Im Leadertrikot eingekleidet standen wir heute um 8.00 Uhr von der ARD begleitet an der Startlinie. Völlig überraschend wurde ich gestern vom ARD Israel-Korrespondenten Mike Lingenfelser kontaktiert und angefragt, ob wir nicht einen Bericht über das Samarathon Etappenrennen machen können. Mountainbiken in der Wüste scheint auf breites Interesse zu stoßen. Klaro hab ich zugesagt!

Interview mit der ARD. Mountainbiken in Israel scheint so exotisch zu sein, dass es auf reges Interesse stösst.
# Interview mit der ARD. Mountainbiken in Israel scheint so exotisch zu sein, dass es auf reges Interesse stösst.

An unserer Renntaktik änderte dies aber ganz und gar nichts. Ich war darauf vorbereitet, den Bruder an kurzer Leine zu halten, damit er nicht schon in der ersten Stunde wie ein aufmüpfiges Rennrösschen losfährt und wild Kräfte verschleudert.

Stolz im Leadertrikot, immer zu einem Spässchen aufgelegt.
# Stolz im Leadertrikot, immer zu einem Spässchen aufgelegt.

Achtzig Kilometer können ganz schön lang sein. Wir starteten solide, fanden für eine Weile in einer grösseren Gruppe Unterschlupf und hatten das Zweitplatzierte Mixed Team des Prologes vom Vortag immer in Sichtweite. 
Kurz nach der ersten Verpflegungszone, ungefähr bei Kilometer 35, bemerkte ich das erste Mal, dass Michi nicht mehr freiwillig seine Ablösungen fährt und mich schon gar nicht mehr dazu ermutigt schneller zu fahren. Darauf gab ich ihm einen Riegel.

Auch während des Rennens darf man ab und zu die Aussicht geniessen.
# Auch während des Rennens darf man ab und zu die Aussicht geniessen.

Zum Glück kam kurz später die längste Abfahrt des Tages, wir liessen es krachen und Michi kam wieder zu Kräften. Bei Kilometer 50 war bei ihm aber aus die Maus. Vorne im Wind fahren war keine Option mehr und nur wenige Kilometer später folgten die ersten Krämpfe, in einer Laufpassage mit tiefem Sand streikten die Waden.

Auch ich musste heute zwischendurch ziemlich leiden.
# Auch ich musste heute zwischendurch ziemlich leiden.

Wer schon Mal Krämpfe hatte beim Radeln, weiss welch Katastrophe dies ist. Von einem Moment auf den Anderen geht es nicht mehr drum ein Rennen zu gewinnen, sondern nur noch darum es irgendwie zu überleben.
Bei der nächsten Verpflegungsstation stopfte Michi drei Sandwiches rein und fluchte, dass er nicht mehr kann. Ich Besserwisser liess ihn wissen, dass nach 60 Kilometer eigentlich niemand mehr kann und wir ihn schon irgendwie ins Ziel bringen. Rabenschwester, ich weiss, etwas Mitgefühl wäre tatsächlich angebracht gewesen.

Bei so einem Renngelände sind die Strapazen schnell vergessen.
# Bei so einem Renngelände sind die Strapazen schnell vergessen.

Michi hat sich für jemanden, der vorher noch nie 80 Kilometer am Stück Radgefahren ist, tapfer geschlagen. Ich bin stolz auf den Jungen! Und trotz dieser Achterbahn heute, haben wir Rang 2 ins Ziel gebracht!

Ein Smoothie gegen müde Beine und für die gute Laune.
# Ein Smoothie gegen müde Beine und für die gute Laune.

Zurück auf dem Renngelände erholten wir uns dann schnell. Wir schaufelten den obligaten Reis mit Linseneintopf rein, duschten ausgiebig und gönnten uns ein Smoothie.
Danach war Zeit für ein Mittagschläfchen. Nachdem der Wecker Morgens bereits um 5.30 Uhr läutete und wir über 4 Stunden Rennen gefahren sind, mehr als verdient. Wer aber denkt, wir schwelgen hier im Luxus, der täuscht sich mächtig.

Unsere Unterkunft am Samarathon.
# Unsere Unterkunft am Samarathon.

Als Beduinen-Zelt wurde unsere Unterkunft angekündet, ob das zutrifft oder nicht weiss ich eigentlich nicht. Aber sie ist gemütlich und wird in der Nacht geheizt. Mit meinem Daunenschlafsack ausgestattet, war es ganz schön kuschelig gestern Nacht. Die Wüste kennt wahnsinnige Temperaturschwankungen, da kann nach einem heissen Tag eine bitterkalte Nacht mit Minustemperaturen folgen. Folglich sind wir alle ziemlich froh um unsere beheizte Baracke.

Matratzenlager. Wer Luxus will, ist hier an der falschen Adresse.
# Matratzenlager. Wer Luxus will, ist hier an der falschen Adresse.

Jeder von uns exotischen Europäer hat sich eine Matratze geschnappt und es sich im Matratzenlager gemütlich gemacht. Obwohl sich vor dem Rennen eigentlich niemand kannte, kommt ganz schön Lagerstimmung auf und die Gruppe ist mittlerweile ein eingeschweisstes Band. Das Schöne an Etappenrennen ist, dass Freundschaften geknüpft werden und viele Geschichten geschrieben werden. Man kommt mit vielen Menschen aus anderen Länder, anderen Kulturen und Geschichten in Berührung, was ich persönlich wahnsinnig bereichernd finden. Wenn Eintagesrennen Businesstrips sind, dann sind Etappenrennen die Teambildungs-Ausflüge der selben Firma.

Da kommt ganz schön Lagerstimmung auf.
# Da kommt ganz schön Lagerstimmung auf.

Das Abenteuer Samarathon ist genau nach meinem Geschmack. Morgen geht’s in die letzte Runde. Im Gesamtklassement sind wir auf den zweiten Rang zurückgefallen und wenn es die Krämpfe zulassen, starten wir nochmals den Angriff nach vorne.

Weiterlesen? Alle Berichte von Nathalie zum Israel-Trip findet ihr hier:

Über unsere Gast-Bloggerin
Nathalie Schneitter startete ihre internationale Mountainbike-Karriere im Jahr 2004 mit dem Gewinn des Cross-Country-Weltmeistertitels bei den Juniorinnen. Seither ist sie Vollgas auf den Rennstrecken dieser Welt unterwegs. In Jahr 2008 qualifizierte sie sich für die Olympischen Spiele in Peking und 2010 sicherte sie sich den Heimsieg beim Cross-Country-Weltcup in Champéry. Seit 2015 ist sie für das Team «Rose Vaujany fueled by UltraSports» unterwegs.
Vollgas gibt Nathalie auch neben der Rennstrecke: Sie lacht viel, ist bisschen verrückt und tanzt in jeder möglichen Situation. Seit Herbst 2016 ist sie im Organisationsteam der Bike Days in Solothurn und des Urban Bike Festival in Zürich tätig.

  1. benutzerbild

    Gastautor

    dabei seit 05/2012

    Nathalie Schneitter live aus Israel – Tag 2: Teambuilding unter Geschwistern

    Im Leadertrikot eingekleidet standen wir heute um 8.00 Uhr von der ARD begleitet an der Startlinie. Völlig überraschend wurde ich gestern vom ARD Israel-Korrespondenten Mike Lingenfelser kontaktiert und angefragt, ob wir nicht einen Bericht über das Samarathon Etappenrennen machen können. Mountainbiken in der Wüste scheint auf breites Interesse zu stoßen. Klaro hab ich zugesagt!

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    Nathalie Schneitter live aus Israel – Tag 2: Teambuilding unter Geschwistern
  2. benutzerbild

    Mueman

    dabei seit 04/2016

    krass geile gegend
    freue mich schon, weiter von Euch zu lesen
    alles gute fürs rennen - lasst's krachen

  3. benutzerbild

    jojo2

    dabei seit 09/2007

    Hab heute das erste Mal hier reingeguckt, die Bilder vom Matratzenlager ließen mich neugierig werden. Feine Veranstaltung mit Rennen und Begegnungen - so was gefällt mir.
    Dann gewinnt mal fein! Viel Glück dabei!

  4. benutzerbild

    Airshot

    dabei seit 12/2016

    Animalische Unterkunft smilie könnt ich ohne Bölkstoff nicht überlebensmilie

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