Auch unser Gastautor Tobi alias KäptnFR war beim EWS-Stopp auf Madeira dabei – und dass Tobi Leonhardt schnell ist, hat er unter anderem schon auf vielen TrailTrophy-Rennen bewiesen. Hier ist sein Rennbericht von Madeira.
Mein Freund Thomas und ich sind am Montagabend vor dem Rennen auf Madeira angekommen. Haben dann noch geschwind die Bikes vorbereitet, da wir zusammen mit Tanja, Cornelius und Patrick am Dienstag ein paar Trails zum Warmfahren erkunden wollten. Der Untergrund auf Madeira hat so seine Eigenheiten, unser Guide Nuno (sehr geiler Typ übrigens, www.bikesandfun.pt) hat uns gleich mal mit dem sogenannten “Madeira Ice” bekannt gemacht. Eine Art fest gebackener Lehm, der oberflächlich aber wie es scheint, nie austrocknet und glitschig wie Schmierseife ist.
Am Mittwoch machte sich bei mir dann leider ein leichtes Halskratzen bemerkbar, Cornelius hatte es leider auch erwischt. Das wechselhafte Wetter am Dienstag (Sonne/Regen/Sonne/Regen/warm/kalt/warm/kalt/Wind/kein Wind …) ist uns scheinbar nicht gut bekommen.
An den beiden offiziellen Trainingstagen Donnerstag und Freitag konnten wir auch auf Nunos Shuttle Hilfe setzen – das war ein absolut perfekter Support, besser gehts nicht! Am 2. Trainingstag hatte ich noch einen blöden Einstich an einem zu kurz gesprungenen Mini-Gap.
Beim Einschlag ist die Gabel voll durchgeschlagen, eine Speiche im Vorderrad gerissen und mit der Hüfte habe ich den Sattel abgerissen – Aua! Auch die Wade hat eine ziemliche Quetschung abbekommen. 3 der 4 Speichentypen hatte ich als Ersatzteil dabei, sonnenklar welche dann abreißt … das gab dann abends noch Hektik und Rumfahrerei, um eine Speiche aufzutreiben und jemanden der das Laufrad neu zentriert. Ein neuer Sattel musste ebenso her, daheim liegt ja nur ein halbes Dutzend herum …
Der Infekt ging bei mir “zum Glück” nur in die unteren Atemwege, sodass ich des Nachts eine gute Stunde mit Husten beschäftigt war, welche ich dann auch gleich zur Mückenjagd verwendet habe. Cornelius hat’s so heftig erwischt, dass er gar nicht starten konnte – wie ärgerlich!
Wir wurden an beiden Renntagen ca. 40 Minuten per Bus zum Rennstart hoch geshuttelt. Von dort dann ca. 40 Minuten Transfer zur ersten Stage. Da das ja mein erstes EWS-Rennen war, stand ich in der Startliste nicht vorne bei denen, die es arg eilig haben, sondern eben entsprechend weiter hinten, wo es schon etwas gemütlicher zuging.
Samstag – 1. Renntag
Am ersten Tag standen vier Stages auf dem Programm und mit Stage 1 war gleich mal die Längste (10 min, 54 s) als Auftakt zu bewältigen. Diese war eine sehr tretlastige Angelegenheit auf über 1.600 Metern Höhe mit einem recht knackigen Anstieg, den viele schiebend bewältigt haben. Ich konnte mich im leichtesten Gang grade noch so rauf quälen, während ich dabei den Ersten der vor mir gestarteten Fahrer überholen konnte. Das Überholen des nächsten Fahrers gestaltete sich etwas komplizierter: Es hat zunächst mal ein paar Kurven gebraucht, bis er es realisiert hat, dann habe ich ihm “rechts!” zugerufen und wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ich rechts vorbeifahre. Er hat es jedoch anders interpretiert, sodass wir vor einer Kehre beide nach rechts gezogen sind und somit erstmal eingeklemmt geparkt haben. Ich konnte aus der Situation gar nicht an ihm vorbei, also war er erstmal weiterhin vorne, ließ mich dann aber rasch passieren. Der Konzentration war das Gehakel nicht grade zuträglich, sodass ich ein paar Meter später auch noch gestürzt bin. Naja, trotzdem noch fünftbeste Zeit auf dieser Stage, aber einige Zeit auf die vorderen Herrschaften eingebüßt.
Stage 2 war vom Charakter her schon deutlich anders als die Erste. Ein teils wurzeliger, vom Regen der Vortage aufgeweichter Trail, mit einigen engen Ecken, aber auch etwas Treten. Hier musste ich gleich drei der vor mir gestarteten Fahrer überholen. Das hat diesmal schon etwas besser geklappt – Übung macht den Meister. Die Stage lief sonst bis auf einen Steher gut, sodass ich gleich mal die zweitbeste Stagezeit verbuchen konnte.
Ein kurzer Transfer brachte uns zur 3. Stage, welche mir nach dem Trainingslauf etwas Respekt eingeflößt hat. Es sollte die zweitlängste werden (10 min, 7 s), zwar mit eher geringem Tretanteil, dafür umso mehr Geschüttel auf extrem glitschigem, verblocktem Gestein. Dazu an der ein oder anderen Stelle noch hübsch ausgesetzt – Abfliegen war da keine Option … ich weiß nicht mehr, ob ich im Laufe dieser Stage zwei oder drei Fahrer überholen musste, denn das größere Problem war, dass nach ca. 8 Minuten Geschüttel meine Unterarme den Dienst quittierten. Ich musste das Tempo deutlich herausnehmen, andernfalls hätte es mir einfach den Lenker aus der Hand und mich anschließend aus dem Sattel gehebelt. Das tut echt weh, wenn man vom Kopf her deutlich schneller könnte, einen die eigene Physis aber so limitiert. Somit hier leider nur die sechstbeste Zeit.
Auf dem langen Transfer zu Stage 4 waren dann wieder eher die Beine beschäftigt, für die Arme gab’s ausreichend Zeit zur Erholung, zumal es auf diesem Transfer noch eine üppig ausgestattete Verpflegungsstation gab. Durch das relativ enge Zeitfenster, welches man für die Transfers bei der EWS zur Verfügung hat, konnte ich mir leider nicht unbegrenzt Leckereien reinschaufeln – auch eine Form der Diät. Stage 4 lief wieder richtig rund, der vor mir startende Dieter aus Linz hatte sich mittlerweile gut auf den von hinten herannahenden Hektiker eingestellt. Ein richtig cooler Achterbahntrail durch Urwald-ähnliches Gewächs auf griffigem Waldboden – was will man mehr? Drittschnellste Zeit und Gesamtrang 5 am ersten Tag, 9 s hinter dem Vierten und 20 s hinter Platz 3.
Auch die Nacht zum Sonntag war leider wieder sehr unruhig. Zunächst sind bis spät Abends hupende und grölende Autokonvois durchs Dorf gezogen, Benfica Lissabon hat wohl die Meisterschaft errungen. Danach habe ich mich wieder dem Husten und Mücken jagen gewidmet …
Sonntag – 2. Renntag
Am Sonntag das gleiche Startprozedere wie am Vortag, wir Masters wurden wieder als Erste auf die Strecke geschickt. Demnach war jeweils schon um 06:00 Uhr Aufstehen angezeigt. Für Stage 5 war ich eigentlich recht zuversichtlich, sie erinnerte mich vom Charakter ein bisschen an das Rennen im Harz und da lief es ja nicht so schlecht. Den ersten engen Linksanlieger habe ich dann gleich mal ordentlich verhauen – ich glaub ich weiß auch woran das lag. Die Zuschauer gingen trotz des frühen Morgens schon so ab, das hat mich tatsächlich aus dem Konzept gebracht. Vielleicht bin ich auch mit dem falschen Fuß aufgestanden, Linkskurven lagen mir in der Stage einfach nicht. In einer Weiteren habe ich nochmal vom Bike springen müssen und später kurz nach dem Überholen des 2. Fahrers in einem Linksknick wieder gepatzt … nur die sechstbeste Zeit und kein guter Start in den Tag.
Bei einem der vielen Patzer auf Stage 5 habe ich mir zu allem Übel die Fernbedienung der Stattelstütze verdreht, zudem ist die Staubabstreifer-Dichtung aus der Sattelstütze geploppt. Ich konnte das nach Stage 5 in ca. 5–10 Minuten repariert und kam dann prompt schon in Hektik, um es rechtzeitig zu Stage 6 zu schaffen. Ich glaube, zu spät zu seiner fixen Startzeit zu erscheinen, heißt gleich eine Strafminute kassieren – nicht erstrebenswert jedenfalls. Also bin ich in voller Montur den Transfer hoch geknüppelt und habe mich wieder Fahrer um Fahrer nach vorne geschoben. An Stage 6 kann ich mich ehrlich gesagt nicht mehr so genau erinnern, nur dass es super Spaß gemacht hat und ich fehlerfrei durchgekommen bin. Es war wieder mal alles ziemlich rutschig und ich kam mir deshalb eigentlich gar nicht schnell vor. Die anderen sind, scheint es, noch mehr gerutscht, denn ich konnte wieder die zweitbeste Zeit einfahren!
Stage 7 war/ist, wenn ich mich recht erinnere, Austragungsort eines DH-Rennens auf Madeira. Ziemlich schnell und flüssig, wenig treten, ein nettes Steinfeld und unten noch ein wildes Wurzelmassaker. Es war zwar keine Meisterleistung meinerseits, aber zumindest bin ich solide durchgekommen – viertschnellste Zeit.
Nun folgte wieder ein langer Transfer über 2,5 Stunden zu den letzten beiden Stages 8 und 9. Am Live Timing konnte ich erspähen, dass ich mich erfreulicherweise auf den vierten Platz vorgeschoben hatte, hatte allerdings nur 4 s Vorsprung auf Rang 5. Der dritte Platz war immer noch 19 s voraus – das war auf den letzten beiden Stages eher nicht mehr zu holen. Stage 8 war mein absoluter Favorit, da läuft mir gleich wieder das Wasser im Munde zusammen … oben wieder in Urwald-ähnlichem Terrain, sehr spacig, im Mittelteil waren einige enge Kehren dabei, in denen dynamisches Hinterradversetzen nicht nur ziemlich Spaß gemacht hat, sondern sicher auch die ein oder andere Sekunde brachte. Unten raus dann ein typisch alpiner Charakter mit einem sich am Hang entlang schlängelnden schmalen Trail. Es lief bis auf einen doofen Steher auch wirklich sehr gut, wobei hier auch der Zweit- und Drittplatzierte nochmal richtig Gas gegeben haben – wir lagen alle innerhalb von knapp 5 Sekunden bei rund 6 min 30 s Fahrzeit. Für mich die viertschnellste Zeit auf dieser Stage, ich konnte dem hinter mir Platzierten aber satte 12 Sekunden aufbrummen – Platz vier abgesichert!
Die Missionsparameter für Stage 9 waren somit klar definiert: keinen Mist bauen, nicht den Helden spielen, einfach solide herunterrollen und die 16 Sekunden Vorsprung verwalten. Aber erstmal hieß es hinkommen. Der Anstieg zu Stage 9, ganz am Schluss dieser anstrengenden Reise, war alles andere als nett. Mittlerweile war es richtig schön warm und die Sonne brannte uns auf die mit Vollvisier behelmten Köpfe. Wir mussten einen asphaltierten Weg hoch, der gefühlt mindestens 25 % Steigung hatte. Dieter hat sein Bike gleich geschultert und getragen. Ich entschied mich zu schieben, was mit meiner 2 € Stück großen Blase an der Ferse gar nicht so angenehm war. Naja, auch das haben wir noch irgendwie hinbekommen und bald zählten auch schon die Sekunden runter bis zum Start. Es war dann doch gar nicht so einfach wie zunächst gedacht, den vierten Platz ins Ziel zu bringen, wenn man dauernd nur “nicht stürzen” denkt. Es hat dann aber letztlich gut funktioniert – viertbeste Zeit und fast zeitgleich mit meinem Verfolger, yeah!
Fazit
Abenteuerliche Aktion, anstrengend, Schlafmangel, aber insgesamt ziemlich lässig. Die festen Startzeiten für die Stages erzeugen quasi ganztägigen Stress. Bei einem ernsthaften Defekt ist man recht schnell aus dem Rennen, beziehungsweise wird mit Strafzeiten belegt, die eine gute Platzierung ad acta legen. Was mir nicht einleuchtet ist, warum am zweiten Renntag nicht nach Zwischenklassement des ersten Tages gestartet wird. Das wäre generell spannender und für die Fahrer auch wesentlich sinnvoller, da es dann kaum mehr zu Überholmanövern auf den Stages kommt. Ansonsten war die Organisation tadellos!
Würde es euch reizen, mal bei einem EWS-Rennen zu starten?
22 Kommentare