ICB2.0 - Hinterbauverstrebung

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Hi luniz,

So ganz verstehe ich es noch nicht. Wenn auf das Rad im Aufstandspunkt eine Kraft wirkt, dann wird die über die Achse zum Hinterbau übertragen. Gleichzeitig führt ein Moment an der Achse zu einem Displacement in der Achsaufnahme - oder sehe ich das falsch?

... und wenn man ein Displacement in der Achsaufnahme zulässt, dann ist doch die Frage, wie steif binde ich die Achsaufnahme an die Achse.
Die zwei Extremfälle wären meiner Ansicht nach:
  • die seitliche Krafteinwirkung auf das Hinterrad führt zu einem vertikalen Displacement der Achsaufnahme (weiche Verbindung Achse-Achsaufnahme)
  • die seitliche Krafteinwirkung auf das Hinterrad führt zu einem Moment in der Achsaufnahme (feste Verbindung Achse-Achsaufnahme
Die Realität dürfte eine Mischform darstellen, d.h. bis zu einer gewissen Kraft ist die Verbindung Achse-Achsaufnahme steif, darüber wird sie weich.

... oder sind meine Überlegungen zu abwegig?

Du bringst hier ein paar Sachen gehörig durcheinander, aber der Reihe nach...

  • Zum RBE3: Eine FE-Analyse beruht auf dem Grundprinzip der Mechanik, nämlich auf dem Kräfte- und Momentengleichgewicht. Dieses Gleichgewicht gilt für eine Baugruppe, ein einzelnes Bauteil, aber auch für ein einzelnes Element. Wäre das nicht so, würde der untersuchte Körper anfangen, sich im Raum zu bewegen (erstes Newton'sches Gesetz). Wenn ich also in der Mitte eines Balkens ein Moment einleite (so wie an der Hinterachse), dann stellt sich an beiden Enden eine Reaktionskraft ein, ein so genanntes Kräftepaar. Dieses Kräftepaar führt seinerseits zu Reaktionskräften in der Bohrung des Ausfallendes. Und hier setzt das RBE3 an, es überträgt diese Reaktionskraft gleichmäßig auf alle Elementknoten, die sich in dieser Bohrung befinden. Dort befinden sich dann die Elemente des Ausfallendes und weiter die elemente der Rohre usw., sodass sich dann diese Kraft fortsetzt bis zur Einspannung am Hauptlager, wo ich ja gesagt habe dass die Verschiebung in bestimmten Richtungen null sein muss.

  • "Weich werden": Diese Frage macht so für mich überhaupt keinen Sinn denn: Alles ist "weich" oder wie Sir Henry Royce mal gesagt haben soll, "everything is made of rubber". In einer linearen FEA geht man davon aus, dass die Gleichung "Kraft = Steifigleit * Verformung" immer und überall erfüllt ist. Diese Gleichung gilt, solange man sich innerhalb des linear-elastischen Verformungsbereiches eines Materials befindet. Das heisst, dass sich das Material aufgrund der angelegten Kraft noch nicht bleibend verformt oder "verbiegt". Vereinfacht bedeutet das, wenn sich ein Balken unter der Last von 1N um 1mm verformt, dann wird er sich unter 2N um 2mm verformen usw. Dieses Prinzip wird in der linearen FEA heruntergebrochen auf einzelne Elemente, und so kann man für diese ca. 320.000 Elemente des Hinterbaus ein riesen Gleichungssystem aufbauen und lösen. So funktioniert ganz grob ein FE-Solver. Ergo: Ich verstehe nicht, was du mit "weich werden" meinst ;-)
So, das nur als kleiner Ausflug in die weite Welt der finiten Elemente. Wer mehr wissen möchte, dem sei die Lektüre dieses EBooks ans Herz gelegt, welches von einigen Mitarbeitern von Altair aufgelegt worden ist: http://www.altairuniversity.com/free-ebook-practical-aspects-of-finite-element-simulation-a-study-guide/
 
Moin Stefan,

danke für Deine Antwort!
... aber es ist nicht so, dass ich Displacement mit Spannung verwechselt habe.

Vielleicht habe ich das Yoke einfach falsch eingeschätzt.
Wie gesagt, erschienen mir die beiden Seiten recht solide, der Mittelteil dagegen eher filigran.
Man könnte ja auch sagen, die Seitenteile des Yoke sind über 3 Bleche verbunden (nur dass die Bleche das Ergebnis einer Fräsorgie sind).

Jedenfalls sind die beiden senkrechten "Bleche" rund - und die habe ich als weniger steif angesehen, weshalb ich seitlich mehr Displacement erwartet hatte. Ich dachte, das Yoke wäre so konstruiert, damit im Falle eines Falles eher die Mitte kollabiert, anstatt dass eine der Seiten abreißt.
Laut FEM ist es aber genau anders herum.

Wie auch immer - ich finde, Du hast einen Super Job gemacht - auch wenn die letzten Wochen nur für die Tonne waren :(
... und so wünsche ich Euch trotzdem viel Erfolg mit dem Bike.

Sei gegrüßt von

Django

Hier verwechselst du Displacemenet mit Dehnung. Displacement heisst einfach nur, wie weit ein Knoten von seiner ursprünglichen Lage entfernt wird als Folge der Belastung. Deswegen sidn die Ausfallenden rot... weil sich die Knoten dieser Elemente um sagen wir mal 10mm von ihrem Ursprung entfernen, die beim Yoke aber nur, sagen wir mal, 0.5mm. Deswegen sind diese Bereiche blau gefärbt.

Wie gerade in dem anderen Post erklärt, ist die Dehnung (=wie stark die Form eines einzelnen Elementes von seiner ursprünglichen Form abweicht) direkt proportional zur Spannung innerhalb eines Elementes. Und diesen Plot möchte ich hier erst recht nicht zeigen, weil ich dann aus dem Erklären nicht mehr raus komme... ;-)
 
Du wolltest dich doch nicht rechtfertigen, Luniz.
Die Verringerung der seitlichen Verschiebung an der Dämpferaufnahme durch die Verstrebung, um den Dämpfer zu schonen war ja das Ziel und das zeigt die FE Analyse des Displacement deutlich, also alles gut.
Dass der Hinterbau "steifer" wird zeigen die "bunten Bildchen" nicht, wenn dann eher sogar das Gegenteil, da die Ausfallenden stärker auslenken. Ein großer Teil der Verformungsenergie kann jetzt nicht mehr über die Dämpferaufnahme abgeführt werden, also geht der Anteil jetzt auch auf die Ausfallenden. Klar wird der Hinterbau in der Praxis mit der Verstrebung sich steifer anfühlen, aber das ist halt nicht das, was man in der gezeigten Analyse sieht. Daher ist die Interpretation auch die eigentliche Kunst dabei und nicht das Erzeugen der schönen bunten Bilder ;)
 
Du wolltest dich doch nicht rechtfertigen, Luniz.
Die Verringerung der seitlichen Verschiebung an der Dämpferaufnahme durch die Verstrebung, um den Dämpfer zu schonen war ja das Ziel und das zeigt die FE Analyse des Displacement deutlich, also alles gut.
Dass der Hinterbau "steifer" wird zeigen die "bunten Bildchen" nicht, wenn dann eher sogar das Gegenteil, da die Ausfallenden stärker auslenken. Ein großer Teil der Verformungsenergie kann jetzt nicht mehr über die Dämpferaufnahme abgeführt werden, also geht der Anteil jetzt auch auf die Ausfallenden. Klar wird der Hinterbau in der Praxis mit der Verstrebung sich steifer anfühlen, aber das ist halt nicht das, was man in der gezeigten Analyse sieht. Daher ist die Interpretation auch die eigentliche Kunst dabei und nicht das Erzeugen der schönen bunten Bilder ;)

Naja, ich kann meine Ingenieurs-Persönlichkeit halt nicht ganz leugnen... Ingenieure erklären nunmal gerne technisch-nerdiges Zeug ;-)

Und so ganz richtig ist deine Interpretation auch nicht, du hast die Skalierung der Legende vergessen... Das hätte ich auch noch auf die selben Max-Werte anpassen müssen in diesem Bild, hab ich aber vergessen, mea culpa!. Das displacement an den Ausfllenden ist bei beiden Varianten fast gleich, bei der Variante ohne Kreuz ist es etwa 7% mehr als bei der Variante mit Kreuz.
 
Hi Luniz,

ich habe noch nie ne FE-Analyse gemacht und RBE3 hat mir die Tante mit der Glaskugel verraten ;)

In meinem Alltag werden Lasten meist in Tonnen angegeben und Versteifungen mache ich mit Holzkeilen und Balken ...
... deshalb: Ja, von Modellbaugrößenordungen habe ich keine Ahnung.
Allerdings sind mir die Grundlagen der technischen Mechanik durchaus vertraut - wenngleich ich das zu keinem Zeitpunkt so verbissen sehe.

Ich will Dich auch nicht zu sehr strapazieren, ich merke ja schon, dass Dich eine Antwort Überwindung kostet ...
Mit Kraft, Spannung, Displacement und was Dir sonst noch für Fremdworte einfallen mögen - habe ich kein Verständnis-Problem.

Man könnte meine Frage auch so reduzieren:
Ist die Krafteinleitung von RBE3 auf die Achsaufnahme punktuell, oder wird die Kraft auf die Kontakt-Flächen eingeleitet (was ja vielen Knoten entsprechen würde).
Bei der Aufnahme für die Steckachse gibt es ja auf jeder Seite die Zylinderwandung der Bohrung und die inneren Flächen, die gegen die Achse drücken.

Wenn also die Kraft auf den ganzen Bohrungszylinder und die Innenfläche geleitet wird, dann ist mir das Ergebnis plausibel.
Wird dagegen die Kraft punktuell auf die Achsaufnahmen übertragen, dann passt das Ergebnis *imho* nicht.
 
Naja, ich kann meine Ingenieurs-Persönlichkeit halt nicht ganz leugnen... Ingenieure erklären nunmal gerne technisch-nerdiges Zeug ;-)

Und so ganz richtig ist deine Interpretation auch nicht, du hast die Skalierung der Legende vergessen... Das hätte ich auch noch auf die selben Max-Werte anpassen müssen in diesem Bild, hab ich aber vergessen, mea culpa!. Das displacement an den Ausfllenden ist bei beiden Varianten fast gleich, bei der Variante ohne Kreuz ist es etwa 7% mehr als bei der Variante mit Kreuz.
;)

Und dann würde man hier ja sogar doch sehen, dass das Kreuz den gesamten Hinterbau versteift. Allerdings muss eine eingebrachte Verformungsenergie auch vom gesamnten Hinterbau dissipiert werden. Und da gilt erstmal, je steifer, desto höhere Lastspitzen, da man einen Anteil der Elastizität einschränkt.
 
Ist die Krafteinleitung von RBE3 auf die Achsaufnahme punktuell, oder wird die Kraft auf die Kontakt-Flächen eingeleitet (was ja vielen Knoten entsprechen würde).
Bei der Aufnahme für die Steckachse gibt es ja auf jeder Seite die Zylinderwandung der Bohrung und die inneren Flächen, die gegen die Achse drücken.

Und hier setzt das RBE3 an, es überträgt diese Reaktionskraft gleichmäßig auf alle Elementknoten, die sich in dieser Bohrung befinden.
 
Ok, sorry - die Information ist mir durch die Lappen gegangen.

Zumindest ist jetzt auch das Ergebnis klar. Bei der Lastdefinition wird einfach angenommen, dass die Klemmkraft der Hinterachse unendlich groß wäre.
... um zu sehen, wie sich der Hinterbau im Grenzbereich verhält, müsste man vermutlich im CAD eine Hinterachse einzeichnen (ohne Gewinde, ohne alles - einfach ein nackter Zylinder, evtl. auch mit Überlänge). Dann könnte die Kraft/das Moment auf diesen Zylinder wirken und über die Definition der Freiheitsgrade in den Hinterachsaufnahmen könnte man definieren, welchen Lastfall man sehen möchte. Schränkt man die Freiheitsgrade der Hinterachsaufnahmen nicht ein, dann hätte man den Fall, den ich als "weich" bezeichnet hatte.
Dann würde sicherlich das Displacement des Yoke auch anders aussehen ;)
 
Naja, das Yoke hängt an der Hauptlagerung. Die Randbedingungen an der Hinterachse haben da eher geringen Einfluss drauf.
 
Ja, man KÖNNTE das als Slide Kontakt mit Anzugsmoment an den Schrauben und mit definierter Haft- udn Gleitreibung modellieren. Dann hat man aber zwei Probleme: Erstens ist das Gesamtsystem dann nicht mehr linear (sobald es anfängt zu rutschen), zweitens ist das sehr viel mehr arbeit zu modellieren. Und der Erkenntnisgewinn geht gegen null. Ich bin versucht, es zu machen nur um dir zu beweisen dass sich der Unterschied im Promill-Bereich bewegt... Aber ich glaub ich lasse es bleiben.

Und nochmal: Das Displacement am Yoke ändert sich dadurch kein Stück! Was du meinst, ist die Dehnung!
 
... um zu sehen, wie sich der Hinterbau im Grenzbereich verhält, müsste man vermutlich im CAD eine Hinterachse einzeichnen (ohne Gewinde, ohne alles - einfach ein nackter Zylinder, evtl. auch mit Überlänge).
Wichtiger wäre vermutlich noch die Steifigkeit des Schwingenlagers zu berücksichtigen. Dann dürfte der Yoke längst nicht mehr so positiv "blau" aussehen.
 
So, schluss jetzt mit diesem Kleinklein. Wer meint, man könnte häbe täte wäre dürfte wöllte ja noch irgendwas anderes sehen können, der soll's selber machen ;-)

Irgendwo muss man halt die Systemgrenze ziehen. Und wenn ich nur wissen will, wie steif der Hinterbau ist, dann guck ich mir nur den Hinterbau an. Klar kann man den Hauptrahmen mit modellieren, vielleicht auch noch die Gabel, dann mit korrekten Reibungsdefinitionen aller Kontaktflächen, eventuell auch noch die Laufräder, oder auch die Reifen mit Innendruck und nichtlinearen Materialgesetzen für Gummi udn Karkasse, und sich eine nichtlineare Übertragungsfunktion ausdenken für den Kontakt Reifen zu Untergrund, oder noch besser, ein Partikelmodell für Schotter mit unterschiedlichen Korngrößen. Kann man alles. Aber es ist in diesem Fall vollkommener Unsinn bzw. mit Kanonen auf Spatzen geschossen.

Chrisus Jeest, jetzt ist genau das passiert was ich vermeiden wollte. Ich rechtfertige mich schon wieder... Tsstss, Luniz, Klappe halten nu!
 
@luniz: Bin da voll bei dir. Trotzdem wärs noch interessant ob sich die Dämpferlager seitlich oder längs versetzen (also Z- oder X-Achse). Ich würde ja behaupten, dass die Versteifung hauptsächlich in Richtung Z-Achse wirkt, d.h. der relevante Effekt ist deutlich stärker als die Prozentwerte (100% mit bzw. 200% ohne Versteifungs-X) suggerieren. Es wäre halt cool, wenn du diese Hypothese testen könntest. :)
 
Naja - die Abstimmung zeigt mal wieder wie suboptimal das Projektmanagement agiert.
Die IBC-User verarschen ist eine Sache, aber die eigenen Mitarbeiter vorzuführen ...
Klar macht der Stefan das in seiner Freizeit, aber die Einstellung: hey, der macht das in seiner Freizeit - koscht also nex -
finde ich schon extrem fragwürdig.

In diesem Sinne: Horridoo
Wer verar***t denn in diesem Falle die IBC User?
Ich hätte mir zugegebenermaßen auch gerade Rohre ohne Abstimmung gewünscht aber man sieht, die Mehrheit sieht es anders, allein das rechtfertigt ja die Abstimmung.

Tsstss, Luniz, Klappe halten nu!
Ich finde du machst das ganz fein. Natürlich das Engagement aber ich find vor allem super wie du ganz ohne Selbstgefälligkeit die Prinzipien deiner Analysen immer wieder erörterst
 
Kurz quer gelesen, kommt einem so vor, als versucht hier der Schreiner-Lehrling mit dem Klemptner-Meister zu fachsimpeln. Bitte Django ignorieren, bleibt mehr Zeit für wichtige Dinge.... Daaaanke!
 
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