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Die Race-Version des Mudhuggers wurde 2015 unter anderem von Loïc Bruni bei seiner erfolgreichen Jagd auf den WM-Titel verwendet
Die Race-Version des Mudhuggers wurde 2015 unter anderem von Loïc Bruni bei seiner erfolgreichen Jagd auf den WM-Titel verwendet - sowohl nach vorne als auch nach hinten ist diese Version (noch) länger. Das sorgt für eine freie Sicht bei Fahrten in matschigen Bedingungen und soll den Rahmen relativ Schlammfrei halten.
Huck it!
Huck it! - es gibt Unterschiede zwischen Weltcup-Fahrern und Hobby-Piloten.
Ungewohnte Proportionen
Ungewohnte Proportionen - das Vorderrad entflieht, wie auch bei der Mondraker Forward Geometry, optisch nach vorne
Too much für normale Biker
Too much für normale Biker - Mondraker hatte hier den Reach um 60 mm vergrößert, den Vorbau eliminiert und den Hinterbau gleich (kurz) gelassen. Das fuhr sich nicht ausbalanciert.
Ein erster Schritt
Ein erster Schritt - einfach den Hauptrahmen verlängern. Allerdings sollte das Heck mindestens proportional mitwachsen, denn sonst stimmt der Grip nicht.
Nicolai Argon Low Fat
Nicolai Argon Low Fat - Frank Schneider freut sich, jetzt an radikalen Versuchen beteiligt zu sein, wie diesem extra-langen Hardtail.
Nur falls sich jemand fragt, wie ein Bike mit 160 cm Radstand aussehen würde
Nur falls sich jemand fragt, wie ein Bike mit 160 cm Radstand aussehen würde - wie ein Chopper, aber man gewöhnt sich an alles?

Kürzlich fuhr ich ja Nicolais neues ION GPI, das Fahrrad mit dieser radikal langen Geometrie. Das regte zu einigen Gedanken über Fahrrad-Geometrien, insbesondere Fahrradlängen an. Wieder einmal stieß ich auf diese einzigartige Besonderheit im Radsport: Kunden fahren (beinahe) das selbe Material wie Profis. Das ist irgendwie geil, aber ganz ehrlich: Was soll das?

Die Race-Version des Mudhuggers wurde 2015 unter anderem von Loïc Bruni bei seiner erfolgreichen Jagd auf den WM-Titel verwendet
# Die Race-Version des Mudhuggers wurde 2015 unter anderem von Loïc Bruni bei seiner erfolgreichen Jagd auf den WM-Titel verwendet - sowohl nach vorne als auch nach hinten ist diese Version (noch) länger. Das sorgt für eine freie Sicht bei Fahrten in matschigen Bedingungen und soll den Rahmen relativ Schlammfrei halten.

Im Fall von einigen Komponenten mag das einen Sinn ergeben, und bei der Federung wird ja bekanntermaßen durch grundsätzlich unterschiedliche Einstellungen und Federhärten effektiv ein deutlicher Unterschied gemacht. Aber bei den Geometrien, da scheint mir (zumindest im Downhill) etwas schief zu laufen. Profis bekommen von ihren Sponsoren häufig maßgeschneiderte Rahmen, richtig. Da wird der Lenkwinkel häufig ein Grad flacher gemacht, der Reach 30 mm länger, das ergibt dann ungefähr 45 mm mehr Radstand als beim Serienbike. Aber im Großen und Ganzen unterscheidet sich das Fahrrad, auf dem Loic Bruni Weltmeister wurde, kaum von dem, das sich Markus Müller beim Lapierre-Händler seines Vertrauens kaufen kann. Kaum heißt konkret: In allen Geometrie-Maßen um vielleicht 4 %.

Huck it!
# Huck it! - es gibt Unterschiede zwischen Weltcup-Fahrern und Hobby-Piloten.

Mir ist klar, dass es unter den Endkunden auch sehr schnelle Fahrerinnen und Fahrer gibt. Fahrer, die selbst auch Rennen fahren, oder es zumindest richtig krachen lassen. Nur seien wir ehrlich: beim Weltcup würde sich keiner von Ihnen auch nur ansatzweise für das Finale qualifizieren. Das gilt im Übrigen auch für uns von der testenden Zunft. Zwischen dem 80. Platz im Weltcup, den man erreichen muss, um sich zu qualifizieren, und dem 1. Platz, liegen für gewöhnlich bereits 10 – 20 %. Weil der Zusammenhang von Zeit und Geschwindigkeit linear ist, könnte man auch sagen: Der schnellste Fahrer fährt im Durchschnitt überall 10 – 20 % schneller als der achtzigste. Und der ist immer noch erheblich schneller als ein durchschnittlicher Fahrer! Wie groß ist dann der Unterschied von der Weltspitze zum durchschnittlichen Kunden? Der Durchschnitt ist schwer zu greifen, aber sagen wir der Einfachheit halber ganz grob: Ein Loic Bruni, ein Aaron Gwin, ein Greg Minnaar – alle ungefähr doppelt so schnell wie Max Mustermann. Sie fahren doppelt so schnell, springen doppelt so weit, und ihre üblichen Strecken sind ebenfalls erheblich schwieriger als unsere durchschnittlichen Strecken. Die Höchstgeschwindigkeit auf einer schnellen Strecke liegt gerne mal über 70, wenn ich an einer einfachen Stelle über 40 fahre, ist die Stelle schon sehr einfach.

Ungewohnte Proportionen
# Ungewohnte Proportionen - das Vorderrad entflieht, wie auch bei der Mondraker Forward Geometry, optisch nach vorne

Diese Diskrepanz zwischen Profi und Hobby-Sportler ist nichts Mountainbike-spezifisches. Nehmen wir Mal Hermann Maier, den Herminator, den legendären Skifahrer. Wir können auch einen heutigen Champion nehmen, aber den Maier kennt man. Auch er fährt die Streif, und jede andere Skipiste, doppelt so schnell wie ein versierter Hobby-Skifahrer. Wie macht er das? Vereinfacht gesagt ist er an jeder Stelle der Strecke doppelt so schnell unterwegs, seine Höchstgeschwindigkeit gerne mal über 150 km/h, ein Hobby-Skifahrer kommt selten über 70 km/h.

James Toner Downhill 05
Sasha Rearik / Wiki Common – wie auch beim Mountainbiken geht es in der Ski-Abfahrt bei Profis anders zur Sache als bei Hobby-Fahrern.

Jetzt schauen wir uns einmal das Sportgerät eines Ski-Profis an: Der Schuh: Härter, mehr Vorlage. Der Ski: Härter, weniger tailliert, wesentlich länger. Während sich die Härte nicht so einfach messen lässt, ein kurzer Blick auf Länge und Radius (ein Maß, wie große Kurven der Ski „von selbst“ fährt, wenn er 45° aufgekantet wird). Hermann Maiers Latten sind 2,18 m lang und haben einen Radius von 50 m. Ein Ski, der Endkunden Spaß macht, hat (für die gleiche Körpergröße) 1,70 m und einen Radius von 15 m. Zwischen den Fahrweisen eines Profis und eines Hobby-Sportlers liegen im Skisport Welten – und die finden sich auch in ihren Sportgeräten wieder. Das gleiche Phänomen lässt sich bei anderen Sportarten beobachten, bei denen die Athleten möglichst große Geschwindigkeiten durch Muskelkraft kontrollieren sollen. Länge läuft – die alte Wahrheit ist auch im Mountainbike-Sport bekannt, nur wird sie meiner Meinung nach nicht konsequent angewandt. Meine These ist: Entweder ist Greg Minaars Bike zu kurz, oder das Serien V10 zu lang. Dass wir alle schon kürzere Bikes gefahren sind und die größere Länge bevorzugen, erlaubt nur einen Schluss: Greg Minaars Bike ist zu kurz. Genau wie die Bikes seiner Mitbewerber, denn die Top-Bikes unterscheiden sich nur um wenige Zentimeter. Kann das sein?

Too much für normale Biker
# Too much für normale Biker - Mondraker hatte hier den Reach um 60 mm vergrößert, den Vorbau eliminiert und den Hinterbau gleich (kurz) gelassen. Das fuhr sich nicht ausbalanciert.

Nehmen wir an, zwischen Hobby- und Profibikes müsste der gleiche Längenunterschied liegen wie zwischen Hobby- und Profiski, und dass die etablierte Länge von 120 – 125 cm Radstand für ein Downhillbike in Größe L für den Hobby-Fahrer passt. Dann sollte ein Profi ein Bike fahren, dessen Radstand es auf beachtliche 154 – 160 cm bringt! Selbst außergewöhnlich lange Bikes wie das Nicolai ION GPI bringen es nur auf 1,31 m. Es kann gut sein, dass die Unterschiede bei Fahrrädern nicht ganz so groß sein müssen, wie bei Abfahrtsski. Aber wegen der enorm unterschiedlichen Fahrweise von Weltcup-Profi und Endkunde müssen die Geometrieunterschiede größer als die erwähnten 4 % sein.

Ein erster Schritt
# Ein erster Schritt - einfach den Hauptrahmen verlängern. Allerdings sollte das Heck mindestens proportional mitwachsen, denn sonst stimmt der Grip nicht.

Die Geschichte des Briten Chris Porter, Kopf hinter dem Mojo Nicolai Geometron, bestärkt diesen Gedanken. Chris hat Weltcup-Downhill-Teams gemanaged, für ihn zählt nur ein Maß: Die Zeit. Für ihn ist ein schnelleres Bike das bessere Bike. Sein persönliches Enduro hat 1,37 m Radstand, und nach eigenen Messungen ist es das schnellste, das er und sein Team bisher getestet haben. Nicolai hat bewusst keine ganz so extreme Geometrie in Serie gebracht, aber sie wollen ja auch nicht nur jemanden wie den extrem versierten Chris Porter ansprechen.

Also nochmal: Kann es sein, dass alle Weltcup-Profis zu kurze Fahrräder fahren?

„Ich bereue heute, dass wir damals nur evolutionär und inkrementelle Änderungen an den Bikes vorgenommen haben“ sagt Frank Schneider, der früher für KRC Downhill Weltcups fuhr. Heute probiert er radikale Änderungen aus, Hardtails mit 62° Lenkwinkel, Enduros mit 1,30 m Radstand – und ist mehr als angetan.

Nicolai Argon Low Fat
# Nicolai Argon Low Fat - Frank Schneider freut sich, jetzt an radikalen Versuchen beteiligt zu sein, wie diesem extra-langen Hardtail.

Das heißt für mich: Profis sollten Profi-Geräte bekommen, und wir sollten uns damit abfinden, damit nichts anfangen zu können. Dass wir das bis heute einigermaßen können, spricht dafür, das Weltcupbikes zu kurz sind – denn wenn nur Weltcup-Fahrer von ihnen profitieren würden, dann würde sich kein Mensch das freiwillig antun. Stichwort Skifahrer: die meisten Leute am Berg würden mit den Herminator-Ski nicht einmal bis zum Einkehrschwung kommen, sondern die Latten vorher überkreuzen und stürzen.

Nur falls sich jemand fragt, wie ein Bike mit 160 cm Radstand aussehen würde
# Nur falls sich jemand fragt, wie ein Bike mit 160 cm Radstand aussehen würde - wie ein Chopper, aber man gewöhnt sich an alles?
  1. benutzerbild

    duc-mo

    dabei seit 05/2011

    ...schneller als mit kurzen bin ich aber nicht, was aber auch daran liegt, dass ich nicht mein Geld damit verdiene, meine Gesundheit aufs Spiel zu setzen und irgendwann eine Geschwindigkeit erreicht ist, wo das Sturzrisiko größer ist als der Zugewinn an Spaß.

    Dem gibts nichts hinzu zu fügen!!!
  2. benutzerbild

    cycophilipp

    dabei seit 08/2003

    Checkt es halt. Die Industrie macht uns mit langen Radständen und flachen Lenkwinkel zu fahrtechnischen Pfeiffen, um uns in ein paar Jahren dann mit einer Welle von Fahrtechnik-Kursen auf Retro-Bikes zu ködern. Der Hipster ist tot, es lebe der Hipster. Und der ganze sinnfreie Scheiss am Otto N. Verbraucher vorbeientwickelte Quatsch wie superlow n megaslack, Radstände die um keine Spitzkehre mehr kommen und so tiefe Tretlager, dass wir bald wieder auf der Lagerwelle stehen müssen... Non-Pros fahren auch mal langsam und die Kurven und das taugt denen sogar!!!

  3. benutzerbild

    xeno42

    dabei seit 05/2013

    ich sagt dazu nichts denn ich kann rechnen und fahren und die physik hat da so gesetze aber die gelten ja im fahrradsektor nicht smilie

  4. benutzerbild

    RedSKull

    dabei seit 06/2003

    ... Radstände die um keine Spitzkehre mehr kommen und so tiefe Tretlager, dass wir bald wieder auf der Lagerwelle stehen müssen...

    Ach was, da geht schon noch was. Mal nicht nur Forstwege fahren, dann lernt man auch, wie man um enge Kurven kommt. smilie
    Wenn ich mir ansehe auf welche enge Trails ich schon mit dem Downhiller gezerrt wurde...und wie sich manche beim Kurvenfahren anstellen.
  5. benutzerbild

    roofrockrider

    dabei seit 03/2002

    Was für Loic Bruni oder Gwin gut ist kann dem Hobbyfahrer der flüssig fahren kann auch nicht schaden.
    Viel wichtiger ist der persönliche Geschmack.
    Mir persönlich sind 430 mm Reach und 66 Grad Lenkwinkel eigentlich nicht genug beim DH fahren.
    Bin 180 cm groß und eher Sitzriese
    Specialized Demo in XL fand ich gerade richtig.

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