Heimreisen, waschen, wieder einpacken und sogleich weiterreisen. Zum Glück hat Caro mir einiges der Packerei bereits abgenommen. Sie wusste genau, dass mir dies nach einer Woche am Perskindol Swiss Epic etwas schwer fallen würde. Beflügelt durch den Sieg an diesem Rennen geht es aber doch irgendwie und so treffen wir uns am Montag um 7.00 Uhr wieder, vor uns eine 14-stündige Autofahrt nach Spanien. Zwischen uns gepfercht in unserem Lieferwagen sitzt Georgia Astle, eine kanadische Junioren-Downhillfahrerin auf ihrem ersten Europatrip. Eine lustige Gefährtin haben wir uns für die Reise ausgesucht.
Am Dienstag Nachmittag passieren wir endlich die französische Grenze und fahren bald darauf in Ainsa, einem in den Pyrenäen gelegenen Städtchen, ein. Die ganze Stadt ist auf Enduro World Series getrimmt; Bikes schmücken die Schaufenster, an den Strassenlaternen hängen Banner der Eventsponsoren und alles ist bereits bestens markiert. Wir folgen den Eventschildern und fahren leicht erstaunt bei einer grossen, alten Burg vor, offensichtlich das Eventhauptquartier. „Wow — hier gefällt’s uns!“ Das Training fängt bereits am Tag darauf an, wir müssen uns schnellstens einen Shuttle-Fahrer suchen oder den offiziellen Shuttle buchen. Eine junge Frau an der Registration verspricht uns ihren Freundeskreis abzuklappern um einen Fahrer zu organisieren, die Karre dazu haben wir. Abends um sieben verzweifeln wir schon fast, Geduld ist nicht unsere Stärke und langsam muss eine Lösung her. Dann kommt die erlösende Nachricht «Ich habe einen Fahrer, wann und wo?» — «Woho, da haben wir mal wieder Glück gehabt!»
Mittwoch morgen startet das Training und wir treffen auf unseren Shuttle-Fahrer. Wir sind froh, dass sich dieser nicht als übereifriger Jüngling, sondern als reiferen Herren, der unser Vater hätte sein können, herausstellt. Schliesslich brauchen wir unseren Bus auch noch, um nach Finale Ligure zu gelangen! Richtig unterhalten können wir uns nicht mit Javier, er spricht kein Englisch und wir kein Spanisch… Er kennt sich aber bestens aus in der Region und bringt uns zuverlässig zu jeder Stage. Jede der acht Stages macht uns einen Heidenspass und wir sind uns beide gleich sicher, dass diese Strecken uns liegen werden. Die schmalen, hunderte Jahre alten Wanderwege erinnern uns an die Trails zuhause.
Freitag verzichten wir auf weiteres Training und schonen uns für das anstrengende Rennen. Komplett nichts tun können wir nicht, denn am Abend steht ein Prolog im Castillo an. Dieser zählt nicht zur Wertung, verspricht aber eine Menge Spass. Unzählige Zuschauer säumen die Strecke und versprühen Volksfestatmosphäre. Wir freuen uns umso mehr auf das Rennen!
Samstag morgen geht das Rennen los, schon an der ersten Stage stehen mehrere hundert Zuschauer. Mit meinem ersten Lauf bin ich gar nicht zufrieden, keinen Saft in den Beinen und die Konzentration komplett flöten. Caro ergeht es ähnlich. Ich bin über mich selbst wütend, das geht definitiv besser! Der lange folgende Transfer zur Stage zwei führt uns vorwiegend auf Singletrails hoch, zum Glück hat man uns für die kräftezehrenden Anstiege genug Zeit gegeben, dass wir sie auch geniessen können. Die Anzahl an schönen Trails bringt uns ins Staunen. Der nächste Start liegt auf dem höchsten Punkt des Rennens und führt uns in die längste und wohl auch physisch anspruchsvollste Stage. Endlich gelingt es mir einen sauberen Lauf ohne große Fehler ins Ziel zu bringen, vierter Rang in der Stage, ich freue mich wie ein Schnitzel. Der Lauf ihres Lebens gelingt Caro auf der dritten Stage, ich beobachte ihren Start und bin mir da schon sicher, Caro fährt komplett auf Attacke. Ihr Plan geht auf und auch sie bringt mit einem 6. Platz ihr bestes Stage Resultat herunter.
Auch der Regen vor der letzten Stage und Caros Platten kurz vor dem Ziel der Stage 4 vermasselt unseren guten Tag nicht und wir finden uns am Abend auf den Zwischenrängen fünf für mich und Caro acht vor. Diese Top-Ränge wollen wir natürlich auch am zweiten Renntag halten. Caro gelingt dies recht gut und sie fährt auch die weiteren Stages konstant und platziert sich folgend auf dem 9. Platz. Mir gelingt die Weiterfahrt zwar ohne Sturz, aber viel zu verhalten fahre ich und so muss ich mich mit Platz 8 Overall zufrieden geben. Die Zeiten im Frauenfeld waren so eng wie noch nie, wer auch nur kleine Patzer in seinen Läufen hatte. wurde gnadenlos nach hinten durchgereicht. Das zeigt einmal mehr, wie hoch das Level im Damenfeld ist und vor allem auch wie alle von Jahr zu Jahr noch schneller und besser werden.
Stage 8 wurde leider wegen sintflutartigen Regenfälle abgebrochen, der unterste Teil der Strecke war schlichtweg nicht mehr fahrbar. Zuschauer und Fahrer mussten evakuiert werden – ein Ende, das man im trockenen Spanien nicht erwartet!
Der uns vorher komplett unbekannte Veranstaltungsort hat uns mit seiner Gastfreundschaft, den unglaublich guten Trails, der guten Organisation und der Liebe zum Detail komplett überrascht und wir hoffen, bald wieder mit unserer Reisegruppe „Enduro World Series“ dorthin zurückzukehren.
Anita
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