glücklicherweise war der Schmerz nur von kurzer Dauer. Die Tage danach waren sehr regnerisch und bis zur Eröffnung des Garbanzo Lifts (der zweite, obere Lift) waren es noch ein paar Tage.
Nachdem ich so viel Zeit und Energie in das Auto gesteckt hatte, konnte ich mich in den verregneten Tagen zum ersten Mal aufraffen und mich noch einmal um das Auto kümmern. Die wichtigsten Reparaturen hab ich direkt beim Mechaniker in Whistler machen lassen, da er sich die ganze Zeit so gut um mich gekümmert hatte: Getriebe-Service, neues Motoröl, neue Bremsbeläge… Der Mechaniker, der an meinem Van geschraubt hatte, meinte, er habe noch nie ein Getriebe in einem so schlechten Zustand gesehen. Das Öl war von den ganzen feinen Metallsplittern schon ganz silber und es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis das Getriebe komplett versagen würde.
Laut den Jungs von der Werkstatt könnte das Getriebe noch ein paar Monate halten, wenn man den Van vorsichtig fährt. Gesagt, getan! Da ich leider von meinen Freunden aus Whistler niemanden finden konnte, der Zeit und Geld für einen kleinen Roadtrip hatte, habe ich auf Pinkbike geschaut und sogar direkt jemanden gefunden: Nicole.
# Nicole
Mein Plan war ein „kleiner“ Roadtrip für ein paar Tage nach Kamloops und Silver Star. Nicole, die ebenfalls leidenschaftlich Downhill fährt, musste ich gar nicht erst von dem Plan überzeugen. In Kamloops wartete auch schon Nico alias PinkFrog auf uns. Er hatte sich auf einen früheren Blog-Eintrag von mir gemeldet und macht derzeit fast das Gleiche wie ich – somit entschlossen wir uns, zumindest für den Roadtrip ein wenig zusammen herumzureisen.
Weg nach Kamloops
Endlich ging es los. Die Aufregung und Vorfreude war bei mir unendlich groß, weil es endlich los gehen konnte. Nicole ins Auto, Fahrräder ins Auto und Kette rechts… oder so :-)
Der direkte Weg nach Kamloops ist sehr steil und geht durchgehend über Berge. Wir, mit dem angeschlagenem Van, der dauernd komische Geräusche gemacht hat, sind natürlich die Berge hochgeschlichen und mussten andauernd Pausen machen, damit sich das Auto ein wenig abkühlen konnte. Nach ungefähr 5h Fahrtzeit, die laut Google Maps nur 2h hätten sein sollen, fingen die Bremsbeläge dann auch noch so stark an zu qualmen, dass es mal wieder eine unfreiwillige Pause auf einem Parkplatz gab. Wie der Zufall es so wollte, war es auch gleichzeitig noch mit Abstand der schönste Parkplatz, an dem ich je gewesen bin:
Die Pause am Parkplatz hat sich dann noch eine Weile hingezogen, da der Druckpunkt der Bremse auf einmal komplett weg war. Komisch, so etwas kannte ich davor eigentlich nur von meinen alten Avid-Bremsen… „Glücklicherweise“ hat wohl „nur“ die Bremsflüssigkeit ein wenig gekocht, sodass es dann den Rest des Weges unbeschwert bis nach Kamloops ging.
Nachdem wir irgendwo an einem See in Kamloops übernachtet und Nico getroffen hatten, ging es am nächsten Tag erst einmal in einen Wal Mart, um endlich mal einigermaßen bezahlbares Essen und vor allem eine neue Batterie für den Van zu kaufen.
Leider war es nicht nur die Batterie, die defekt war, sondern offensichtlich hatte man auch nicht wirklich viel Wert auf saubere Kontakte gelegt. Deshalb durfte ich mit dem nächstbesten Gegenstand, in diesem Fall ein Kettenschloss, eine halbe Stunde lang Kontakte freikratzen. Permanent in der Hoffnung, dass es nur die Kontakte sein würden und nicht die komplette Elektronik im Van kaputt ist.
In diesem Fall hatte ich aber ganz gute Arbeit geleistet, denn das Licht im Van funktionierte nach der Aktion wieder, nur der Kühlschrank mag die 12V Option leider immer noch nicht.
Bike Ranch
Natürlich ging es direkt danach zur Bike Ranch in Kamloops. Die Bike Ranch ist ein kleiner offizieller Bikepark, ohne Lift, aber bekannt durch die Videos der Pros. Der Park ist nicht wie ein gewöhnlicher Park á la Whistler oder Winterberg: Hier ist alles groß. Große Doubles, extrem große Dirt-Sprünge und natürlich die brutal riesigen Kicker, bekannt aus den Fest Series. Wer also gerne mit dem Rad springt, ist hier genau richtig.
Ich habe mich für die mittelgroßen Lines entschieden – einerseits war es sehr windig und andererseits war mir bei der nächsten Größe das Verletzungsrisiko dann doch zu groß. Macht nichts, weil auch die mittleren Lines schon richtig Spaß machen. Vor allem, wenn man einen Local vor die Kamera bekommt, der es so richtig krachen lässt!
Whistler Pumptrack & Kamloops Bike Ranch #4 von SLXDriver – mehr Mountainbike-Videos
Da wir alle nicht unbedingt der Hauptzielgruppe der Bike Ranch entsprachen, erkundigten wir uns kurzerhand bei einem an der Ranch shuttelnden Jungs, ob es nicht noch downhilllastigere Strecken in der Umgebung gibt. Das Glück war auf unserer Seite, denn direkt über der Ranch beginnt der Rio Trail und der Fahrer fuhr uns nicht nur hoch, sondern zeigte uns auch den Einstieg zum Trail.
Da ein Trail hier schon recht schnell als „technical“ und schwarz ausgeschrieben wird, waren wir nach der ersten Abfahrt ein wenig ernüchtert, weil das Ganze wohl eher einem Singletrail als einer Downhillstrecke entsprach. Egal! Mit der Geschwindigkeit kam der Spaß und als Nico dann vorfuhr und einem das Gestrüpp auf dem dicht bewachsenen Trail ins Gesicht peitschte, hat es dann doch irgendwie einfach richtig viel Spaß gemacht!
Glücklich und erschöpft von den wüstenähnlichen Temperaturen, entschieden wir uns dann am Abend dazu, nochmal zwei Stunden mit dem Auto weiter Richtung Osten zu fahren und zum Bonus Weekend (Pre Opening) im Bikepark Silver Star zu gehen.
Bikepark Silver Star
Ich weiß es noch genau: als ich angefangen habe, mich mit dem Thema Downhill zu befassen, war das erste Video, das ich überhaupt gesehen habe, das Promo Video vom Bikepark Silver Star. Deshalb war die Vorfreude und Enttäuschung umso größer als bei allen anderen Parks, in denen ich bisher war.
Doch von Anfang an: Der Weg von Kamloops nach Vernon ist zwar eigentlich recht kurz, doch wenn man nicht schneller als 80 km/h fährt, zieht es sich zeitlich doch etwas hin… Macht aber nichts! Wir waren nämlich einer Meinung: Wenn der Weg zum Ziel so schön ist, dann ist es kein Weg, den man hetzen will, sondern eher ein Weg den man genießt!
Nachdem wir also für den Weg mal wieder doppelt so lange gebraucht hatten, wie es uns das Navi prophezeit hatte, fing die tägliche Suche nach einem Schlafplatz mal wieder an. Man denkt sich wohl, mit einem Campervan und in einem Land mit so viel Platz und Natur kann man sich doch einfach irgendwo hinstellen und schlafen – Pustekuchen! In Kanada ist es nämlich nicht nur an vielen Orten illegal zu campen und zu schlafen, es ist sogar aufgrund der vielen wilden Tiere ziemlich gefährlich. Einerseits ist das ziemlich nervig, weil man auf den Campingplätzen hier meistens nicht mal eine Dusche vorfindet und trotzdem viel bezahlt, andererseits waren die Orte, die wir gefunden haben, so unheimlich (siehe Video 2), dass wir letzten Endes doch einfach direkt auf den Parkplatz vom Bikepark fuhren und dort dann bei kühlen Temperaturen endlich die Augen schließen konnten.
Am nächsten Morgen konnte es dann endlich los gehen: das Bonuswochenende oder auch Pre-Opening hatte endlich begonnen. In Silver Star ist es so: hier wird eine Strecke normalerweise im Winter komplett überarbeitet, damit sie wie neu gebaut am Anfang des Jahres da steht. Einerseits ist das natürlich der Hammer, weil ich noch nie in meinem Leben so flowige und perfekt gebaute Trails gesehen habe. Andererseits kam damit auch die Enttäuschung, weil fast alle sehr anspruchsvollen Strecken, auf die ich mich so gefreut habe, noch nicht, oder nur zum Teil offen waren. Da ich unbedingt trotzdem mal die Strecken P.S. Walk the Line oder Pro Star anschauen wollte, hab ich natürlich einen kleinen Trackwalk gemacht und kann jetzt schon sagen – dafür muss ich definitiv noch einmal zurück kommen.
Wir haben dann das Beste draus gemacht und nach dem ersten Tag Streckensuche haben wir trotzdem noch super Trails wie die „Double Dog“ oder „Pipe Dream“ gefunden.
Beide könnten nicht unterschiedlicher sein: Die eine mit vielen Sprüngen, komplett „gebuddelt“ und mit Riesenanliegern, die andere eng, wurzelig und an manchen Stellen sehr steil. In einem gleichen sich aber beide Strecken – sie machen einfach Riesenspaß! Enge Kurven, von einer Kurve in die nächste springen, beim Landen eines Sprunges direkt auf dem Absprung des nächsten stehen oder mehrere Minuten lang in Serpentinen auf extrem griffigem Boden den Berg runterballern… und alles ist dabei so gebaut, dass es nicht zu extrem, aber gleichzeitig nicht langweilig ist. Da ich selten in meinem Leben so einen Flow, Speed und Spaß auf einer Strecke hatte, habe ich beide einzeln noch einmal in Raw hochgeladen [Hinweis: Lieber auf diese beiden Videos verzichten und eher die anderen beiden anschauen]
Double Dog Video:
Bikepark Silver Star – Double Dog [Raw] von SLXDriver – mehr Mountainbike-Videos
Pipe Dream Video:
Bikepark Silver Star – Pipe Dream [Raw] von SLXDriver – mehr Mountainbike-Videos
Am Abend ging es dann noch in einen kleinen Pub in Silver Star, in dem, wie in vielen Bars auch in Whistler, ein Bikefilm lief. In diesem Fall sogar der brandneue Rad Company – so lässt es sich leben!
Leider gingen die zwei Tage wie alle Tage hier viel zu schnell rum, sodass ich als Fazit eigentlich nur sagen kann: So wie ich den Park bisher gesehen habe, ist er ähnlich wie Whistler, sogar noch anfängerfreundlicher. Anliegerparadies und spaßige Trails auf denen man Spaß hat, ohne die Angst im Hinterkopf zu haben, dass alle fünf Meter Stellen sind, an denen man sich böse verletzen kann. Um den Park mit einem wirklichen Fazit bewerten zu können, muss ich aber definitiv noch einmal hin! Da ich unbedingt noch Sun Peaks anschauen möchte, ist es also gar nicht so unwahrscheinlich.
Als ich dann sonntagabends beim Abspülen des Geschirrs stand, eine 8-10 Stunden-Fahrt vor mir hatte, war mir das einfach egal. Kennt Ihr das? Man war einen Tag im Bikepark oder hat gerade eine richtig lange Tour hinter sich und es war einfach nur geil? Genau so erging es mir in diesem Moment. In diesem Moment gab es für mich Weltfrieden! Keine Kriege, keinen Rassismus, keine Hungersnöte, keinen Liebeskummer oder irgendeinen Stress, der einen normalerweise immer so bedrückt. Nicht einmal die unendlich lange Fahrt, die vor mir lag, hat mich genervt/gestresst – die Welt war einfach in Ordnung und ich hätte nicht glücklicher und zufriedener sein können… in diesem Moment.
Kamloops Rio & Silver Star Bikepark #5 von SLXDriver – mehr Mountainbike-Videos
Aus Rücksicht auf die Autos/das Auto haben wir uns dann für die längere, aber flachere Strecke entschieden. Mit einem zufriedenen Brummen des Motors und wunderschönen Landschaften um uns herum sind wir dann ganz gemütlich Richtung Heimat geschlichen. Bis es auf einmal einen lauten Knall unter uns gab. Das Auto hat kein Gas mehr angenommen und mir war sofort klar: Jetzt ist das Getriebe endgültig hinüber.
Da dieser Blog schon recht groß ist und ich euch gerne noch ein Video zeigen möchte, gibt es die Fortsetzung dann nächste Woche!
Weitere Infos:
https://www.youtube.com/user/SLXDriver
https://www.facebook.com/SLXDriver
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Kai in Kanada – Teil 1
Kai in Kanada – Teil 2
Kai in Kanada – Teil 3
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