Wer nennt sein Smartphone und einen Account in einem der großen sozialen Netzwerke wie Facebook oder Instagram sein Eigen? Hand hoch! Wäre dies ein Auditorium müsste man die Frage anders herum stellen, um die Wenigen zählen zu können die sich dieser Welt verweigern. Zu Recht? Anneke Beerten stellte ein Foto von sich online welches in dieser Art selten in den Sportler-Feeds zu sehen ist. Müde und unzufrieden mit ihrer Leistung bei einem Rennen – alles nur nicht glorreich, wie sonst so oft in der virtuellen Welt. Das Bild, welches Sven Martin nach einem Enduro-Rennen von ihr geschossen hat, erreicht gerade eine breite Streuung in den Netzwerken. Grund dafür ist aber eher der Text den Anneke dazu verfasst hat, in dem sie das verbesserte, glorifizierte Ich der sozialen Medien in Frage stellt.

https://www.instagram.com/p/BGFD_yrE1rU/?taken-by=annekebeerten

Anneke begegnete mir zuerst vor ungefähr 16 Jahren auf einem Downhill-Rennen in Ilmenau. Schon bevor sie an den Start ging war klar, dass sie nicht nur zuletzt oben am Start, sondern auch später ganz oben auf der Ergebnisliste stehen würde. Immer freundlich und extrem ehrgeizig war sie schon immer eine Racerin durch und durch. Das Ziel eines Rennwochenendes ist dabei in keinster Weise olympisch, sondern ganz klar der obere Platz auf dem Podium. Alles andere wäre nur weiterer Ansporn besser, fitter, schneller zu werden.

2004 begann die Facebook-Ära und 2010 erblickte Instagram das digitale Licht der Welt. Aus einem Netzwerk wurde eine zweites digitales Universum, das aus vieler Menschen Hände kaum noch wegzudenken wäre. Kritik gab und gibt es immer wieder. Die Quintessenz davon: Verarmung der echten sozialen Kontakte und idealisierte Darstellung einer zweiten Persönlichkeit in der digitalen Welt. Anneke bringt es auf den Punkt und beschreibt ein Phänomen bei dem es Dinge wie Niederlagen, Angst sowie unbekümmerte Freiheit nicht mehr zu geben scheint. Die Bike-Branche stützt sich aktuell stark auf die Reichweite, Follower und Likes der Athleten. Zahlen sind vergleichbar und messbar. Wie viele Fans des jeweiligen Sportlers werden mein Produkt in ihrem täglichen Daumen hoch berücksichtigen? Was gewinnt unser Unternehmen mit dieser oder jener Konstellation an Reichweite?

Wir Menschen sind von Grund auf darauf ausgerichtet, uns möglichst in idealem Licht darzustellen. Das liegt in unserer Natur, sonst würden wir nicht auf Dinge wie Modetrends reagieren, morgens die Haare kämmen oder die Zähne putzen. Diese Eigenheiten beeinflussen auch maßgeblich die Entscheidung, was wir mit der digitalen Welt teilen. Von den x Kurvenfotos wird nur das hochgeladen, bei dem die größte Schräglage/Dreckfontäne/Kompression der Federelemente erreicht wurde. Die anderen Fotos werden entweder gleich gelöscht oder verstauben in der digitalen Vergessenheit.

Was wäre ein besserer Umgang mit diesen Medien? Weg von Hashtag-Clouds #like4like #picoftheday #epic #bigair #roost und hin zu #nofilter #nohashtag? Es gibt Punkte an Social-Media die ich nicht missen möchte und das sind die gleichen wie Annekes. Über all die Jahre auf zahllosen Events, Messen und Reisen entstehen nicht nur Fotos und Textzeilen über Menschen, sondern auch Bekanntschaften und Freundschaften. Handynummer? Emailadresse? Die werden immer seltener ausgetauscht. Zu einfach ist der Kanal über die sozialen Medien. Zumal es einem sehr einfach gemacht wird, einander „zu folgen“ und immer up-to-date zu sein, wo sich wer gerade herumtreibt und schnell ist unter ein Foto von der Gepäckausgabe geschrieben: „Hey du bist im Land? Lass uns was zusammen unternehmen!“

Die Zukunft? Niemand weiß was kommt. Für mich wurde Facebook im letzten Jahr immer unattraktiver, vor allem mit der eingeführten zeitlich nicht-linearen Timeline. Ich nutze es zwischenzeitlich eher als Adressbuch und Kontaktsammlung. Bilder werden mehr und mehr direkt über die Funktion von Instagram geteilt. Facebook und Social-Media generell wird aber trotzdem die nächsten Jahre nicht sterben. Zu groß und allumfassend wurde diese Institution für viele Menschen. Werden wir alle (die Nutzer von Social-Media) es schaffen, eine Kehrtwende weg von reiner Follower- und Like-Gier zu vollziehen? Eher nicht im großen Stil, aber ich hoffe wir schaffen es wenigstens im kleinen Kreis, nicht nur das epische Bild, sondern auch die Person mit all ihrer Passion für den Sport dahinter zu sehen und trotzdem ihre Leistung – egal ob auf dem Podium oder weiter hinten auf der Ergebnisliste – zu würdigen und gemeinsam den Spaß am Geländeradsport zu behalten. Selbst wenn es einem (insbesondere mir als Fotograf) manchmal extrem schwer fällt, die Kamera in der Tasche oder gleich daheim zu lassen, wenn man zu einem Abenteuer in der Natur aufbricht.

  1. benutzerbild

    <NoFear>

    dabei seit 08/2006

    ... ab ins KTWR

  2. benutzerbild

    Mr.Penguin

    dabei seit 05/2011

    Exakt! Sorry Grinsekater aber R.C. triffts voll: Was sie hier macht ist doch nichts anderes als das Fischen nach "likes" nur eben nicht von der gewinnenden/strahlenden/grinsenden sondern der verletzten/geschlagenen/"hässlichen" Seite aus. Das hat doch bei Social Media Pros schon längst Schule gemacht. Das hier ist dann das Radsport-Pendant zu "ungeschminkten" Models.

    Jeder Post der mit "ich wollte das hier eigentlich ja gar nicht posten ABER" anfängt... also bitte... und dann hört er auch noch mit "Wir sind doch alle schön so wie wir sind!" auf. Ich kotz gleich. Aber guck, er hat genau das erreicht, was er sollte.

    Klicks.

    Meine Meinung ist nur noch: FB ist scheiße. Die einzigen sinnvollen Funktionen sind Gruppen und Nachrichten, aber das ist nicht einmal, was dieses Medium ausmacht. Abgesehen vielleicht von einem Musiker, der viel postet, kenne ich niemanden, der mir über FB nicht tierisch auf den Senkel geht.
    Gerade bei Frauen bietet sich schon ein recht deprimierendes Bild, was sich da zeichnet: Bist du schön und/oder machst irgendeinen tollen Sport, kriegst du likes - alles andere ist quasi irrelevant. Man mag einwenden, das liege in der Sache der Natur; und ja, das möchte ich nicht abstreiten.
    Nur wenn dann solche Anneke Beertens "hässliche" Fotos von sich posten, frage ich mich echt, ob sie an diese große Lüge auch glauben. Man muss leider annehmen, dass sie das tun. Denn was hat eine junge, hübsche und erfolgreiche Sportlerin bitte für ein anderes Ziel als likes zu ernten, wenn sie in diesen Kanälen postet? Menschen wie sie glauben auch noch an diese pseude-Kontroverse, die sie meinen, aufzuzeigen, doch alles, was sie tun, ist den Mythos des social media-Ichs weiterzuweben.

    So hat sie auch mit diesen Bild nur ein Bild im "gritty"-look hochgeladen, dass sich ansonsten nahtlos in die uns schon bekannte Ästhethik des auf sozialen Kanälen dargestellten Actionsports einreiht.
    Um dies alles abzurunden, muss man sich leider bei jedem Leistungssport in Erinnerung rufen, wie niedrig die Hemmschwelle geworden ist, zu betrügen. Das ist keine Anklage gegen diese Sportlerin, nur möchte ich daran erinnern, was für ein riesiger Spalt zwischen auf die Öffentlichkeit projiziertes Bild und der tatsächlichen körperlichen und seelischen Verfasstheit klaffen. Die Botschaft ihres Textes ist doch: Mir geht es in den einem Moment schlecht, social media ist manchmal nicht so toll - dann macht sie den Schwenk: Ne, alles ist eigentlich meistens toll und social media ist gut und das Individuum ist gut und ich hab euch alle ganz doll lieb. Das ist FB/Instagram-Scheißhausphilosophischer Hedonismus in Reinstform. Wie immer werden Schwäche und Unzulänglichkeit mit dümmlichen Optimismus und Standardparolen abgewiesen.
    Bei all dem kann man aber nichts mehr machen. Die Leute haben schlichtweg diese überhobenen Erwartungen und schalten wie automatisch ihre realistischen Vorstellungen ab, sobald es in die Hochglanzwelt vielgelikter Fotos geht. Ich guck lieber in ein Forum wie dieses, wo Leute geile Bikes und Videos zeigen und die Selbstdarstellung und irgendwelche pathosgeladene Geschichten in der Regel keine Sau interessieren.

    Also: Bravo, liebe Anneke, du bist wer ganz besonderes und ich finde es toll, dass du einmal gegen dieses böse social media deine Stimme erhebst smilie
  3. benutzerbild

    pinnback

    dabei seit 05/2008

    hmm... geht es hier um Hans Jedermann oder um bestimmte "Stars"? Das Leute, die Werbeverträge haben und erfolge vorweisen können/müssen, in einem anderen Licht stehen als ich oder mein Bäcker oder Arbeitskollege, ist ja wohl klar.

  4. benutzerbild

    jan84

    dabei seit 08/2005

    hmm... geht es hier um Hans Jedermann oder um bestimmte "Stars"? Das Leute, die Werbeverträge haben und erfolge vorweisen können/müssen, in einem anderen Licht stehen als ich oder mein Bäcker oder Arbeitskollege, ist ja wohl klar.

    Ich denke bei denen die Ihren Lebensunterhalt mit dem Sport verdienen ist das alles nur so semi-tragisch. Aber es gibt halt schon viele Hobbyfahrer, "Hobbyfahrer", Semiprofessionelle und Wäre-gerne-Semiprofessionelle bei denen die Selbstvermarktung manchmal echt anstregend ist.
  5. benutzerbild

    Zask06

    dabei seit 12/2011

    Interessiert dich nicht? Gefällt dir nicht?
    Lerne zu IGNORIEREN!
    !!!!smilie
    So isses.
    Nix straft Leute mehr als Ignoranz

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