Neben den Firmenbesuchen in Japan sowie Malaysia und Singapur fanden wir auch beim doch recht vollen Zeitplan zwischendurch Zeit, einige Fragen zu stellen – und diese möchten wir euch ungern vorenthalten. Gesprochen haben wir mit Manabu Tatekawa (Global Marketing Manager) sowie den beiden für Mountainbike-Komponenten verantwortlichen Produktmanagern Kichinosuke Kubo und Taketoshi Sato. Teilweise haben wir uns etwas wie bei den Besuchen der Produktionsstätten gefühlt – bei vielen Fragen ist die Zurückhaltung durchaus spürbar. Viel Spaß beim Q&A – Fragen und Antworten Shimano:
Hallo Herr Tatekawa, starten wir mit einer etwas provokanten Frage eines Kollegen von mir: Warum halten Shimano-Ketten dreimal länger als die von SRAM?
Manabu Tatekawa: Nun, ich kenne SRAMs Designs nicht. Bei uns ist es so, dass wir das Produkt mit einem hohen Qualitätsstandard designed haben – nicht nur wegen der Komponenten an sich, sondern auch um das Fahrradfahren sicherer zu machen. Außerdem haben wir eine 1 Jahres-Garantie für jedes Produkt, für die Dura Ace sogar zwei Jahre, das kommt auf das Einsatzgebiet an. Die Haltbarkeit ist für uns da sehr wichtig.
Warum entwickelt Shimano langsamer – oder anders gefragt, anders als viele Mitbewerber? Möchte Shimano vorschnelle Produkte vermeiden?
Nein. Als 1×11 startete, wollten wir nicht einfach nachfolgen und ein gleiches Produkt machen. Wir möchten immer etwas eigenes, anderes machen – beispielsweise haben wir das erste elektronische Produkt auf dem Markt entwickelt. Es ist wichtig, sich die Zeit für ein Produkt zu nehmen. Wir haben viele Ideen und viele Herausforderungen, aber wir wollen keine Kunden als Tester. Wenn wir 100 % zufrieden sind, können wir das kommerzielle Produkt bauen, an dem jeder Freude hat.
Generell: Wie wichtig ist der Einfluss des Marktes für Shimano?
Sehr wichtig, denn: Wie schon gesagt möchten wir, dass die Leute Spaß an den Produkten haben. Aber es geht nicht darum, beispielsweise immer weniger Gänge wie 11 Speed oder 10 Speed zu fahren, sondern vielmehr darum: Wie kann Shimano einzigartige Sachen bauen, die mehr Spaß und bessere Performance bringen? Das ist unser Fokus.
Shimano stellt nicht nur Fahrrad-, sondern auch Angelkomponenten her: Was haben Angler und Mountainbiker als Käufer gemeinsam?
Naja – besonders die Kinder auf der Junior Highschool sind großartige Shimano-Käufer. Die gehen gern fischen – und fahren mit dem Mountainbike dorthin (lächelt).
Wie wichtig ist Shimano das Feedback von Profi-Fahrern für die Produktentwicklung und Innovation?
Eine sehr gute Frage. Nicht mehr als 50 Prozent, vielleicht sogar noch viel weniger. Der Job von professionellen Bikern ist es, das Rennen zu gewinnen, richtig? „Normale“ Käufer sind anders. Die Profi-Räder werden jeden Tag perfekt gepflegt, manch normaler Fahrer serviced sein Rad vielleicht ein ganzes Jahr nicht – der Ansatz ist also ein ganz anderer. Der normale Käufer ist wichtiger für uns, auch wenn uns die Profis lehren können, was speziell in harten Situationen und unter heftigen Bedingungen funktioniert oder nicht. Aber manchmal ist professionelles Feedback für ein Consumer-Produkt auch nicht gut, weil es einfach zu extrem ist.
Wie identisch oder anders sind die Komponenten, die World Cup-Fahrer und professionelle Biker fahren – im Vergleich zu den Shimano-Produkten, die man im Laden kaufen kann?
Ganz ehrlich? Die Profis fahren praktisch das Material, was man ganz normal kaufen kann. Wir tauschen da nur sehr wenige Sachen, wie beispielsweise spezielle Kettenblätter für Zeitfahrer oder Cyclocrosser – die gibt’s nur für die Profis. Aber generell fahren alle Profi-Biker die exakt identischen Komponenten wie jeder normale Fahrer.
Wieviele Jahre im Voraus beginnt Shimano mit der Entwicklung eines neuen Produktes?
Normalerweise dauert das zwei Jahre. Die Richtung vorgeben und die Entscheidung für ein neues Projekt dauern ein Jahr; die Entwicklung der Produktion von den Mitarbeitern in den Fabriken und das Design der Produkte sind ein weiteres Jahr. Speziell das Schaltwerk der XTR bzw. solch eine Top-Gruppe zu entwickelt dauert allerdings insgesamt rund vier Jahre.
Ganz generelle Frage: Warum benutzen wir eigentlich immer noch Ketten und Schaltwerke?
Nun, wir wollen dem Käufer einfach kein zu teures Produkt bieten. Natürlich kann eine neue Technologie andere Wege gehen, um das Rad anzutreiben. Aber eine Kette ist vernünftig und günstig, also behalten wir das bei. Natürlich haben wir in 100 Jahren Geschichte des Kettenantriebs sehr viel ausprobiert, aber das kommt immer auf den Preis und die Performance an, die der Käufer haben möchte.
Wird Di2 der Standard für XT und SLX?
Kichinosuke Kubo: Das hoffe ich natürlich – aber natürlich ist Di2 aktuell ein sehr exklusives Produkt, das Käufer noch zögern lässt, es zu kaufen. Ich finde das System deswegen gut, weil es sehr einfach zu bedienen ist – jeder Fahrer kann sehr leicht schalten, vergleichen mit einer mechanischen Schaltung, das ist ein großer Vorteil von Di2.
Was ist das Verhältnis zwischen mechanischer XTR zu XTR Di2 im Markt?
Kubo: Es ist nicht so extrem wie bei den Rennradkomponenten, ich würde ungefähr sagen – 10% Di2, 90% XTR.
Arbeitet Shimano an mehr System-Integration am Bike – beispielsweise Di2 und anderen Komponenten am Rad?
Kubo: Außer der Zusammenarbeit mit Fox aktuell nicht, aber natürlich denken wir viel über verschiedene Varianten nach, sicherlich auch mit anderen Herstellern. Aktuell aber – nein.
Ist 2×11 eine bessere Option als 1×11?
Das kommt ganz auf den Fahrer an. Mancher Fahrer kommt super mit 1×11 klar, manchmal reicht aber die Übersetzung nicht. Profi-Fahrer denke ich, können 1×11 dauerhaft nutzen – das kommt aber auch immer auf den Kurs, die Kurslänge und den Fahrer selbst an. Der Käufer kann wählen.
Was ist das aktuell populärste Schaltsystem bei Shimano? 2×10, 3×11 oder…?
Das dürfte aktuell 2×11 sein. In manchen Gegenden sind es eher 3×11, manchmal eher 1×11, aber größtenteils ist 2×11 die beliebteste Schaltung.
Bei der XTR-Gruppe wird beispielsweise viel Wert auf niedriges Gewicht gelegt. Gibt es eine Gruppe, die man als haltbarste Gruppe bezeichnen könnte, unabhängig vom Gewicht? Oder ist die XTR nicht nur die leichteste, sondern auch die haltbarste Gruppe?
Wir haben den gleichen Standard für jede Gruppe. Es kommt darauf an, was der Kunde will: Wenn der Kunde leicht will, empfehlen wir natürlich XTR. Wenn er einen guten Preis möchte – SLX. Insbesondere die Haltbarkeit ist auch hier während der letzten beiden Generationen nochmal verbessert worden.
Welche Disziplin bringt Shimano am meisten Informationen für die Entwicklung?
Ehrlich gesagt – alle Disziplinen. Deswegen haben wir Saint für Downhill oder die XTR für Cross Country Race. Speziell was XTR angeht, ist für uns das Feedback aus dem XC-Bereich am wichtigsten.
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Shimano Hausbesuch – Teil 1
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