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Erfolge konnte Canyon in praktisch allen Disziplinen feiern
Erfolge konnte Canyon in praktisch allen Disziplinen feiern - das soll auch im Downhill-Weltcup so sein. Die Chancen, dass die Koblenzer direkt in der Premierensaison einen Titel feiern, dürften nicht schlecht stehen.
Fabien Barel hat mittlerweile seinen Helm an den Nagel gehängt und seine Karriere als Rennfahrer beendet
Fabien Barel hat mittlerweile seinen Helm an den Nagel gehängt und seine Karriere als Rennfahrer beendet - für die Teamfahrer des Canyon Factory Downhill Teams und auch für Flo ist er gerade aufgrund seiner Erfahrung und Erfolge jedoch ein extrem wichtiger Ansprechpartner.
Unterwegs in Colorado
Unterwegs in Colorado
Team-Sieg in Whistler
Team-Sieg in Whistler
Flo in seiner Werkstatt
Flo in seiner Werkstatt
Oha, überall interessante Sachen in Flos Werkstatt
Oha, überall interessante Sachen in Flos Werkstatt
Eines seiner Bikes
Eines seiner Bikes
"Ja, ich bin schon etwas schuhverrückt!"
"Ja, ich bin schon etwas schuhverrückt!"
Mattwragg 20150719 -24
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20150810 3783 mattwragg
20150810 3783 mattwragg
Seit fünf Jahren ist Flo mittlerweile bei Canyon und betreut aktuell unter anderem das Canyon Factory Enduro Team und das Freeride-Team
Seit fünf Jahren ist Flo mittlerweile bei Canyon und betreut aktuell unter anderem das Canyon Factory Enduro Team und das Freeride-Team - mit dem Downhill-Team starten die Koblenzer das nächste große Projekt. Für unser Interview stand uns der Bad Kreuznacher Rede und Antwort!

Flo Goral ist Teammanager des Canyon Factory Enduro Racing Teams und hat dort z.B. Fabien Barel und Ines Thoma unter seinen Fittichen. Wir haben Flo zuhause besucht (er wohnt in unserer Nachbarschaft nahe Bad Kreuznach) und über seinen Weg bei Canyon sowie die laufende EWS-Saison 2015 gesprochen.

MTB-News.de: Hallo Flo, als Teammanager bist du ja eher im Hintergrund. Bitte stell dich unseren Lesern kurz vor.

Flo Goral: Ich bin Flo Goral, 28 Jahre alt und komme aus dem wunderschönen Bad Kreuznach. Ich bin jetzt seit ungefähr dreieinhalb Jahren bei der Canyon Bicycles GmbH und seit genau zweieinhalb Jahren zuständig für das Enduro Team. Weiter noch für das Freeride Team, also sprich eigentlich die verantwortliche Person für alle Gravity-bezogenen Aktivitäten im Hause Canyon.

Wie bist du Teammanager geworden?

Teammanager bin ich eigentlich aus einer Laune unseres Chefs heraus geworden. Ich habe als Assistent vom Geschäftsführer bei Canyon angefangen, war mit diversen Projekten betreut – bis eines Tages dann Roman Arnold zu mir kam und gesagt hat: „Flo, wir brauchen ein Enduro Team, ich habe das im Gefühl, dss wird das nächste große Business werden. Mach dich mal schlau über die Disziplin und guck dir mal ein paar Fahrer an, mach mal eine Struktur.“ Grundsätzlich hat er also gesagt: Bau ein Team auf.

Hattest du vorher schon mal irgendwas in dem Sportbereich gemacht? Weil du bis jetzt ja einfach „nur“ Assistent des Geschäftsführers warst?

Im Mountainbike-Sport – also im richtigen Racing – hatte ich eigentlich noch keine Berührungspunkte. Ich habe vor und während meines Studiums in der MotoGP (= die Formel 1 der Strassenmotorräder, Anm. d. Red. ) gearbeitet und dort meine erste Rennsporterfahrung gesammelt.

Was hast du da gemacht?

Ich war so eine Art Springer in einem etablierten MotoGP-Team. Das heißt: ich war eigentlich Aushilfe für alles. Ich habe Boxentafeln gehalten, mich um Reifen und um Hospitality-Angelegenheiten gekümmert. Eigentlich bin ich immer da gewesen wo es brennt, was ziemlich identisch ist zu meiner jetzigen Position als Enduro-Teammanager.

Erfolge konnte Canyon in praktisch allen Disziplinen feiern
# Erfolge konnte Canyon in praktisch allen Disziplinen feiern - das soll auch im Downhill-Weltcup so sein. Die Chancen, dass die Koblenzer direkt in der Premierensaison einen Titel feiern, dürften nicht schlecht stehen.

Und dann habt ihr das Team aufgebaut. Was war denn da anfangs die größte Herausforderung?

Die größte Herausforderung seitens Canyon: Wir hatten eigentlich keine Erfahrung im Bereich Mountainbike-Racing. Canyon ist zwar schon jahrelang Sponsor des Teams Topeak Ergon gewesen, aber das ist bei RTI auf der anderen Mosel-Seite. Da waren wir eigentlich „nur“ Rahmensponsor und haben zusammen im Entwicklungsbereich gearbeitet. Infrastruktur- und prozessmäßig hatten wir kaum Erfahrung, was den Mountainbike-Rennsport anbelangt. Da ist ein eigenes Werksteam nochmal eine ganz andere Hausnummer, muss ich gestehen. De facto haben wir bei Null angefangen.

Canyon ist schon seit Anfang an aktiv in der Rennradszene – schon zu „Radsport Arnold“ Zeiten. Das impliziert ja schon der alte Name, aus dem schließlich unsere Marke entstanden ist. Wir haben die letzten zwei Jahren sogar zwei World Tour-Teams als Partner unterstützt, einmal mit Katusha und einmal mit Movistar. Da ist die Erfahrung einfach schon wesentlich länger da, aber Mountainbike ist doch eine ziemlich andere Geschichte als der Rennradsport. Den Standpunkt muss ich in der Firma hin und wieder mal verteidigen. ;-)

Es hat sich schnell abgezeichnet, dass Enduro „das nächste große Ding“ werden wird – und so habe mich dann in die Disziplin reingefuchst und geschaut, wer sind so die größten Fahrer sind, wo es hingeht. Damals in 2012 hat sich ja angebahnt, dass es ab 2013 die World Series gibt und für uns bei Canyon war es definitiv klar: wenn wir was machen, wenn wir in die Disziplin Enduro einsteigen, wollen wir es richtig machen und Vollgas geben.

Und was sind jetzt deine Aufgaben im Team? Was machst du als Teammanager alles?

Ich bin die Person, die alle großen und kleinen Ritzel und Schrauben zusammenfügt und guckt, dass alles geschmiert ist – dass alles läuft. Es ist sehr, sehr abwechslungsreich.

Ich bin verantwortlich für die Verträge mit den Fahrern, kümmere mich auch ein bisschen um das Training der Fahrer und kommuniziere mit ihren Trainern. Natürlich kommen dann die Sponsoren: Ich muss akquirieren, an Land ziehen, verhandeln, bestellen, Lieferscheine kontrollieren, Medienarbeit. Und das für alle möglichen Bereiche – von Suspension bis hin zum Lampensponsor, sodass unsere Mechaniker auch für die Nachtschicht gut ausgestattet sind. Zum Glück habe ich Larry, unseren Headmechaniker, bei mir in Koblenz. Das geht mittlerweile schon nur noch mit Blicken und wir wissen als Team, was zu tun ist.

Ein ganz, ganz großer Punkt meiner tagtäglichen Arbeit ist die Reiseplanung. Ich kümmere mich um die Flüge vom Team, um die Unterkünfte, bin verantwortlich für die beiden Team-Autos, erstelle komplette Roadtrip-Reisepläne – weil wir wirklich viele Back-to-Back-Races haben, wie es so schön heißt. Wir kombinieren also ein Rennen mit dem anderen, wie auch vor ein paar Wochen in Colorado und Whistler passiert.

Weiter kümmere ich mich um die Öffentlichkeitsarbeit: Darunter fallen die Facebook-Seiten vom Enduro- und Freeride-Team sowie unsere Strive Diaries Video-Serie. Ich habe ein Auge auf die Aktualität unserer Website, koordiniere Fotografen und bearbeite Anfragen von Journalisten und Magazinen.

Fabien Barel hat mittlerweile seinen Helm an den Nagel gehängt und seine Karriere als Rennfahrer beendet
# Fabien Barel hat mittlerweile seinen Helm an den Nagel gehängt und seine Karriere als Rennfahrer beendet - für die Teamfahrer des Canyon Factory Downhill Teams und auch für Flo ist er gerade aufgrund seiner Erfahrung und Erfolge jedoch ein extrem wichtiger Ansprechpartner.

Danke dafür! Heute hier, morgen dort, das Leben von einem Profisportler ist sicher super stressig. Wie sieht es bei dir aus? Bist du genauso viel auf Achse wie deine Sportler oder machst du das aus Koblenz oder wie läuft das ab?

Ich würde eigentlich fast sagen, ich bin sogar mehr auf Achse als die Jungs und Mädels. Bei uns ist es so: wenn wir zu einem Event hinfahren, bin ich mit meinem Mechaniker meistens schon ein bis zwei Tage vorher vor Ort. Wir schauen schon mal wie die Infrastruktur vor Ort ist, das Hotel, wie verlaufen die Wege zur Event-Area? Wo gibt es gute Restaurants und Supermärkte – ganz, ganz wichtig, wenn man einen Fabien Barel im Team hat.

Er ist sehr anspruchsvoll was Essen angeht, oder?

Absolut. So etwas habe ich noch nicht erlebt. Er ist durch und durch Profi – auch beim Essen. Da gibt es auch eine ganz nette Story aus Chile: Es klingelt bei mir abends um halb zehn das Handy, Fab ist am anderen Ende der Leitung und sagt, „ich brauche für morgen früh zum Frühstück Erdnussbutter für meine Reiswaffeln“. Woraufhin ich mich dann in unseren Mietwagen setzte, 70 Kilometer zum nächsten Supermarkt fuhr und Erdnussbutter kaufte, damit der Monsieur am nächsten Morgen glücklich ist.

Nach dem Event sind wir meistens noch einen Tag länger da, um die Nacharbeit in die richtigen Bahnen zu lenken, weil das aus dem Auto relativ schwierig ist. Und von daher bin ich eigentlich mehr unterwegs als die Athleten und komme so auf circa 180 bis 190 Reisetage im Jahr.

Unterwegs in Colorado
# Unterwegs in Colorado

Jetzt hast du vorhin gesagt, dass du in der MotoGP warst. Wie kann man das jetzt mit dem Enduro-Rennzirkus vergleichen?

Es nähert sich immer mehr an. Die ganze Szene wird immer professioneller – auch mit der Infrastruktur, die wir haben: mit den zwei Autos, mit dem Zelt, mit dem Ersatzmaterial. Es ist im Enduro ein bisschen komplizierter, weil wir halt, je nachdem wo wir sind, immer ein anderes Format haben. Das kann ein Fünftagesevent in Colorado sein, inklusive zwei Tagen Training und drei Tagen Event. Das kann aber auch ein französisches Format sein, wo innerhalb von zwei Tagen alles abgefrühstückt ist. Es wird immer professioneller und meine MotoGP-Erfahrung hilft mir in dem Bereich sehr, sehr viel weiter, weil ich Prozesse, gerade in der Logistik oder von der Vermarktung, von der Öffentlichkeitsarbeit eins zu eins implementieren kann.

Du bist ja seit Anfang der EWS mit dabei. Das hat sich jetzt ja schon in den letzten Jahren krass entwickelt. Was waren da aus deiner Sicht die größten Schritte?

Die EWS hat sehr, sehr viel gelernt, was ein einheitliches Regelwerk anbelangt. Da gab es am Anfang mit dem Thema Shuttles beim Enduro einen wichtigen Punkt, der nicht richtig klar war. Das war im ersten Jahr, beziehungsweise in den ersten eineinhalb Jahren so.

Da habt ihr ja das Whistler Thema gehabt, ja?

Genau. Whistler war definitiv damals das Paradebeispiel und uns hat es als stellvertretenden Sündenbock erwischt. Es macht mich immer noch ein bisschen wütend, wenn ich zurückdenke – denn gerade unter den jetzigen Regeln ist es eine absolute Selbstverständlichkeit, was damals angeblich verboten war. Ein riesengroßes Missverständnis. Ich fühle mich nach wie vor ein bisschen ungerecht behandelt, aber die Aussprache war da und wir ziehen seitdem alle an einem Strang, um den Endurosport voranzubringen – von daher ist es okay.

Und neben dem Regelwerk: was hat sich noch verbessert ?

Der Ablauf vor Ort ist wesentlich organisierter als das zu Anfang der Fall war. Die Kommunikation zwischen den Veranstaltern, Teammanagern und Athleten ist sehr gut geworden. Es sind unheimlich kurze Wege. Man hat viel gelernt, was die Strecken anbelangt. Auch das Taping ist besser geworden, vor allem in diesem Jahr.

Auch die Öffentlichkeitsarbeit ist auf einem ganz neuen Level – durch die permanenten Fotografen, die dabei sind. Durch die eigene Inhouse-Videoproduktion ist das ein richtig gutes Level.

Team-Sieg in Whistler
# Team-Sieg in Whistler

Wo ist aus deiner Sicht noch der meiste Bedarf für Verbesserungen? Oder Veränderungen?

Aktuell betrachtet weiß ich gar nicht, ob ich so viel ändern will. Ich muss mich – vielleicht liegt das an der deutschen Mentalität oder einfach an der strikten Vergangenheit aus der MotoGP – immer noch ein bisschen mit den verschiedenen Formaten auseinandersetzen. Auch wenn es nicht so ist, fühlt es sich chaotisch an – man kommt zu einem Wochenende und muss sich jedes Mal neu einstellen. Für die Athleten ist es auch schwierig, wenn man drei Tage Training und zwei Tage Rennen hat. Ich muss meinen Körper definitiv kennen, ich muss wissen, was kann ich meinem Körper an Tag X zumuten, um am Tag Z fit zu sein. Das ist auf jeden Fall etwas, das schwierig ist.

Wenn du es mit anderen Disziplinen im Bike-Sport vergleichst, was findest du besser am Enduro-Rennsport? Oder gibt es etwas, das schlechter ist? Wenn du dieses doch komplett andere Format mit Cross Country oder Downhill vergleichst?

Schlechter ist auf jeden Fall der Spannungsbogen. Das ist beim Enduro ein Punkt, den man definitiv noch verbessern kann, gerade was Livetiming und Timing im Allgemeinen anbelangt. Es ist halt oft so: die Fahrer kommen ins Ziel und die Stage endet nicht unbedingt genau in den Paddocks oder im Zielbereich, sondern es gibt noch eine anschließende Transferetappe. Und selbst wenn die Fahrer dann ins Ziel kommen, herrscht oft Unklarheit. Welche Position habe ich, wer hat jetzt gewonnen? Das ist vom Spannungsbogen für uns bescheiden, weil die Fahrer natürlich nach dem Rennen ankommen und fragen: „Wo bin ich rausgekommen, auf welcher Position bin ich gelandet?“ Ich versuche dann wie ein Wilder mein iPhone upzudaten und zu gucken, wie das letzte Livetiming geworden ist.

Whistler im Gegenzug ist für mich da ganz großes Kino. Die letzte Stage wird live übertragen und die Fahrer drehen sich im Ziel um, schauen auf die Anzeigetafel und wissen was Sache ist. Mein Herz schlägt nach wie vor auch für den Downhill-Sport mit seiner Spannung und Stringenz. Ein DH World Cup hat in diesem Bereich definitiv mehr Spannung und Adrenalin – da muss die EWS noch nachbessern.

In dieser Saison war Fabien bis jetzt als einziger von den Fahrern auf dem Podium – einmal auf vier und einmal auf zwei. Läuft das oder seid ihr nicht so ganz happy? Wie ist es aus deiner Sicht?

Ich würde sagen, das läuft absolut. Wir stehen aktuell auf Platz 1 im Teamranking, was für mich persönlich meine Messlatte ist. Stehen wir wie in Rotorua, Samoens oder Whistler ganz oben auf dem Teampodium, weiß ich, dass meine drei Mechaniker und ich viel richtig gemacht haben und das Team als solches funktioniert.

Wir hatten jetzt zwei Lehrjahre, in denen wir alle viel gelernt haben und ich würde jetzt sagen, dass wir sind jetzt im dritten Jahr so richtig „competitive“ sind, wie es so schön heißt. Die Leistungsdichte ist sehr, sehr eng geworden. Wenn man sieht, dass zum Beispiel Fab beim Rennen in Schottland nach 35 Minuten Race das Podium um 0,6 Sekunden verpasst – ist das ein Wimpernschlag. Natürlich bin ich auf jeden Fall froh, dass er nach seiner Verletzung letztes Jahr noch die Kurve gekriegt hat und den EWS-Stopp in Finale gewonnen hat – das war der Knaller.

In diesem Jahr hatten wir natürlich ein bisschen Pech mit „nur“ zwei individuellen Podiumsplatzierungen. Ludo hat sich direkt am ersten Trainingstag in Neuseeland das Schlüsselbein gebrochen. Dann hatten wir in Irland leider ein großes Plattenpech. Wir waren auf Doppelpodiumkurs und dann haben Fabien und Joe hinten plattgefahren. Das hat uns natürlich ein bisschen zurückgeworfen, aber die Saison ist noch nicht zu Ende. Es kommen noch zwei Rennen, die WM ist noch offen und wenn wir eins gelernt über die letzten Jahre gelernt haben, dann, dass es im Endurosport auf die Konsistenz ankommt.

Es bringt dir nichts, wenn du einmal schnell fährst und sieben Mal ausfällst. Du musst acht mal genau so schnell fahren, dass es passt. Es gibt ein nettes Zitat von Gared Graves: „If you want to finish first, you have to finish first.“ Das ist immer wieder was, was ich meinen Fahrern auch persönlich einbläue und sage: „Jungs, fahrt auf 95 %. Ich weiß, ihr könnt 5 % mehr fahren, aber fahrt sicher, dass ihr den Tag übersteht.“ Das ist auf der einen Seite auch das Schöne am Enduro. Und von daher sieht es bis jetzt gar nicht so schlecht aus. Ich bin mir sicher: wir können jetzt in Spanien und Finale noch ein Highlight setzen. Das haben wir in der Vergangenheit bewiesen. Von daher bin ich sehr optimistisch, was das Jahr anbelangt.

Du hast jetzt Fab sehr oft erwähnt. Der ist aber nicht mehr so der Allerjüngste. Wie ist denn da der Plan, wie lange wird er aktiv als Rennsportler da bleiben? Kannst du da was zu sagen?

Wir hatten schon großes Glück und ehrlich gesagt, war es für die Teamentwicklung und auch für meine Erfahrungswerte war ihn ins Boot zu holen das Beste, was uns passieren konnte. Er ist Racer zu 110% und ihn mit einem Rücktritt vom Rücktritt zu ködern war nicht das Allerschwerste. Nach seiner aktiven Downhillzeit ist er nur sporadisch Endurorennen gefahren. Aber wer einmal Racer ist, der kriegt das auch nicht raus. Also haben wir ihn dann schon gestichelt, er hatte immer noch Feuer in seinen Augen – nach wie vor. Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass 2015 sein letztes volles Jahr als Profi ist, daher verstehe ich den aktuellen Aufriss auch nicht so wirklich, muss ich zugeben. Auf der anderen Seite ist Fab jetzt 35. Aber was man sehen kann und was er auch von sich selbst sagt: er ist so fit wie noch nie in seinem Leben. Ich habe selten einen Athleten gesehen, der sich so konsequent auf eine Saison vorbereitet hat. Wir arbeiten derzeit intensiv zusammen an einem neuen Projekt und ich kann sagen, dass wir Fabien die nächsten Jahre definitiv noch auf Rennstrecken sehen werden.

Flo in seiner Werkstatt
# Flo in seiner Werkstatt

Habt ihr Pläne, mit ihm weiter in der Produktentwicklung zu arbeiten?

Ja, das auf jeden Fall. Ein langfristiges Engagement über seine Karriere hinaus war von Anfang an der Plan, weshalb wir Fabien damals nicht nur als reinen Fahrer geholt haben. Er bringt einen unheimlichen Mehrwert mit – er ist ja auch Ingenieur. Das Feedback was er zur Radentwicklung geben kann, ist immens. Er hat ein unheimliches Knowhow, ein technisches Verständnis und er kann schon, wenn er ein Bike anguckt, die Vorteile und die Nachteile sehen. Er muss noch nicht mal darauf gesessen haben! Und wir haben dadurch, dass wir ein Werksteam sind, einen Vorteil davon, dass wir einen unheimlich direkten Draht zur Entwicklung haben.

Das wäre die nächste Frage gewesen. Wie eng arbeitet ihr mit der Produktentwicklung zusammen?

Wir arbeiten unheimlich eng zusammen. Da ist gerade unser Gravity-Ingenieur Vincent in den letzten drei Jahren Fabs Buddy geworden und ist auch oft in Südfrankreich, um neue Produkte zu testen oder einfach nur um zu diskutieren und zu brainstormen. Hin und wieder ist Fabien auch in Koblenz, aber Koblenzer Stadtwald und Nizza sind schon ein bisschen unterschiedlich, haha…

Oha, überall interessante Sachen in Flos Werkstatt
# Oha, überall interessante Sachen in Flos Werkstatt
Eines seiner Bikes
# Eines seiner Bikes
"Ja, ich bin schon etwas schuhverrückt!"
# "Ja, ich bin schon etwas schuhverrückt!"

Ihr wart dieses Jahr nicht bei dem Rennen am Gardasee. Habt ihr das bewusst boykottiert, weil es letztes Jahr nicht so gut ankam – oder was war der Grund?

Bewusst boykottiert, würde ich sagen, klingt zu aggressiv. Ich persönlich mag das Festival am Gardasee eigentlich. Ich finde, dass der Gardasee eine nette Location ist, wenn auch zum Mountainbiken überschätzt. Ich bin einmal mit Markus Greber einen Trail runtergepoltert, das hat mich jetzt nicht so vom Hocker gehauen, sage ich ganz ehrlich. Das ist auch das Feedback, was ich von meinen Fahrern bekommen habe, gerade für die Strecke im vergangenen Jahr. Mein Mechaniker ist dieses Jahr mitgefahren und hat es leider bestätigt. Darüber hinaus ist unser Terminkalender schon extrem eng und da haben wir gesagt, dass wir das Rennen dieses Jahr auslassen. Das Festival an sich ist ordentlich – ist ja auch so der offizielle Saisonstart, wo man sich wieder trifft.

Fab war DH-Weltmeister. Gibt es von Canyon Pläne, auch dort richtig einzusteigen?

Downhill ist definitiv ein interessantes Thema. Ich meine, wir haben jetzt mit dem Factory Enduro Team und dem Factory Freeride Team in den letzten drei Jahren bewiesen, dass wir sehr erfolgreiche Werksteams bewerkstelligen können. Darüber hinaus sind wir mit Topeak Ergon und den beiden Rennrad Pro-Tour Teams in der Weltspitze. Im Moment spricht nichts dagegen, dass wir das im Downhill nicht auch sein können.

Wir haben das Knowhow zur Entwicklung eines Racebikes, gerade auch mit Fabien als dreimaligem Downhill-Weltmeister im Team.

Wie sieht es mit dem Freeride-Team aus? Das betreust du auch – aber nicht so intensiv, nehme ich mal an? Was sind da deine Aufgaben?

Wir haben damals mit Thomas Genon und Anton Thelander angefangen. Die haben wir uns ins Boot geholt, noch ohne unser eigenes Rad. Wir wollten sagen: „Hey, wir entwickeln mit euch zusammen einen Rahmen. Wir geben euch nicht einen Rahmen und setzen euch einfach nur drauf, sondern wollen bewusst das Stitched so kreieren, dass es euren Wünschen entspricht.“ Das ist uns auch ganz gut gelungen.

Mittlerweile hat sich das Freeride Team dann noch um den Deutschen Peter Henke und um Thomas Lemoine erweitert, also sind es mittlerweile vier. Ich bin der Kontaktpunkt von Canyon zu den Jungs. Email dauert mit dieser Generation zu lange, also kläre ich meistens mitten in der Nacht per Whatsapp wo sie im Einsatz sind, welche Designwünsche sie für die Räder haben und was sie sonst so brauchen. Sie sind zum Teil wirklich verpeilte Kids, aber es macht einfach Spaß.

Okay. Angenommen, jemand möchte Bikeprofi werden: welche Tipps kannst du ihm aus deiner Sicht als Teammanager geben?

Sei ein ganzes Paket! Nicht im körperlichen Sinne, haha… Bikeprofi ist heute mehr als nur schnell fahren. Image, Social Media, Öffentlichkeitsarbeit, Freundlichkeit, Netzwerke, Professionalität – all das spielt eine Rolle.

Sprecht ihr Fahrer an oder melden die sich bei euch? Wie lief das jetzt in der Vergangenheit ab?

Teils, teils. Ich gehe natürlich mit offenen Augen und Ohren durch die Welt und wenn ich einen Fahrer sehe, den ich mir in meinem Werksteam vorstellen könnte, den ich haben will, dann bleibe ich da natürlich dran. Aber es ist auch definitiv so, dass die Fahrer sehen: Canyon hat ein cooles Werksteam, sie haben super Mechaniker. Es herrscht eine absolut familiäre Stimmung bei uns im Team. Es ist einfach ein Wohlfühlmoment, den wir nach außen tragen können, den andere Leute mitbekommen – und da kommen einige Fahrer schon von ganz alleine.

Mattwragg 20150719 -24
# Mattwragg 20150719 -24
20150810 3783 mattwragg
# 20150810 3783 mattwragg

Okay. Neben Enduro und Freeride hast du auch noch die Dudes of Hazzard…

Haha, ja. Joe Barnes ist ja Werksfahrer und „Dude“ in Personalunion. Seine zwei Freunde Liam und Ferg sind auch auf Canyon und werden von uns unterstützt. Derzeit sind alle drei in Japan. Die neuen Episoden ihrer Dudementary werden richtig, richtig gut.

Die betreust du quasi als Team?

Richtig. Dazu kamen dieses Jahr noch drei Satellitenfahrer, unsere Canyon Enduro Rider. Das sind zwei Deutsche und ein Franzose, die konzentrieren sich auf die nationalen Rennen im Markt. Die beiden deutschen Jungs fahren die SRAM Specialized Serie und die Europaserie mit, die wir einfach mit den Factory Fahrern aus Zeitgründen nicht abdecken können. Und dann habe ich noch einen aus Frankreich, der fährt dann die französische Enduro Serie und lauter so Sachen mit.

Noch was ganz anderes: du bist ja auf den ganzen Reisen ständig umgeben von hübschen Sportlerinnen. Was sagt deine Freundin zum Job?

Ich wette, diese Frage kam noch von Maxi Dickerhoff! Das ist nicht immer einfaches Thema, alleine schon durch die viele Zeit, die ich weg bin. Mein Koffer ist eigentlich nie ausgepackt. Der steht also immer irgendwo in den Füßen rum, mit halb Klamotten drin, halb Klamotten draußen. Jetzt von der Sportlerinnenseite – ich habe die Ines Thoma im Team und meine Freundin auch schon mal mit auf ein, zwei Rennen genommen. Sie weiß, was draußen abgeht. Sie weiß, wer da rumschwirrt und so ist eigentlich alles easy.

Ihr verbringt ja wahrscheinlich viel Zeit mit den anderen Teams oder? Wie ist das Verhältnis von den Teammanagern untereinander? Habt ihr da Berührungspunkte?

Ja, sehr viele. Ganz klar. Ich vergleiche uns ganz gerne so ein bisschen mit einem Zirkus, eigentlich sind wir nichts anderes als Schausteller. Das heißt, wir fahren zu einem Punkt hin, bauen auf, ziehen unsere Show ab und fahren wieder zurück. Und der ganze EWS Trupp ist eigentlich eine große Familie. Wenn ich jetzt mit der Ines und den anderen Deutschen, Max Schumann und so weiter unterwegs bin, heißt es auch immer: die deutsche Reisegruppe ist wieder unterwegs. Ich verstehe mich sehr gut mit den anderen Teammanagern und pflege einen guten Kontakt zu Claus Wachsmann von CUBE. Wir telefonieren eigentlich fast einmal die Woche und tauschen uns aus.

Vier Kurze Fragen noch. Clickies oder Flatpedale?

Clickies.

Bergab oder Bergauf?

Beides.

Hardtail oder Fully?

Zählt Rennrad dazu?

Ok, dann: Mountainbike oder Rennrad?

Ich muss ganz ehrlich gestehen, fifty fifty. Gerade für mich persönlich und auch für meine Fahrer ist das Thema Leistungsmessung ein ganz großes Thema. Und ich habe mich da jetzt wirklich persönlich reingefuchst und komme nicht mehr raus, weil es mich einfach interessiert, was die Trainer von meinen Jungs und Mädels verlangen. Und es wirft auch nochmal ein ganz anderes Licht drauf beziehungsweise nötigt mir auch mehr Respekt ab wenn ich weiß, wie sich fünf Minuten 400 Watt Intervalle anfühlen. Da kann ich mittlerweile mitreden und muss nochmal sagen: großen Respekt an die Athleten, ich weiß, was ihr durchleidet.

Okay. Koblenz oder Bad Kreuznach?

Bad Kreuznach, keine Frage.

Seit fünf Jahren ist Flo mittlerweile bei Canyon und betreut aktuell unter anderem das Canyon Factory Enduro Team und das Freeride-Team
# Seit fünf Jahren ist Flo mittlerweile bei Canyon und betreut aktuell unter anderem das Canyon Factory Enduro Team und das Freeride-Team - mit dem Downhill-Team starten die Koblenzer das nächste große Projekt. Für unser Interview stand uns der Bad Kreuznacher Rede und Antwort!

Danke für das Interview und viel Erfolg in dieser Saison!

  1. benutzerbild

    User85319

    dabei seit 01/2009

    Wird Fabien dann beim DH Team mitarbeiten? In der EWS mag er ja nicht mehr fahren.

    Für mich hört sich das zwischen den Zeilen so an, als ob Barel evtl sogar Teammanager vom geplanten DH Team werden könnte.
    Ich bin gespannt!
  2. benutzerbild

    chilla13

    dabei seit 08/2013

    Dass es ein Downhillteam wird, mag wahrscheinlich sein, ist aber bisher auch reine Spekulation. Vielleicht initiiert Canyon auch eine eigene Endurorennserie!? Letztlich wollen sie Räder verkaufen. Ein Rennteam trägt da sehr gut zur Imagepolierung bei. Im Straßensport haben sie das wirklich formidabel hinbekommen. Ob aber der Übertrag von Downhillbikes auf die breite Masse ähnlich ist? Keine Ahnung.

  3. benutzerbild

    Tabletop84

    dabei seit 05/2008

    lol 70km wegen einem Glas Erdnussbutter. Ob das Rennentscheidend war?

  4. benutzerbild

    jedy

    dabei seit 05/2009

    was ist eigentlich mit tibor simai als teammanager geworden? dazu gab es ja auch mal ein großes interview hier. dass ein wechsel stattgefunden hat, ist irgendwie an mir vorbeigegangen ...

  5. benutzerbild

    struppie2005

    dabei seit 05/2010

    Ich habe was leuten hören, das Canyon in Frankreich ein altes Hotel gekauft hat was zu Trainingszentrum ausgebaut werden soll. Daher Tippe ich auch das zur kommenden Saison Canyon mit einem DH Team antreten könnte. Barel ist auch Franzose das würde schon passen. Fischbach ist ja als Fahrer auch frei, war gerade auf seine Homepage die gerade offline ist vielleicht wird ja ein neuer Sponsor oder sogar ein Team vorgestellt. Wünschenswert wäre es für den Deutschen DH Sport

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