Ich denk das Thema ist deutlich komplexer als das man mal eben lax über "linear" oder "progressiv" diskutieren könnte. Eine Luftfeder ist eh immer irgendwie progressiv. Eine lineare Luftfeder gibts also schon mal gar nicht (und Stahlfeder ist vorne schlicht ein Exot). Worüber wird also geredet...?
Gerade beim Springen bevorzuge ich persönlich eine ziemlich harte Feder, die mir schon ab 1/4 oder 1/3 des FW genug Gegenhalt bietet (und nehm dafür Komfort und Gripeinbussen bei gemächlicherem Tempo in Kauf). Sowas über ein deutliches Verkleinern der Luftkammer zu erreichen, ist mEn wenig praktikabel (weil die Gabel dann nach 2/3 des FW brachial zu macht). Um also meinen FW bei Gerumpel und Geballer überhaupt nutzen zu können, brauch ich zwingend eine möglichst lineare Abstimmung (und auch die linearst mögliche Luftfeder wird immer noch sehr viel Progression zum Ende des FW bieten).
Das ein Verkleinern der Luftkammer eine sinnvolle Massnahme pro mehr Gegenhalt in der Mitte des Federweg ist, halte ich eh für ein Gerücht.
Hohe Progression macht also eher Sinn, wenn man es sehr plüschig mag und trotzdem hier und da Reserve für harte Schlæge brauch.
Hohe Progression in Gabel oder Hinterbau ist aber definitiv kein Gütesiegel, wie das hier oft proklamiert wird. Esunterstützt schlicht ein bestimmtes Setup und einen bestimmten Fahrstil (siehe auch unten)
Ist mir auch gerade wieder auf dem Trail aufgefallen, wie unterschiedlich (trotz ähnlicher Grösse und Gewicht und gleichem Speed undgleichem Radtyp) verschiedene Fahrer ihr Rad bzw dessen Federung belasten: bei einem wirkt alles sehr leichtfüssig mit wenig Bewegung in die Federelemente und bei einem anderen wirkt es sehr ruppig, unelegant mit viel Belastung aufs Rad, da geht der Dämpfer schon bei eigentlich kleinen Sprüngen in die Knie und die Reifen ziehen eine kontinuierliche, tiefe Furche in den Trail.
Belastungen von Material und Federung sind also nicht nur von Gelände, Speed, Körpergewicht etc sondern vor allem auch der individuelle Fahrstil abhängig. Man kann einen Sprung halt immer so oder so landen...
Ein sprunglastiger, sauberer Fahrstil wird mEn wird eher selten ein stark progressives Fahrwerk benötigen, sondern eher eine straffe, dafür linearere Feder. Grip muss man dann mit gezielt eingesetzen Druck aufs Rad generieren, zB in Kurven.
Ein Fahrstil, der immer alle eingeleitete Energie direkt in die Federung weitergibt, wird sich mit selektiv ausgeübten Druck schwerer tun, fährt seine Federung wohl eher weicher und muss über starke Progression versuchen diesen kontinuierlichen Druck halbwegs aufzufangen.
Viel nötige Progession hat also nicht immer was mit besonders anspruchsvollen Trails oder sehr zügigem Fahrstil zu tun, sondern auch oft mit wenig leichtfüssiger Fahrtechnik, die durch künstliche Aggresivität versucht wird zu kompensieren.
Bei einem Fahrer wird also die korrekt eingestellte Federung schon bei einem kleinen Sprung nahe ans Limit kommen, bei einem anderen verbrauch der gleiche Sprung max etwas mehr FW als der eingestellte SAG.
Im Endeffekt führen solche Beobachtungen dann auch dazu dem Thema statischer SAG wenig praxisrelevante Bedeutung beikommen zu lassen, einfach weil es den Fahrstil abhängigen "Druck" aufs Fahrwerk komplett ignoriert. Und letztendlich auch dem Thema Federweg*.
* wenn ein Fahrer eines DHs (trotz halbwegs korrekten Einstellungen) bei einem Sprung durchschlägt, wo ein anderer mit kaum halb so viel FW überhaupt kein Problem hat. Erster wird dann wahrscheinlich anfangen sich mit Progessivität auseinander zu setzen, während Zweiter sich max Gedanken über weniger Progession machen wird (und das halt nicht weil der eine "krassere Sachen" als der andere fährt).
Immer wieder faszinierend zu beobachten, dass der Einflussfaktor Fahrer fast alle theoretischen Regeln und Empfehlungen über den Haufen werfen kann, mit eigentlich etwas so elementaren, aber in Diskussionen oft wenig beachteten Aspekt des individuellen Fahrstils.
Also anstatt sich über Federkennlinien und Dämpfertuning zuunterhalten, wäre simples Fahrtechniktraining oft der sinnvollere Ansatz. Macht halt einen blöderen Eindruck auf die Forenkollegen, weil "ich bin so krass, weil ich viel progressiven Federweg brauch" natürlich soooo viel cooler klingt...