Psychostellen und das Ohmmmm

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Re: Psychostellen und das Ohmmmm
Ein spannendes Thema für das es wohl jeder seine eigene Lösung finden muss. Ich finde es super, was sich hier schon an Ideen angesammelt hat :)

Die Tage wo einfach "nichts" klappen will und man recht verkrampft auf dem Bike sitzt kennt wahrscheinlich fast jeder. An solchen Tagen kann ich mir noch so oft sagen, locker bleiben, tief gehen, Ellenbogen raus, du bist die Stelle schongefahren, ... Dadurch wird es vielleicht etwas besser, aber richtig gut eigentlich nie. Das passiert vorallem dann, wenn der Kopf nicht frei ist und einen irgendwas beschäftigt. Da hilft bei mir nur: abhaken, ist halt so ;)

Meistens läuft es aber zum Glück ganz anders. Wenn ich im Flow bin und alles passt, dann weiß ich genau was geht und was nicht. Im Flow klappen schwierige Stellen ganz von selber. Obwohl ich im Prinzip auch eher übervorsichtig bin. Fühle ich mich nicht wirklich "safe" dann halte ich an, schaue mir die Stelle noch mal kurz an und konzentriere mich darauf. Wenn es dann klappt super. Wenn nicht, auch okay, dann schiebe ich halt ein paar Meter und weiter gehts.

Was hilft nun, um mit Herausforderungen (ich mag den Begriff "Psychostellen" nicht) beim Biken zurecht zu kommen? Spass beim Biken, mit den richtigen Leute unterwegs sein, die einen bei Bedarf unterstützen, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und das Bike. Hierbei hilft auch das richtige Setting (Dämpfer, Gabel, der passende Luftdruck in den Reifen, passender Vorbau und Lenker, ...) und Bremsen, mit denen man wirklich gut zurecht kommt.

Viel Spass beim Biken, nutzt das tolle Wetter und nehmt die Herausforderungen an. Denn ohne Herausforderungen können sich auch keine Erfolgsgefühle einstellen :D
 
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Da ich oft in der Gruppe fahre, habe ich das Glück, dass ich mir Schlüsselstellen vorfahren lassen kann. Gemeinsam schauen wir uns die Stelle an: "welche Linie? wo ist die "Gefahr"? was ist zu tun? Reicht mein Handwerk? Wie bin ich heute drauf?"

Dann heißt es eine Entscheidung treffen: JA oder NEIN. Hier ab und zu auch mal über die Komfortzone hinaus gehen ohne übermotiviert zu sein/leichtsinnig zu sein. Bei "JA" überzeugend aufs Bike und dann gehts los...ich singe :lol: (meine Mitfahrer tun mir schon etwas Leid, da ich wirklich echt schlecht singe). Singen...warum? damit ich nicht aufhöre zu atmen und vor lauter Respekt zu sehr verkrampfe.

Mein "Anfahrtsweg" an die Schlüsselstelle ist im besten Fall auch etwas länger, damit ich mich vorbereiten kann: 2 Kurbeldrehungen dabei die Füße richtig aufstellen, dann endet das singen automatisch und mein Fokus liegt auf der Schlüsselstelle.
 
Mir helfen bei solchen Stellen (gerade bei "Erstbefahrung") "Selbstgespräche" - denke das ist auch zum einen, dass ich nicht aufhöre zu atmen, außerdem mach ich mir bestimmte Dinge ("Pedale bleiben waagerecht!" oder "Schau wo du hinwillst!") extrem bewusst (oder andersrum gesehen, gibt mir dann jemand, dem ich vertraue Instruktionen, was ich zu machen habe :D).
Hab letztens ein Video davon gesehen, scheint für meine Mitfahrer extrem lustig zu sein :lol:
 
Hab letztens ein Video davon gesehen, scheint für meine Mitfahrer extrem lustig zu sein :lol:

:D

Wenn ich zu "lommelig" und oder defensiv fahre und keine Spannung habe, beschimpfe und verfluche ich manchmal lauthals den Trail oder mich selbst, oder beides zusammen, um wieder in den nötigen Modus zu kommen, auch mal aggressiv in eine direkte Linie rein zu stechen. Bevorzugt auf dem Rad sitzend, während ich gerade auf eine Schlüsselstelle zufahre. Die Mitfahrer nennen das "Trailtourette" und finden es ebenfalls sehr witzig :lol:
 
Tolle Diskussion geworden, DANKE! Haber einen Teil in meinen Ferien noch gelesen – und direkt wirklich schön etwas umsetzen können.

Ich muss vielleicht präzisieren, ja.

Wenn es wirklich rein mit optimaler Sauerstoffversorgung zu tun hat, habe ich nichts dagegen gesagt :)
So wie ich diese Psycho-Tricks und Atemübungen kenne, kommen die halt immer in Verbindung mit Sätzen wie "glaube an deine Kraft" oder "spüre deine Energie fließen" oder "du bist stark, du kannst das", etc ;)

So war es schon nicht gemeint. Dass man alles fahren kann, wenn man nur genug erleuchtet atmet und an sich glaubt – neeeeeee. Leider nein. Ich hab mir durch eure Nachfragen noch paar Gedanken mehr gemacht und komm auf folgendes: Ja, ich bin eigentlich schon ein ängstlicher Mensch. Mir geht schnell die Pumpe. Ich brauche wenig um Adrenalin zu spüren. Aaaaaber, ich bin mir, vielleicht auch darum, sehr gewohnt, etwas trotz Angst zu tun. Ich kenne meine Ängste im richtigen Leben ziemlich gut, kenne meinen Hintergrund, meine Werkzeuge, weiss, was ich kann und wo es nicht mehr geht. Sprich, ich bin ängstlich und überdurchschnittlich mutig. Und weil nötig war, bin ich sehr oft jenseits der Comfortzone unterwegs (gewesen) um dahin zu kommen, wo ich hinwollte. Ansonsten hätte ich aufgeben müssen. Ich bin es gewohnt, neues auszuprobieren, trotz Angst und bisweilen auch Panik. Im richtigen Leben.

Mein Tipp: Angst haben ist normal, das ist eine Schutzfunktion und hat auch was mit Selbsteinschätzung zu tun. Ein wenig Angst schäft die Sinne, zu viel Angst heißt "lass es bleiben, du bist noch nicht so weit".

Beim Bike hab ich das wahrscheinlich zuwenig gemacht. Ich MUSS ja nicht so schnell wir es geht besser werden. Klar. Will ich natürlich. Aber nicht um jeden Preis.

Natürlich will man immer viel, und will schnell besser werden. Aber Mountainbiken hat halt nun mal auch viel mit intuitiven Reflexen zu tun. Diese Reflexe zu erlernen kann man nicht zwingen. Das kommt nur durch Übung und Praxis mit der Zeit.

Und genau da sitzt sicher der Hase im Pfeffer. Ich habe noch kein Vertrauen in meine Reflexe. Ich steige noch nicht zu 120% sicher auf der richtigen Seite ab. Ich reagiere noch nicht immer ohne nachdenken richtig. Ich weiss noch nicht, ob ich die Stellen immer richtig einschätze.

weil sonst falle ich total entspannt auf die Fresse.

:lol::lol::lol:

Auch ich bin übervorsichtig, leider auch an Stellen wo ich technisch fahren könnte aber mir dann der Kopf sagt, Nö geht nicht.

Das hingegen passiert mir eben auch öfters. Ich WEISS, es würde gehen. Aber der Kopf ist zu, die Beine zittern. Meistens, wenn ich einen schlechten Tag habe, den Trail zum ersten Mal fahre oder auch einfach nur vorher mal eine Stelle nicht souverän gefahren bin. Manchmal hilft meine Mitfahrerin, indem sie es einfach so vorfährt. Wir fahren technisch auf fast gleichem Niveau, aber je nach Tag und Trail ist mal die eine, mal die andere sicherer. Gut, weil wir uns recht gut gegenseitig kennen. Wenn sie sagt, ich kann das fahren, dann stimmt auch. Aber wir sind halt nicht immer zu zwei unterwegs.


Hat es mich doch vom Rad geholt, bleib ich erstmal ne Zeit sitzen und selbst wenn ich denke - Och war nicht wild, warte ich noch ein bißchen, ess nen Riegel und fahr dann erst weiter. Denn ich habe ein paar Mal den Zitter dananch zeit-versetzt bekommen und der hat mich dann im Trail erwischt.

Stimmt. Hatte ich auch schon. Und dann fahre ich scheisse auch an nicht kritischen Stellen.


Ich hab letztes Jahr einen Kurs mitgemacht, 5 Abende Ausfahrten mit bisschen Technik. Als blutiger Anfänger mit diversen Leihbikes in einer etwas stärkeren Gruppe. Die Leiterin war sehr "pushy" und "dein Bike kann das" ihr Lieblingsspruch. Da bin ich jedesmal über meine Panik gefahren. Das hat mich zwar bald besser werden lassen... aber so im Nachhinein und nach lesen hier... hab ich sicher zuviel trotz berechtigter Angst gefahren. Ja. Schöne Erkenntnis. Danke.

Letzte Woche bin ich dann an einem Tag einen Wanderweg in Italien gewandert. Ohne Bike. Ansehen war gut. Stellen versuchen einzuschätzen. Und dann sind wir ihn am nächsten Tag ganz bewusst defensiv gefahren. Keine Risiken eingegangen. Alles wo ich mich mehr als ein bisschen hätte überwinden müssen, habe ich geschoben. Und – es hat sich grossartig angefühlt. Mir vielleicht auch wieder etwas Vertrauen in mich zurückgegeben. Ich schätze es bestmöglich ein. Und sehr weit aus der Comfortzone raus kann ich ja wenn ich Spotter habe oder einen super Guide der weiss was geht und wie. Oder an einem tollen Tag. Bisschen Druck weg. Viel gelernt beim viel schieben. :bier: Wunderbar am Ende zufrieden mit mir obwohl ich keine Rekorde aufgestellt habe. Oder weil. Ehrgeiz hilft manchmal dosiert mehr.
 
So, kurzes Update - ich fahre momentan bewusst nichts wo mir das Herz bis in den Hals schlägt - und wenn ich mich irgendwo überwinden muss, dann nur wenn ich mir sicher bin, dass ich die Fähigkeiten dazu habe. Erstaunlicherweise mache ich trotzdem Fortschritte, ich komme mehr zum fühlen und analysieren. Für mich ein wirklich spannendes Experiment auf meinen Heimstrecken. Gerade da tanke ich Vertrauen darin, dass ich auch mal
Mit dem falschen Fuss, mit dem falschen Tempo oder nicht perfekt auf dem Pedal irgendwo durchkomme. Und mittlerweile kenn ich die Parameter von Panikstellen recht gut: Absturzgefahr, extrem steil, rutschig, sehr wilde Wurzeln im Steilen, unbekannte Kicker, unbekannter Untergrund. Bin gespannt, wie es wird auf mir unbekannten Trails.

Vielen Dank nochmals für den Gedankenanstoss!
 
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