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London 2012 Alexandra Engen
London 2012 Alexandra Engen - Foto by Cerveny
Helen Grobert startet am Samstag in ihren ersten olympischen Wettkampf.
Helen Grobert startet am Samstag in ihren ersten olympischen Wettkampf.
Anne Terpstra
Anne Terpstra
Anne XCO
Anne XCO
Anne bei der Europameisterschaft
Anne bei der Europameisterschaft - EM Silber im Sprint, 11. Im XCO
Watching Danny Hart Lenzerheide
Watching Danny Hart Lenzerheide
Holländische Meisterin
Holländische Meisterin
Celebrating the dutch queen!
Celebrating the dutch queen!
"You are so enduro!"
"You are so enduro!"
Fleckalmbahn
Fleckalmbahn - Ausnahmsweise mal mit dem Lift bergauf
Pumptrack
Pumptrack
Enduroausfahrt mit Teamkollegin Lisi und Tom Wickles
Enduroausfahrt mit Teamkollegin Lisi und Tom Wickles
Auf dem Lisi Osl Trail
Auf dem Lisi Osl Trail
Die holländischen Medien griffen das Thema auf
Die holländischen Medien griffen das Thema auf
Beauties almost ready
Beauties almost ready
Tune Naben
Tune Naben
finally made it
finally made it

Das Ghost Factory Racing Team ist eines der erfolgreichsten Damen-Teams im Weltcupzirkus und lässt uns von nun an einen Blick hinter die Kulissen einer professionellen MTB-Equipe werfen. In regelmäßigen Abständen wird das Team rund um die deutsche Olympiateilnehmerin Helen Grobert hier auf MTB-News einen Blog veröffentlichen, in dem ihr extrem spannende und interessante Informationen um die vier Mädels Anne Terpstra, Lisi Osl, Alexandra Engen und Helen Grobert erfahren werdet. Im zweiten Bericht erzählt uns Teamchef Tom Wickles, wie es Neuzugang Anne Terpstra eigentlich aussichtslos doch noch zu den olympischen Spielen in Rio geschafft hat. Viel Spaß beim Lesen!

Hallo zusammen,

nach der anstrengenden Reiserei im Frühjahr hat sich der Reisekalender etwas entspannt und steht natürlich für den Sommer dieses Jahres ganz im Zeichen der fünf bunten Ringe. Bei einer olympischen Sportart wie MTB XCO schwebt der Gedanke einer Teilnahme an den Spielen natürlich immer im Hinterkopf der Athleten – bei manchen ist er präsenter und realistischer als bei anderen, aber auf dem Niveau, auf dem sich unser Team bewegt, kann, darf und muss er natürlich immer eine Rolle spielen. Manchmal hat man jedoch das Gefühl, als wären mit dem Weg zu diesem Höhepunkt in jedem Sportlerleben vor allem negative Gedanken verbunden. Vor allem natürlich dann, wenn die Teilnahme nicht klappt.

London, mit drei unserer Athletinnen am Start, ist vorbei und insbesondere nach der olympischen Saison dreht sich das Fahrerkarussell mehr als sonst und die Teams setzen sich neu zusammen. Es folgen eineinhalb „normale“ World Cup-Saisons und ab dann geht schon wieder alles um die nächsten Olympischen Spiele. Komplizierte Qualifikationskriterien zwingen nach dem aktuellen Punktesystem die Athleten der Länder, die gerade so um einen Platz kämpfen, fast zwei Jahre dazu, rund um den Globus zu jetten, um möglichst viele Punkte für das Nationenranking einzufahren.

Es gibt eine eigene Olympiaqualifikationsrangliste, über die die 30 Startplätze im Frauenrennen vergeben werden. Die ersten vier Nationen (darunter Deutschland auf Rang zwei hinter der Schweiz) bekommen zwei Startplätze, dann bekommen bis Rang 17 alle Nationen einen Platz [UCI-Ranking]. Die restlichen neun Plätze werden an Kontinente verteilt, die sonst keinen Startplatz hätten [Mehr zu den Qualifikationsrichtlinien].

Dann muss man aber auch noch die beste Athletin des jeweiligen Landes sein, um diesen Platz dann auch zu bekommen und zusätzlich noch die Kriterien des nationalen olympischen Verbandes erfüllen, um auch wirklich zu den Spielen fahren zu dürfen. Im ersten Schritt geht es also darum, möglichst viele Punkte zu einzusammeln, um die eigene Nation in den TOP-17 zu platzieren. In manchen Ländern sammeln dazu mehrere Athletinnen, in anderen, wie in unserem Fall Österreich und Holland, vor allem nur eine bis zwei.

Eine Saison wie im Vorjahr bei Lisi Osl kostet in diesem Ranking natürlich viele Punkte und am Ende steht die Nation ohne Startplatz da. Nach zwei Teilnahmen bei Olympia – wie in Lisis Fall – ist die verpasste Qualifikation natürlich ein Rückschlag. Ebenso schwer hatte es unsere Schwedin Alexandra: für London gerade so qualifiziert und dann eines der wohl besten Rennen ihrer Karriere gefahren und den sechsten Rang mit nach Hause gebracht.

London 2012 Alexandra Engen
# London 2012 Alexandra Engen - Foto by Cerveny

Im Jahr 2014 musste sie dann aber aufgrund gesundheitlicher Probleme eine mehr als einjährige Pause einlegen und nahm an keinem Rennen teil. In der Zwischenzeit konnte ihre Landsfrau Jenny Rissveds nahezu alleine zwar genügend Punkte für einen schwedischen Startplatz einfahren und wurde dann auch verdientermaßen für Rio nominiert, für einen zweiten Startplatz haben diese Punkte aber natürlich nicht ausgereicht.

Auf der anderen Seite steht eine Nation wie Deutschland, bei der vier überragende Athletinnen das Zeug für Olympia hätten und auch noch alle die Kriterien (TOP-8 im WC) erfüllen. Am Ende konnte wir uns mit unserer Athletin Helen freuen, der nach zwei überragenden Jahren das Vertrauen ausgesprochen wurde und die die Zusage für einen Startplatz bekommen hat. Damit war uns der erste Startplatz sicher.

Helen Grobert startet am Samstag in ihren ersten olympischen Wettkampf.
# Helen Grobert startet am Samstag in ihren ersten olympischen Wettkampf.

Ein Land war für uns aber noch mit Fragezeichen versehen. Unser Teamneuzugang Anne aus Holland hatte schon im Vorjahr viel Energie in die Punktejagd investiert und bei zahlreichen Rennen teilgenommen, immer unter dem Aspekt: Punkte.

Die Saison begann für Anne so schon im Februar auf Salaminas, einer Insel vor Athen, mit einem Etappenrennen, das viele Punkte zu vergeben hatte. Nach zwei Tagen war sie gut unterwegs, fuhr sich dann aber einen Platten ein. Dabei beschädigte sie sich eine Carbonfelge und musste 15 km in die Techzone laufen. Neben einer kaputten Felge und durchgelaufenen Schuhen waren aber vor allem die Punkte und die Gesamtwertung weg. Die Saison fing gut an. Weiter ging es auf Zypern. Neu im Team versuchte sie sich natürlich dann dort umso mehr unter Beweis zu stellen und uns zu zeigen, dass sie zu Recht bei uns ist, aber eben auch, wieder Punkte zu sammeln.

Anne Terpstra
# Anne Terpstra

Alexandra hatte übrigens 2012 ein ähnliches Symptom und brach sich beim ersten Rennen auf Zypern gleich mal die Hand. Beim 4-Tagesetappenrennen auf der Sonneninsel war nach einem Timetrial und zwei Point-to-Point-Rennen aber die Luft raus und sie wurde abgehängt. So schnell spielt der Kopf nicht mehr mit. Nach einem längeren Gespräch vor dem abschließenden XCO-Rennen war ich mir selbst schon nicht mehr sicher, wo eigentlich das Problem liegt. Tags darauf war Anne aber zurück und fuhr nach Rang 25 am Vortag auf Rang 10 ins Ziel – das Gespräch hat geholfen und die Einstellung wieder zurechtgerückt.

Anne XCO
# Anne XCO

Nach Rang 39 beim ersten Weltcup der Saison war aber klar, der Weg in die Saison und nach Rio würde nicht allzu einfach. Die Saison lief vor sich hin und die Holländer rutschten in der Rangliste auf Rang 19 ab. Noch schlimmer, Anne konnte das vom NOC geforderte TOP-12 Resultat beim WC oder TOP10 bei einer Meisterschaft nicht abliefern – bis zur Europameisterschaft in Schweden. Dort konnte sie sich am Freitag im XCE die Silbermedaille holen.

Anne bei der Europameisterschaft
# Anne bei der Europameisterschaft - EM Silber im Sprint, 11. Im XCO

Nach diesem Erfolg ging es mit der nötigen Gelassenheit an das XCO am Sonntag und Anne zeigte mit Rang 11 die beste Leistung des Jahres. Rang 11, nicht 10. Damit war das Thema Olympia wohl erledigt. Kein Platz in den TOP-17 und die Kriterien nicht erfüllt. Das beste Ergebnis des Jahres führte damit nicht zu Freude, sondern zu großer Enttäuschung und Tränen. Tränen über die vielleicht einmalige Chance und die 26 Sekunden, die auf Gunn-Rita Dahle-Flesjå und Platz 10 gefehlt haben. Eines war aber klar, der Kopf spielt eine entscheidende Rolle und das war vielleicht der Schlüssel zu zukünftig guten Rennen. Mit einem neuen Ansatz ging es zum Weltcup in der Lenzerheide (Rang 25) und der Mission Titelverteidigung in Holland.

Watching Danny Hart Lenzerheide
# Watching Danny Hart Lenzerheide

Der Plan ging auf: nach einem spannenden Rennen mit einem Zielsprint unter drei Athletinnen konnte Anne nicht nur einen kühlen Kopf bewahren, sondern auch noch genau ihre Taktik umsetzen und das Rennen exakt wie auf dem Reißbrett geplant für sich entscheiden. Es gab wieder Tränen, aber das erste Mal in diesem Jahr vor Freude.

Holländische Meisterin
# Holländische Meisterin

Im Anschluss galt es für mich ein Versprechen einzulösen und die folgende freie Woche mit dem Endurobike zu nutzen. Das war Annes großer Wunsch, wenn die Anspannung der vergangenen zwei Jahr mit der Olympiaquali nachlässt. In den Tagen nach der Meisterschaft ging es nach Waldsassen zur GHOST Produktpräsentation. Das bedeutete: Radtouren mit holländischen Händlern, ehe nach ein paar Tagen Freizeit in der Woche darauf noch einmal Termine in Waldsassen anstanden.

Celebrating the dutch queen!
# Celebrating the dutch queen!

Der Reiseplan lautete also ab nach Kirchberg in Tirol, in die Heimat von Annes Teamkollegin Lisi und dort Zeit und Wetter in den Kitzbüheler Alpen nutzen. Nach einem kurzen Coaching in „howtolooklikeenduro“ stand am nächsten Tag eine Lektion auf dem Pumptrack mit Kurt Exenberger von der Bikeacademy an.

"You are so enduro!"
# "You are so enduro!"

Die Erfolge waren sofort sichtbar und Anne konnte diese später auch auf dem Enduro unmittelbar umsetzen – gut, dass ich kurz vorher mit einem unserer GFR RACING RIOT Jungs selbst ein Endurorennen gefahren bin, sonst hätte mich die Holländerin glatt in Verlegenheit gebracht. Doch dazwischen erreichte Anne die Nachricht, dass die Ergebnisliste der EM wohl überarbeitet wurde. Sie war jetzt zehnte. Offenbar wurde eine Athletin aus den TOP-10 positiv getestet und Anne hatte damit die nationalen Kriterien erfüllt. Da war er, der so sehr herbeigesehnte 10. Rang – jedoch reichlich spät. Es waren nur noch zwei Wochen bis Olympia und Holland hatte keinen Startplatz mehr. Alles aus? So schien es. Damit waren da auch wieder die Tränen. Trotzdem wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt und fieberhaft überlegt, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit geben würde, einen Startplatz zu bekommen. Doch die nächsten Nachrichten waren alle nicht so vielversprechend, umso geeigneter schien die Ablenkungstour, auf der Anne gerade unterwegs war.

Fleckalmbahn
# Fleckalmbahn - Ausnahmsweise mal mit dem Lift bergauf
Pumptrack
# Pumptrack

Nach drei Tagen auf dem FR-AMR in Kirchberg zusammen mit Lisi Osl auf dem Fleckalm-, Gaisberg- und Lisi Osl Trail, ging es weiter nach Südtirol zu unserem italienischen Importeur Krauti und im Anschluss noch an den Gardasee. Spätestens da kam dann die XCO-Athletin wieder durch, die mich mit Intervalltraining hinauf zum Monte Altissimo quälte. Nach einer Woche auf dem Enduro ging es das erste Mal zurück aufs Hardtail.

Enduroausfahrt mit Teamkollegin Lisi und Tom Wickles
# Enduroausfahrt mit Teamkollegin Lisi und Tom Wickles
Auf dem Lisi Osl Trail
# Auf dem Lisi Osl Trail

Konnte sie vor einer Woche noch keine Variostütze bedienen, hatte sich ihr Fahrstil jetzt so sehr verändert, dass der Sattel auf dem Hardtail auf einmal im Weg war und im Anschluss die leichte Carbonstütze einer Reverb weichen musste. Zurück in Waldsassen ging es für Anne auch direkt weiter nach Holland. Es war der 28. Juli und noch eine Woche bis zur Eröffnung der olympischen Spiele, ehe sie ein Anruf ereilte: „du darfst gehen“. Das stellte die Welt auf den Kopf. Eine andere Nation hatte einen Startplatz nicht wahrgenommen und Holland ist die nächste nachrückende Nation. Auf einmal war die Woche auf dem Enduro das perfekte Techniktraining für ein besonderes Rennen, auch wenn diese mit dem Wissen um die Teilnahme wohl so nicht stattgefunden hätte. Plötzlich ging alles ganz schnell. Es waren nur noch vier Tage bis zum Abflug nach Kanada, zum vorletzten Weltcup der Saison, und es galt noch allerlei zu erledigen. Die Medien in Holland stürzten sich förmlich auf die fast unglaubliche Geschichte und neben diverser Reiserei musste sie als letzte Athletin noch eingekleidet werden. Und ganz nebenbei musste da ja auch noch ein ganz spezielles Rad aufgebaut werden.

Die holländischen Medien griffen das Thema auf
# Die holländischen Medien griffen das Thema auf

Unsere Partner sind in diesem Zusammenhang aber unfassbar. Tune lieferte alles, bis auf die Laufräder, innerhalb von 24 Stunden. Die Naben wurden im Anschluss übers Wochenende von Hand bemalt und der LRS sollte, während wir in Kanada sind, fertiggestellt werden. Die nötigen SRAM Teile inkl. Olympia-SID hatte ich 48h später bei der deutschen Enduromeisterschaft in den Händen und einen Rahmen hatten wir, naja – vorbereitet.

Beauties almost ready
# Beauties almost ready

So ging es also mit zwei Kartons an Ersatzteilen und dem Auftrag, in Kanada eben noch ein zweites Olympiarad zu bauen, am 31.7. über den großen Teich. Just in time. Eine EAGLE Gruppe im Koffer, im anderen eine Kiste voll mit TUNE Teilen und dann bloß nichts vergessen! Hat geklappt und nach zwei Tagen in Mont Sainte Anne standen zwei wunderschöne Räder auf unserem Balkon. Olympia ist eben nur manchmal.

Tune Naben
# Tune Naben

Nach dem Weltcup in Kanada flogen wir zurück nach Europa, für 5 Tage. Dort hieß es Laufradsatz komplettieren, Ersatzteile für RIO einpacken, Klamotten waschen und ab zum größten Sportevent überhaupt. Das Ergebnis dabei ist nach einer Geschichte wie der oben auf einmal gar nicht mehr so wichtig. Vielleicht ist „dabei sein ist alles“ manchmal doch realer als es klingt.

finally made it
# finally made it

Ich weiß, ihr interessiert euch genauso wie ich für die Olympiabikes. Die Geschichte dazu mit vielen schönen Bildern gibt’s natürlich auch noch.

Drückt uns bis dahin die Daumen und fiebert am Samstag um 17:30 Uhr deutscher Zeit mit,
Eurer Tom Wickles

  1. benutzerbild

    Dommaas

    dabei seit 05/2011

    Das Ghost Team auf dem Weg nach Rio: Im zweiten Bericht erzählt uns Teamchef Tom Wickles, wie es Neuzugang Anne Terpstra eigentlich aussichtslos doch noch zu den olympischen Spielen in Rio geschafft hat.


    → Den vollständigen Artikel "Blog – Ghost Factory Racing Team: Steiniger Weg zu Olympia" im Newsbereich lesen


  2. benutzerbild

    westcoast1

    dabei seit 01/2014

    Aber das ist ja mal ein sehr cooler Bericht.
    Wissenswertes "hinter den Kulissen" ausführlich beschrieben.
    Prima zu lesen, gerne mehr davon.

  3. benutzerbild

    shutupandride

    dabei seit 06/2004

  4. benutzerbild

    brösmeli

    dabei seit 01/2004

    Super Bericht. Jeder Mensch ist wertvoll nicht nur die Spitzenfahrerinnen, die sich scheinbar mit wenig Aufwand für Olympia qualifizieren.

  5. benutzerbild

    OldShatterhand81

    dabei seit 10/2008

    Ja der Herr Wickles ist schon ein PR-Profi, der nutzt jede Gelegenheit.

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